TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/20 94/15/0046

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Veröffentlicht am 20.03.1997
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §79 Abs2;
FinStrG §89 Abs1;
FinStrG §91;
FinStrG §93 Abs1;
FinStrG §93;
FinStrG §96;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des C in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Vorsitzenden des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 12. Mai 1993, 379-4/1993, betreffend Hausdurchsuchung und Beschlagnahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Immobilienmakler. Seine Ehefrau war Gesellschafterin einer Immobilienmakler-GmbH (idF GmbH) und von Juni 1985 bis Mai 1990 deren alleinige Geschäftsführerin.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden die Administrativbeschwerden des Beschwerdeführers gegen den mit 22. März 1993 datierten Hausdurchsuchungsbefehl und die im Zug der am 24. März 1993 vorgenommenen Hausdurchsuchung durchgeführte Beschlagnahme als unbegründet abgewiesen. Das zuständige Finanzamt habe gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 23. März 1993 ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, er habe in den Jahren 1987 bis 1992 vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch Nichterklärung von Erlösen aus seiner Tätigkeit als Immobilienmakler für die Jahre 1985 bis 1990 eine Abgabenverkürzung an Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer in noch festzustellender Höhe und als "wirtschaftlicher Geschäftsführer" der GmbH durch unvollständiges Erklären von dieser zugeflossenen Vermittlungsprovisionen für die Jahre 1985 bis 1990 eine Abgabenverkürzung an Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer in noch festzustellender Höhe bewirkt und dadurch das Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG begangen. Es bestehe ua auf Grund einer im Jahr 1989 erstatteten Anzeige einer der Finanzstrafbehörde namentlich bekannten Person sowie weiterer, in der Folge durchgeführter Ermittlungen der Verdacht, der Beschwerdeführer habe als selbständiger Immobilienmakler bzw als "wirtschaftlicher Geschäftsführer" der GmbH in zahlreichen Fällen bei der Vermittlung von Liegenschaften den jeweiligen Differenzbetrag zwischen dem vom Verkäufer erzielten und von ihm mit dem Käufer vereinbarten Kaufpreis vereinnahmt und diesen Betrag in der Folge nicht versteuert. Im Zug einer Hausdurchsuchung beim Käufer einer Liegenschaft in F und der Vernehmung der Verkäuferin dieser Liegenschaft hätten sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, im Jahr 1988 habe die Verkäuferin 1,800.000 S erhalten, der Käufer jedoch 2,550.000 S bezahlt. Der sich daraus ergebende Differenzbetrag von 750.000 S fände sich weder in der Steuererklärung des Beschwerdeführers noch in der der GmbH. Die vom Beschwerdeführer dazu vorgebrachten Erklärungen, die Liegenschaft in F habe einen Schätzwert von mehr als 3,500.000 S gehabt weswegen er bei der Provisionsabrechnung auf einem fiktiven Kaufpreis von 2,500.000 S bestanden habe bzw, die Vertragsparteien könnten zur Vermeidung einer höheren Grunderwerbsteuer einen niedrigeren als den tatsächlichen Kaufpreis angegeben haben, seien zu wenig konkret. Darüber hinaus deuteten die Ermittlungsergebnisse nicht in diese Richtung. Bezüglich der Vermittlung einer Liegenschaft in B im Jahr 1988 bestehe der Verdacht, dem Beschwerdeführer sei wie bei der Liegenschaft in F ein Differenzbetrag von 200.000 S zugeflossen. Die genannten Geschäfte seien nur beispielhaft für den zeitlich weiterreichenden Tatverdacht angeführt. Der Tatverdacht beziehe sich zumindest auf die Jahre 1985 bis 1990. Eine durchgeführte Vermögensdeckungsrechnung ergäbe für das Jahr 1988 eine gravierende Unterdeckung beim Beschwerdeführer von rund 850.000 S bzw bei der GmbH von rund 1,185.000 S. Die Beschlagnahme von nicht vom Hausdurchsuchungsbefehl erfaßten Unterlagen im Zug der Hausdurchsuchung sei auf Grund der vorliegenden Gefahr im Verzug zur Beweissicherung geboten gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 30. November 1993, B 1441/93-11, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 93 Abs 1 FinStrG bedarf die Durchführung einer Hausdurchsuchung eines mit Gründen versehenen Befehles des Vorsitzenden des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs 2 leg cit unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde.

