TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/11 96/07/0239

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Veröffentlicht am 11.09.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §21a;
WRG 1959 §27 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des Wilhelm Magyer in Untersiebenbrunn, vertreten durch Dr. Michael Gnesda, Rechtsanwalt in Wien IV, Schwarzenbergplatz 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 29. August 1996, Zl. 512.885/03-I 5/96, betreffend Entziehung einer wasserrechtlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 26. April 1996 wurde dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 27 Abs. 4 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) die ihm mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf (BH) vom 13. Juni 1991 erteilte wasserrechtliche Bewilligung für die Gewinnung von Sand und Kies durch Trockenabbau auf den Grundstücken Nr. 388/1, 388/2, 388/4, 388/5, 388/6 und 389/1, alle KG Untersiebenbrunn, entzogen.

In der Begründung heißt es, nach den Auflagenpunkten 1 und 2 des Bewilligungsbescheides der BH sei zwischen dem höchsten Grundwasserstand und dem tiefsten Abbau der Abbausohle (Grubensohle) ein nicht abgebauter natürlich gewachsener Schotterkörper mit einer Mindeststärke von 0,5 m zu belassen. Die Höhenlage der Abbausohle vor der Aufhöhung sei daher mit 149,1 m ü.A. festgelegt worden. Nach erfolgter Aufhöhung müsse die Grubensohle eine Höhenlage von 150,6 m ü.A. aufweisen.

Die Wasserrechtsbehörde habe den Beschwerdeführer erstmals mit Erledigung vom 15. April 1994 auf den konsenslos in den Grundwasserschwankungsbereich hinein vorgetriebenen Abbau hingewiesen und ihn aufgefordert, den konsensgemäßen Betrieb umgehend herzustellen und zu gewährleisten. Gleichzeitig sei dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtsfolgen die erste Mahnung erteilt worden.

Auf Grund zahlreicher Erhebungs- und Überprüfungsberichte habe festgestellt werden können, daß nicht nur der konsenslose Zustand nicht abgestellt, sondern daß dieser sogar noch erweitert worden sei.

Mit Erledigung vom 21. November 1995 sei der Beschwerdeführer zum zweiten Mal ermahnt worden.

Im Zuge weiterer Erhebungen durch die technische Gewässeraufsicht der BH am 27. November 1995 sowie des technischen Amtssachverständigen am 25. März 1996 habe erneut festgestellt werden müssen, daß der konsenswidrige Zustand ungeachtet der beiden ergangenen Mahnungen sowie anhängiger Verwaltungsstrafverfahren aufrecht erhalten werde. Mittlerweile stehe auch die Grube unter Wasser.

Der technische Amtssachverständige habe am 26. März 1996 folgende Stellungnahme abgegeben:

"1. Zu den zu tief abgebauten Flächen:

Gemäß dem Stand vom November 1994 (Bauaufsichtsbericht) umfaßt der zu tief abgebaute Bereich über alle im Betreff genannten Grundstücke eine Fläche von ca. 400 m Länge und 200 m Breite (80.000 m2), wovon eine Fläche von ca. 20.000 m2 auf durchschnittliche 148,0 m ü.A. und eine Fläche von

ca. 60.000 m2 auf durchschnittlich 146,0 m ü.A. abgebaut wurde. Die Höhe des höchsten jemals gemessenen Grundwasserspiegels (HGW) wird für diesen Bereich mit 148,8 m ü.A. angegeben.

2. Die sich daraus ergebenden Kubaturen für die Aufhöhung der Grubensohle:

Für eine Aufhöhung bis zum HGW (148,8 m ü.A.) über den gesamten Bereich sind ca. 160.000 m3, für eine weitere Aufhöhung bis 2,0 m über HGW weitere 160.000 m3 erforderlich.

Es wird dabei darauf hingewiesen, daß für die Aufhöhung bis HGW (Aufhöhung des Grundwasserschwankungsbereiches) grubeneigenes Material oder laut ÖNORM S 2072 jedenfalls Material der Eluatklasse I c verwendet werden muß; diesen Anforderungen entspricht erfahrungsgemäß grubeneigenes Material (jedoch nicht der sogenannte Abraum aus den oberen Bereichen).

