TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/15 VGW-151/088/16418/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2021
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Entscheidungsdatum

15.01.2021

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

NAG §11 Abs2 Z4
NAG §11 Abs5
NAG §21 Abs1
NAG §21 Abs3
NAG §24 Abs1
NAG §64 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Kalteis über die Beschwerde der Frau A. B. (geb.: 1994, StA: Nigeria), vertreten 1) durch "C.", sowie 2) Mag. D. E., ebendort, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 22.9.2020, Zl. MA35-..., mit welchem der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student" gemäß § 64 Abs. 1 Z 1 iVm § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 iVm § 21 Abs. 1 iVm Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen wurde,

zu Recht:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt, dass es im Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat, dass der verfahrensgegenständliche Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student" gemäß § 21 Abs. 1 iVm Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 146/2020, abgewiesen wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

1. Mit im Bundesgebiet bei der belangten Behörde eingebrachtem (Erst-)Antrag vom 14.7.2020 begehrte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck "Student" gemäß § 64 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG).

2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde diesen Antrag mit dem angefochtenen Bescheid ab, zumal die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und somit auch nicht zur Antragstellung im Inland berechtigt gewesen sei. Sie sei mittels – als "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" tituliertem – Schreiben vom 26.8.2020 über die Möglichkeit zur Stellung eines Zusatzantrages nach § 21 Abs. 3 NAG belehrt worden, es seien jedoch bis zur Erlassung des Bescheides keine neu zu bewertenden Unterlagen bei der belangten Behörde eingelangt. Besonders berücksichtigungswürdige Umstände im Hinblick auf § 11 Abs. 3 NAG würden nicht vorliegen.

3. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde. In dieser führt die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass der angefochtene Bescheid sie in ihrem Recht auf Fortführung des Studiums in Österreich und im Recht auf "die weitere Verlängerung" der Aufenthaltsbewilligung als Studentin verletze. Die Beschwerdeführerin sei vor drei Jahren legal als Studentin nach Österreich eingereist und habe ernsthaft ihr Studium betrieben, sodass ihre Aufenthaltsbewilligung auch zweimal verlängert worden sei. Die Beschwerdeführerin sei somit legal eingereist und auch legal aufhältig gewesen. Es sei nicht geklärt, warum die belangte Behörde von einer Antragstellung während eines unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin ausgehe. Die Beschwerdeführerin sei "offenbar […] Opfer der Umstände in Verbindung mit der Corona Krise" geworden. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass der gegenständliche Antrag vom 14.7.2020 als rechtzeitiger Verlängerungsantrag gewertet hätte werden müssen.

4. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde samt dem angefochtenen Bescheid und den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor (hier einlangend am 22.12.2020).

II. Sachverhalt:

Das Verwaltungsgericht Wien stellt folgenden entscheidungserheblichen Sachverhalt als erwiesen fest:

1. Die Beschwerdeführerin ist am ...1994 geboren, unbescholten und nigerianische Staatsangehörige. Sie verfügt über einen nigerianischen Reisepass mit Gültigkeit bis 20.2.2024.

Der Beschwerdeführerin wurde erstmals am 23.2.2017 eine Aufenthaltsbewilligung zum Zweck "Student" mit Gültigkeit vom 1.6.2016 bis 1.6.2017 erteilt. Der damals rechtzeitig gestellte Verlängerungsantrag vom 16.5.2017 wurde bewilligt und wurde der Beschwerdeführerin in der Folge am 8.3.2018 die entsprechende Karte mit Gültigkeit des Aufenthaltstitels vom 27.2.2018 bis 27.2.2019 ausgefolgt. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.2.2018 wurde gemäß § 20 Abs. 2 NAG festgestellt, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin vom 2.6.2017 bis 26.2.2018 rechtmäßig war. Am 7.2.2019 stellte die Beschwerdeführerin neuerlich einen Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung "Student", welcher – nach mehreren Antragsmodifikationen durch die Beschwerdeführerin – mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.9.2019, Zl. MA35-..., zurückgewiesen wurde, weil die Beschwerdeführerin einem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen war. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 24.1.2020, GZ VGW-151/073/709/2020, als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs die Entscheidung mit 30.1.2020 in Rechtskraft.

Die Beschwerdeführerin reiste in der Folge nicht aus dem Bundesgebiet aus, sondern hält sie sich über das Gültigkeitsende ihrer letzten Aufenthaltsbewilligung (27.2.2019) und den 30.1.2020 (Rechtskraft der hg. Entscheidung betreffend den zuletzt eingebrachten Verlängerungsantrag vom 7.2.2019) hinaus nach wie vor ununterbrochen in Österreich auf. Sie ist seit 7.11.2016 bis dato auch durchgehend im Bundesgebiet mit Hauptwohnsitz gemeldet, zuletzt seit 10.5.2019 an der Adresse Wien, F.-gasse. Seit spätestens 31.1.2020 liegt kein Aufenthaltstitel bzw. keine Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführerin für Österreich vor.

