TE Vwgh Erkenntnis 2020/12/9 Ro 2020/12/0003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2020
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
12/03 Entsendung ins Ausland
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
43/02 Leistungsrecht

Norm

ABGB §7
AZHG 1999 §29 Abs1 idF 2011/I/140
AZHG 1999 §29 Abs2 idF 2011/I/140
AZHG 1999 §29 Abs3 idF 2011/I/140
AZHG 1999 §31a Abs1 idF 2015/I/065
AZHG 1999 §31a Abs2 idF 2015/I/065
HGG 2001 §55 idF 2019/I/102
VwGG §42 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör und Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des M R in St. P, vertreten durch die Holzer Kofler Mikosch Kasper Rechtsanwälte OG in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Bahnhofstraße 51/DG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2019, W208 2222168-1/2E, betreffend Rückerstattung von Bereitstellungsprämien nach dem Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz - AZHG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Heerespersonalamt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1        Mit rechtskräftigem Bescheid des Heerespersonalamts vom 6. Juni 2016 wurde das vorzeitige Enden der Auslandseinsatzbereitschaft des Revisionswerbers mangels persönlicher Eignung zur Teilnahme an Auslandseinsätzen mit Ablauf des 30. Juni 2016 gemäß § 25 Abs. 4 Z 2 iVm Abs. 5 AZHG festgestellt.

2        Mit Bescheid des Heerespersonalamts vom 5. Juni 2019 wurde dem Revisionswerber aufgetragen, von ihm empfangene Bereitstellungsprämien in der Höhe von € 2.035,48 rückzuerstatten.

3        Begründend wurde ausgeführt, Personen, deren Auslandseinsatzbereitschaft vorzeitig ende, hätten, sofern während ihrer Auslandseinsatzbereitschaft kein Auslandseinsatz geleistet worden sei, die seit Beginn ihres jeweiligen Verpflichtungszeitraumes bezogenen Bereitstellungsprämien rückzuerstatten. Diese Rückzahlungspflicht sei gemäß den Gesetzesmaterialien (EB zur RV, 283 BlgNR, XXII. GP, 37f) keinesfalls als Straf- oder Bußzahlung anzusehen, sondern stelle vielmehr die Begleichung eines mangels Leistung bzw. ausreichender Leistung eines Auslandseinsatzes obsolet gewordenen Vorschusses dar. Dieser Rückerstattungsbetrag sei gemäß § 29 Abs. 3 AZHG wie ein Übergenuss nach den Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes 2001 (HGG 2001) hereinzubringen.

4        Da die Auslandseinsatzbereitschaft des Revisionswerbers wegen mangelnder Eignung zur Teilnahme an Auslandseinsätzen vorzeitig geendet und er während der Auslandseinsatzbereitschaft keine Auslandseinsätze geleistet habe, habe er die seit Beginn seines Verpflichtungszeitraumes bezogenen Bereitstellungsprämien rückzuerstatten. Die Rückforderung erfolge auf der Rechtsgrundlage des § 29 Abs. 1 AZHG.

5        Da dem Prüf- und Verrechnungsdienst bereits vorzeitig bekannt gewesen sei, dass der Revisionswerber mit Ablauf des 30. Juni 2016 seinen Dienst bei den Kaderpräsenzeinheiten beenden werde, sei die Bereitstellungsprämie für den Monat Juni 2016 nicht mehr angewiesen worden.

6        Der Revisionswerber habe daher die für den Zeitraum von 22. Oktober 2015 bis 31. Mai 2016 erhaltenen Bereitstellungsprämien in der Höhe von brutto € 3.162,31 abzüglich der Rückrechnung KV/SV/PB/WFB rückzuerstatten. Weiters wurde die Berechnung des im Spruch genannten Betrages von € 2.035,48 dargestellt.

