TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/11 94/07/0131

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Veröffentlicht am 11.09.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

ABGB §353;
ABGB §431;
ABGB §6;
AVG §32;
AVG §33 Abs3;
VwRallg;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §22 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde der Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft in Klagenfurt, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Herrengasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 29. Juni 1994, Zl. 513.404/02-I 5/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen eine wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: BMG Metall und Recycling Gesellschaft m. b.H. in Arnoldstein, vertreten durch Dr. Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Villacher Straße 1A), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Anbringen vom 2. Juli 1992 suchte die mitbeteiligte Partei des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP), die damals noch eine andere Firma trug, beim Landeshauptmann von Kärnten (LH) um wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Pastenentschwefelungsanlage an, welche die Einleitung von Prozeß- und Kühlwässern über einen Werkskanal in die Gailitz vorsah. Das dem Projekt beigelegte "Anrainerverzeichnis" nannte mehrere Gesellschaften, welche bestimmt bezeichnete, im Eigentum der BBU-AG stehende Grundstücke in Bestand genommen hätten, und die BBU-AG als Eigentümer der gesamten Liegenschaft sowie weitere hier nicht interessierende Eigentümer von Grundstücken im Bereich des Werksgeländes Gailitz. In der Einleitung der Projektsbeschreibung wird darauf hingewiesen, daß die in Liquidation befindliche BBU-AG mit 1. Jänner 1994 den Betrieb der Rauchgasentschwefelungsanlage einstellen werde, weshalb sich für die MP die Notwendigkeit ergeben werde, den Schwefel auf andere Weise zu entfernen.

Mit Kundmachung vom 17. November 1992 beraumte der LH über dieses Ansuchen für den 23. November 1992 die wasserrechtliche Bewilligungsverhandlung an Ort und Stelle an. Eine Ausfertigung der Kundmachung wurde der Marktgemeinde Arnoldstein mit dem Ersuchen um Anschlag an der Amtstafel übermittelt. Persönlich geladen wurde zu dieser Verhandlung u.a. die BBU-AG i.L.

In der am 23. November 1992 durchgeführten Wasserrechtsverhandlung wurde deren Ergebnis vom Vertreter der BBU-AG i.L. zur Kenntnis genommen.

Mit Bescheid vom 3. Februar 1994 erteilte der LH der MP gemäß § 32 Abs. 2 lit. a i.V.m. § 33b Abs. 1 und 2 WRG 1959 auf Grund des Ergebnisses der am 23. November 1992 durchgeführten örtlichen mündlichen Wasserrechtsverhandlung die Bewilligung, nach Maßgabe der Projektsunterlagen sowie bestimmter Auflagen und Bedingungen vorgereinigte Abwässer aus dem Bereich der Pastenentschwefelung, der Manipulationsfläche der Akkuschrottanlage sowie Kühlwässer im jeweils bezeichneten Ausmaß über "den bestehenden Werkskanal der BBU-AG i.L. bzw. den sog. Wiesenbach in den Vorfluter Gailitz abzuleiten". In der Zustellverfügung dieses Bescheides findet sich

- aktenkundig erstmals - auch die Beschwerdeführerin mit dem Vermerk "zur Kenntnis". Als Tag der Zustellung dieses Bescheides ist nach den Zustellnachweisen im Verwaltungsakt für die dem Verfahren beigezogenen Parteien ebenso wie für die Beschwerdeführerin der 7. Februar 1994 ausgewiesen.

