TE Vwgh Erkenntnis 1971/1/15 0358/69

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Veröffentlicht am 15.01.1971
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Index

Wasserrecht
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §115 Abs1
WRG 1959 §115 Abs2
WRG 1959 §122 Abs3

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
0135/70

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Penzinger und die Hofräte Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Leibrecht und Dr. Schima als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pfeifhofer, über die Beschwerden des FE in Z, vertreten durch Dr. Egbert Mannlicher, Rechtsanwalt in Großgmain, gegen die Bescheide des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft 1) vom 8. Jänner 1969, Zl. 96.573/54-77.766/68, betreffend Einwendungen gegen einen Regulierungsbau, und 2) vom 19. Dezember 1969, Zl. 96.573/84-79.000/69, betreffend eine einstweilige Verfügung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, zu Recht erkannt.

Spruch

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 8. Jänner 1969 wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 19. Dezember 1969 wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- und der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.048,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Sachverhaltsdarstellung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1968, Zl. 1824/67, verwiesen.

Mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 7. November 1967 war unter Bezugnahme auf die Erklärung zum bevorzugten Wasserbau vom 3. Juli 1967 gemäß den §§ 41, 100 Abs. 2, 111, 114 und 115 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215, (WRG 1959) für das Vorhaben der Republik Österreich (Bundeswasserbauverwaltung) einer Zillerregulierung von Talbach oberhalb Zell am Ziller bis zum Ahrnbach bei Aschau nach Maßgabe der unter A) enthaltenen Projektsbeschreibung und der unter B) inhaltlichen Bedingungen und Auflagen die wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden. Zugleich hatte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in seinem Bescheid vom 7. November 1967 die „Einwände“ des Beschwerdeführers abgewiesen.

Mit dem oben angeführten Erkenntnis vom 27. März 1968 hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 7. November 1967 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, soweit die „Einwände“ des Beschwerdeführers abgewiesen worden waren und die wasserrechtliche Bewilligung im Bereiche der Liegenschaften des Beschwerdeführers (Fluß-km 22,5 bis 23,25) erteilt worden war. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft war in dem mit Bescheid vom 7. November 1967, zunächst abgeschlossenen Ermittlungsverfahren zu dem Ergebnis gelangt, daß im Sinne des Gutachtens des technischen Amtssachverständigen die vom Beschwerdeführer begehrte Änderung das Bauvorhaben, der Zillerregulierung wesentlich erschweren würde. Der Verwaltungsgerichtshof führte in den Entscheidungsgründen seines Erkenntnisses vom 27. März 1968 aus, daß die vom Amtssachverständigen bzw. von der belangten Behörde angenommene vermehrte Preisgabe von Kulturgründen bei Durchführung der vom Beschwerdeführer begehrten Trassenänderung nicht hinlänglich dartue, daß das Bauvorhaben durch die begehrte Änderung wesentlich erschwert würde. Die belangte Behörde hätte daher - so legte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. März 1968 dar - den Sachverständigen auffordern müssen, sein Gutachten in dieser Hinsicht zu ergänzen.

Im Umfange der Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 3. Juli 1967 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1968 trat die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte (§ 42 Abs. 3 VwGG 1965).

Schon im bisherigen verwaltungsbehördlichen Verfahren hatte der Beschwerdeführer ein Privatgutachten seines fachmännischen Beirates, des ordentlichen Hochschulprofessors Dr. Ing. D, zu dem gestellten Abänderungsantrag vorgelegt. (Abänderungsvariante I, Gutachten vom 15. August 1967). Seiner zur hg. Zahl 1824/67 erhobenen Beschwerde hatte der Beschwerdeführer eine fachtechnische Äußerung des Professors D vom 4. Dezember 1967 mit einem Plan über die „Trassenänderung zwischen km 22,20 und 23,25“ (Änderungsvariante II) angeschlossen. Diese Variante II bezog die Verwaltungsbehörde nach Aufhebung des Bescheides vom 7. November 1967 durch den Verwaltungsgerichtshof in das fortgesetzte Ermittlungsverfahren ein. In Ergänzung seiner früheren Eingaben führte der Beschwerdeführer bei der Wasserrechtsbehörde unter Bezugnahme auf die Gutachten seines fachmännischen Beirates am 4. Juli 1968 aus, daß die nunmehr von ihm vorgeschlagene Trassenvariante in mehrfacher Hinsicht vorteilhafter als das Projekt des Regulierungsunternehmens sei.