7        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Auslandseinsatzbereitschaft des Revisionswerbers habe unstrittig gemäß § 25 Abs. 4 Z 2 AZHG vorzeitig geendet, der Revisionswerber habe keinen Auslandseinsatz im Verpflichtungszeitraum geleistet, sodass der Tatbestand des § 29 Abs. 1 Z 1 AZHG erfüllt sei.

8        Nach § 29 Abs. 1 Z 1 und § 25 Abs. 4 Z 2 und Abs. 5 AZHG bestehe in den dort geregelten Fällen die Verpflichtung zur Rückerstattung der seit Beginn des Verpflichtungszeitraumes bezogenen Bereitstellungsprämien dann, wenn die Auslandseinsatzbereitschaft vorzeitig ende, weil die mangelnde Eignung zur Teilnahme an Auslandseinsätzen mit Bescheid festgestellt und zudem während der Auslandseinsatzbereitschaft kein Auslandseinsatz geleistet worden sei (Hinweis auf VwGH 9.9.2016, 2013/12/0171). Die Rückforderung erfolge daher auf der Rechtsgrundlage des § 29 Abs. 1 Z 1 AZHG.

9        § 29 Abs. 2 AZHG regle den - in den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 283 BlgNR XXII. GP, 36 ff) sogenannten - allgemeinen Rückforderungsanspruch betreffend (ursprünglich) zu Unrecht empfangene Beträge, nicht aber den in § 29 Abs. 1 AZHG eigenständig geregelten Rückforderungsanspruch betreffend ursprünglich zu Recht ausbezahlte Bereitstellungsprämien. Auch aus dem Verweis auf § 55 HGG 2001 in § 29 Abs. 3 AZHG folge nichts Gegenteiliges, zumal sich dieser Verweis nicht auf die Umschreibung der Voraussetzungen für den Rückforderungsanspruch (und daher auch nicht auf § 55 Abs. 1 HGG 2001), sondern lediglich auf die Bestimmungen des verwiesenen Gesetzes betreffend die Hereinbringung des in Ansehung seiner Voraussetzungen in § 29 Abs. 1 AZHG vollständig geregelten Anspruches beziehe. Auch dieser Verweis bedeute nicht, dass es sich bei den rückzuerstattenden Bereitstellungsprämien um zu Unrecht empfangene Übergenüsse handle (Hinweis auf VwGH 24.4.2012, 2009/11/0179; 23.5.2012, 2008/11/0040). Bei zu Recht empfangenen Bereitstellungsprämien handle es sich nicht um Übergenüsse (Hinweis auf VwGH 16.9.2013, 2013/12/0072).

10       Bis zum Zeitpunkt der Feststellung der Beendigung der Auslandseinsatzverpflichtung mit Ablauf des 30. Juni 2016 habe der Revisionswerber die Bereitstellungsprämie zu Recht empfangen. Es liege daher kein Übergenuss vor. § 29 Abs. 2 AZHG komme nicht zur Anwendung, was zur Folge habe, dass das Vorliegen eines „guten Glaubens“ nicht entscheidend sei. Die diesbezüglichen Argumente des Revisionswerbers gingen folglich ins Leere, dies auch soweit er sich auf § 55 Abs. 4 HGG 2001 bezogen habe.

11       Soweit der Revisionswerber angeführt habe, die Rückzahlungsansprüche seien gemäß § 31a Abs. 2 AZHG bereits verjährt, weil die letzte Prämie für Mai 2016 überwiesen worden und der Rückforderungsbescheid erst am 7. Juni 2019 (und damit nach Ablauf von drei Jahren) zugestellt worden sei, sei ihm Folgendes entgegen zu halten:

12       § 31a AZHG sei mit BGBl. I Nr. 65/2015 - Dienstrechtsnovelle 2015 in das AZHG aufgenommen worden. Die Erläuterungen (585 BlgNR XXV. GP - RV) dazu lauteten:

„Zu § 31a AZHG:

Diese Bestimmungen über die Verjährung von Leistungen nach diesem Bundesgesetz entsprechend jener im GehG sind notwendig, da gemäß VwGH vom 27.02.2013, Zl. 2010/17/0022 ableitbar ist, dass eine Verjährung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen - sofern eine solche nicht konkret vorgesehen ist - nicht erfolgt und dass die allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsbestimmungen auf öffentliches Recht nicht analog anwendbar sind.“

13       Die Behörde habe erst ab dem vorzeitigen Enden der Auslandseinsatzbereitschaft des Revisionswerbers (somit mit Ablauf des 30. Juni 2016) den Anspruch auf Rückerstattung der bezogenen Bereitstellungsprämien für den gesamten Verpflichtungszeitraum erworben. Die Verjährungsfrist könne daher entgegen der Ansicht des Revisionswerbers erst mit diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen. Eine Verjährung habe daher hinsichtlich aller ausbezahlter Prämien vor Ablauf des 30. Juni 2019 nicht eintreten können. Es komme daher nicht darauf an, ob die „Maiprämie“ noch vor dem 7. Juni 2016 überwiesen (und damit „entrichtet“) worden sei oder nicht. Dass die Überweisung im Juni 2016 erfolgt sei, habe der Revisionswerber ausdrücklich angeführt.

14       Gemäß § 29 Abs. 3 AZHG sei bei der Hereinbringung der rückzuerstattenden Bereitstellungsprämie § 55 HGG 2001 anzuwenden. Das bedeute, dass Ratenzahlungen und Stundungen gewährt oder bei Vorliegen einer „besonderen Härte“ auf die Rückzahlung ganz oder zum Teil verzichtet werden könne. In den Erläuterungen (EB zur RV, 283 BlgNR, XXII. GP, 37 f) werde hiezu ausgeführt:

„Die Rückerstattungspflicht besteht zwar unabhängig vom Verschulden des Betroffenen am vorzeitigen Ende der Auslandseinsatzbereitschaft, jedoch ist die Rückerstattung gem. § 29 Abs. 3 wie ein Übergenuss nach dem Heeresgebührengesetz 2001 hereinzubringen. Dies ermöglicht unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen die Festsetzung von Ratenzahlungen und aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen die Stundung der Rückzahlung. Zur Vermeidung besonderer Härtefälle kann auch in spezifischen Einzelfällen von der Hereinbringung überhaupt Abstand genommen werden.“

15       Im vorliegenden Fall habe die belangte Behörde nicht über einen derartigen Antrag des Revisionswerbers entschieden, sodass eine Beurteilung eines allfälligen Vorliegens berücksichtigungswürdiger Gründe gemäß § 55 Abs. 3 HGG 2001 nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sei. Diesbezüglich dürfe das Bundesverwaltungsgericht keine Entscheidung treffen.

16       Zur Zulässigkeit der Revision führte das Bundesverwaltungsgericht aus, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 31a Abs. 2 AZHG („das Recht auf Rückforderung [...] verjährt nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung“) vor, dass diese Bestimmung - so wie es das Bundesverwaltungsgericht getan habe - so zu interpretieren sei, dass die Verjährungsfrist erst mit rechtskräftiger Feststellung der Beendigung der Auslandseinsatzbereitschaft zu laufen beginne und nicht schon mit der Anweisung zur und/oder tatsächlichen Auszahlung der letzten Bereitstellungsprämie.

17       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen; in eventu in der Sache selbst zu entscheiden und das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern, dass der Bescheid des Heerespersonalamts vom 5. Juni 2019 aufgehoben und von der Rückforderung der Bereitstellungsprämien Abstand genommen werde.

18       Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, die Revision als unbegründet abzuweisen.