2. Am 14.7.2020 wurde der – mit "10.2.2020" datierte – verfahrensgegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Student" bei der belangten Behörde in Wien eingebracht. Im Antragsformular kreuzte die Beschwerdeführerin die Rubrik "Verlängerungsantrag" an.

Ein der Beschwerdeführerin am 2.9.2020 durch Hinterlegung zugestelltes, als "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" tituliertes Schreiben der belangten Behörde vom 26.8.2020 weist – neben anderen Ausführungen – insbesondere folgenden Inhalt auf:

"[…]

[Anm.: vollständige Zitierung des § 21 NAG]

Sie haben hieramts am 14.7.2020 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels 'Aufenthaltsbewilligung – Student' gemäß § 64 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) idgF eingebracht.

[…]

Als Student sind Sie gemäß § 21 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 NAG idgF berechtigt, den Antrag nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts im Inland zu stellen. Zum Zeitpunkt der Antragsstellung waren Sie nicht rechtmäßig im Bundesgebiet Österreich aufhältig und somit auch nicht zur Antragstellung im Inland berechtigt.

Da entsprechend der Aktenlage die weiteren Ausnahmeregelungen des § 21 Abs. 2 NAG idgF für Sie nicht zutrafen, werden Sie hiermit über die Möglichkeit der Heilung des Mangels der unrechtmäßigen Inlandsantragsstellung mittels der Stellung eines Zusatzantrages nach § 21 Abs. 3 NAG idgF belehrt.

[…]

Gemäß § 21 Abs. 3 NAG idgF kann die Behörde abweichend von Abs. 1 auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:

 

1.       im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder;

2.       zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig.

[…]"

(unkorrigiertes Originalzitat)

In Reaktion auf die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 26.8.2020 übermittelte die Beschwerdeführerin folgende undatierte Stellungnahme, welche bei der belangten Behörde am 18.9.2020 einlangte:

"Sehrgeehrte Damen und Herren,

Ich schreibe aufgrund meiner studierende Aufhaltsbewilligung.

Seit diesem Jahr 30. Januar, war ich krank, deshalb hat den Arzt mir emphelt eine Pause zu machen. Ich konnte auf diesem Grund keine Prüfungen und das Studium weiter machen bis Auutum Oktober. Danke für ihr Verständnis und Aufmerksam. "

(unkorrigiertes Originalzitat)

Abgesehen von dieser Eingabe langten bei der belangten Behörde keine weiteren Eingaben der Beschwerdeführerin ein, insbesondere wurde ein Antrag nach § 21 Abs. 3 NAG von der Beschwerdeführerin bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides, welcher der Beschwerdeführerin nachweislich am 29.9.2020 zugestellt wurde, und auch danach weder ausdrücklich noch sinngemäß gestellt.

3. Die Beschwerdeführerin ist derzeit Studentin an der G. Privatuniversität Wien im Studiengang "Bachelor of H.".

III. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen stützen sich auf folgende Beweiswürdigung:

1. Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakten, Würdigung des Beschwerdevorbringens und der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen sowie Vornahme diverser Registerabfragen (Zentrales Melderegister, Zentrales Fremdenregister, Versicherungsdatenauszug, etc.).

2. Die Ausführungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem vorliegenden, hinsichtlich seiner Vollständigkeit und Richtigkeit insoweit unzweifelhaften Akteninhalt. Die Feststellungen zu den persönlichen Angaben zur Beschwerdeführerin und zur Gültigkeitsdauer ihres Reisepasses stützen sich auf die bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen (Ausweiskopien, Geburtsurkunde, Führungszeugnis etc.), die Feststellungen zur Unbescholtenheit auf den hg. eingeholten Strafregisterauszug. Die Feststellungen zu den bisherigen Aufenthaltstiteln sowie die – mit 30.1.2020 rechtskräftige – Zurückweisung des Verlängerungsantrages vom 7.2.2019 gründen sich auf die durch die belangte Behörde ebenfalls vorgelegten (Vor-)Akten (betreffend die Anträge vom 8.2.2016, 16.5.2017 und 7.2.2019) sowie eine vom Verwaltungsgericht Wien durchgeführte Abfrage des Zentralen Fremdenregisters. Anhaltspunkte für gegenteilige Feststellungen waren auch dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

3. Dass der gegenständliche Antrag am 14.7.2020 bei der belangten Behörde im Bundesgebiet – und nicht etwa bei der österreichischen Berufsvertretungsbehörde im Ausland – eingebracht wurde, ergibt sich zweifellos aus dem im Akt befindlichen (Inlands-)Antragsformular (AS 1 ff), auf welchem sich der Eingangsstempel der belangten Behörde vom "14.7.2020" befindet und wurde Gegenteiliges auch von der Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet bzw. der Umstand der Inlandsantragstellung zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen. Insbesondere wurde auch weder ausdrücklich noch implizit in substantiierter Weise behauptet, dass der verfahrensgegenständliche Antrag vom 14.7.2020 zu einem früheren Zeitpunkt oder außerhalb des Bundesgebietes eingebracht worden wäre und geht auch aus der hg. Abfrage im Zentralen Fremdenregister eindeutig der 14.7.2020 als Antragstellungszeitpunkt hervor.

