TE Vwgh Erkenntnis 1964/9/25 1528/63

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Veröffentlicht am 25.09.1964
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Index

UStG
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/04 Steuern vom Umsatz

Norm

BAO §138 Abs1
UStG 1959 §4 Abs1 Z11 lita

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Kaupp, Dr. Raschauer, Dr. Frühwald und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Morscher, über die Beschwerde des JM in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom 10. Juni 1963, Zl. VI - 3026/62, betreffend Umsatzsteuer 1958 bis 1960 und Einkommensteuer 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Bandagist und liefert Heil- und Hilfsmittel an Krankenkassenmitglieder und deren Familienangehörige. Anläßlich einer Betriebsprüfung im Jahre 1961, betreffend die Jahre 1958 bis 1960 wurde festgestellt, daß für Teile der Entgelte, für welche er die Befreiungsbestimmung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 11 des Umsatzsteuergesetzes 1959 in Anspruch genommen hatte, die Voraussetzungen nicht vorliegen, weil die sogenannten Familienanteile für gelieferte Heil- und Hilfsmittel von den Versicherten und nicht von den Sozialversicherungsträgern bezahlt worden waren. Das Finanzamt berichtigte daher die Bescheide für die Jahre 1958 bis 1960. Der Beschwerdeführer legte Berufung ein und da sich unter anderem im Jahre 1960 nunmehr eine Einkommensteuer zur Selbstzahlung ergab, machte er eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 des Einkommensteuergesetzes 1953 mit der Begründung geltend, daß er seine mittellose Mutter unterstütze und ihm weiters auch Krankenhauskosten und Arztkosten erwachsen seien. Die Berufung würde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hinsichtlich Einkommensteuer teilweise Folge. In den Entscheidungsgründen führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer im Falle von Lieferungen von Heil- und Hilfsmitteln an Familienangehörige von Mitgliedern einer Sozialversicherung nur 80 % des Preises vom Sozialversicherungsträger vergütet erhalte, den Rest von 20 % habe der Leistungsempfänger selbst zu bezahlen. Gegen die Besteuerung dieser unmittelbar eingehobenen Entgeltsteile bringe der Beschwerdeführer vor, daß die Lieferung an die Sozialversicherungsträger und nicht an deren Mitglieder erfolge. Die Zahlung von 20 % des Kaufpreises durch die Leistungsempfänger stelle nur die Begleichung einer vom Versicherungsträger abgetretenen Geldforderung dar. Diese Darstellung entspreche jedoch nicht den Tatsachen. Die Heil- und Hilfsmittel würden nicht den Sozialversicherungsträgern geliefert und diese hätten gegen den Leistungsempfänger keinen Anspruch auf Bezahlung des 20%igen Kostenanteiles. Die Lieferung erfolge direkt an den Leistungsempfänger und hinsichtlich des durch die Sozialversicherungsanstalten nicht vergüteten Teiles des Kaufpreises entstünden Rechtsbeziehungen nur zwischen dem Beschwerdeführer und den jeweiligen Leistungsempfängern. Da aber nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die Lieferung von Hilfsmitteln nur soweit steuerfrei sei als die Entgelte von den Trägern der Sozialversicherung gezahlt würden, wäre der Berufung in diesem Punkte der Erfolg zu versagen. Hinsichtlich der Krankenhaus- und Arztkosten habe der Beschwerdeführer die erforderlichen Nachweise im Zuge des Verfahrens erbracht. Insoweit sei der Berufung stattzugeben. Die Zahlungen an die Mutter habe der Beschwerdeführer jedoch trotz Aufforderung nicht nachgewiesen. Hinsichtlich dieses Aufwandes könne dem Berufungsbegehren daher nicht gefolgt werden.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1.) Umsatzsteuer 1958 bis 1960:

Gemäß § 4 Z. 11 lit. a des Umsatzsteuergesetzes 1934 (vom 16. Oktober 1934, DRGBl. I S. 942, in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 59, UStG 1934) bzw. des § 4 Abs. 1 Z. 11 lit. a des Umsatzsteuergesetzes 1959 (vom 17. Dezember 1958, BGBl. Nr. 300, UStG 1959) sind unter anderem die Lieferungen von Heil- und Hilfsmitteln umsatzsteuerfrei, soweit Entgelte von den Trägern der Sozialversicherung gezahlt werden.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, daß die Frage, wie die bestehende Forderung aus den Rechtsgeschäften zwischen den Sozialversicherungsträgern und ihm schuldbefreiend bereinigt werde, bei der Auslegung der gegenständlichen Befreiungsbestimmung zurückzutreten habe bzw. ohne Bedeutung bleiben müsse. Hier könne es nur darauf ankommen, ob das vereinbarte Entgelt der Tarifpost des gelieferten Heilbehelfes entspreche und nur wenn das Entgelt der Höhe nach den Tarifwert überschreite, würde die erbrachte Leistung außerhalb des Rahmens der Sozialversicherungsleistung liegen und nur ein solcher Mehrbetrag wäre von der Umsatzsteuerbefreiung ausgenommen. Die Frage, wer die Entgelte für die Lieferungen von Heil- und Hilfsmitteln tatsächlich zahle, könne für die Steuerfreiheit nicht entscheidend sein. Vielmehr habe es darauf anzukommen, an wen die Heil- und Hilfsmittel geliefert würden.