3. Nach den vorliegenden Unterlagen dürfte derzeit noch max. eine Fläche von 100 x 150 m im nordöstlichen Eck des Grubenareals (388/2, /4 bis /6, 389/1, /3 und /5) für einen Abbau zur Verfügung stehen. Daraus resultiert eine max. Kubatur von ca. 130.000 m3. Es wurde dabei ein Abbau bis ca. 0,5 m über HGW (6,5 m Abbaumächtigkeit) in Rechnung gestellt.

4. Daraus folgt, daß das noch zur Verfügung stehende grubeneigene Material nicht mehr vollständig zur Aufhöhung des Grundwasserschwankungsbereiches ausreicht (erforderlich ca. 160.000 m3, vorhanden ca. 130.000 m3).

Es könnte jedoch dieser besonders sensible Bereich nahezu abgedeckt werden.

Für die Aufhöhung bis 2,0 m über HGW ist keinesfalls grubeneigenes Material vorhanden.

5. Aus öffentlichem Interesse ist daher der weitere Abbau sofort einzustellen, sodaß, wie unter Punkt 4 beschrieben, noch zumindest der Großteil des Grundwasserschwankungsbereiches abgedeckt werden kann.

6. Vom Gutachter wird die Ansicht vertreten, daß die Verwendung des noch zur Verfügung stehenden grubeneigenen Materials für die Aufhöhung sicherlich das gelindeste Mittel darstellt, da für die Abdeckung des Grundwasserschwankungsbereiches gemäß den geltenden Richtlinien und Normen Material der Eluatklasse I c (ÖNORM S 2072) zugeführt werden müßte, woraus folgt, daß Kies und Sand aus der Umgebung zugekauft werden müßte, was zumindest Kosten in der Höhe von S 100,--/m3 hervorrufen würde. Daraus würden ohne Transport Kosten in der Höhe von ca. S 16 Millionen entstehen.

Zusätzlich würde eine Zufuhr sicherlich eine zeitliche Verzögerung bedeuten."

Der Beschwerdeführer habe dazu eine Stellungnahme abgegeben, in der zwar auf die Problematik des zu tiefen Abbaues eingegangen und ausgeführt werde, daß aus der bestehenden Naßbaggerung auf anderen Grundstücken noch Material zur Aufhöhung gewonnen werden könne; er habe aber trotz Kenntnis der beiden Mahnungen dazu nicht Stellung genommen.

Der Beschwerdeführer habe trotz zweier Mahnungen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen die wesentlichen Auflagen für den Materialabbau, nämlich die Einhaltung der bewilligten Abbautiefe, nicht erfüllt und rund 3 m tief in den Grundwasserschwankungsbereich hinein abgebaut. Zahlreiche Verwaltungsstrafverfahren sowie laufende Überprüfungen durch die technische Gewässeraufsicht sowie den technischen Amtssachverständigen und auch die begleitende Kontrolle durch die wasserrechtliche Bauaufsicht hätten ein Abstellen der konsenslosen Vorgangsweise nicht bewirken können. Die Zeiträume zwischen den einzelnen Mahnungen seien ausreichend großzügig bemessen gewesen, sodaß nach der ersten Mahnung 19 Monate, nach der zweiten Mahnung 5 Monate zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes zur Verfügung gestanden seien. Diese Zeiträume hätten gereicht, um den gesetzmäßigen Zustand durch Aufhöhung herzustellen und so die Bereitschaft zum konsensgemäßen Betrieb zu dokumentieren. Da trotz zweier Ermahnungen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen die Einhaltung der Auflagenpunkte 1 und 2 des Bewilligungsbescheides nach wie vor unterbleibe, sei das erteilte Wasserrecht zu entziehen gewesen.