 

Dass sich die Beschwerdeführerin über die Gültigkeitsdauer der ihr zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung "Student" und insbesondere auch über den 30.1.2020 hinaus weiterhin ununterbrochen und ohne Aufenthaltstitel bzw. sonstige Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufhält, ergibt sich ebenfalls aus dem insoweit nicht in Zweifel zu ziehenden Akteninhalt (insbesondere einer Abfrage des Zentralen Fremdenregisters, welche ergab, dass nach der mit 30.1.2020 rechtskräftigen Zurückweisung betreffend den Verlängerungsantrag vom 7.2.2019 von der Beschwerdeführerin bis zur Stellung des gegenständlichen Antrages vom 14.7.2020 keine weiteren fremdenrechtliche Anträge zur Erlangung einer Aufenthaltsberechtigung gestellt wurden) und den diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin in der Beschwerde, wonach sie vor drei Jahren legal nach Österreich eingereist sei und "seitdem" stets ernsthaft ihr Studium betreibe (vgl. S. 2 des Beschwerdeschriftsatzes). Wie sich aus einer vom Verwaltungsgericht Wien durchgeführten Abfrage aus dem Zentralen Melderegister ergibt, ist die Beschwerdeführerin überdies seit 7.11.2016 durchgehend in Österreich per Hauptwohnsitz gemeldet. Darüber hinaus wurde der Umstand, dass die Beschwerdeführerin nach dem 30.1.2020 nicht aus dem Bundesgebiet ausreiste, zu keinem Zeitpunkt von der Beschwerdeführerin bestritten und ergibt sich insbesondere auch nichts Gegenteiliges aus ihrer unter Punkt II.2. zitierten Stellungnahme vom 18.9.2020. Dass die Beschwerdeführerin im Zuge der von ihr dort genannten "Pause" beispielsweise Österreich verlassen bzw. in ihr Heimatland Nigeria gereist wäre oder den Schengenraum verlassen hätte, wurde nicht im Ansatz behauptet und ergaben sich hierfür auch sonst keinerlei Anhaltspunkte.

4. Die Feststellungen zur Belehrung der Beschwerdeführerin hinsichtlich § 21 Abs. 3 NAG stützen sich auf den vorliegenden Akteninhalt, wonach der Beschwerdeführerin nachweislich die "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 26.8.2020 betreffend ihren verfahrenseinleitenden Antrag samt der unter Punkt II.2. zitierten Belehrung zugestellt wurde (AS 22 f; vgl. auch die – gleichzeitig mit der am selben Tag eingebrachten Stellungnahme [AS 28 f] – von der Beschwerdeführerin am 18.9.2020 an die belangte Behörde übermittelte Kopie dieses Schreibens, woraus eindeutig hervorgeht, dass die Beschwerdeführerin von diesem Schreiben zuvor Kenntnis erlangt hat, AS 25 f). Ausweislich des Akteninhaltes wurde auch unzweifelhaft kein Antrag im Hinblick auf § 21 Abs. 3 NAG gestellt (siehe auch unten Punkt IV.2.3.3.).

5. Die Feststellung zum Studium der Beschwerdeführerin an der G. Privatuniversität Wien gründet sich auf die vorgelegten Studienbestätigungen der Beschwerdeführerin für das Sommersemester 2020 und das Wintersemester 2019/2020 (vgl. Studienbestätigungen auf AS 9 f). Wenngleich eine aktuelle Studienbestätigung für das Wintersemester 2020/2021 dem Akteninhalt nicht zu entnehmen ist, ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, wonach die Beschwerdeführerin ihr Studium nach wie vor betreibe und dieses ihren Lebensmittelpunkt darstelle, davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin auch aktuell aufrecht inskribiert ist.

