TE Vwgh Erkenntnis 1997/7/2 94/12/0286

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Veröffentlicht am 02.07.1997
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Index

L24006 Gemeindebedienstete Steiermark;
L24009 Gemeindebedienstete Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs4;
DGO Graz 1957 §16a Abs1 litb;
DGO Graz 1957 §16a Abs2;
DGO Graz 1957 §16a Abs3;
DGO Graz 1957 §16a Abs9 idF 1976/017;
DGO Graz 1957 §71 Abs1;
DO Wr 1966 §16 Abs3 impl;
GehG 1956 §12 Abs3 impl;
GehG 1956 §12 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des NN in G, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 15. September 1994, Zl. Präs. K - 22/1993-8, betreffend Anrechnung von Vordienstzeiten für die Vorrückung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der 1952 geborene Beschwerdeführer steht seit 1. Oktober 1992 als Beamter der Verwendungsgruppe B in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Seine Dienststelle ist die MA 23 (Amt für Umweltschutz), bei der der Beschwerdeführer Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit wahrzunehmen hat.

Zuvor übte der Beschwerdeführer folgende Tätigkeiten aus:

1.

Zeitraum: 1. Oktober 1971 - 28. Februar 1980 Freier Mitarbeiter bei den "XY Nachrichten" und beim ORF

2.

Zeitraum: 1. März 1980 - 31. März 1988 Chefredakteur bei den "XY Nachrichten" bzw. beim "XY Gemeindekurier"

3.

Zeitraum: 1. Mai 1988 - 28. Februar 1990 Umweltschutz - Informationskonsulent auf Grund des mit der Stadt Graz am 15. Juni 1988 abgeschlossenen (und später verlängerten) "Werkvertrages"

§ 2 dieses Werkvertrages lautet:

"Der Umweltschutz-Info-Konsulent verpflichtet sich im Rahmen seiner journalistischen Tätigkeit auf der Basis dieser Aufträge zur Erarbeitung von

+ Unterlagen für die Öffentlichkeitsarbeit des Umweltschutzressorts

+ allgemeinen Umweltinformationen

+ besonderen Umweltinformationen für Schulen und das Bildungswesen

+ Informationen für Bürgerbesprechungen

+ Informationen für Pressekonferenzen

+ Informationsbeiträgen für Umweltveröffentlichungen sowie

+ für die Informationsbetreuung von Umweltorganisationen,

Vereinen u.ä."

Nach § 1 erster Absatz dieses Werkvertrages oblag die Erteilung der entsprechenden Aufträge dem Stadtsenatreferenten für Umweltschutzangelegenheiten oder über dessen Auftrag dem Abteilungsvorstand des Amtes für Umweltschutz.

4.

Zeitraum: 1. März 1990 - 30. September 1992 Vertragsbediensteter der Landeshauptstadt Graz auf Grund eines Sondervertrages.

Punkt 4. des (zunächst befristet, später unbefristet abgeschlossenen) Sondervertrages lautete:

"Der Dienstnehmer untersteht der Leitung des Amtes für Umweltschutz, er übernimmt Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Umweltschutzes."

Mit Bescheid vom 1. Oktober 1992 sprach der Stadtsenat aus, dem Beschwerdeführer würden anläßlich seiner Übernahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis gemäß § 16a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957 idgF (im folgenden DO Graz), "Vordienstzeiten im Ausmaße von

3 J. 4 M. - T. als Zeit zur Gänze (davon städt. VB.Z.

1.3.1990 - 30.9.1992)

9 J. 5 M. 7 T. als sonstige Zeit zur Hälfte

in der(n) Verwendungsgruppe(n) B, mit Wirksamkeit vom 1.10.1992 für die Vorrückung in höhere Bezüge angerechnet.

Es ergibt sich daher als errechneter Eintrittstag für die Vorrückung der 24.12.1979."