    Hausdurchsuchungen, das sind Durchsuchungen von Wohnungen

und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von

Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen, dürfen nach § 93

Abs 2 FinStrG nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter

Verdacht besteht, daß sich ... daselbst Gegenstände

befinden, ... die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in

Betracht kommen.

Werden im Zug einer Hausdurchsuchung die gesuchten Beweismittel vorgefunden, so sind diese zufolge § 96 FinStrG zu beschlagnahmen, ohne daß es hiezu einer besonderen Anordnung bedarf. Andere Beweismittel, die auf die Begehung eines Finanzvergehens schließen lassen, sind nur dann in Beschlag zu nehmen, wenn Gefahr im Verzug ist. Im übrigen sind die für die Beschlagnahme geltenden Bestimmungen anzuwenden.

Für die Vornahme einer Hausdurchsuchung muß somit ein begründeter Verdacht vorliegen. Dieser Verdacht bezieht sich einerseits auf die Tatbegehung, anderseits auf das Vorhandensein von bestimmten Gegenständen.

Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, 96/15/0155, 0156, mwA).

Nach den Ausführungen des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde deshalb nicht von einem begründeten Verdacht ausgehen dürfen, weil insgesamt lediglich zwei Vorfälle im Jahr 1988 konkretisiert seien, die weder für sich genommen geschweige denn für die Jahre 1985 bis 1987 und 1989 bis 1990 geeignet seien, einen Tatverdacht zu begründen. Darüber hinaus habe sich die belangte Behörde lediglich auf eine im Zeitpunkt der Durchführung der Hausdurchsuchung bereits vier Jahre zurückliegende anonyme Anzeige und auf eine unrichtige Vermögensdeckungsrechnung gestützt. Bezüglich der Vermittlung des Liegenschaftsverkaufes in F finde sich im gesamten Strafakt und in sämtlichen beschlagnahmten Unterlagen nicht ein einziger konkreter Hinweis oder gar Beweis für die Vermutung der belangten Behörde, es wäre ein höherer als der vereinbarte Betrag von 1,800.000 S geflossen. Die Verkäuferin habe eine Preisvorstellung von 1,800.000 S gehabt. Ein allfälliger Mehrerlös wäre der GmbH verblieben. Laut einem vorliegenden Gutachten habe der Verkehrswert der Liegenschaft über 3,500.000 S betragen. Es sei daher völlig glaubhaft, daß er aus diesem Grund dem Käufer gegenüber auf einer Abrechnung der Provision auf der Basis eines fiktiven Kaufpreises von 2,500.000 S bestanden habe. Mangels Vorliegens gegenteiliger Beweisergebnisse sei die Verdachtsversion der belangten Behörde eine bloße Mutmaßung zu seinen Lasten. Für die Vermittlung des Liegenschaftsverkaufes in B habe nur die GmbH - wie aus deren Rechenwerk ersichtlich - eine Provision von 45.044 S erhalten, was einer 3 %igen Nettoprovision von 1,800.000 S entspräche. Der tatsächliche Kaufpreis für diese Liegenschaft habe 2,275.000 S betragen. Dieser Betrag sei ihm vom Käufer mit dem Auftrag zur Verfügung gestellt worden, offene Pfandlasten in dieser Höhe abzudecken. Soweit sich die belangte Behörde auf die Vermögensdeckungsrechnung für das Jahr 1988 beziehe, sei dieser Hinweis insoweit verfehlt, als diese unrichtig sei, weil ihm völlig zu Unrecht unterstellt werde, er habe im Jahr 1988 für die Anschaffung eines Bootes 540.000 S und für die einer Liegenschaft 1,600.000 S ausgegeben.