IV. Rechtliche Beurteilung:

1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

1.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) lauten auszugsweise wie folgt:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1.– 10. […]

11. Verlängerungsantrag: der Antrag auf Verlängerung des gleichen oder Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels (§ 24) nach diesem Bundesgesetz;

12. Zweckänderungsantrag: der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit anderem Zweckumfang während der Geltung eines Aufenthaltstitels (§ 26);

13. Erstantrag: der Antrag, der nicht Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag (Z 11 und 12) ist;

14. – 22. […]

Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) – (2) […]

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

      1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

      2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

      3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

      4. der Grad der Integration;

      5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

      6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

      7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

      8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

      9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) – (7) […]

Verfahren bei Erstanträgen

§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:

         1. bis  4.       […]

         5. Fremde, die zur visumfreien Einreise berechtigt sind, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

6. Fremde, die eine Niederlassungsbewilligung – Forscher' (§ 43c) beantragen, und deren Familienangehörige sowie Fremde, die eine Aufenthaltsbewilligung 'Student' oder eine Aufenthaltsbewilligung 'Freiwilliger' beantragen, jeweils nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

         7. bis  10.      […]

(3) Abweichend von Abs. 1 kann die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:

         1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder

         2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.

(4) bis (5) […]

(6) Eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1, Z 4 bis 9, Abs. 3 und 5 schafft kein über den erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

[…]

Verlängerungsverfahren

§ 24. (1) Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

(2) – (5) […]

Studenten

§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen ist eine Aufenthaltsbewilligung als Student auszustellen, wenn sie

       1. die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und

         2. ein ordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule gemäß dem Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006, absolvieren,

         3. ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002, eines Lehrganges zur Weiterbildung gemäß § 9 Fachhochschul-Studiengesetz, eines Universitätslehrganges gemäß § 3 Abs. 4 Privatuniversitätengesetz, BGBl. I Nr. 74/2011, oder eines Hochschullehrganges gemäß § 39 Hochschulgesetz 2005 absolvieren, dieses mindestens 40 ECTS-Anrechnungspunkte umfasst und nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient,

       4. ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002, eines Lehrganges zur Weiterbildung gemäß § 9 Fachhochschul-Studiengesetz, eines Universitätslehrganges gemäß § 3 Abs. 4 Privatuniversitätengesetz oder eines Hochschullehrganges gemäß § 39 Hochschulgesetz 2005 absolvieren, welches auf die in der Zulassungsentscheidung vorgeschriebene Ergänzungsprüfung vorbereitet,

         5. ein außerordentliches Studium zur Herstellung der Gleichwertigkeit ihres ausländischen Studienabschlusses gemäß § 90 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002, § 6 Abs. 6 Fachhochschul-Studiengesetz oder § 68 Abs. 4 Hochschulgesetz 2005 absolvieren,

         6. ein außerordentliches Studium zum Besuch einzelner Lehrveranstaltungen aus wissenschaftlichen Fächern, sofern das in Z 4 genannte außerordentliche Studium erfolgreich abgeschlossen wurde und das Aufnahme- oder Eignungsverfahren aus nicht vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen erst im darauffolgenden Semester absolviert werden kann, oder

         7. ein in Z 2 angeführtes Studium abgeschlossen haben und im Anschluss daran eine für die Berufsausübung gesetzlich verpflichtende fachliche Ausbildung absolvieren. Eine Haftungserklärung ist zulässig.

(2) – (7) […]"

1.2.1. Die Verordnung (EU) 2018/1806 des europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, lautet auszugsweise wie folgt:

"Artikel 3

(1) Die Staatsangehörigen der Drittländer, die in der Liste in Anhang I aufgeführt sind, müssen beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein.

[…]

Artikel 4

(1) Die Staatsangehörigen der in der Liste in Anhang II aufgeführten Drittländer sind von der Visumpflicht nach Artikel 3 Absatz 1 für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

(2) Von der Visumpflicht befreit sind außerdem folgende Personen:

a) Staatsangehörige eines in der Liste in Anhang I dieser Verordnung aufgeführten Drittlands, die Inhaber einer von den Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 ausgestellten Grenzübertrittsgenehmigung zum Zwecke des kleinen Grenzverkehrs sind, wenn diese Personen ihr Recht im Rahmen der Regelung für den kleinen Grenzverkehr wahrnehmen;

b) Schüler, die Staatsangehörige eines in der Liste in Anhang I dieser Verordnung aufgeführten Drittlands sind, ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, der den Beschluss 94/795/ JI des Rates (1) anwendet und als Mitglied einer Schülergruppe in Begleitung einer Lehrkraft der betreffenden Einrichtung an einer Schulreise teilnehmen;

c) Personen mit Flüchtlingsstatus und Staatenlose sowie andere Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Landes besitzen, mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, die Inhaber eines von diesem Mitgliedstaat ausgestellten Reisedokuments sind.