Die Dienstbehörde erster Instanz begründete dies damit, der für die Ermittlung maßgebende Sachverhalt sei von Amts wegen festgestellt worden. Gemäß § 16a DO Graz seien Zeiträume, die zwischen der Vollendung des 18. Lebensjahres und des Anstellungstages lägen, unter den in dieser Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen entweder zur Gänze oder zur Hälfte anzurechnen.

Aus den Verwaltungsakten (insbesondere aus dem Formblatt "Vordienstzeiten Anrechnung für die Vorrückung in höhere Bezüge") ergibt sich, daß neben der Zeit als Vertragsbediensteter (siehe oben unter Punkt 4.) nur der vom Beschwerdeführer abgeleistete Präsenzdienst voll, alle übrigen Zeiten ab Vollendung des 18. Lebensjahres (darunter die oben unter Punkt 1. bis 3. angeführten Tätigkeiten) nur zur Hälfte angerechnet wurden.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, sein "Werkvertrag" mit der Stadt Graz (Zeitraum: 1. Mai 1988 bis 1. März 1990) habe als Aufgabe im wesentlichen den Aufbau und die Betreuung einer Umweltinformationsabteilung innerhalb der Abteilung 23/Amt für Umweltschutz erfaßt. Als Nachweis für die berufliche Qualifikation sei dafür von ihm eine Bestätigung über seine bisherige journalistische Tätigkeit verlangt worden; diese sei somit eine eindeutige Voraussetzung (für seine Beschäftigung) gewesen. Der finanzielle Rahmen dieses Vertrages sei von 40 Wochenstunden ausgegangen. Dies habe einer hauptberuflichen Tätigkeit entsprochen, die auch als solche ausgeübt worden sei. Der daran anschließende Sondervertrag als Vertragsbediensteter und auch seine jetzige Tätigkeit habe im wesentlichen die gleichen Aufgabenstellungen wie der vorangegangene "Werkvertrag" enthalten. Die Anforderungen dafür gingen über jene eines Verwaltungsbeamten der Verwendungsgruppe B hinaus, sodaß seine berufliche Vorbildung - bei durchgehend gleicher Tätigkeit - noch immer als Vorbildung für die Erfüllung seiner laufenden Aufgaben gelten dürfe, die der Beschwerdeführer im folgenden auszugsweise anführte. Er ersuche daher, seiner Berufung Rechnung zu tragen und ihm

1. die Zeit der nachgewiesenen Berufserfahrung als Journalist in leitender Position (als Vorbedingung für alle bisherigen Tätigkeiten und Aufgaben für die Stadt Graz) bzw.

2. die Zeit seines "Werkvertrags" - Verhältnisses mit der Stadt Graz

etwa nach § 16a Abs. 3 DO Graz voll für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages anzurechnen.

Über Aufforderung teilte der Abteilungsvorstand der MA 23 - Amt für Umweltschutz mit Schreiben vom 8. Juli 1993 mit, der Beschwerdeführer nehme verantwortlich als Leiter der Umweltinformation diese unter anderem der Abteilung zugewiesene Aufgabe wahr. An ständigen Aufgaben fielen dabei unter anderem an:

"+ Die Betreuung des "Grünen Umwelt-Telefons" und anderer

Bürger-Service Einrichtungen im Bereich des Umweltschutzes.

+ Die Erstellung von einschlägigen Informationsbroschüren und Präsentationsunterlagen

+ Die Organisation und Betreuung von Umwelt-Ausstellungen und Messeteilnahmen und Tagungen

+ Die Organisation des jährlichen Grazer "Umweltfestes" und

die Einbindung der rund 60 teilnehmenden Umweltorganisationen und -institutionen in Grazer Umweltanliegen durch regelmäßige "Umwelt-Treffs" und "Umwelt-Infos"

+ Die Betreuung der periodischen Umwelt-Informations-Aktion

"Lebenswerte Stadt" im Schulbereich gemeinsam mit der "Arge Umwelterziehung"

+ Die Betreuung des Umweltausschusses"