Die Ansicht des Beschwerdeführers steht weder mit dem Gesetzeswortlaut vor dem 2. Steueränderungsgesetz 1951, BGBl. Nr. 8/1952, noch mit dem derzeit geltenden Wortlaut der gegenständlichen Befreiungsbestimmung im Einklang. Vor dem 2. Steueränderungsgesetz 1951 war die Steuerfreiheit der Umsätze für Heil- und Hilfsmittel darauf abgestellt, ob der Sozialversicherungsträger zur Zahlung des Entgeltes verpflichtet war. Nach der derzeitigen Regelung ist die Umsatzsteuerfreiheit lediglich auf die tatsächliche Zahlung des Entgeltes durch den Sozialversicherungsträger abgestellt, gleichgültig, ob im übrigen dem leistenden Unternehmer der Versicherte oder der Sozialversicherungsträger als Leistungsempfänger gegenübersteht. Die belangte Behörde hat sohin die Umsatzsteuerfreiheit gemäß § 4 Z. 11 lit. a UStG 1934 bzw. gemäß § 4 Abs. 1 Z. 11 lit. a UStG 1959 mit Recht versagt.

2.) Einkommensteuer 1960:

Hinsichtlich der behaupteten Zahlungen an die Mutter vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, daß der von ihm verlangte Nachweis den guten Sitten und der Moral widerspreche, da er seiner alten Mutter nicht zumuten könne, die empfangenen Beträge zu bestätigen. Auch müsse die Eintragung der Beträge in seiner Buchhaltung als Privatentnahme zum Nachweis genügen.

Gemäß § 138 der Bundesabgabenordnung (vom 28. Juni 1961, BGBl. Nr. 194, BAO) kann das Finanzamt von einem Steuerpflichtigen, der bei der Feststellung seines Einkommens die Absetzung von Aufwendungen beantragt, verlangen, daß er die Richtigkeit seines Anbringens nachweist. Soweit der Steuerpflichtige diesem Verlangen nicht nachkommt, werden die beantragten Absetzungen nicht vorgenommen. Die Finanzbehörde kann daher die Absetzung einer außergewöhnlichen Belastung trotz sachlicher Berechtigung ablehnen, solange ihr die Höhe der beantragten Absetzung nicht nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht wird. Dabei ist es wohl richtig, daß die Finanzbehörde den Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Richtigkeit der Ausgaben erteilen darf. Doch irrt der Beschwerdeführer, wenn er vermeint, daß das Verlangen, die ausbezahlten Beträge von der Mutter bestätigen zu lassen, unerfüllbar gewesen ist, denn nur die tatsächliche Unmöglichkeit, die Höhe der Ausgaben nachzuweisen, befreit den Steuerpflichtigen von dem ihm durch § 138 BAO auferlegten Beweispflicht. Dagegen entheben familiäre Rücksichtnahmen den Steuerpflichtigen nicht der ihm obliegenden Beweispflicht und es widerspricht auch nicht den guten Sitten und der Moral, wenn sich der Sohn die an seine Mutter bezahlten Beträge von dieser für steuerliche Zwecke bestätigen läßt. Die Eintragung der Beträge als Privatentnahme in der Buchhaltung des Betriebes „als für die Mutter verausgabt“ ergibt, wie dem Beschwerdeführer als buchführenden Gewerbetreibenden bekannt sein müßte, über die tatsächliche Verwendung der Gelder keinen Nachweis. Wenn der Beschwerdeführer weiters auf § 167 Abs. 1 BAO verweist, so ist dem entgegenzuhalten, daß im gegenständlichen Fall offenkundige Tatsachen, die keines Beweises bedürfen, nicht vorliegen. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie dem als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Betrag die Abzugsfähigkeit versagt.

Da der Verwaltungsgerichtshof auch keine Verfahrensmängel feststellen konnte, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war die Beschwerde zur Gänze unbegründet und mußte gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abgewiesen werden.

Wien, am 25. September 1964

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1964:1963001528.X00

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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