Wie in der Beschwerde ausgeführt wird, wäre hinsichtlich des Liegenschaftsverkaufes in F ein 1,800.000 S übersteigender Mehrerlös der GmbH verblieben und sei die Provisionsabrechnung gegenüber dem Käufer auf Grund eines fiktiven Kaufpreises von 2,500.000 S erfolgt. Die belangte Behörde konnte daher zutreffend annehmen, daß der Beschwerdeführer ein starkes wirtschaftliches Interesse daran hatte, durch entsprechende Vermittlungsbemühungen einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen, weil ein allfälliger Mehrerlös der GmbH oder ihm zugute kommen sollte. Überdies hätte der Käufer einer fiktiven Erhöhung des Kaufpreises, um so eine höhere Provision leisten zu müssen, niemals zugestimmt. Hinsichtlich des Liegenschaftsverkaufes in B wird in der Beschwerde ausgeführt, der tatsächliche Kaufpreis habe 2.275.000 S betragen, die Provision sei jedoch nur von einem Kaufpreis von 1,800.000 S berechnet worden. Mit diesem, der Lebenserfahrung insofern widersprechenden Vorbringen, als Provisionen nicht von fiktiven Preisen berechnet, sondern erforderlichenfalls betragsmäßig erhöht oder verringert werden, gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, den begründeten Verdacht der belangten Behörde, daß bei den Liegenschaftsvermittlungen Differenzbeträge der GmbH oder ihm zugeflossen sind, zu entkräften, wobei noch zu bedenken ist, daß die behauptete Vorgangsweise beim Liegenschaftsverkauf in F der beim Liegenschaftsverkauf in B diametral entgegensteht.

Bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe iSd § 93 Abs 2 FinStrG für die Durchführung einer Hausdurchsuchung gegeben sind, geht es nicht darum, wie es dem Beschwerdeführer offenbar vorschwebt - schon die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten Vorerhebungen für einen Verdacht ausreichen. Ob der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 114 ff FinStrG vorbehalten (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, 93/14/0020, 0060, 0061, mwA, betreffend die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens). Die erstattete Anzeige reicht jedenfalls im Zusammenhang mit den Vorgängen um die Liegenschaftsverkäufe in F und B bereits für sich allein für den begründeten Verdacht des Vorliegens eines Finanzvergehens aus. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die von der belangten Behörde herangezogene Vermögensdeckungsrechnung sei unrichtig, kann daher dahingestellt bleiben.

Mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe nicht begründet, weshalb sich der Verdacht auf das Vorliegen eines Finanzvergehens auch auf die Jahre 1985 bis 1987 und 1989 bis 1990 beziehe, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers führte die Liegenschaftsvermittlung in B zu einem Kaufvertrag im Jahr 1986. Die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid, in denen vom Jahr 1988 die Rede ist, sind offenbar auf einen Schreibfehler der belangten Behörde zurückzuführen. Der Beschwerdeführer war, solange seine Ehefrau alleinige Geschäftsführerin der GmbH gewesen ist, der "wirtschaftliche Geschäftsführer" derselben, weshalb sich der Verdacht auf das Vorliegen eines Finanzvergehens auch auf die Jahre 1985, 1987, 1989 und 1990 erstreckt.

Warum der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe für die Jahre 1985 bis 1987 und 1989 bis 1990 einen unzulässigen Erkundungsbeweis, somit einen Beweis, der erst der Verdachtsfindung diene, erhoben, ist weder aus den Verwaltungsakten noch aus den Ausführungen des Beschwerdeführers erkennbar.

Der Beschwerdeführer hält dem angefochtenen Bescheid entgegen, es wären darin die gesuchten Gegenstände nicht umschrieben worden. Die Hausdurchsuchung hätte sich nur auf Gegenstände beziehen dürfen, die mit den zwei konkret genannten Vorfällen im Zusammenhang stünden.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Es liegt in der Natur einer Hausdurchsuchung, daß oftmals das konkrete Aussehen und die konkrete Stückzahl der Beweismittel, auf deren Suche die Hausdurchsuchung abzielt, nicht bekannt sind. Deshalb ist es der Finanzstrafbehörde nicht verwehrt, eine Umschreibung nach allgemeinen Kriterien vorzunehmen (vgl nochmals das hg Erkenntnis vom 18. Dezember 1996). Dieser Umschreibung hat die belangte Behörde insofern entsprochen, als sie im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, daß Gegenstände, nämlich schriftliche Unterlagen, die im Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer als Liegenschaftsvermittler wegen der Nichtversteuerung von vereinnahmten Provisionen und Kaufpreisdifferenzen in einer Mehrzahl von Fällen als Beweismittel in Betracht kommen.