Über Anfrage, in welchem zeitlichen Ausmaß und Umfang der Beschwerdeführer journalistische Tätigkeiten wie die Erstellung von Broschüren und ähnliches verrichte, insbesondere in welchem Verhältnis die journalistische Arbeit zu den anderen im Bericht vom 8. Juli 1993 angeführten Aufgaben des Beschwerdeführers stünden und ob ein Überwiegen der journalistischen Tätigkeit gegeben sei, teilte der Abteilungsvorstand der MA 23 mit, der Beschwerdeführer sei nach interner Referatsaufteilung für das "Referat für Information und Dokumentation" verantwortlich. Die bereits mitgeteilten Tätigkeiten des Beschwerdeführers würden stets in Absprache bzw. im Einklang mit der Rathauskorrespondenz erfüllt. Diese Aufgaben erforderten aber gleichzeitig ein hohes Ausmaß an eigener journalistischer Berufserfahrung und kreativer Fähigkeiten. Wie einer beigelegten Tätigkeitsstatistik der Wochen 1 bis 39 aus 1993 zu entnehmen sei, nähmen jene Tätigkeiten, für die die journalistische Vorbildung in verantwortlicher Position als eindeutige Voraussetzung gelten könne ("Information", "Organisation", "Dokumentation" etc.) den Großteil seiner Arbeitszeit in Anspruch, womit ein klares Überwiegen solcher Tätigkeiten gegeben sei. Dieser Stellungnahme war eine Statistik angeschlossen, in der bestimmte Tätigkeiten im Berichtszeitraum genannt und prozentmäßig aufgelistet waren.

In der Folge legte das Personalamt mit Schreiben vom 15. Februar 1994 dem Präsidialamt eine vom Beschwerdeführer beigebrachte Bestätigung für seine oben unter 1. und 2. bezeichneten Tätigkeiten vor.

Laut Niederschrift vom 10. Juni 1994 wurde dem Beschwerdeführer dieses Schreiben zur Kenntnis gebracht und ihm mitgeteilt, daß gemäß § 16a DO Graz lediglich eine Anrechnung der Vordienstzeiten, in der der Beschwerdeführer als Angestellter tätig gewesen sei, möglich wäre, nicht jedoch die Anrechnung von Zeiten als freier Mitarbeiter. Der Beschwerdeführer gab an, er sei bei der oben unter 3. angeführten Tätigkeit als Angestellter tätig und sozialversichert gewesen.

In der Sitzung des Berufungsausschusses der belangten Behörde vom 7. Juli 1994 wurde die Behandlung der Berufung des Beschwerdeführers neuerlich zur Prüfung der Frage zurückgestellt, ob in ähnlich gelagerten Fällen betreffend die Anrechnung von Vordienstzeiten in gleicher Weise entschieden worden sei.