Der technische Amtssachverständige schloß sich dieser Ansicht nicht an. Er war der Meinung, daß zwar die nunmehr vorgeschlagene Trassenführung (Variante II) tatsächlich ausführbar wäre, sich aber nicht mit der im Privatgutachten vom 15. August 1967 vorgeschlagenen Trassenführung decke. Nach dem ergänzenden Gutachten des Amtssachverständigen sei die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Trassenvariante um 7,9 m länger als die Projektstraße, woraus sich per Saldo Grundinanspruchnahme zu gewinnender Regulierungsneugrund bei Trassierung nach dem Projekt des Regulierungsunternehmens eine Einsparung von 400 m2 ergebe. Die Flußlaufverlängerung, zusätzliche Ufersicherungsmaßnahmen und eine im Falle der Durchführung der Projektsvariante notwendige Verlegung der Landesstraße Zell-Hippach würden Mehrkosten von rund einer viertel Million Schilling erfordern. Schließlich gelangte der Amtssachverständige zu der Feststellung, daß durch die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Trassenänderung der Gesamterfolg der Zillerregulierung in Frage gestellt würde, weil das Geschiebeschleppvermögen des Zillerflusses durch die rasche Aufeinanderfolge von Krümmungen des Flußlaufes herabgesetzt würde. Der durch die Regulierung bewirkte Hochwasserschutz würde dadurch möglicherweise vereitelt; im Falle der Durchführung der Projektevariante müßten umfangreiche zusätzliche Sicherungsbauten durchgeführt werden.

Mit Eingabe vom 12. Oktober 1968 nahm der Beschwerdeführer zum ergänzenden Gutachten des Amtssachverständigen Stellung. Er behauptete, daß mit der Ausführung der Variante keine erheblich größeren, sondern verminderten Aufwendungen verbunden wären. Die im ergänzenden Gutachten des Amtssachverständigen geäußerte Besorgnis über besondere Kosten für immer wieder vorzunehmende Räumungen des Flußbettes sei nicht begründet. Es werde daher der Antrag gestellt, bei der zu erteilenden wasserrechtlichen Bewilligung für die in Betracht kommende Regulierungsstrecke dem gegenständlichen Abänderungsverlangen zu entsprechen.

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft erteilte mit dem nunmehr durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. Jänner 1969 unter Bezugnahme auf die Bevorzugserklärung vom 3. Juli 1967 und auf den Bewilligungsbescheid vom 7. November 1967 unter den dort genannten Bedingungen und Auflagen gemäß § 41, § 100 Abs. 2, § 111, § 114 und§ 115 WRG 1959 für das Bauvorhaben der Republik Österreich (Bundeswasserbauverwaltung) einer Zillerregulierung im Bereiche der Liegenschaft des Beschwerdeführers (Fluß-km 22,5 bis 23,25) nach Maßgabe des eingereichten Projektes die wasserrechtliche Bewilligung. Das Verlangen des Beschwerdeführers nach Abänderung des Vorhabens im Bereiche seiner Liegenschaft wurde gemäß § 115 Abs. 2 WRG 1959 abgewiesen.