In den Verwaltungsakten liegt eine "Stellungnahme" der Beschwerdeführerin zu diesem Bescheid ein, welcher den Eingangsstempel des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 25. Februar 1994 trägt und als Betreff "Die Bewilligung zur Ableitung von Prozeßwässern über den Werkskanal der BBU-AG i.L. (jetzt (Beschwerdeführerin)) in die Gailitz" nennt. Darin wird ausgeführt, daß neben der ständigen Berichterstattung in den Medien über den erfolgten Verkauf der Kraftwerksanlagen an die Beschwerdeführerin der Eigentümerwechsel in einem Telefongespräch am 1. Oktober 1992 der Wasserrechtsabteilung bei der Bezirkshauptmannschaft Villach bekanntgegeben worden sei. Gegenstand dieses Telefongespräches sei die weitere Vorgangsweise im Zusammenhang mit der behördlichen Abwicklung aller wasserrechtlichen Belange gewesen. Auch der zuständigen Behörde beim Amt der Kärntner Landesregierung sei telefonisch Mitteilung gemacht worden. Es sei damit eine hinreichende Bekanntmachung des Eigentümerwechsels an alle mit der Erlassung des vorliegenden Bescheides befaßten Personen anzunehmen. Im Kaufvertrag mit der BBU-AG i.L. sei festgelegt, daß die Beschwerdeführerin alle Dienstbarkeits- und Gebrauchsrechte im Werksgelände jederzeit ohne Angabe von Gründen aufgeben könne. Dieser Umstand sei im vorliegenden Bescheid nicht berücksichtigt worden; die zu erwartende Gesamtbelastung aus der Summe aller Einleitungen sei für die Beschwerdeführerin als Kraftwerksbetreiber von großer Bedeutung. Der Beschwerdeführerin sei mangels Parteiengehör keine ausreichende Vorsorge für einen umweltgerechten Gewässerschutz ermöglicht worden.

Im Anschluß an diese "Stellungnahme" der Beschwerdeführerin zum Bescheid findet sich in den Verwaltungsakten die Ablichtung eines am 30. Oktober 1992 zwischen der BBU-AG i.L. als Verkäufer und der Beschwerdeführerin als Käufer abgeschlossenen Kaufvertrages über die der BBU-AG i.L. gehörigen Kleinkraftwerke näher bezeichneten Umfanges. Als Kaufgegenstand werden in diesem Vertrag insgesamt sechs dem Verkäufer gehörige und bisher von ihm betriebene Kleinkraftwerke mit den ihnen zugehörigen Umspannwerken, Netzanlagen und Kommunikationseinrichtungen derart bezeichnet, "wie diese Gesamtsache in den weiteren Bestimmungen dieses Vertrages beschrieben wird". Als Zeitpunkt, zu dem der gesamte Kaufgegenstand in den Besitz des Käufers zu übergeben sei, wird der Beginn des 1. November 1992 vereinbart. Unter der Überschrift "Übergabsart" findet sich folgende Vertragsbestimmung:

"Die Besitzübergabe ist körperlich zu vollziehen;

Liegenschaften und Gebäude, die in das Eigentum oder das ausschließliche Gebrauchsrecht des Käufers übertragen werden, sind geräumt von allen, dem Verkäufer gehörigen Fahrnissen zu übergeben.

Die grundbücherliche Einverleibung der den Vertragsparteien zustehenden Eigentums- oder Dienstbarkeitsrechte hat (soferne hiezu der vorliegende Vertrag nicht ausreicht) auf Grund einer Nachtragsurkunde zu geschehen, die von den Parteien auszustellen ist, sobald die dafür nötigen Grundbuchsdaten beschafft sind."

Zu Punkt 11. des Vertragswerkes ist als Kaufgegenstand das Kraftwerk "Werkstätte" genannt und sind bei diesem Kraftwerk Bestimmungen über eine Grundstücksteilung, eine Grundstücksübereignung und mitübernommene Lasten enthalten. Punkt 12. des Vertragswerkes handelt von einem Kraftwerk "Hütte" mit dem Bemerken, daß die diesem Kraftwerk dienenden Liegenschaftsteile nicht in das Eigentum des Käufers übertragen werden sollen; vielmehr werde diesem die persönliche Dienstbarkeit der Duldung des Betriebes und der Erhaltung eines Kraftwerkes und des damit verbundenen Umspannwerkes eingeräumt.