Mit Schreiben vom 4. August 1994 bejahte dies das Personalamt. Vollanrechnungen von privaten Vordienstzeiten nach § 16a Abs. 3 DO Graz erfolgten nur, wenn als Aufnahme- bzw. Anstellungserfordernis bestimmte einschlägige Vordienstzeiten für die Aufnahme Bedingung gewesen seien, z.B. bei einer besonderen öffentlichen Stellenausschreibung. Die Aufnahme des Beschwerdeführers sei ohne vorausgegangene Stellenausschreibung auf Grund eines freien Dienstpostens vorgenommen worden; Voraussetzung sei lediglich die abgelegte Reifeprüfung gewesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. September 1994 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG (§ 1 DVG) teilweise statt und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, daß gemäß § 16a Abs. 2 Z. 1 DO Graz die Zeit des Werkvertrages vom 1. Mai 1988 bis 28. Februar 1990 in der Verwendungsgruppe B für die Vorrückung in höhere Bezüge angerechnet werde. Die daraus resultierende Einstufung des Beschwerdeführers sei von der Behörde erster Instanz vorzunehmen. Hingegen werde das Mehrbegehren abgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde zur teilweisen Stattgebung (Vollanrechnung der Werkvertragszeit vom 1. Mai 1988 bis 28. Februar 1990) unter Hinweis auf einen in der Zwischenzeit ergangenen Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 4. Jänner 1993 (Anmerkung: den dagegen erhobenen Einspruch der Stadt Graz hat der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 16. Februar 1994 abgewiesen) aus, die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Umweltinformationskonsulent sei als ein gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gewertet worden. Der Beschwerdeführer sei daher im genannten Zeitraum in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt gestanden, weshalb eine Vollanrechnung gemäß § 16a Abs. 2 Z. 1 DO Graz erfolgt sei. Zum Begehren des Beschwerdeführers, ihm die Zeit der nachgewiesenen Berufserfahrung als Journalist in leitender Position als Vorbedingung für alle weiteren Arbeiten und Aufgaben für die Stadt Graz gemäß § 16a Abs. 3 DO Graz voll anzurechnen, führte sie aus, die journalistische Tätigkeit des Beschwerdeführers sei in Ansehung der Tätigkeit nach § 2 des Werkvertrages insoweit von Nutzen gewesen, als er sich verpflichtet habe, Aufträge zur Erarbeitung von Unterlagen für die Öffentlichkeitsarbeit des Umweltressorts, allgemeine Umweltinformationen, besondere Umweltinformationen für Schulen und das Bildungswesen, Informationen für Bürgerbesprechungen und Pressekonferenzen sowie Informationsbeiträge für Umweltveröffentlichungen und die Informationsbetreuung von Umweltorganisationen, Vereinen u.ä., durchzuführen. Mit 1. Oktober 1992 sei der Beschwerdeführer gemäß § 7 DO Graz als Beamter der Verwendungsgruppe B angestellt und in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis übernommen worden. Für den Dienstposten der Verwendungsgruppe B hätten grundsätzlich keine über die Anstellungserfordernisse für diese Verwendungsgruppe hinausgehenden Anforderungen gegolten, d.h. es sei die vom Beschwerdeführer abgelegte Reifeprüfung ausreichend gewesen, um zum Beamten dieser Verwendungsgruppe ernannt werden zu können. Eine Prüfung habe ergeben, daß die Behörde erster Instanz im Beschwerdefall nach § 16a DO Graz wie in allen anderen Fällen entschieden habe. Eine Vollanrechnung von privaten Vordienstzeiten nach § 16a Abs. 3 DO Graz erfolge nur, wenn als Aufnahmebedingung bzw. Anstellungserfordernis bestimmte einschlägige Vordienstzeiten für die Aufnahme Bedingung gewesen wären, z.B. bei einer besonderen öffentlichen Stellenausschreibung. Die Aufnahme des Beschwerdeführers sei jedoch ohne vorangegangene Stellenausschreibung auf Grund eines freien Dienstpostens vorgenommen worden, wobei die Voraussetzung lediglich die abgelegte Reifeprüfung gewesen sei. Außerdem sei dem Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verfahren zur Kenntnis gebracht worden, daß für diesen Posten keine öffentliche Ausschreibung erfolgt sei und keine im öffentlichen Interesse gelegene Notwendigkeit für seine Aufnahme bestanden habe. Jedenfalls seien die Bedingungen des Werkvertrages aus 1988 im Sinne des § 7 DO Graz nicht maßgeblich für die am 1. Oktober 1992 erfolgte Anstellung des Beschwerdeführers (im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis) gewesen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, daß sich der Aufgabenkreis des Beschwerdeführers mit seiner Anstellung verändert habe und nunmehr folgende Aufgaben umfasse: Die Betreuung des "Grünen Umwelt-Telefons" und anderer Bürger-Service-Einrichtungen im Bereich des Umweltamtes; die Erstellung von einschlägigen Informationsbroschüren und Präsentationsunterlagen; die Organisation und Betreuung von Umwelt-Ausstellungen und Messeteilnahmen und Tagungen; die Organisation des jährlichen Grazer "Umweltfestes" und die Einbindung der rund 60 teilnehmenden Umweltorganisationen und -institutionen in Grazer Umweltanliegen durch regelmäßige "Umwelt-Treffs" und "Umwelt-Infos"; die Betreuung der periodischen Umwelt-Informations-Aktion "Lebenswerte Stadt" im Schulbereich gemeinsam mit der "Arge Umwelterziehung"; die Betreuung des Umweltausschusses; Koordinator des Netzwerkes "Gesunde Städte".