[…]"

1.2.2. In Anhang I der unter Punkt IV.1.2.1. genannten Verordnung, sind folgende Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen, aufgelistet (Hervorhebung nicht im Original):

"Afghanistan, Armenien, Angola, Aserbaidschan, Bangladesch, Burkina Faso, Bahrain, Burundi, Benin, Bolivien, Bhutan, Botsuana, Belarus, Belize, Demokratische Republik Kongo, Zentralafrikanische Republik Kongo, Côte d'Ivoire, Kamerun, China, Kuba, Cabo Verde, Dschibuti, Dominikanische Republik, Algerien, Ecuador, Ägypten, Eritrea, Eswatini, Äthiopien, Fidschi, Gabun, Ghana, Gambia, Guinea, Äquatorialguinea, Guinea-Bissau, Guyana, Haiti, Indonesien, Indien, Irak, Iran, Jamaika, Jordanien, Kenia, Kirgisistan, Kambodscha, Komoren, Nordkorea, Kuwait, Kasachstan, Laos, Libanon, Sri Lanka, Liberia, Lesotho, Libyen, Marokko, Madagaskar, Mali, Myanmar/Birma, Mongolei, Mauretanien, Malediven, Malawi, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Nepal, Oman, Papua-Neuguinea, Philippinen, Pakistan, Katar, Russland, Ruanda, Saudi-Arabien, Sudan, Sierra Leone, Senegal, Somalia, Suriname, Südsudan, São Tomé und Principe, Syrien, Tschad, Togo, Thailand, Tadschikistan, Turkmenistan, Tunesien, Türkei, Tansania, Uganda, Usbekistan, Vietnam, Jemen, Südafrika, Sambia, Simbabwe“

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:

2.1. Zu den besonderen Erteilungsvoraussetzungen:

Ausgehend von der feststellungsgemäßen aufrechten Inskription der Beschwerdeführerin (vgl. oben Punkt II.3. und Punkt III.5.) ist die besondere Erteilungsvoraussetzung nach § 64 Abs. 1 Z 2 NAG erfüllt.

2.2. Zur Frage, ob es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 14.7.2020 um einen Erst- oder einen Verlängerungsantrag handelt:

2.2.1. Gemäß § 24 Abs. 1 NAG sind Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen. Danach gelten Anträge als Erstanträge (§ 24 Abs. 1 zweiter Satz NAG). Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem Fremdenpolizeigesetz – FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Feststellungsgemäß verfügte die Beschwerdeführerin zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student" mit Gültigkeit vom 27.2.2018 bis 27.2.2019. Der diesbezüglich (damals rechtzeitig) gestellte Verlängerungsantrag vom 7.2.2019 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.9.2019 zurückgewiesen und wurde die dagegen erhobene Beschwerde der Beschwerdeführerin mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 24.1.2020 als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien erwuchs am 30.1.2020 in Rechtskraft.

2.2.2. Die Beschwerdeführerin verfügte sohin im Zeitpunkt der gegenständlichen Antragstellung am 14.7.2020 über keine Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student" mehr, für welche ein Verlängerungsantrag gestellt werden hätte können und lag ausweislich des insoweit unzweifelhaften Akteninhalts auch keine sonstige Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet vor. Das Beschwerdevorbringen, wonach der gegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin vom 14.7.2020 als rechtzeitiger Verlängerungsantrag gewertet hätte werden müssen, ist daher schon vor dem Hintergrund der dargestellten Verfahrensabläufe verfehlt und wurde der Antrag vom 14.7.2020 zu Recht von der belangten Behörde als Erstantrag gewertet. Insofern ist es auch ohne Belang, dass von der Beschwerdeführerin am Antragsformular – fälschlich – die Rubrik "Verlängerungsantrag" angekreuzt wurde. Dass es sich bei dem erst im September 2020 eingebrachten Schreiben der Beschwerdeführerin laut Punkt II.2. des vorliegenden Erkenntnisses um ein auf den bereits am 14.7.2020 eingebrachten verfahrensgegenständlichen Antrag gerichtetes Anbringen im Sinne von § 24 Abs. 2 NAG gehandelt hätte, wurde von der Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet und ist dies auch weder aus der besagten Eingabe inhaltlich in irgendeiner Form ableitbar noch wäre ersichtlich, dass die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 2 NAG vorgelegen wären bzw. Rechtzeitigkeit vorgelegen wäre.

2.3. Zu § 21. Abs. 1 NAG:

2.3.1. Bei dem verfahrensgegenständlichen Antrag der Beschwerdeführerin vom 14.7.2020 handelt es sich somit um einen Erstantrag. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG ist ein solcher grundsätzlich bei der österreichischen Berufsvertretungsbehörde im Ausland zu stellen, wogegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. VfSlg. 18.316/2007).

Bei dem Erfordernis nach § 21 Abs. 1 NAG, den Antrag im Ausland einzubringen und die Entscheidung im Ausland abzuwarten, handelt es sich nicht um ein bloßes Formalerfordernis, sondern um eine Erfolgsvoraussetzung (VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0123, 14.4.2011, 2008/21/0480; 18.2.2010, 2008/22/0202).

2.3.2. Im gegenständlichen Fall wäre eine zulässige Inlandsantragstellung – abweichend von § 21 Abs. 1 NAG – im Rahmen des § 21 Abs. 2 NAG grundsätzlich möglich.