In der Begründung seines Bescheides bezog sich das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft im wesentlichen auf das Gutachten des technischen Amtssachverständigen. Dem Verlangen des Beschwerdeführers nach Abänderung der projektierten Regulierungstrasse zwischen km 22,20 und km 23,25 stünde zum Teil die Rechtskraft des Bewilligungsbescheides vom 7. November 1967 entgegen, da für die Regulierungsstrecke von km 22,50 bis 22,20 die Bewilligung bereits rechtskräftig vorliege. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft habe dem Bescheid das Gutachten des technischen Amtssachverständigen wegen seines inneren Wahrheitsgehaltes, der vollständigen Erfassung des komplizierten Sachverhaltes, der Schlüssigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit der Angaben“ zugrunde gelegt werden müssen. Zweck der Zillerregulierung sei der Hochwasserschutz der Kulturflächen des Zillertales vor dem „50-jährlichen“ und der Ortschaften vor den „100-jährlichen“Hochwasser. Dabei sei die durch den Betrieb der Speicherkraftwerke geänderte Wasserführung des Flusses so zu berücksichtigen, daß der Ziller auch den entstehenden Verlagerungen von Abflußanteilen vom Sommer - in das Winterhalbjahr und den immer wieder plötzlich auftretenden Schwellabflüssen mit Überlagerungsmengen bis zu 92 m3 pro Sekunde gewachsen sei. Die durch die Kraftwerke wesentlich geänderte Wasserführung bedinge im besonderen die gegenständliche Regulierung und somit die Anpassung des Zillerbettes an die neuen Wasser- und Geschiebeführungsverhältnisse, die gleichzeitig auch umfangreiche Bauten in den Zubringerwildbächen erforderten. Der technische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten schlüssig dargelegt, daß bei der vom Beschwerdeführer verlangten Variante das Gleichgewicht zwischen Geschiebeanfall und Geschiebeschleppvermögen gestört werde. Unter Bezugnahme auf die ergänzende gutachtliche Äußerung des Amtssachverständigen kam das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft zu dem Schluß, daß bei Durchführung der vom Beschwerdeführer verlangten Projektevariante der Zweck der Regulierung, nämlich der Hochwasserschutz für das Siedlungsgebiet Zell am Ziller, nicht einmal unter erheblich größeren Aufwendungen erreicht werden könnte. Es ergebe somit die Beweiswürdigung, daß die vom Beschwerdeführer verlangte Projekteänderung das Vorhaben der Zillerregulierung im kritischen Bereiche Zell am Ziller nicht nur erheblich erschweren, sondern einen angestrebten Regulierungszweck auch wesentlich einschränken, wenn nicht vereiteln würde. Es habe daher das Regulierungsvorhaben auch im gegenständlichen Bereich nach dem eingereichten Projekt bewilligt werden müssen.

Gegen diesen Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 8. Jänner 1969 richtet sich die zur hg. Zahl 358/69 protokollierte Beschwerde, womit Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Nach Erhalt der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft erstatteten Gegenschrift hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 3. September 1969 eine von Professor D verfaßte fachtechnische Erwiderung vom 15. August 1969 vorgelegt. Nunmehr schlägt der fachtechnische Berater des Beschwerdeführers als neue Variante unter Anschluß eines Planes eine Trassenänderung zwischen Fluß-km 22,50 und 23,25 des Ziller vor (Änderungsvariante III).

II.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 1969 erließ das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft eine einstweilige Verfügung; gemäß § 122 Abs. 3 WRG 1959 wurden damit infolge besonderer Dringlichkeit die Inangriffnahme der mit dem Bescheid derselben Behörde vom 8. Jänner 1969 bewilligten Regulierung des Ziller zwischen Fluß-km 22,5 und 23,25, sowie die dazu notwendigen Eingriffe in das Grundstück Nr. 384 der Katastralgemeinde Zell am Ziller im Ausmaß von 9.932 m2 gestattet. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft begründete diesen Bescheid folgendermaßen:

Das Regulierungsunternehmen, nämlich die Bundeswasserbauverwaltung, habe die Bauarbeiten an der Regulierungsstrecke soweit ausgeführt, daß sie nunmehr im letzten obersten Teilstück der Regulierungsstrecke des Ziller durchzuführen seien. Durch eine weitere Verzögerung der Arbeiten erwachse dem Regulierungsunternehmen ein wesentlicher Schaden, weil die Stilliegezeiten von Geräten- und Personal des Bauunternehmens vergütet werden müßten. Das Regulierungsunternehmen habe daher die Erlassung einer einstweiligen Verfügung bezüglich des Grundstückes Nr. 384 der Katastralgemeinde Zell am Ziller beantragt, wovon 5000 m2 dauernd und 4932 m2 vorübergehend zur Ausführung des Bauvorhabens benötigt würden.