Aus dem dargestellten Aufgabenkreis gehe hervor, daß hiefür keine über die gemeinsamen Erfordernisse für die Erlangung eines Dienstpostens der Verwendungsgruppe B hinausgehende Ausbildung notwendig und für die Anstellung auch nicht gefordert gewesen sei, weshalb die Voraussetzungen nach § 16a Abs. 2 Z. 5 DO Graz nicht gegeben gewesen seien. Auch habe eine besondere Bedeutung der vom Beschwerdeführer vor der Übernahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis ausgeübten Tätigkeit für die erfolgreiche Verwendung als Beamter mit Rücksicht auf den gegebenen Aufgabenkreis des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden können. § 16a Abs. 3 DO Graz sei daher nicht anzuwenden gewesen. Daran ändere auch die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Chefredakteur der "XY Nachrichten" ab dem 1. März 1980 nichts, zumal der Aufgabenkreis bei dieser als Parteizeitung fungierenden Zeitschrift in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der in der MA 23 gegebenen Aufgabenstellung stehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Beschwerdeführer hat hiezu unaufgefordert eine Gegenäußerung abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorab ist festzuhalten, daß nach § 16a Abs. 9 DO Graz (in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 17/1976) der Vorrückungsstichtag mit Bescheid festzustellen ist. Inhalt des Spruches dieses Bescheides bildet einzig und allein die datumsmäßige Festlegung dieses gemäß § 16a Abs. 1 in Verbindung mit § 71 Abs. 1 leg. cit. für die Vorrückung maßgebenden Stichtages. Hingegen sind die einzelnen vor dem Anstellungstag liegenden Zeiträume, mögen sie nun gemäß § 16a Abs. 1 lit. b leg. cit. zur Hälfte oder nach Abs. 2 oder 3 dieser Gesetzesbestimmung zur Gänze berücksichtigt werden, nur Bemessungselemente und keine rechtlich selbständigen Absprüche. Daraus folgt für den Beschwerdefall, daß die belangte Behörde auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers darüber zu entscheiden hatte, ob die Festsetzung des Vorrückungsstichtages durch die Behörde erster Instanz dem Gesetz entsprach oder nicht. Die - abweichend von der Behörde erster Instanz - erfolgte Vollanrechnung der Zeit des "Werkvertrages" vom 1. Mai 1988 bis 28. Februar 1990 gemäß § 16a Abs. 2 Z. 1 DO Graz hätte daher zu einer entsprechenden Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages durch die belangte Behörde führen müssen, wobei die geänderte Einstufung dieses Zeitraumes in die Begründung dieses Bescheides hätte aufgenommen werden müssen. Es besteht weder für den selbständigen Abspruch über ein Bemessungselement durch die belangte Behörde noch für die Übertragung der endgültigen Festlegung des Vorrückungsstichtages an die Dienstbehörde erster Instanz eine gesetzliche Grundlage. Der Beschwerdeführer wurde dadurch in seinem Recht auf Sachentscheidung durch die belangte Behörde über den Gegenstand des Berufungsverfahrens verletzt.

Unabhängig davon ist aber auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe die von ihm angestrebte Vollanrechnung jener Zeiten, in denen er in leitender journalistischer Funktion (1. März 1980 bis 31. März 1988) tätig gewesen sei, ohne zureichende Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen abgelehnt, zutreffend.