19       In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird unter Bezugnahme auf die Zulassungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, gemäß § 31a Abs. 2 AZHG verjähre das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen nach drei Jahren nach ihrer Entrichtung. Die gesetzliche Bestimmung des § 31a AZHG sei mit der Dienstrechtsnovelle 2015 in das AZHG aufgenommen worden. Nach Wiedergabe der bereits vom Bundesverwaltungsgericht angeführten Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung wird weiters ausgeführt, gemäß der korrespondierenden Bestimmung des § 13b Abs. 2 über die Verjährung im Gehaltsgesetz 1956 verjähre das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen nach drei Jahren nach ihrer Entrichtung. Die Verjährungsbestimmung im Gehaltsgesetz 1956 decke sich inhaltlich daher mit der Bestimmung des § 31a AZHG.

20       In diesem Zusammenhang sei zudem auf die gesetzliche Bestimmung des § 29 Abs. 3 AZHG zu verweisen. Diese Bestimmung regle die Hereinbringung von rückzuerstattenden Bereitstellungsprämien. In § 29 Abs. 3 AZHG werde ein Verweis auf die Bestimmung des § 55 HGG 2001 vorgenommen. Auch aus § 55 Abs. 4 HGG 2001 ergebe sich, dass das Recht auf Rückforderung von Übergenüssen nach drei Jahren ab Auszahlung oder Überweisung verjähre.

21       Es ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung des § 31a Abs. 2 AZHG, dass hinsichtlich der Verjährung der Rückforderung der Bereitstellungsprämie zwingend auf den Zeitpunkt der Entrichtung/Auszahlung abzustellen sei. Nichts Anderes ergebe sich aus der korrespondierenden Bestimmung des § 13b GehG sowie § 55 HGG 2001.

22       Die Revision erweist sich, weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Anwendbarkeit des § 31a Abs. 2 AZHG auf einen Rückerstattungsanspruch gemäß § 29 Abs. 1 AZHG nicht vorliegt, als zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

23       § 29 Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz (AZHG), BGBl. I Nr. 66/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 140/2011, lautet auszugsweise:

Rückerstattung und Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen

§ 29. (1) Personen, deren Auslandseinsatzbereitschaft aus Gründen des § 25 Abs. 4 Z 1 und 2 vorzeitig endet, haben, sofern während ihrer jeweiligen Auslandseinsatzbereitschaft

1.   kein Auslandseinsatz geleistet wurde, die seit Beginn ihres jeweiligen Verpflichtungszeitraumes, oder

2.   keine Auslandseinsätze in der Dauer von insgesamt mindestens sechs Monaten geleistet wurden, die seit Beendigung des letzten Auslandseinsatzes

bezogenen Bereitstellungsprämien rückzuerstatten.

(2) Zu Unrecht empfangene Beträge nach diesem Teil (Übergenüsse) sind, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen wurden, dem Bund zu ersetzen.

(3) Bei der Hereinbringung der rückzuerstattenden Bereitstellungsprämien sowie von Übergenüssen ist § 55 des Heeresgebührengesetzes 2001, BGBl. I Nr. 31, anzuwenden.

...“

24       § 31a AZHG, BGBl. I Nr. 66/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2015, lautet:

Verjährung

§ 31a. (1) Der Anspruch auf Leistungen verjährt, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht wird, nachdem die anspruchsbegründende Leistung erbracht worden oder der anspruchsbegründende Tatbestand entstanden ist.

(2) Das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen verjährt nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung.

(3) Was trotz Verjährung geleistet worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.

(4) Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist.“

25       § 55 Heeresgebührengesetz 2001 (HGG 2001), BGBl. I Nr. 31/2001 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2019, lautet:

Übergenuss

§ 55. (1) Zu Unrecht empfangene Beträge (Übergenüsse) sind, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen. Sie sind vom Heerespersonalamt hereinzubringen.