Die besondere Dringlichkeit dieser Bauarbeiten sei in der Notwendigkeit gelegen, die gegenwärtige, für den Flußbau erforderliche und besonders günstige Niederwasserperiode des Ziller auszunützen und den Bauzeitplan einzuhalten, damit keine Verzögerung in der Abwendung künftiger Hochwassergefahren, in der Herstellung einer gesamtwirtschaftlichen Ordnung im Zillertal und in der ebenfalls, zeitlich gebundenen Inbetriebnahme der Zemmkraftwerke der Tauernkraftwerke AG eintrete; andernfalls würde die österreichische Volkswirtschaft einen in seinem Umfang kaum abschätzbaren Schaden erleiden.

Da sowohl die formalen wie die sachlichen Voraussetzungen für die Erlassung der gegenständlichen einstweiligen Verfügung vorlägen, sei dem Antrag des Regulierungsunternehmens Folge zu geben gewesen, wobei die Gestattung der Eingriffe in das Grundeigentum des Beschwerdeführers nicht über das dem bewilligten Projekt zugrunde liegende Ausmaß hinausreiche.

Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz werde innerhalb der im § 122 Abs. 5 WRG 1959 festgesetzten Gültigkeitsdauer dieser einstweiligen Verfügung das Enteignungs- und Entschädigungsverfahren bezüglich des Grundstückes Nr. 384 der Katastralgemeinde Zell am Ziller zum Abschluß zu bringen haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, welche zur hg. Zahl 135/70 protokolliert wurde. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft legte anläßlich der Erstattung der Gegenschrift zu dieser Beschwerde auch seinen Akt Zl. 96.573/59-86.548/68 vor. Daraus ist zu ersehen, daß u. a. bezüglich des Grundstückes Nr. 384 der Katastralgemeinde Zell am Ziller bereits das Enteignungs- und Entschädigungsverfahren eingeleitet worden war. Der Landeshauptmann von Tirol hatte diesbezüglich in der Zeit vom 11. bis 14. Dezember 1967 an Ort und Stelle eine Verhandlung abgeführt. Einer gegen den Enteignungs- und Entschädigungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 6. März 1968 eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers hatte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft mit Berufungsbescheid vom 14. Dezember 1968 Folge gegeben, um den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, weil nämlich damals - also im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides - keine Bewilligung für eine Zillerregulierung im Bereiche der Liegenschaft des Beschwerdeführers vorlag.

III.

Wegen ihres tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhanges hat der Verwaltungsgerichtshof die beiden Beschwerdesachen Zl. 358/69 und 135/70 zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden. Über die beiden Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1) Gemäß § 100 Abs. 2 WRG 1959 hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft das gegenständliche Detailprojekt zur Regulierung des Ziller mit Bescheid vom 3. Juli 1967 als bevorzugten Wasserbau erklärt.

Gemäß § 115 Abs. 1 WRG 1959 haben die durch einen bevorzugten Wasserbau berührten Dritten grundsätzlich nur den Anspruch auf angemessene Entschädigung. Wird vor Bewilligung des Bauvorhabens eine mündliche Verhandlung durchgeführt, so können die Beteiligten gemäß § 115 Abs. 2 WRG 1959 Abänderungen und Ergänzungen des Entwurfes verlangen, durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird.

