Entscheidungsdatum
28.09.2020Norm
AuslBG §12aSpruch
W178 2227716-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Vorsitzende und Frau Maga Nina Kesselgruber als fachkundige Laienrichterin und Herrn Mag. Thomas Metesch als fachkundigen Laienrichter über die Beschwerde des Herrn XXXX , vertreten durch RA Mag. Stefan ERRATH, gegen den Bescheid des AMS Wien Esteplatz vom 17.09.2019 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 20.12.2019, Zl. ABB 4027721, betreffend Rot-Weiß-Rot-Karte nach §12a AuslBG für die Beschäftigung bei der XXXX Restaurant GmbH zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und dem Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, über Ersuchen zu GZ MA35-9/3062780-6, gemäß § 20d Abs. 1 AuslBG iVm § 41 Abs 2 Z 1 NAG mitgeteilt, dass Herr XXXX , Staatsangehörigkeit Bosnien-Herzegowina, Republik Srpska, die Voraussetzungen für die Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG bei der Arbeitgeberin XXXX Restaurant GmbH erfüllt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Herr XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer bzw.Bf) beantragte mit 03.06.2019 bei der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde (im Folgenden: NAG Behörde) die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte“ als Fachkraft in einem Mangelberuf (Koch) beim Dienstgeber XXXX Restaurant GmbH. Die NAG Behörde ersuchte das AMS um Beurteilung, ob die Voraussetzungen nach § 12a AuslBG vorliegen.
2. Das AMS hat mit Bescheid vom 17.09.2019 den Antrag abgewiesen, mit der Begründung, dass statt der erforderlichen 55 Punkte nur 25 nachgewiesen wurden. Für die Ausbildung haben keine Punkte vergeben werden können, weil sie nur 7 Monate gedauert habe und das Sprachdiplom aus dem Jahr 2016 stamme.
3. Dagegen hat Herr XXXX Beschwerde erhoben. Darin wird ausgeführt, dass er eine abgeschlossene Ausbildung an der Gaststättengewerbe- Handels- und Tourismusschule als Koch habe. Die Ausbildung habe kürzer gedauert, weil ihm seine vorher abgeschlossene landwirtschaftliche Ausbildung zum Teil angerechnet worden sei und er nur die Differenzfächer absolvieren habe müssen. Es seien ihm daher entsprechende Punkte anzurechnen. Er legte außerdem ein neueres Sprachdiplom vom 25.09.2019 des ÖSD für A2 vor.
4. Die belangte Behörde hat der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.12.2019 keine Folge gegeben.
5. Der Beschwerdeführer hat einen Vorlageantrag eingebracht.
5. Der Bf hat mit Schreiben vom 24.09.2020 den Bescheid des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (im Folgenden: BMDW) vom 09.07.2020 vorgelegt, mit dem festgestellt wird, dass die von Herrn XXXX in Bosnien-Herzegowina an der „Gastgewerbe-Handels-Tourismusschule“ in Banja Luka im Beruf „Koch“ zum Junitermin 2016 abgelegte Abschlussprüfung in Zusammenschau mit den in Österreich erworbenen einschlägigen Berufserfahrungen im Bereich Koch mit der österreichischen Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Koch gemäß § 27a Abs 2 BAG gleich gehalten wird.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Herr XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsbürger von Bosnien-Herzegowina, Republik Srpska. Er hat dort die Universitätsreife erworben.
Seine in Bosnien-Herzegowina an der „Gastgewerbe-Handels-Tourismusschule“ in Banja Luka absolvierte Ausbildung im Beruf „Koch“ wurde mit Bescheid des BM einer österreichischen Kochausbildung gleichgestellt.
Der Bf hat am 25.09.2019 ein Sprachdiplom A2 (ÖSD) erworben. Er hat am 17.04.2019 ein Sprachdiplom in Englisch auf dem Niveau B1 (Cambridge Center Banja Luka) erworben.