(2) Die rückforderbaren Übergenüsse sind durch Abzug von den nach diesem Bundesgesetz gebührenden Beträgen hereinzubringen. Hiebei können Raten festgesetzt werden. Bei der Festsetzung der Raten ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen Rücksicht zu nehmen. Ist die Hereinbringung durch Abzug nicht möglich, so ist der Ersatzpflichtige zum Ersatz zu verhalten. Leistet der Ersatzpflichtige nicht Ersatz, so sind die rückforderbaren Übergenüsse nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53, hereinzubringen. Die Stellung des Anspruchsberechtigten nach § 3 VVG kommt dabei dem Heerespersonalamt als Vertreter des Bundes zu. Die Verpflichtung zum Ersatz ist auf Verlangen mit Bescheid festzustellen. Soweit die Ersatzforderung des Bundes durch Abzug hereinzubringen ist, geht sie den Forderungen anderer Personen vor.

(3) Aus berücksichtigungswürdigen Gründen kann die Rückzahlung gestundet werden. Von der Hereinbringung rückforderbarer Übergenüsse kann ganz oder teilweise Abstand genommen werden, wenn die Hereinbringung eine besondere Härte bedeuten würde oder wenn das Verfahren zur Hereinbringung mit Kosten und Weiterungen verbunden wäre, die in keinem Verhältnis zum Rückforderungsbetrag stehen würden.“

26       § 13b Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54/1956 in der Fassung BGBl. Nr. 318/1973, lautet:

Verjährung

§ 13b. (1) Der Anspruch auf Leistungen verjährt, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht wird, nachdem die anspruchsbegründende Leistung erbracht worden oder der anspruchsbegründende Aufwand entstanden ist.

(2) Das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen (§ 13a) verjährt nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung.

(3) Was trotz Verjährung geleistet worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.

(4) Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist.“

27       Zutreffend - und vom Revisionswerber unbestritten - haben die Dienstbehörde und das Bundesverwaltungsgericht den Rückerstattungsanspruch betreffend die Bereitstellungsprämien auf § 29 Abs. 1 AZHG gestützt und nicht auf den in § 29 Abs. 2 AZHG geregelten Rückforderungsanspruch betreffend (ursprünglich) zu Unrecht empfangene Beträge (Übergenüsse) (vgl. VwGH 16.9.2013, 2013/12/0072; 9.9.2016, 2013/12/0171).

28       Dass in § 29 Abs. 3 AZHG für die Hereinbringung der rückzuerstattenden Bereitstellungsprämien sowie von Übergenüssen die Anwendung des § 55 HGG 2001 angeordnet wird, vermag an dieser grundsätzlichen Unterscheidung der Abs. 1 und 2 des § 29 AZHG nichts zu ändern. Der Rückerstattungsanspruch betreffend die Bereitstellungsprämien ist in § 29 Abs. 1 AZHG abschließend geregelt, der Verweis in § 29 Abs. 3 AZHG auf § 55 HGG 2001 betrifft lediglich die Hereinbringung der Ansprüche nach § 29 Abs. 1 und 2 AZHG, nicht aber deren Anspruchsvoraussetzungen. Dieser Verweis bedeutet daher nicht, dass es sich bei den rückzuerstattenden Bereitstellungsprämien um zu Unrecht empfangene Übergenüsse handeln würde (vgl. VwGH 16.9.2013, 2013/12/0072).

29       Der in § 29 Abs. 3 AZHG erfolgte Verweis auf § 55 HGG 2001 führt sohin, weil er schon nach seinem Wortlaut lediglich die Hereinbringung der Ansprüche gemäß § 29 Abs. 1 und 2 AZHG umfasst, nicht zur Anwendbarkeit einer Verjährungsbestimmung betreffend Übergenüsse auf den Rückerstattungsanspruch nach § 29 Abs. 1 AZHG. Soweit in der Zulässigkeitsbegründung auf § 55 Abs. 4 HGG 2001 Bezug genommen wurde, ist einerseits festzuhalten, dass diese Bestimmung im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr in Geltung stand und sich andererseits lediglich auf Übergenüsse bezog.