Soweit die belangte Behörde die Vollanrechnung dieses Zeitraumes nach § 16a Abs. 2 Z. 5 DO Graz abgelehnt hat, hat sie dies damit begründet, der Beschwerdeführer sei gemäß § 7 DO Graz als Beamter der Verwendungsgrupppe B in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis übernommen worden und es ergebe sich auf Grund der vom Beschwerdeführer auf diesem Arbeitsplatz zu besorgenden Aufgaben (deren Art allerdings vom Beschwerdeführer bestritten wird - siehe dazu unten), daß keine über die Erlangung des Dienstpostens der Verwendungsgruppe hinausgehende Ausbildungsnotwendigkeit für seine Anstellung gefordert sei.

Gemäß § 16a Abs. 2 Z. 5 DO Graz in der Fassung

LGBl. Nr. 17/1976 ist unter anderem die Zeit einer Verwendung oder Ausbildung, die über die gemeinsamen Erfordernisse für die Erlangung einer bestimmten Verwendungsgruppe hinaus für den Dienstzweig vorgeschrieben ist, in den der Beamte aufgenommen wird, zur Gänze anzurechnen.

Nach § 4 leg. cit. (Stammfassung = LGBl. Nr. 30/1957) werden die besonderen Anstellungserfordernisse der einzelnen Beamtengruppen (§ 68), die Erfordernisse für die Einreihung in die Verwendungsgruppen (§ 68) sowie für die Erreichung des Definitivums (§ 7) - vor allem die erforderliche Vorbildung und Ausbildung - durch Verordnung des Gemeinderates festgesetzt.

Nach § 68 Abs. 5 (Absatzbezeichnung nach der Novelle LGBl. Nr. 37/1989) sind die Beamtengruppen des Schemas II (nur dieses kommt im Beschwerdefall in Betracht) nach folgenden

Richtlinien den Verwendungsgruppen zuzuweisen:

"...

Der Verwendungsgrupppe B: Für den gehobenen Fachdienst"

Gemäß § 68 Abs. 6 Satz 1 (Absatzbezeichnung nach der obzitierten Novelle) werden die Beamtengruppen und ihre Zuweisung zu den Verwendungsgruppen, die Voraussetzungen für die Erlangung von Dienstposten der einzelnen Beamtengruppen, vor allem die erforderliche Vorbildung und Ausbildung und die Vorschriften über die Fachprüfungen durch Verordnung des Gemeinderates bestimmt.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann im Beschwerdefall nicht beurteilt werden, ob die Auffassung der belangten Behörde im Ergebnis zutrifft, fehlt doch jede Erörterung der Frage, in welchen DIENSTZWEIG nach den dafür bestehenden Rechtsvorschriften der Beschwerdeführer AUFGENOMMEN wurde und ob hiefür besondere Verwendungs- oder Ausbildungserfordernisse vorgeschrieben sind, die über die Anstellungserfordernisse für die Verwendungsgruppe B hinausgehen.

Was die Beurteilung des strittigen Zeitraumes nach § 16a Abs. 3 DO Graz betrifft, ist folgendes zu bemerken:

Nach § 16a Abs. 3 können in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle, LGBl. Nr. 17/1976, Zeiten gemäß Abs. 1 lit. b, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, vom Stadtsenat im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist.

Diese Bestimmung entspricht inhaltlich vollkommen § 12 Abs. 3 Satz 1 GG 1956 (Satzbezeichnung seit der Novelle BGBl. Nr. 447/1990), sodaß die zum GG 1956 bzw. zu anderen vergleichbaren landesrechtlichen Bestimmungen ergangene Judikatur auch auf § 16a DO Graz angewendet werden kann.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1991, 86/12/0122, und die dort genannte Vorjudikatur) ist eine Vortätigkeit oder ein Studium dann von besonderer Bedeutung, wenn der durch die Vortätigkeit bzw. das Studium verursachte Erfolg der Verwendung als Beamter ohne die Vortätigkeit in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre. Die Prüfung ist auf den Zeitpunkt der Anstellung als Beamter und die Tätigkeit abzustellen, die dieser auf Grund seiner Anstellung bei Antritt des Dienstes auszuüben hat, und nicht auf sonstige vorübergehende oder zukünftige Verwendungen oder auf Tätigkeiten, die der Beamte in dem dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangenen vertraglichen Dienstverhältnis ausgeübt hat. In der Beurteilung der Frage der besonderen Bedeutung für die erfolgreiche Verwendung ist grundsätzlich nicht mehr als der Zeitraum eines halben Jahres nach Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zugrunde zu legen.