In dem bereits wiederholt genannten Erkenntnis vom 27. März 1968 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß bei Erlassung des - im ersten Rechtsgang erflossenen - Bescheides der belangten Behörde vom 7. November 1967 das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Sinne des § 115 Abs. 2 WRG 1959 für eine Ablehnung des Antrages des Beschwerdeführers nicht hinlänglich ermittelt worden sei. Mit diesem Erkenntnis vom 27. März 1968 hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 7. November 1967 aber nicht zur Gänze aufgehoben, sondern nur insoweit, als sich dieser Bescheid auf die Abweisung der Einwände des Beschwerdeführers und die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung im Bereiche seiner Liegenschaft bezogen hatte. Es handelte sich hiebei um die Strecke zwischen Fluß-km 22,5 bis 23,25. Demnach wurde die wasserrechtliche Bewilligung zur Zillerregulierung - mit Ausnahme der Strecke zwischen Fluß-km 22,5 und 23,25 - durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1968 aus dem Rechtsbestand nicht beseitigt. Im fortgesetzten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren beharrte der Beschwerdeführer auf einer neuen Projektevariante (Variante II), die sich auf die Fluß-km 22,2 bis 23,25 bezog. Im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1968 durfte sich aber das von der belangten Behörde neuerlich durchzuführende wasserrechtliche Bewilligungsverfahren nur auf die Fluß-km 22,5 bis 23,25 beziehen. Der Beschwerdeführer verlangte also in seinem im Verwaltungsverfahren zuletzt eingereichten Projekt solche Änderungen, die in den bereits rechtskräftig bewilligten Projektsbereich übergriffen. Allein aus der Natur dieses Begehrens ergibt sich bereits, daß das Verlangen des Beschwerdeführers eine solche Abänderung des Entwurfes in sich schloß, durch die das Bauvorhaben notwendigerweise wesentlich erschwert würde. Damit findet aber das Begehren des Beschwerdeführers als ein über § 115 Abs. 2 WRG 1959 hinausgehender Antrag keine gesetzliche Deckung. Somit wurde der Beschwerdeführer durch die Ablehnung seines Begehrens seitens der belangten Behörde in keinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt. Wenn der Beschwerdeführer erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine neue (dritte) Projektsänderungsvariante vorlegte, die sich wohl in die rechtskräftig festgelegte Projektstrecke zwischen Fluß-km 22,5 einerseits und 23,25 andererseits einpaßt, so war dieses Vorbringen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht verwertbar.

Die zur hg. Zahl 358/69 erhobene Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

2) Gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 können die zuständigen Wasserrechtsbehörden bei Gefahr im Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen.

Gemäß § 122 Abs. 3 WRG 1959 kann das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft bei besonderer Dringlichkeit die Inangriffnahme eines als bevorzugter Wasserbau erklärten und bewilligten Bauvorhabens sowie notwendige Eingriffe in fremde Rechte schon vor Abschluß des Entschädigungsverfahrens gestatten.

Der Beschwerdeführer legt dem angefochtenen Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 19. Dezember 1969 Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Begründung zur Last, daß im Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung ein Entschädigungsverfahren nicht im Zuge gewesen sei.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Mit der Aufhebung des Projektbewilligungsbescheides vom 7. November 1967 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1968 und mit der nachfolgenden Aufhebung des Enteignungs- und Entschädigungsbescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 6. März 1968 durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft als Berufungsbehörde war unabdingbare Voraussetzung für ein neu abzuführendes Enteignungs- und Entschädigungsverfahren die neuerliche Bewilligung des vorliegenden Projektes im fraglichen Bereich. Diese Bewilligung ist erst mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 8. Jänner 1969 erteilt worden. Erst ab diesem Zeitpunkt ergab sich daher für den Landeshauptmann von Tirol zufolge § 114 Abs. 1 WRG 1959 die Berechtigung und Verpflichtung, neuerlich ein Verfahren über die Frage der Enteignung und Entschädigung abzuführen. Unbestrittenermaßen ist dies aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 19. Dezember 1969, betreffend die einstweilige Verfügung, nicht geschehen. Die belangte Behörde war daher bei dieser Sach- und Rechtslage mangels des Laufes eines (Enteignungs- und)Entschädigungsverfahrens nicht berechtigt, eine einstweilige Verfügung nach § 122 Abs. 3 WRG 1959 zu erlassen. In diesem Zusammenhang sei unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. März 1965, Zl. 1452/64, hingewiesen.

Demnach war der unter der hg. Zl. 135/70 eingebrachten Beschwerde Erfolg zuzuerkennen und der angefochtene Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 19. Dezember 1969 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

3) Die Entscheidung über den Zuspruch-von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und auf die Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 4. Jänner 1965, BGBl. Nr. 4.

Wien, am 15. Jänner 1971

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1971:1969000358.X00

Im RIS seit

04.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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