Der Beschwerdeführer erblickt in der Beschlagnahme von Unterlagen, die im Eigentum von Dritten stünden, eine Rechtsverletzung.

Die so behauptete Rechtsverletzung liegt nicht vor. Im Zug einer Beschlagnahme hat sich die Behörde nur mit demjenigen auseinanderzusetzen, in dessen Gewahrsame die zu beschlagnahmenden Gegenstände vorgefunden werden. Dies muß nicht notwendigerweise der Eigentümer sein. Wem das Eigentumsrecht an den beschlagnahmten Gegenständen zusteht, ist belanglos (vgl das hg Erkenntnis vom 14. Dezember 1993, 93/14/0130, 0160, mwA). Daß sich die beschlagnahmten Unterlagen nicht in seiner Gewahrsame befunden hätten, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer bringt vor, im Zug der Hausdurchsuchung seien auch Gegenstände beschlagnahmt worden, die nicht vom Hausdurchsuchungsbefehl umfaßt gewesen seien. Es sei der Inhalt eines Papierkorbes mit zerrissenen Kontoauszügen betreffend ein Wertpapierdepot und mehrere Ordner mit Kontoauszügen für die Jahre 1982 bis 1992 zu Unrecht wegen angeblicher Gefahr im Verzug beschlagnahmt worden. Die belangte Behörde habe das Vorliegen von Gefahr im Verzug damit begründet, eine schriftliche Beschlagnahmeanordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht am selben Tage zu bewerkstelligen gewesen. Abgesehen davon, daß dieser Hinweis keine ausreichende Begründung darstelle, wäre es für die Finanzstrafbehörde möglich gewesen, durch persönliche Überwachung die Unterlagen zu sichern, zumal die Hausdurchsuchung den ganzen Tag gedauert und sich in den durchsuchten Räumlichkeiten eine große Zahl von Beamten aufgehalten habe.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gefahr im Verzug liegt dann vor, wenn die Beschlagnahme von Gegenständen durch die Einholung eines schriftlichen Auftrages der zuständigen Finanzstrafbehörde aus irgendeinem Grund gefährdet erscheint. Die geringste Gefahr reicht zur Beschlagnahme ohne schriftlichen Auftrag aus, weil der Sicherungszweck dominiert. Dieser Zweck kann zB durch ein auf Vereitelung oder Erschwerung der Beweissicherung gerichtetes Verhalten irgendeiner Person gefährdet sein (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Mai 1990, 89/13/0161). Eine derartige Gefährdung ist im Hinblick darauf, daß ein Teil der zu beschlagnehmenden Unterlagen unmittelbar vor der Hausdurchsuchung vernichtet werden sollte, offenkundig. Diese konkrete Gefahr wurde auch in der im Zug der Beschlagnahme aufgenommenen Niederschrift durch den Hinweis, daß sich die zu beschlagnehmenden Unterlagen bereits im Papierkorb befanden, aufgezeigt. Da somit Gefahr im Verzug vorlag, war die Beschlagnahme ohne Erlassung einer diesbezüglichen Anordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates zulässig. Der vom Beschwerdeführer behauptete Verfahrensmangel liegt daher ebenfalls nicht vor.

Der Beschwerdeführer rügt als weitere Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß ihm die vollständige Akteneinsicht, insbesondere in die von der Finanzstrafbehörde mehrmals erwähnte Anzeige, verweigert wurde.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Gemäß § 79 Abs 2 FinStrG sind Aktenstücke, deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen dritter Personen herbeiführen würde, von der Akteneinsicht ausgenommen. Nach Ausweis der Verwaltungsakten hat während des gesamten Ablaufes der Hausdurchsuchung vor allem die Ehefrau des Beschwerdeführers Drohungen gegen dritte Personen, welche sie als Anzeiger vermutete, ausgesprochen. Es war somit die Schädigung berechtigter Interessen des Anzeigers zu befürchten, weshalb die Akteneinsicht in die erstattete Anzeige zu Recht verweigert wurde.

Soweit der Beschwerdeführer in der Verweigerung der Akteneinsicht eine Befangenheit der belangten Behörde erblickt, ist ihm entgegenzuhalten, daß nur ein Organwalter, nicht jedoch die Behörde als solche befangen sein kann.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994150046.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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