Die Frage, ob die Vollanrechnung einer Zeit gemäß § 16a Abs. 3 DO Graz in Betracht kommt, kann, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu vergleichbaren Bestimmungen erkennt, nur gelöst werden, wenn alle für die Beurteilung im Sinne der oben angeführten Gesetzesstelle maßgebenden Kriterien festgestellt wurden. Daher ist in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festzustellen, welche tatsächlichen Verrichtungen während der Vortätigkeit besorgt wurden, in welchem Ausmaß dies geschehen ist und welche Kenntnisse und Fähigkeiten hiebei (bzw. in einem auf seine Vollanrechnung zu prüfenden Studium) erworben wurden. Andererseits ist festzustellen, welche tatsächlichen Tätigkeiten der Beamte zu Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses auf Grund seiner Anstellung zu verrichten hat, mit welchem Erfolg er diese Tätigkeiten besorgt hat, ob und inwieweit sein Verwendungserfolg über dem von Beamten ohne ähnliche Vortätigkeit bzw. Studienzeiten gelegen ist und ob die Vortätigkeit bzw. das Studium für den Verwendungserfolg als Beamter ursächlich ist. Trifft dies zu und wäre der durch die Vortätigkeit verursachte Verwendungserfolg ohne die Vortätigkeit nur in einem beträchtlich geringeren Maße gegeben gewesen, dann ist die Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung als Beamter von besonderer Bedeutung im Sinne des § 16a Abs. 3 DO Graz (vgl. dazu das zum GG 1956 ergangene hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1991, 86/12/0122, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Auf dem Boden dieser Rechtslage erweist sich die zur Begründung von der belangten Behörde herangezogene (bisherige) Verwaltungspraxis, wonach eine Vollanrechnung nach § 16a Abs. 3 DO Graz nur dann erfolgen könne, wenn bestimmte einschlägige Vordienstzeiten zur Aufnahmebedingung z.B. bei einer besonderen öffentlichen Stellenausschreibung gemacht worden seien, als nicht gesetzeskonform. Einer solchen Vorgangsweise kommt allenfalls eine gewisse Indizwirkung zu, daß die Voraussetzungen nach § 16a Abs. 3 leg. cit. beim eingestellten Bewerber gegeben sind. Es kann aber aus dem Fehlen der Festlegung eines besonderen Anforderungsprofils für die Bewerber um eine Planstelle durch den Dienstgeber, insbesondere dem Unterlassen einer öffentlichen Stellenausschreibung, die Anwendbarkeit des § 16a Abs. 3 DO Graz nicht ausgeschlossen werden. Ausschlaggebend ist vielmehr in jedem Fall das Ausmaß des Verwendungserfolges des ernannten Bewerbers am Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und die Ursache hiefür (im Sinne der obigen Ausführungen).

Dies gilt auch für die von der belangten Behörde getroffene Annahme, es habe keine im öffentlichen Interesse gelegene Notwendigkeit für die Aufnahme des Beschwerdeführers bestanden und die Bedingungen des "Werkvertrages" (für seine Tätigkeit vom 1. Mai 1988 bis 28. Februar 1990) seien nicht maßgebend für seine Anstellung (im öffentlich-rechtlichen) Dienstverhältnis gewesen.