Schließlich findet sich in den Verwaltungsakten auch eine gegen den Bescheid des LH vom 3. Februar 1994 ausgeführte Berufungsschrift, welche mit 21. Februar 1994 datiert, an den Landeshauptmann von Kärnten adressiert ist und zwei Eingangsvermerke trägt, nämlich einen mit 22. Februar 1994 datierten Eingangsvermerk des Sekretariates des Landeshauptmannes und einen mit 25. Februar 1994 datierten Eingangsvermerk des Amtes der Kärntner Landesregierung. In dieser Berufung wird von der Beschwerdeführerin der Antrag gestellt, den Bescheid des LH vom 3. Februar 1994 entweder durch Erteilung bestimmter Auflagen oder durch Abweisung des Antrages der MP abzuändern oder ihn gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufzuheben, und im wesentlichen folgendes dazu vorgebracht:

Die Beschwerdeführerin habe mit Kaufvertrag vom 30. Oktober 1992 von der BBU-AG i.L. unter anderem die Kraftwerke "Werkstätte" und "Hütte" samt Umspannwerk gekauft. In Ansehung des Kraftwerkes "Werkstätte" seien der Beschwerdeführerin gemäß Punkt 11. des Kaufvertrages die gegenständliche Grundstücke übereignet worden; in Ansehung des Kraftwerkes "Hütte" seien der Beschwerdeführerin das Kraftwerk und die damit verbundenen Wasserrechte übereignet worden, wobei der Beschwerdeführerin an den Liegenschaften, auf denen sich das Kraftwerk befinde, entsprechende Dienstbarkeiten eingeräumt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe den diesbezüglichen Rechtsübergang sowohl der Bezirkshauptmannschaft Villach als auch dem Amt der Kärntner Landesregierung zur Kenntnis gebracht und angezeigt. Der Rechtsübergang sei von der BBU-AG i.L. mit 1. November 1992 an die Beschwerdeführerin durch körperliche Übergabe vollzogen worden. Gemäß § 22 Abs. 1 WRG 1959 sei die Beschwerdeführerin, da es sich um ortsfeste Wasserbenutzungsanlagen handle, als Eigentümerin der Betriebsanlage auch Wasserberechtigte im Sinne des Wasserrechtsgesetzes. Sie sei ihrer Anzeigepflicht im Sinne des § 22 Abs. 2 WRG 1959 nachgekommen. Es stünden ihr seit diesem Zeitpunkt damit Rechte gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 zu, welche ihre Parteistellung im Sinne des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 begründeten. Der Bescheid des LH vom 3. Februar 1994 verletze Rechte der Beschwerdeführerin, die trotz Kenntnis der Wasserrechtsbehörde vom Rechtsübergang dem Verfahren nicht beigezogen worden sei. Mit dem bekämpften Bescheid des LH sei der MP das Recht eingeräumt worden, vorgereinigte Restwässer in den Werkskanal einzuleiten. Dieser Werkskanal stehe aber im Eigentum der Beschwerdeführerin. Diese habe der Einleitung keine Zustimmung erteilt, es liege keine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Konsenswerberin vor, Zwangsrechte seien nicht eingeräumt worden, weshalb durch den bekämpften Bescheid in unzulässiger Weise in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin eingegriffen werde. Nach Darstellung jener Umstände, aus denen sich die bewilligte Einleitung von Wässern in den Werkskanal für die Interessen der Beschwerdeführerin als nachteilig erweise, brachte die Beschwerdeführerin in der Berufung vor, daß sie ungeachtet ihrer Parteistellung dem Verfahren nicht beigezogen worden sei und deshalb ohne ihr Verschulden daran gehindert gewesen sei, die nunmehr erhobenen Einwendungen schon früher zu erheben. Erst am 18. Jänner 1994 sei die Beschwerdeführerin nämlich zu einer Aussprache in das Amt der Kärntner Landesregierung geladen worden und habe erst im Zuge dieser Aussprache davon erfahren, daß das gegenständliche Wasserrechtsverfahren anhängig sei. Der zuständige Referent habe der Beschwerdeführerin die Übermittlung der entsprechenden Unterlagen und die Berücksichtigung einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin zugesichert, diese Zusicherung jedoch nicht eingehalten. Es habe die Beschwerdeführerin damit erst durch die Zustellung des Bescheides des LH vom 3. Februar 1994 von Art und Umfang des Projektes überhaupt Kenntnis erhalten. Die Beschwerdeführerin hole daher unter einem ihre Einwendungen nach, woraufhin sie darstellte, in welcher Richtung das Ermittlungsverfahren ihrer Auffassung nach zu ergänzen und die Vorschreibung von weiteren Auflagen zum Schutze ihrer Interessen erforderlich sei.