Die XXXX Restaurant GmbH betreibt einen Gastgewerbebetrieb in Wien 1060 mit asiatischer Küche. Es ist lt. Arbeitgebererklärung eine Tätigkeit als „gelernter Koch, Küchenleiter“ geplant.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere den umfangreichen Unterlagen, die der Bf vorgelegt hat, insbesondere dem Bescheid vom 09.07.2020 des BMDW, GZ.2020-0.022.510.
Auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, dass der Bf während seiner ergänzenden Ausbildung an der Gaststättengewerbe-, Handels- und Tourismusschule Banja Luka in Wien gewohnt hat und Prüfungen abgeschlossen hat, ist nicht mehr einzugehen, weil eine Gleichwertigkeitsentscheidung des BMDW in Bescheidform vorliegt. Die Ablegung von Prüfungen ohne persönliche Anwesenheit (online) ist möglich und derzeit gängig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 12a AuslBG werden Ausländer in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie
1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,
2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,
3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.
Anlage B
Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a
Kriterien
Punkte
Qualifikation
maximal anrechenbare Punkte: 30
abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf
20
allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120
25
Hier: 25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer
30
ausbildungsadäquate Berufserfahrung
maximal anrechenbare Punkte: 20
Berufserfahrung (pro Jahr)
Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)
2
4
Sprachkenntnisse Deutsch
maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)
Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)
Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5
10
15
Hier: jedenfalls 10
Sprachkenntnisse Englisch
maximal anrechenbare Punkte: 10
Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)
Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5
10
Hier 10
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 15
bis 30 Jahre
bis 40 Jahre
15
10
Hier: 15
Summe der maximal anrechenbaren Punkte
90
erforderliche Mindestpunkteanzahl
55
Hier: 60
3.2. Im konkreten Fall:
Vorerst ist festzustellen, dass der Bf eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung im Beruf „Koch“ vorweisen kann (vgl. Bescheid des BMDW); er erfüllt damit die Voraussetzung des § 12a Z 1.
Der Beruf Koch ist unbestritten in der Mangelberufsliste 2019 enthalten.
Der Bf erreicht jedenfalls die Mindestanzahl von 55 Punkten, vgl. oben in der Tabelle, dazu im Einzelnen:
Wie der Bf richtig anführt, ist für die Beurteilung der Punktezahl die für die Ausbildung vorgesehene höhere Punktzahl relevant, vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz2 § 12, Rz 42 und 44.
Für die Sprachkenntnisse auf Deutsch sind jedenfalls 10 Punkte zu vergeben, da der Bf ein Zertifikat A2 vom 25.09.2019 vorgelegt hat; es kann somit dahingestellt bleiben, ob das Zertifikat B2 vom 29.06.2016 herangezogen werden kann.
Es ist nur darauf hinzuweisen, dass im Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Beschränkung der Gültigkeit eines Zeugnisses auf ein Jahr nicht enthalten ist. Im AuslBG fehlt eine Bestimmung wie im § 21a Abs 3 NAG und es gibt keinen Hinweis darauf, dass es sich um eine unbeabsichtigte Lücke im Gesetz handelt.
Für seine Englischkenntnisse sind ebenfalls 10 Punkte zu vergeben.
Nach dem Kollektivertrag für das Gaststättengewerbe erfüllt das beabsichtigte Gehalt von € 2112,- die Mindestlohngrenze, vgl. Kollektivvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe, Nomenklatur Gastronomie Wien, gültig ab 1. Mai 2019 (keine Erhöhung 2020), Lohngruppe 1, € 1950,-, für alle Betriebe, die der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien angehören, sowie für alle in diesen Betrieben beschäftigten Arbeiterinnen und Arbeiter.
3.3. Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt zudem bereits aus der Aktenlage ergibt, ist nach Ansicht des Gerichts keine mündliche Erörterung der Angelegenheit erforderlich. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht daher von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt feststand. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Berufsausbildung Entgelt Fachkräfteverordnung Punktevergabe Rot-Weiß-Rot-Karte SprachkenntnisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W178.2227716.1.00Im RIS seit
14.01.2021Zuletzt aktualisiert am
14.01.2021