Der Beschwerdeführer berief. Er brachte im wesentlichen vor, sein Recht auf Parteiengehör sei verletzt worden, weil im Vorhalt der Wasserrechtsbehörde erster Instanz vom 3. April 1996 lediglich von einem Bewilligungsentzug aus rein abbautechnischen Gründen, nicht aber von einem solchen aus den Gründen des § 27 Abs. 4 WRG 1959 die Rede gewesen sei. In der diesem Vorhalt zugrunde liegenden Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen vom 26. März 1996 sei nur von einem zu tiefen Abbaubereich nach dem Stand (Bauaufsichtsbericht) vom November 1994 die Rede gewesen, nicht aber von einer jüngeren Überprüfung oder von sonstigen Ermittlungsergebnissen. Die Situation von November 1994 habe aber schon den Gegenstand der zweiten Ermahnung vom 25. April 1995 durch die Wasserrechtsbehörde erster Instanz gebildet, deren Rechtswidrigkeit der Beschwerdeführer bereits in seinem den Bearbeiter der Wasserrechtsbehörde betreffenden Ablehnungsantrag vom 17. Mai 1995 geltend gemacht habe. Die im erstinstanzlichen Bescheid erwähnten "weiteren Erhebungen" der Gewässeraufsicht vom 27. November 1995 sowie des technischen Amtssachverständigen vom 25. März 1996 seien dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden. Der Beschwerdeführer habe sich eine Ergänzung seiner Stellungnahme nach Vervollständigung des Amtssachverständigengutachtens vorbehalten und habe Beweisanträge gestellt. Damit habe sich der LH nicht beschäftigt. Der LH werfe aber dem Beschwerdeführer vor, er habe trotz Kenntnis der beiden Mahnungen dazu nicht Stellung genommen, was aber gar nicht Gegenstand des Vorhalts vom 3. April 1996 gewesen sei. Hätte ihm der LH Gelegenheit geboten, zu jenen angeblich vorliegenden Beweisergebnissen betreffend ein konsenswidriges oder auflagenwidriges Verhalten seit der zweiten Ermahnung Stellung zu nehmen, hätte er durch ein konkretes Anbringen und durch Beweisanträge, insbesondere betreffend die Einholung eines vermessungstechnischen Gutachtens und die zeugenschaftliche Einvernahme der Bauaufsichtsorgane, erhärten können, daß eine Fortsetzung behaupteter Mißstände nicht gegeben sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. August 1996 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

In der Begründung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei zweimal unter Hinweis auf die Rechtsfolgen ermahnt worden. Aus der Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen vom 26. März 1996 gehe lediglich hervor, daß der Tatbestand auch bis zu diesem Zeitpunkt nicht saniert war, sondern weiter angedauert habe. Lediglich hievon sei der Beschwerdeführer unter Einräumung einer Gegenäußerungsfrist in Kenntnis gesetzt worden. Zu den nachweislichen Ermahnungen habe sich der Beschwerdeführer nicht geäußert; zur Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen vom 26. März 1996 habe er im wesentlichen lediglich geäußert, daß aus bestehenden Naßbaggerungen genügend Material zur konsensgemäßen Aufhöhung der Trockenbaggerung zur Verfügung stehe. Wie im übrigen aus dem Bauaufsichtsbericht vom 9. April 1996 hervorgehe - alle Bauaufsichtsberichte des Aufsichtsorgans &eien dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden - sei auch zu diesem Zeitpunkt die Trockenbaggerung keineswegs saniert gewesen; vielmehr habe der Tatbestand fortgedauert. Aus den vorgelegten Akten des LH ergebe sich zweifelsfrei, daß die gegenständliche Trockenbaggerung entgegen der wasserrechtlichen Bewilligung bis weit in den Grundwasserschwankungsbereich hinein durchgeführt worden sei, wobei die derzeit vorhandene Abbausohle bis 3,0 m unter der bewilligten zu liegen komme. Auf diese Feststellung der konsenswidrigen, bis in den Grundwasserschwankungsbereich hinein reichenden Abbauarbeiten sei der Beschwerdeführer in keiner Weise eingegangen. Der konsenswidrige Abbau von Kiesmaterial sei zwingender Anlaß für den Entzug der Bewilligung. Die sowohl vom technischen Amtssachverständigen als auch vom LH getroffenen Aussagen hinsichtlich der Bereitstellung von geeignetem Verfüllmaterial zur Herstellung einer konsensgemäßen Höhenlage der Abbausohle seien lediglich für die Wiederherstellung des konsensgemäßen Zustandes relevant. Mit dem Entzug der wasserrechtlichen Bewilligung stünden diese Ausführungen in keiner Beziehung.

Die Tatsache, daß der Abbau von Kiesmaterial bis weit in den Grundwasserschwankungsbereich hinein und somit konsenswidrig erfolgt sei, sei durch eine Vielzahl von Berichten (Gewässeraufsicht, wasserrechtliche Bauaufsicht, zuletzt vom 9. April 1996) zweifelsfrei und im übrigen auch seitens des Beschwerdeführers stets unwidersprochen festgestellt und dokumentiert worden.