Mit Schreiben vom 16. Mai 1994 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, daß ihre Berufung als unzulässig zurückzuweisen sein werde. Die Beschwerdeführerin habe nämlich in ihrer Berufungsschrift dargestellt, am 18. Jänner 1994 von dem zu bewilligenden Vorhaben Kenntnis erlangt zu haben. Sie habe trotzdem Einwendungen nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen ab diesem Zeitpunkt erstattet. Der Bewilligungsbescheid des LH vom 3. Februar 1994 sei allen am Verfahren tatsächlich beteiligten Parteien am 7. Februar 1994 zugestellt und diesen gegenüber somit mit Ablauf des 21. Februar 1994 unanfechtbar geworden. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung sei am 22. Februar 1994 im Sekretariat des Landeshauptmannes von Kärnten, bei der bescheiderlassenden Behörde hingegen erst am 25. Februar 1994 eingelangt. Sei der Bescheid zu dem Zeitpunkt, in welchem die nachträglichen Einwendungen einer übergangenen Partei bei der Behörde, die die mündliche Verhandlung anberaumt hatte, einlangten, bereits rechtskräftig, so seien im Anwendungsbereich der Bestimmung des § 107 Abs. 2 WRG 1959 die Einwendungen der übergangenen Partei als unzulässig zurückzuweisen, aus welchen Gründen immer die Beiziehung der Partei im wasserrechtlichen Verfahren unterblieben war. Zu diesem von der belangten Behörde gefundenen voraussichtlichen Ergebnis der Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin werde dieser binnen gesetzter Frist Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Die Beschwerdeführerin nahm die gebotene Gelegenheit zur Äußerung wahr und brachte in ihrer Stellungnahme vor, daß sie als Partei des vorliegenden Wasserrechtsverfahrens erstmals am 18. Jänner 1994 von diesem Verfahren Kenntnis erlangt habe. Dies sei im Zuge einer Besprechung beim Amt der Kärntner Landesregierung erfolgt, zu welcher die Beschwerdeführerin vom zuständigen Koordinator Dr. X. eingeladen worden sei. Bei dieser Besprechung seien auch Bedienstete der Wasserrechtsabteilung des LH, darunter auch der Beamte gewesen, der den Bescheid erlassen habe. Die Beschwerdeführerin habe in dieser Besprechung auf ihre Parteistellung hingewiesen und ihre Einwendungen, wie sie in der Berufung angeführt seien, soweit dies ohne Kenntnis der Projektsunterlagen möglich gewesen sei, vorgetragen. Es habe die Beschwerdeführerin schon damals auf die mangelnde zivilrechtliche Grundlage sowie auf die Probleme in Ansehung der Wasserführung des Werkskanales hingewiesen. In Kenntnis dieser Einwendungen sei der Beschwerdeführerin von den zuständigen Beamten zugesichert worden, ihr die entsprechenden Unterlagen zu übermitteln, damit die Beschwerdeführerin eine schriftliche detaillierte Stellungnahme verfassen könne. Im Vertrauen auf diese Zusage habe die Beschwerdeführerin auf diese Übersendung gewartet und aus diesem Grunde die Einwendungen nicht schriftlich wiederholt. Die Beschwerdeführerin habe durch den Vortrag ihrer Einwendungen in der Besprechung am 18. Jänner 1994 die Frist gewahrt; ihre Einwendungen seien als rechtzeitig anzusehen, weil das Wasserrechtsgesetz nicht verlange, daß solche Einwendungen schriftlich erhoben würden. Daß die Einwendungen der Beschwerdeführerin nicht niederschriftlich festgehalten worden seien, könne ihr nicht zur Last gelegt werden. Die bei der Besprechung anwesenden