In Betracht kommt dabei die Anwendung des § 21 Abs. 2 Z 6 NAG, wonach Fremde, die eine Aufenthaltsbewilligung "Student" beantragen, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes, abweichend von § 21 Abs. 1 NAG zur Antragstellung im Inland berechtigt sind (§ 21 Abs. 2 Z 2 NAG scheidet als Rechtsgrundlage aus, zumal die Beschwerdeführerin für ihre vormalige Aufenthaltsbewilligung "Student" einer Bewilligung nach dem NAG bedurfte und zudem durch die besagte Aufenthaltsbewilligung zudem auch keine Niederlassung im Sinne von § 21 Abs. 2 Z 2 NAG begründet wurde, vgl. § 2 Abs. 3 NAG bzw. VwGH 27.2.2020, Ra 2019/22/0024, uva.; die Erteilung eines Visums für das österreichische Bundesgebiet, aufgrund dessen sich die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Antragstellung grundsätzlich rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben könnte [§ 21 Abs. 2 Z 5 NAG], wurde weder behauptet noch wäre eine solche Erteilung dem Akteninhalt zu entnehmen [siehe auch AS 23, wonach die belangte Behörde mit Schreiben an die Beschwerdeführerin das Nichtvorliegen auch dieses Ausnahmetatbestandes ausdrücklich vorhielt]; auch die sonstigen Rechtsgrundlagen nach § 21 Abs. 2 NAG sind nicht einschlägig).

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student" beantragte. Gegenständlich lag jedoch im Zeitpunkt der Antragstellung am 14.7.2020 aufgrund folgender Erwägungen kein rechtmäßiger Aufenthalt auf Seiten der Beschwerdeführerin vor, welcher sie zur Inlandsantragstellung berechtigt hätte:

Die Beschwerdeführerin verfügte zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student" mit Gültigkeit vom 27.2.2018 bis 27.2.2019. Aufgrund des rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages vom 7.2.2019 war sie gemäß § 24 Abs. 1 NAG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag zunächst weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien vom 24.1.2020 – Rechtskraft lag ab 30.1.2020 vor – verfügte die Beschwerdeführerin jedoch über keine Aufenthaltsbewilligung und auch über kein Aufenthaltsrecht gemäß § 24 Abs. 1 NAG aufgrund eines laufenden Verlängerungsverfahrens mehr und wäre daher verpflichtet gewesen, mit Ablauf des 30.1.2020 aus dem Bundesgebiet auszureisen. Nach diesem Zeitpunkt war die Beschwerdeführerin jedenfalls unrechtmäßig in Österreich aufhältig, zumal dem vorliegenden Akteninhalt und insbesondere dem Vorbringen der Beschwerdeführerin selbst nicht zu entnehmen ist, dass sie ab dem 31.1.2020 über ein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt hätte.

Vor diesem Hintergrund war die Beschwerdeführerin daher auf Grundlage des § 21 Abs. 2 Z 6 NAG jedenfalls nicht zur Antragstellung im Inland berechtigt, da sie den Antrag am 14.7.2020 nicht während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet stellte.

Die Beschwerdeführerin ist als nigerianische Staatsangehörige gemäß Art. 3 Abs. 1 iVm Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1806/2018 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.11.2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ab hier: VO 1806/2018) von der Visumpflicht nicht befreit, da Nigeria in Anhang I der VO 1806/2018 aufgelistet ist. Betreffend die Beschwerdeführerin liegt auch keine Ausnahme von der Visumpflicht, etwa nach Art. 4 Abs. 2 der VO 1806/2018, vor.

2.3.3. Im Beschwerdefall könnte sich eine Zulässigkeit der Inlandsantragstellung somit einzig aus § 21 Abs. 3 NAG ergeben. Zwingende Voraussetzung hiefür ist allerdings das Vorliegen eines begründeten Zusatzantrags des Fremden (vgl. VwGH 3.10.2013, 2013/22/0213), der bis zur Erlassung des verfahrensbeendenden Bescheids gestellt werden kann, wobei die Behörde über diese Möglichkeit zu belehren hat. Dass die hier eröffnete Möglichkeit zur Inlandsantragstellung antragsgebunden ist, stößt auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfSlg. 18.517/2008).

Eine bestimmte Form für die behördliche Belehrung sieht das Gesetz nicht vor. In den Erläuterungen findet sich zu § 21 Abs. 3 NAG der Hinweis, dass die Belehrung in geeigneter, nachvollziehbarer Weise, etwa im Rahmen einer förmlichen Niederschrift oder mittels eines Informationsblattes in der Muttersprache des Fremden zu erfolgen hat (vgl. ErläutRV 88 BglNR 24. GP, 9). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien lässt sich dem Gesetzeswortlaut jedoch kein Gebot der Einhaltung einer dieser in den Erläuterungen beispielhaft aufgezählten Formgebote entnehmen. Zudem erschiene eine Belehrung (bloß) in der Muttersprache der Antragstellerin in Hinblick auf Art. 8 B-VG, welcher als Amtssprache die deutsche Sprache verfassungsrechtlich verankert, fragwürdig.