Im Bericht der zentralen Gewässeraufsicht des Landes Niederösterreich vom 28. August 1996 sei in bezug auf die gegenständliche Trockenbaggerung folgendes festgestellt worden:

Die vorhandene Abgrabung sei im wesentlichen unverändert gegenüber der Geländeaufnahme des Zivilingenieur-Büros Trugina vom 17. Jänner 1996 vorhanden. Die Oberkante der Abbausohle liege laut tachymetrischer Aufnahme zwischen 146 und 147 m ü.A., die bewilligte tiefste Abbausohle hingegen liege bei 149,10 m ü.A. Die Abgrabung sei zu tief und daher konsenslos durchgeführt worden. Im nordöstlichen Teil des Grubenareals, bis zur bewilligten Ablagerungsstätte auf der Parzellengrenze 388/2 mit 387/2, seien durch den angestiegenen Grundwasserspiegel ständige offene Wasserflächen im Ausmaß von ca. 4 ha entstanden. Im Beobachtungszeitraum sei auch die Durchfahrt mittels LKW-Mulde durch die bestehende Wasserfläche beobachtet worden.

Die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides sei zutreffend, die Berufung daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 25. November 1996, B 3322/96-4 ihre Behandlung ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In seiner im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Beschwerdeergänzung bringt der Beschwerdeführer vor, im Gegensatz zu den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides hätten den Gegenstand des erstinstanzlichen Vorhaltes vom 3. April 1996 und der ihm zugrunde liegenden Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen vom 26. März 1996 nur Überlegungen des Sachverständigen über angeblich zu tief abgebaute Trockenbaubereiche gebildet, nicht aber die Entziehung der Bewilligung. Neue, zeitlich nach der zweiten Ermahnung liegende konsenswidrige Verhaltensweisen seien dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden, wodurch das Parteiengehör verletzt worden sei. Die Stellungnahme des Sachverständigen vom 26. März 1996 erwähne nur den Stand vom November 1994; dieser sei bereits Gegenstand der zweiten Ermahnung gewesen. Die im Bescheid des LH erwähnten Berichte der Gewässeraufsicht vom 27. November 1995 und vom 25. März 1996 seien dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden. Den Ausführungen des Amtssachverständigen vom 26. März 1996 sei der Beschwerdeführer auf zumindest gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und habe dargelegt, daß genügend grubeneigenes Material zur Auffüllung vorhanden sei. Die in Aussicht genommene Leistungsfrist im Vorhalt vom 3. April 1996 habe den rechtskräftigen Bewilligungsbescheiden widersprochen. Der Beschwerdeführer habe verschiedene Beweisanträge gestellt. Die Behauptung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe keine Stellungnahme zu den Ermahnungen abgegeben, sei aktenwidrig. Er habe in seinem Ablehnungsantrag vom 17. Mai 1995 die Rechtswidrigkeit der Ermahnung dargelegt. Die Bauaufsichtsberichte vom 9. April 1996 und vom 28. August 1996 seien dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden. Wäre ihm die angebliche Konsenswidrigkeit nach der zweiten Ermahnung zur Kenntnis gebracht worden, dann hätte er Gelegenheit gehabt, hiezu durch konkretes Anbringen und Beweisanbote Stellung zu beziehen und es hätte sich bei Durchführung dieser Beweise, insbesondere bei Einholung eines vermessungstechnischen Gutachtens und zeugenschaftlicher Einvernahme der wasserrechtlichen Bauaufsichtsorgane herausgestellt, daß eine Fortsetzung behaupteter Mißstände nicht gegeben sei.

Die belangte Behörde hat Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 27 Abs. 4 WRG 1959 hat die Behörde eine Bewilligung zu entziehen, wenn ungeachtet wiederholter Mahnung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen die anläßlich der Bewilligung, der Änderung der Bewilligung (§ 21a) oder Überprüfung angeordneten Maßnahmen nicht durchgeführt oder Auflagen nicht eingehalten werden.

"Wiederholt" bedeutet mindestens zwei Male (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1991, 90/07/0127, u.a.).

Die Mahnung stellt keinen Bescheid dar. Sie erwächst daher auch nicht in Rechtskraft, was zur Konsequenz hat, daß auch im Verfahren zur Entziehung der Bewilligung vorgebracht werden kann, die Voraussetzungen für ihren Ausspruch seien nicht gegeben gewesen.