30       In § 31a AZHG finden sich Verjährungsbestimmungen. § 31a Abs. 1 leg.cit. regelt die Verjährung von Ansprüchen auf Leistungen nach diesem Gesetz. Gemäß § 31a Abs. 2 verjährt das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung. Gemäß den obigen Ausführungen handelt es sich aber bei den geleisteten Bereitstellungsprämien nicht um zu Unrecht erbrachte Leistungen, also Übergenüsse. Diese Leistungen wurden vielmehr zu Recht erbracht und sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 AZHG rückzuerstatten. § 31a Abs. 2 AZHG ist daher auf die Rückforderung von Bereitstellungsprämien gemäß § 29 Abs. 1 AZHG mangels Vorliegen zu Unrecht erbrachter Leistungen (Übergenüsse) nicht (unmittelbar) anzuwenden. Es ist daher festzuhalten, dass das AZHG eine Verjährung des Rückerstattungsanspruchs gemäß § 29 Abs. 1 AZHG nicht vorsieht.

31       Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist die Verjährung keine allgemeine, der österreichischen Rechtsordnung zugehörige Institution. Im öffentlichen Recht besteht die Institution der Verjährung vielmehr nur dort, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht. Bei den Verjährungsvorschriften des ABGB handelt es sich um Rechtsgrundsätze des Privatrechts, die sich nicht ohne Weiteres auf das öffentliche Recht übertragen lassen. Nur dann, wenn Vorschriften des öffentlichen Rechtes ausdrücklich Verjährungsbestimmungen enthalten, darf bei Bedachtnahme auf § 7 ABGB ergänzungsweise auf die Verjährungsvorschriften des ABGB zurückgegriffen werden. Sieht aber die anzuwendende Vorschrift des öffentlichen Rechtes dem Grunde nach eine Verjährung nicht vor, so ist eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften des ABGB unzulässig (vgl. z.B. VwGH 27.2.2013, 2010/17/0022, mzwN; oder VfSlg. 19.034/2010).

32       Da somit eine anwendbare Verjährungsbestimmung im öffentlichen Recht nicht aufzufinden ist, kommt im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung eine analoge Anwendung der Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes nicht in Betracht.

33       Bei Fehlen ausdrücklicher öffentlich-rechtlicher Verjährungsbestimmungen liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen eine planwidrige Lücke der gesetzlichen Regelungen in Ansehung der Verjährung nicht vor. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dahin, dass bei Verneinung des Vorliegens einer planwidrigen Lücke, die durch Analogie zu schließen wäre, den in Rede stehenden generellen Normen ein im Hinblick auf den Gleichheitssatz oder das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verfassungswidriger Inhalt unterstellt würde (vgl. z.B. VwGH 19.10.2017, Ra 2017/11/0253; 20.5.2009, 2007/07/0119, jeweils mwN). Es kommt daher grundsätzlich auch eine analoge Anwendung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen nicht in Betracht (vgl. die bereits zitierte Entscheidung VwGH 19.10.2017, Ra 2017/11/0253; weiters 14.1.2013, 2010/08/0143; 27.1.2009, 2005/11/0138).

34       Mangels Vorliegen einer entsprechenden anwendbaren Bestimmung kam daher eine Verjährung des Rückerstattungsanspruches betreffend die Bereitstellungsprämien nicht in Betracht. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher die Beschwerde des Revisionswerbers im Ergebnis zu Recht abgewiesen, sodass die vorliegende Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

35       Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen, weil die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Art. 6 Abs. 1 MRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen dem schon deshalb nicht entgegen, weil es dem Revisionswerber freigestanden wäre, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung schon in seiner Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beantragen. Im Übrigen war ausschließlich die nicht allzu komplexe Rechtsfrage zu lösen, ob der Rückerstattungsanspruch bereits verjährt ist.

Wien, am 9. Dezember 2020

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020120003.J00

Im RIS seit

20.04.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten