TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/18 97/16/0020

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Veröffentlicht am 18.04.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
22/02 Zivilprozessordnung
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren

Norm

ABGB §7
GGG 1984 TP1 Anm3
GGG 1984 TP2 Anm3
GGG 1984 TP3 Anm2
VwRallg
ZPO §483 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden

Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner,

Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein

des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde des E

in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den

Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg vom

5. Juni 1996, Zl. Jv 1709-33a/96, betreffend Gerichtsgebühren,

zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift, ihrer Ergänzung und dem Inhalt der

vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt

sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war im Verfahren 7 Cga 2/96 v vor dem

LG Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht beklagte Partei

und hatte das gegen ihn ergangene Versäumungsurteil vom

22. Jänner 1996 mit Berufung bekämpft. Dafür hatte er gemäß

TP 2 GGG Pauschalgebühr in Höhe von S 10.600,-- entrichtet.

Über die Berufung wurde in der Folge aber nicht

entschieden, weil die klagende Partei die Klage noch vor

Zustellung der Berufung an sie unter Anspruchsverzicht wieder

zurückgezogen hatte (§ 483 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

Daraufhin begehrte der Beschwerdeführer die Rückzahlung der

für die Berufung entrichteten Pauschalgebühr mit der

Begründung, daß sich zufolge der Klagsrückziehung eine

Entscheidung über die Berufung erübrigt habe.

Die belangte Behörde wies den Rückzahlungsantrag unter

Hinweis auf Anm. 3 letzter Satz zu TP 2 GGG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den

Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung

ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof

abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht

Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge

Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und erachtet sich

in seinem Recht darauf verletzt, daß ihm die entrichtete

Pauschalgebühr zumindest zum Teil (zwei Drittel bzw. zur

Hälfte) zurückzuerstatten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Anm. 3 zur TP 2 GGG lautet:

"Die Pflicht zur Entrichtung der Pauschalgebühr nach

Tarifpost 2 wird dadurch nicht berührt, daß eine im Verfahren

zweiter Instanz ergangene Entscheidung aufgehoben oder

abgeändert wird. Die Gebührenpflicht erlischt auch dann nicht,

wenn über das Rechtsmittel nicht entschieden wird."

Die Beschwerde argumentiert damit, daß auf den

Beschwerdefall (mit Rücksicht darauf, daß das Berufungsgericht

gar nicht beansprucht worden und ein Gerichtsaufwand daher

nicht entstanden sei) die Bestimmungen der Anm. 3 zur TP 1 GGG

bzw. der Anm. 2 zur TP 3 leg. cit. analog anzuwenden seien.

Dabei übersieht die Beschwerde allerdings grundlegend, daß

der Gebührentatbestand der TP 2 GGG in Gestalt der von der

belangten Behörde angewendeten Vorschrift des 2. Satzes der

Anm. 3 gerade zur Frage, daß über ein erhobenes Rechtsmittel

vom Gericht zweiter Instanz (warum auch immer) gar nicht

entschieden wird, eine spezielle Regelung enthält, die von den

oben zitierten Bestimmungen, deren analoge Anwendung der

Beschwerdeführer anstrebt, durchaus abweicht. Mit Rücksicht

darauf, daß der Fall, daß über ein Rechtsmittel, welches gemäß

§ 2 Z. 1 lit. c GGG mit seiner Überreichung die Gebührenpflicht

ausgelöst hat, in der Folge vom Gericht zweiter Instanz gar

nicht entschieden wird, gemäß Satz 2 der Anm. 3 zu TP 2 GGG

ausdrücklich kein Erlöschen der Gebührenpflicht bewirkt, ist

das Vorliegen einer planwidrigen Unvollständigkeit im Gesetz zu

verneinen. Gerade diesen Fall hat ja der Gesetzgeber explicit

geregelt. Damit fehlt es aber an der Grundvoraussetzung für den

von der Beschwerde angestrebten Analogieschluß (vgl. z.B.

F. Bydlinski in Rummel, ABGB I2 Rz 2 zu § 7 ABGB). Im

Beschwerdefall hat somit die gemäß § 483 Abs. 3 Satz 2 ZPO

zulässigerweise erfolgte Klagsrücknahme dazu geführt, daß die

vom Beschwerdeführer gegen das wider ihn ergangene

Versäumungsurteil erhobene Berufung in der Folge unerledigt

blieb. Nach der dafür bestehenden zitierten Spezialvorschrift

der Anm. 3 Satz 2 zu TP 2 GGG kann dies aber an der mit der

Überreichung des Rechtsmittels begründeten Gebührenpflicht für

die erhobene Berufung nichts mehr ändern.

Insoweit der Beschwerdeführer sich auf den Wortlaut des

Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom

2. Oktober 1996, Zl. B 2346/96-3, zu stützen sucht, ist darauf

hinzuweisen, daß die vom Beschwerdeführer angesprochene Passage

aus dem Abs. 2 der Seite 2 des Beschlusses des

Verfassungsgerichtshofes nur einen im Konjunktiv gehaltenen

Stehsatz darstellt, der einerseits lediglich eine bedingte

Aussage enthält (arg.: allenfalls) und der andererseits keine

den Verwaltungsgerichtshof bindende Wirkung dahin erzeugen

kann, daß der angefochtene Bescheid tatsächlich "grob

rechtswidrig" ist. Dazu kommt, daß der Verfassungsgerichtshof

z. B. selbst schon ausgesprochen hat, daß der Umstand, daß die

Anmerkung zur TP 2 GGG keine Ermäßigung der Pauschalgebühr für

den Fall der Rückziehung einer Berufung vorsieht (in welchem

Fall über die Berufung ja auch nicht mehr entschieden werden

muß) keinen Anlaß für die meritorische Behandlung einer

Verfassungsgerichtshofbeschwerde darstellt (vgl. dazu die bei

Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren5 unter E 6 zur TP 2 GGG

angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).

Mit Rücksicht auf die gegebene Rechtslage kann auch der

erhobenen Verfahrensrüge (betreffend das Unterbleiben von

Feststellungen im angefochtenen Bescheid über einzelne

Aktenvorgänge nach der Klagsrücknahme) von vornherein kein

Erfolg beschieden sein, weil - wie oben schon ausgeführt - die

maßgebliche Gesetzesstelle die Gebührenpflicht ohne Rücksicht

auf den Grund, warum über das Rechtsmittel nicht entschieden

wurde, aufrecht erhält.

Somit ergab sich bereits aus dem Beschwerdeinhalt, daß die

behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die

Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997160020.X00

Im RIS seit

21.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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