Der LH hat in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich zu den Mahnungen nicht geäußert. Dem ist der Beschwerdeführer in der Berufung entgegengetreten und hat behauptet, er habe in einem Schriftsatz vom 17. Mai 1995 die Rechtswidrigkeit der zweiten Mahnung dargelegt. Auf dieses Vorbringen ist die belangte Behörde nicht eingegangen, sodaß nicht beurteilt werden kann, ob die Mahnungen zu Recht erfolgt sind. Schon deswegen ist der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Wäre nämlich eine oder beide Mahnungen zu Unrecht erfolgt, dann wäre auch der Bewilligungsentzug unzulässig.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aber auch noch aus weiteren Gründen als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Entziehung der Bewilligung ist nur zulässig, wenn - neben dem Vorliegen wiederholter, zu Recht erfolgter Mahnungen - zum Zeitpunkt der Erlassung des Entziehungsbescheides die anläßlich der Bewilligung, der Änderung der Bewilligung (§ 21a) oder Überprüfung angeordneten Maßnahmen nicht durchgeführt oder Auflagen nicht eingehalten werden. Es muß also zum Zeitpunkt der Erlassung des Entziehungsbescheides ein konsenswidriger Zustand andauern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1991, 90/07/0137).

Die belangte Behörde führt in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, aus der Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen vom 26. März 1996, die dem Beschwerdeführer im Vorhalt vom 3. April 1996 zur Kenntnis gebracht wurde, gehe hervor, daß der konsenswidrige Zustand bis zu diesem Zeitpunkt nicht saniert worden sei.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde läßt sich eine solche Aussage der Stellungnahme des Amtssachverständigen nicht entnehmen. Dieser erwähnt ausdrücklich lediglich den Zustand vom November 1994 und erläutert darauf aufbauend, welche Maßnahmen zur Sanierung dieses Zustandes erforderlich sind. Wahrnehmungen des Amtssachverständigen über ein Fortdauern dieses Zustandes sind der Stellungnahme nicht zu entnehmen. Überdies bezieht sich diese Stellungnahme auch auf andere Grundstücke als die vom erstinstanzlichen Bescheid erfaßten.

Die belangte Behörde beruft sich weiters auf einen Bauaufsichtsbericht vom 9. April 1996, aus dem hervorgehe, daß an diesem Tag der konsenswidrige Zustand fortbestanden habe.

Der Beschwerdeführer bestreitet, daß ihm dieser Bericht jemals zur Kenntnis gebracht wurde.

Ein Bericht der Bauaufsicht vom 9. April 1996 ist nicht in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt und es findet sich auch kein Nachweis darüber, daß er dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit geboten wurde, hiezu Stellung zu nehmen.

Die belangte Behörde erwähnt weiters - neben nicht näher präzisierten allgemeinen Hinweisen auf den Akt der Erstbehörde - einen Bericht der zentralen Gewässeraufsicht des Landes Niederösterreich vom 28. August 1996.

Auch hinsichtlich dieses Berichtes ist dem vorgelegten Akt nicht zu entnehmen, ob er dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe von diesem Bericht keine Kenntnis erhalten und es sei ihm nicht Gelegenheit gegeben worden, hiezu Stellung zu nehmen, kann daher nicht widerlegt werden.

Die belangte Behörde hat daher ihre Annahme eines zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides andauernden konsenswidrigen Zustandes auf Beweismittel gestützt, die entweder - wie die Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen vom 26. März 1996 - diese Annahme nicht decken oder von denen nicht feststeht, ob sie dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit geboten wurde, hiezu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer hat - entgegen der in der Begründung des angefochtenen Bescheides geäußerten Auffassung der belangten Behörde - in seiner Berufung behauptet, nach der zweiten Mahnung habe es keinen konsenswidrigen Zustand mehr gegeben. Er behauptet in der Beschwerde - ebenso wie in der Berufung - dies hätte er beweisen können, wenn ihm Gelegenheit geboten worden wäre, zu den von der belangten Behörde herangezogenen Beweismitteln Stellung zu nehmen. Diese Behauptung kann nicht von vornherein als unzutreffend erkannt werden; es kann daher nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Stempelgebühren waren nur für zwei Beschwerdeausfertigungen und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zu entrichten. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

W i e n, am 11. September 1997

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Androhungen AufforderungAuslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen MitteilungenBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete DiversesRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeRechtskraft Besondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996070239.X00

Im RIS seit

13.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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