Personen könnten bestätigen, daß die Beschwerdeführerin Einwendungen, wenn auch nicht in schriftlicher Form erhoben habe, sodaß die Beschwerdeführerin die Rechtsfolge des § 107 Abs. 2 WRG 1959 nicht treffen könne. Die von der Beschwerdeführerin verfaßte Berufungsschrift sei rechtzeitig eingebracht worden. Die bescheiderlassende Behörde sei der Landeshauptmann gewesen, sodaß die am 21. Februar 1994 zur Post gegebene Berufung mangels Einrechenbarkeit der Zeiten des Postenlaufes als fristgerecht erhoben angesehen werden müsse. Ob § 107 Abs. 2 WRG 1959 im vorliegenden Fall überhaupt anzuwenden sei, müsse als zweifelhaft angesehen werden, weil es im vorliegenden Fall ja um keinen Wasserbau gehe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des LH vom 3. Februar 1994 aus den Gründen ihres vorerwähnten Schreibens vom 16. Mai 1994 als unzulässig zurück. Die für das vorliegende Projekt zwingend vorgesehene Bewilligungsverhandlung habe stattgefunden, führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, der bekämpfte Bescheid umfasse nicht bloß die Bewilligung zur Einleitung von Abwässern, sondern auch die Errichtung und die Inbetriebnahme hiezu dienender Anlagen. Die Beschwerdeführerin habe die Bewilligungsverhandlung versäumt, in ihrem Schreiben an die belangte Behörde vom 24. Juni 1994 aber neuerlich eingestanden, am 18. Jänner 1994 erstmals vom anhängigen Wasserrechtsverfahren Kenntnis erlangt zu haben. Über die Durchführung der Besprechung an diesem Tage fänden sich in den Verwaltungsakten keine Anhaltspunkte, insbesondere gebe es keinen Hinweis darauf, daß die nunmehr in der Berufung enthaltenen Einwendungen bei dieser Gelegenheit schriftlich vorgebracht worden seien. Es treffe zu, daß § 107 Abs. 2 WRG 1959 nicht regle, in welcher Form Einwendungen einzubringen seien. Zufolge der Bestimmung des § 13 Abs. 1 AVG könnten Anbringen auch mündlich bei der Behörde erhoben werden; ausgenommen von dieser Möglichkeit seien aber ausdrücklich solche Eingaben, die an eine Frist gebunden seien. Einwendungen gemäß § 107 Abs. 2 WRG 1959 seien an eine zweiwöchige Frist gebunden und deshalb schriftlich zu erheben. Durch den bloß mündlichen Vortrag von Einwendungen anläßlich der Besprechung am 18. Jänner 1994 sei die zweiwöchige Frist des § 107 Abs. 2 WRG 1959 nicht gewahrt worden, weshalb die Einwendungen nicht als rechtzeitig erhoben angesehen werden könnten. Außerdem sei der bekämpfte wasserrechtliche Bewilligungsbescheid allen tatsächlich am Verfahren beteiligten Parteien unbestritten am 7. Februar 1994 zugestellt worden und deshalb mit Ablauf des 21. Februar 1994 in Rechtskraft erwachsen. Die Berufung der Beschwerdeführerin sei auch deshalb als unzulässig zurückzuweisen gewesen, weil sie erst am 25. Februar 1994 bei der Wasserrechtsbehörde, welche die mündliche Verhandlung abgeführt hatte, eingelangt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt; es erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid erkennbar in ihrem Recht auf meritorische Erledigung ihrer gegen die der MP erteilten wasserrechtlichen Bewilligung entgegengesetzten Einwendungen als verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die MP in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Parteien im wasserrechtlichen Verfahren sind gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103.

