RS Vfgh 2020/10/7 E2821/2020

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Veröffentlicht am 07.10.2020
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Index

63/03 Vertragsbedienstetengesetz 1948

Norm

B-VG Art83 Abs2
BDG 1979 §248d Abs4
VertragsbedienstetenG 1948 §90a
DVG §3
AVG §8
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Entzug des gesetzlichen Richters durch Verneinung der Parteistellung des in einen verbindlichen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerbers im Verfahren zur Verleihung einer Leitungsfunktion als Abteilungsvorstand einer HTL

Rechtssatz

Nach §90a VertragsbedienstetenG 1948 (VBG 1948) sind bei der Besetzung der Leiterstelle eines Vertragslehrers die §§207 bis 207q Beamten-DienstrechtsG 1979 (BDG 1979) anzuwenden. Im vorliegenden Fall ist somit auch §207f BDG 1979 anzuwenden. Für Verfahren zur Besetzung von Planstellen für leitende Funktionen sowie für Schul- und Fachinspektionen nach dem BDG 1979, für die die Kollegien der Landesschulräte bis spätestens 31.12.2018 Besetzungsvorschläge beschlossen haben, sieht die Übergangsbestimmung des §248d Abs4 BDG 1979 vor, dass "die §§207f, 207g und 225 jeweils in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden" sind. Zu dieser Bestimmung hat der VfGH in seiner E v 26.02.2020, E40/2020, ausgesprochen, dass nicht ersichtlich ist, "dass sich an der für die Parteistellung maßgeblichen Verbindlichkeit von Dreiervorschlägen, die vor dem 31. Dezember 2018 erstattet wurden, für Verfahren, die nach diesem Zeitpunkt noch anhängig sind, etwas geändert haben sollte."

Diese Überlegungen sind auch auf Verfahren nach §90a VBG 1948 zu übertragen. Der in dieser Bestimmung enthaltene Verweis auf die Regelungen des BDG 1979 zum Ausschreibungsverfahren für Bundeslehrer wurde mit BGBl 345/1989 (damals in §37 Abs4 VBG 1948) eingeführt. Aus den Erläuterungen ist ersichtlich, dass Ausschreibungsverfahren für Bundeslehrer sowohl betreffend Beamte als auch Vertragsbedienstete seit jeher nach denselben Bestimmungen durchgeführt wurden, nämlich nach jenen des BDG 1948. Schon vor diesem Hintergrund kann nicht erkannt werden, dass die Übergangsbestimmung des §248d Abs4 BDG 1979, die den Anwendungsbereich jener Bestimmungen regelt, auf die auch §90a VBG 1948 verweist, auf Verfahren nach §90a VBG 1948 nicht zur Anwendung kommen sollte.

Dies gebietet schließlich auch eine verfassungskonforme Interpretation: Wie dargestellt hat der Gesetzgeber Ausschreibungsverfahren für Bundeslehrer betreffend Beamte und Vertragsbedienstete gleichgestellt. Eine Anwendung des §248d Abs4 BDG 1979 ausschließlich auf Verfahren nach dem BDG würde dazu führen, dass Verfahren, in denen bereits vor Ablauf des 31.12.2018 Besetzungsvorschläge erstattet wurden, nur bezüglich Beamtenstellen nach der alten Rechtslage fortgeführt werden können. Hingegen wären Verfahren zu Vertragsbedienstetenstellen nach der geänderten Rechtslage fortzuführen, womit auch die Parteistellung jener Bewerber, die in bereits erfolgte Besetzungsvorschläge aufgenommen wurden, wieder untergehen würde. Ein sachlicher Grund für eine derart unterschiedliche Rechtsüberleitung ist angesichts der mit §90a VBG 1948 erfolgten grundsätzlichen Gleichschaltung mit den entsprechenden Verfahren nach dem BDG 1979 nicht ersichtlich.

An der für die Parteistellung maßgeblichen Verbindlichkeit von Dreiervorschlägen, die vor dem 31.12.2018 erstattet wurden, hat sich somit auch bei Verfahren nach §90a VBG 1948, die nach diesem Zeitpunkt noch anhängig sind, nichts geändert. Somit kommt dem Beschwerdeführer, der in den verbindlichen Besetzungsvorschlag des Kollegiums des Landesschulrates vom 30.11.2017 (und somit vor dem 31.12.2018) aufgenommen wurde, im vorliegenden Verfahren betreffend die Leitungsfunktion eines Abteilungsvorstandes Parteistellung zu.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Parteistellung Dienstrecht, Besetzungsvorschlag, Lehrer, Übergangsbestimmung, Vertragsbedienstete, Dienstrechtsverfahren, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E2821.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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