TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/8 96/07/0213

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Veröffentlicht am 08.04.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
VStG §44a Z1;
VStG §51e Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. September 1996, Zl. VwSen-200178/2/Gb/Rd, betreffend Übertretung des Düngemittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau (BH) erließ unter dem Datum des 7. November 1995 gegen den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis, dessen Spruch folgenden Wortlaut hat:

"Am 16.5.1995 wurde bei der Firma S Ges.m.b.H., eine amtliche Düngemittelkontrolle vorgenommen und dabei festgestellt, daß das von Ihnen im Monat Mai 1995 an den zuvor genannten Betrieb gelieferte Düngemittel mit der Handelsbezeichnung "NPK" 15-15-15/DM Reg.Nr. (nach § 21 Abs. 2 Düngemittelgesetz: 11402) den Kennzeichnungsvorschriften nach § 8 Düngemittelgesetz nicht entsprach, zumal die angegebenen Gehalte von a) Phosphat neutralamoncitratlöslich und von b) Kaliumoxyd wasserlöslich in Widerspruch zum tatsächlichen Gehalt standen.

Das Düngemittel sollte lt. Kennzeichnung und lt. Bescheid des BMLF vom 5.12.1988

a)

15 % Phophat neutralamoncitratlöslich und

b)

15 % Kaliumoxyd wasserlöslich

enthalten.

Lt. Untersuchungsergebnis der Bundesanstalt für Agrarbiologie erreichte das Produkt

a)

11 % Phosphat neutralamoncitratlöslich und

b)

10,7 % Kaliumoxyd wasserlöslich,

sodaß der in der Anlage 2 der Düngemittelverordnung 1994, BGBl. Nr. 1007/1994, vorgeschriebene Mindestgehalt von je 13,9 % unterschritten wurde.

Folglich haben Sie dieses Düngemittel entgegen der Bestimmung des § 5 Düngemittelgesetz in Verkehr gebracht, indem sie das den Kennzeichnungsvorschriften nicht entsprechende Produkt im Monat Mai 1995 an die Firma S Ges.m.b.H., ausgeliefert haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 5 Abs. 2 Z. 3 iVm § 19 Abs. 1 Z. 1 lit. a Düngemittelgesetz 1994, BGBl. Nr. 513/1994 i.V.m. § 18 Abs. 8 und Anlage 2 Düngemittelverordnung 1994, BGBl. Nr. 1007/1994."

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage) verhängt. Ferner wurde er zur Zahlung der Barauslagen (Untersuchungskosten) von S 1.274,-- verpflichtet.

Der Beschwerdeführer berief. Er brachte vor, er habe die gegenständlichen Düngemittel weder zum Verkauf vorrätig gehalten, noch feilgehalten oder verkauft, sondern lediglich die Ware bestellt und durch ein Transportunternehmen an die Firma S GesmbH, Straßwalchen, liefern lassen, wobei dort eine Lagerung und Verkaufsmöglichkeit gegeben gewesen sei. Es blieben daher lediglich die Tatbestandsbilder des Einführens und des Überlassens im geschäftlichen Verkehr, wobei zu diesem Zeitpunkt der objektive Tatbestand, nämlich die falsche Bezeichnung, gegeben sein müsse. Hiefür sei die erkennende Behörde beweispflichtig. Durch welche der im § 3 DMG normierten Möglichkeiten das Düngemittel durch den Beschwerdeführer in Verkehr gebracht worden sein solle, sei bislang von der erkennenden Behörde nicht konkret umschrieben worden, sodaß die Tathandlungen im Sinne des § 44a VStG nicht ausreichend umschrieben und diesbezüglich bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei.