Die Beschwerdeführerin wurde mit ihr am 2.9.2020 durch Hinterlegung zugestelltem Schreiben vom 26.8.2020 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme"; AS 22 ff) über die Möglichkeit der Stellung eines Zusatzantrages ausdrücklich belehrt (vgl. AS 23: "Da entsprechend der Aktenlage die weiteren Ausnahmeregelungen des § 21 Abs. 2 NAG idgF für Sie nicht zutrafen, werden Sie hiermit über die Möglichkeit der Heilung des Mangels der unrechtmäßigen Inlandsantragsstellung mittels der Stellung eines Zusatzantrages nach § 21 Abs. 3 NAG idgF belehrt.") und ihr zusätzlich der Normtext des § 21 Abs. 3 NAG zur Kenntnis gebracht. Dieses Schreiben gelangte der Beschwerdeführerin auch offenkundig zur Kenntnis, da sie eine Kopie davon im Zusammenhang mit ihrer Stellungnahme vom 18.9.2020 an die belangte Behörde rückübermittelte (vgl. oben Punkt III.4.).

Die Beschwerdeführerin wurde mit von ihr übernommenem Schreiben vom 11.7.2019 ("Einreichbestätigung") über die Möglichkeit der Stellung eines Zusatzantrags belehrt, indem ihr der Normtext des § 21 Abs. 3 NAG zur Kenntnis gebracht wurde. Für das Verwaltungsgericht Wien ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Zitierung des Normtexts kein geeignetes Mittel einer Belehrung iSd § 21 Abs. 3 NAG sein sollte, zumal die Wiedergabe des Normtexts die einzige Möglichkeit darstellt, umfassend alle erforderlichen Elemente einer Belehrung über den Gesetzesinhalt exakt anzuführen.

Die Belehrung erfolgte somit in geeigneter und nachvollziehbarer Weise.

Ein entsprechender Antrag gemäß § 21 Abs. 3 NAG wurde ausweislich des vorliegenden Akteninhaltes nicht gestellt und wurde die Stellung eines solchen Zusatzantrages auch nicht im Ansatz behauptet. Gründe weshalb es der Beschwerdeführerin trotz erfolgter Belehrung nicht möglich gewesen sein soll, einen Zusatzantrag nach § 21 Abs. 3 NAG zu stellen, lassen auch die Beschwerdeausführungen und der gesamte Akteninhalt nicht erkennen. Die Beschwerdeführerin hielt sich während des gesamten Verfahrens in Wien auf und führte Korrespondenzen (via E-Mail) mit der belangten Behörde. Zudem erfolgte im gegenständlichen Fall am 18.9.2020 eine Reaktion seitens der Beschwerdeführerin auf die "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 26.8.2020, indem sie durch die schriftliche Mitteilung an die belangte Behörde, wonach sie aufgrund gesundheitlicher Probleme auf Empfehlung eines Arztes ihr Studium pausiert habe, im Kern – lediglich in einem hier nicht vorliegenden Verlängerungsverfahren betreffend eine Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student", nicht jedoch in einem Erstantragsverfahren relevante – Gründe im Sinne des § 64 Abs. 2 NAG vorbrachte, jedoch in keiner Weise auf die ihr zur Kenntnis gebrachte unzulässige Inlandsantragstellung einging (auch die in der Beschwerde pauschal ausgeführte Bezugnahme auf die Situation im Zusammenhang mit COVID-19 bezieht sich erkennbar lediglich auf Gründe im Sinne von § 64 Abs. 2 NAG und ändert daher am Vorstehenden nichts). Es ist daher zweifellos davon auszugehen, dass ihr die Stellung eines Zusatzantrages nach § 21 Abs. 3 NAG zu den Amtsstunden der belangten Behörde ohne weiteres möglich gewesen wäre bzw. ihr die Stellung eines schriftlichen Antrages freigestanden wäre.

Mangels Stellung eines solchen Zusatzantrages bleibt es dem Verwaltungsgericht verwehrt, im Hinblick auf § 21 Abs. 3 Z 2 NAG eine Abwägung gemäß Art. 8 EMRK vorzunehmen. Dass die belangte Behörde oder das Verwaltungsgericht auch von Amts wegen verpflichtet wären, die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 Z 1 und 2 NAG zu prüfen und gegebenenfalls auch ohne begründeten Antrag gemäß § 21 Abs. 3 NAG eine Inlandsantragstellung zuzulassen sei, kann dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht entnommen werden (vgl. bspw. VwGH 11.3.2020, Ra 2017/22/0139 und 8.10.2019, Ra 2019/22/0116).