In seiner bisherigen Rechtsprechung zu vergleichbaren Anrechnungsbestimmungen bei Vordienstzeiten hat der Verwaltungsgerichtshof das nicht näher umschriebene öffentliche Interesse UNTER ANDEREM darin erblickt, daß der zu besetzende Dienstposten ohne die Gewährung einer solchen Begünstigung (bei der Anrechnung) entweder überhaupt nicht oder mit einem fachlich nur minder qualifizierten Bewerber besetzt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1973, 851/73 = Slg. N.F. Nr. 8452/A). Daß aber das nach den Anrechnungsbestimmungen geforderte öffentliche Interesse nicht ausschließlich auf einen solchen Fall beschränkt sein kann, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis ausdrücklich ausgesprochen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes muß in Heranziehung der leitenden Grundgedanken der DO Graz und der Novelle LGBl. Nr. 17/1976 das "öffentliche Interesse" im Sinne des § 16a Abs. 3 leg. cit. als das Interesse an einer geordneten Gemeindeverwaltung mit Hilfe eines leistungsgerecht besoldeten Beamtentums angesehen werden. Das Gesetz ermöglicht es, einem Beamten im Wege der Vollanrechnung von Vordienstzeiten einen Ausgleich für den besonderen Verwendungserfolg zu gewähren, von dem feststeht, daß er ohne solche Vordienstzeiten nur in einem erheblich geringeren Maß eingetreten wäre (vgl. das zur vergleichbaren Rechtslage nach § 16 Abs. 3 der Wiener DO 1966 ergangene hg. Erkenntnis vom 14. November 1988, 88/12/0086, mit weiteren Judikaturnachweisen).

Was die von der belangten Behörde angenommene Änderung des Aufgabenbereiches des Beschwerdeführers am Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und die daraus gezogenen Schlußfolgerungen betrifft, trifft die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers jedenfalls insoweit zu, als sich die belangte Behörde nicht mit der Stellungnahme des Vorgesetzten des Beschwerdeführers auseinandersetzte, die für einen Großteil der von ihm zu erfüllenden Aufgaben seine journalistische Vorbildung als Voraussetzung für seine verantwortliche Position bezeichnete. Ob diese Aussage des Vorgesetzten des Beschwerdeführers zutrifft oder nicht, kann erst auf Grund allfällig weiterer Ermittlungen unter Einbeziehung des Beschwerdeführers abschließend beurteilt werden.

Im übrigen läßt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn des § 16a Abs. 3 DO Graz erschließen, daß die besondere Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift für den gesamten Tätigkeitsbereich des Beamten gelten muß; entscheidend ist, daß die konkrete Vortätigkeit und die dadurch gewonnene spezifische (nicht allgemeine) Berufserfahrung nicht von vornherein nur für einen kleinen Teil der beruflichen Aufgabenstellung des Beamten sachlich überhaupt in Frage kommt (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1993, 92/12/0206).

Im fortgesetzten Verfahren wird allerdings unter dem Gesichtspunkt des § 16a Abs. 3 DO Graz auch zu prüfen sein, ob und bejahendenfalls in welchem Umfang die dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Beschwerdeführers unmittelbar vorangegangenen in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis erbrachten Tätigkeiten für die Stadt Graz (vom 1. Mai 1988 bis 30. September 1992), sofern sie mit jenen weitgehend oder jedenfalls bezüglich eines nicht bloß unerheblich kleinen Teils überwiegend übereinstimmten, die zeitlich weiter zurückliegende Zeit als leitender Chefredakteur in den Hintergrund treten lassen (vgl. in diesem Zusammenhang z. B. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1985, 84/12/0147).

Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht als rechtswidrig. Da er - wie oben ausgeführt - zum Teil auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruht, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Ersatz der Umsatzsteuer, soweit dieser über den Schriftsatzaufwand nach der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 416/1994, hinausgeht, weil ein solcher neben dem Pauschale nicht zuerkannt werden kann.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideBesondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des BerufungsbescheidesInhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994120286.X00

Im RIS seit

16.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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