Aber auch der Tatzeitpunkt sei nicht entsprechend umschrieben worden. Es sei lediglich auf Grund einer amtlichen Düngemittelkontrolle am 16. Mai 1995 festgestellt worden, daß "die Phosphat-neutralamoncitratlöslich und Kaliumoxyd-wasserlöslich" nicht den Kennzeichnungsvorschriften nach § 8 DMG entsprächen; damals sei jedoch die Tathandlung, nämlich das Inverkehrbringen, bereits abgeschlossen gewesen, da der Beschwerdeführer lediglich das Düngemittel eingeführt und es im geschäftlichen Verkehr überlassen habe, was jedoch am 16. Mai 1995 mit Sicherheit nicht mehr der Fall gewesen sei, da es bereits bei der Firma S Ges.m.b.H. zum Verkauf aufgelegen sei. Die Umschreibung, das entsprechende Produkt im Mai 1995 an die Firma S Ges.m.b.H. ausgeliefert zu haben, entspreche nicht den gesetzlichen Voraussetzungen des § 44a VStG, zumal es für die Behörde erster Instanz ein leichtes gewesen wäre, an Hand des Warenbegleitscheines und des Lieferscheines bezüglich obiger Produkte den tatsächlichen Lieferzeitpunkt ausfindig zu machen, sodaß der Tatzeitpunkt, zumindest der Tag der Anlieferung, genau eruiert und somit entsprechend § 44a VStG umschrieben hätte werden können.

    Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof

angefochtenen Bescheid vom 18. September 1996 hob die belangte

Behörde den Ausspruch über die für den Fall der

Uneinbringlichkeit der Geldstrafe verhängte

Ersatzfreiheitsstrafe auf und bestätigte im übrigen das

erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, daß anstelle

der Wortfolge: ".... im Monat Mai 1995...." die Wortfolge:

"..... zwischen 1. und 16. Mai 1995....." zu treten und die

Strafsanktionsnorm § 19 Abs. 1 Z. 1 Einleitungssatz Düngemittelgesetz 1994 zu lauten habe.

In der Begründung heißt es, in der Berufung sei nicht bestritten worden, daß im Mai 1995 ausgeliefert worden sei. Hinsichtlich der in der Berufung relevierten, nicht ausreichend konkretisierten Tatzeit komme der Berufung zumindest teilweise Berechtigung zu. Weil die Betretung am 16. Mai 1995 erfolgt und die Tat abgeschlossen gewesen sei, sie die Tatzeit auf den im Spruch zitierten Zeitraum zu beschränken gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung nicht nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, sondern auch die Richtigkeit der von der Erstbehörde angenommenen Tatzeit bekämpft. Wäre eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden, dann hätte er durch - näher bezeichnete - Beweismittel, die ihm erst nach Erhebung der Berufung zur Kenntnis gekommen seien, belegen können, daß das beanstandete Düngemittel nicht von ihm stamme.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder auf Grund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, dann ist nach § 51e Abs. 1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden.

Wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, dann kann nach § 51e Abs. 2 VStg eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt.

Der Beschwerdeführer hat in der Berufung die Richtigkeit des von der Erstbehörde angenommenen Tatzeitraumes bestritten. Die Auffassung der belangten Behörde, dieses Bestreiten beziehe sich nur auf den Zeitraum ab 16. Mai 1995, während der Beschwerdeführer nicht bestritten habe, daß er das Düngemittel im Mai 1995 ausgeliefert habe, findet in der Berufung keine Deckung. Der Beschwerdeführer hat in der Berufung bemängelt, der Tatzeitpunkt sei nicht festgestellt worden, obwohl es der Behörde ein leichtes gewesen wäre, an Hand des Warenbegleitscheines und des Lieferscheines den tatsächlichen Lieferzeitpunkt ausfindig zu machen. Damit hat er eine mangelnde Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht und nicht nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1996, 95/04/0193). Aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer ausgeführt hat, ein Überlassen des Düngemittels im geschäftlichen Verkehr könne am 16. Mai 1995 mit Sicherheit nicht mehr vorgelegen seien, kann nicht gefolgert werden, er habe eine Auslieferung im Zeitraum zwischen 1. und 15. Mai 1995 nicht in Abrede gestellt.

Die Voraussetzungen für den Entfall einer mündlichen Verhandlung lagen demnach nicht vor. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung stellt daher eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Die Relevanz dieses Verfahrensmangels hat der Beschwerdeführer dargetan.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Mängel bei Beschreibung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996070213.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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