2.2.4. Im gegenständlichen Fall mangelt es daher bereits an der zulässigen Inlandsantragstellung im Hinblick auf § 21 Abs. 1 iVm Abs. 2 NAG und erfolgte die Abweisung des Antrages vom 14.7.2020 zu Recht. Die gegenständliche Beschwerde war daher bereits aus diesem Grunde abzuweisen.

2.3. Vor dem dargestellten Hintergrund kann auch eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage entfallen, ob im gegenständlichen Fall den im § 19 Abs. 1 NAG statuierten Pflichten entsprochen wurde (vgl. das Antragsformular auf AS 1 ff, wonach bei "Eingangsvermerk" zunächst die Rubrik "Persönlich" angekreuzt, dann jedoch nachträglich durchgestrichen wurde und in der Folge anders angekreuzt wurde), zumal die Beschwerdeführerin durch die Abstatt der Zurückweisung ihres Antrages nicht in ihren Rechten verletzt worden wäre (vgl. VwGH 16.11.2011, 2011/17/0189).

2.4. Es wird zudem darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin in den vorangegangenen Verfahren betreffend ihre Aufenthaltsbewilligungen für den Zweck "Student" bereits mehrmals seitens der belangten Behörde darauf hingewiesen wurde, dass Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind, andernfalls der Antrag als Erstantrag – welcher grundsätzlich vom Ausland aus einzubringen ist, wobei das Verfahren im Ausland abzuwarten ist – gilt (vgl. beispielsweise die Schreiben der belangten Behörde ["Übernahmebestätigung – Aufenthaltstitel"] in den Vorakten vom 1.6.2016 und 26.7.2018). Aufgrund der bisherigen aufenthaltsrechtlichen Situation im Zusammenhang mit der Beantragung von Aufenthaltsbewilligungen nach dem NAG musste der Beschwerdeführerin zweifellos erkennbar sein, dass eine Antragstellung ohne Aufenthaltsrecht zur Abweisung des Antrages führen muss (vgl. VwGH 18.1.2017, Ra 2016/22/0096, mwN, wonach daraus, dass sich der Fremde seit mehreren Jahren durchgehend rechtmäßig in Österreich aufhält und bisherige Verlängerungsanträge bewilligt wurden, abzuleiten ist, dass er im Umgang mit Behörden vertraut ist und von ihm daher eine entsprechende Sorgfalt bei der Einhaltung von Terminen und Fristen erwartet werden kann).

Festzuhalten ist, dass die vorliegende Entscheidung keine Beendigung des Studiums der Beschwerdeführerin faktisch bedingt, steht es der Beschwerdeführerin doch letztlich frei, unter Einhaltung der Vorgaben des § 21 NAG einen weiteren Erstantrag zur Fortsetzung ihres Studiums zu stellen. Bis dahin steht es der Beschwerdeführerin frei, ihr Studium im Rahmen der – aktuell erneut forciert – angebotenen Distanzlehre-Modelle fortzusetzen, sodass auch insoweit kein relevanter Zeitverlust beim Betreiben des Studiums zu erwarten ist (vgl. im Übrigen dazu, dass ein allfälliger Zeitverlust im Rahmen des Studiums bzw. der im Bundesgebiet absolvierten Ausbildung keinen Grund dargestellt hätte, einem Zusatzantrag im Hinblick auf § 21 Abs. 3 Z 2 NAG stattzugeben, etwa VwGH 28.2.2019, Ra 2018/22/0285; 4.10.2018, Ra 2018/22/0126; 10.5.2016, Ra 2015/22/0158; uva.).

3. Die vorliegende Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG trotz Antrages ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden, weil einzig nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen zu klären waren und der entscheidungserhebliche Sachverhalt unstrittig anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens festgestellt werden konnte. Im Beschwerdefall waren im Wesentlichen die von der Beschwerdeführerin selbst gemachten Angaben bzw. vorgelegten Unterlagen zu beurteilen, weitergehende amtswegige Ermittlungen waren nicht vorzunehmen. In einem solchen Fall ist von vornherein absehbar, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann (VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0026). Zudem ist das Verwaltungsgericht vom seitens der Beschwerdeführerin vorgebrachten Sachverhalt ausgegangen (vgl. VwGH 26.4.2016, Ra 2016/03/0038, sowie EGMR 18.7.2013, 56422/09, Schädler-Eberle/Liechtenstein, Rz 97 ff). Im Übrigen berührt die Versagung eines Aufenthaltstitels kein civil right iSd Art. 6 EMRK (VwGH 15.6.2010, 2009/22/0347).

4. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsbewilligung; Student; besondere Erteilungsvoraussetzungen; Verlängerungsantrag; Erstantrag; Einbringung; Ausland; Erfolgsvoraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.151.088.16418.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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