Als bestehende Rechte im Sinne auch der genannten Bestimmung bezeichnet § 12 Abs. 2 WRG 1959 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum.

Zur mündlichen Verhandlung sind nach § 107 Abs. 1 WRG 1959 der Antragsteller und die Eigentümer jener Grundstücke persönlich zu laden, die durch die geplanten Anlagen oder durch Zwangsrechte (§ 60) in Anspruch genommen werden sollen, was auch für jene im Wasserbuch eingetragenen Wasserberechtigten und Fischereiberechtigten gilt, in deren Rechte durch das Vorhaben eingegriffen werden soll. Die anderen Parteien sowie die sonstigen Beteiligten sind durch Anschlag in den Gemeinden, in denen das Vorhaben ausgeführt werden soll, zu laden.

Gemäß § 107 Abs. 2 WRG 1959 kann eine Partei (§ 102 Abs. 1), die eine mündliche Verhandlung ohne ihr Verschulden versäumt hat, ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt, in dem die Partei nachweislich davon Kenntnis erhalten hat, daß ihre Rechte durch das Bauvorhaben berührt werden, bei der Behörde einzubringen, die die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des LH vom 3. Februar 1994 auch darauf gestützt, daß die Beschwerdeführerin ihre in Form einer Berufung erstatteten Einwendungen erst nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides des LH erhoben habe. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Beschwerdeführerin zu Recht. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid selbst ausführt, trat Rechtskraft des Bescheides des LH allen den Verfahren beigezogenen Parteien gegenüber erst mit Ablauf des 21. Februar 1994 ein. Daß die Beschwerdeführerin ihre mit einem Eingangsvermerk vom 22. Februar 1994 versehene Berufung nicht, wie sie behauptet, am 21. Februar 1994 zur Post gegeben, sondern etwa erst am 22. Februar 1994 persönlich überreicht hätte, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt und kann auch der Aktenlage nicht entnommen werden. Daß diese Berufung mit einem Eingangsvermerk des Amtes der Kärntner Landesregierung erst am 25. Februar 1994 versehen wurde, während der Eingangsvermerk vom 22. Februar 1994 das Sekretariat des Landeshauptmannes als Eingangsstelle nennt, ist kein Umstand, aus dem eine Erhebung der in Form der Berufung erstatteten Einwendungen der Beschwerdeführerin erst nach dem 21. Februar 1994 abgeleitet werden kann. Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin darauf, daß der Landeshauptmann die bescheiderlassende Behörde war (§ 99 Abs. 1 lit. d WRG 1959). Die Beschwerdeführerin hatte ihre Berufung an den Landeshauptmann gerichtet, sodaß der Umstand des Einlangens der Berufung zunächst im Sekretariat des Landeshauptmannes nicht als Argument gegen die in Form der Berufung erstatteten Einwendungen noch vor Eintritt der Rechtskraft des bekämpften Bescheides ins Treffen geführt werden kann. Daß aber für die in § 107 Abs. 2 WRG 1959 genannte Frist von zwei Wochen die Bestimmung des § 33 Abs. 3 AVG, nach welcher die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet werden, nicht gälte, trifft nicht zu, handelt es sich bei der Frist des § 107 Abs. 2 WRG 1959 doch um eine solche Frist, die ihres jedenfalls auch verfahrensrechtlichen Charakters wegen den Regelungen der §§ 32 und 33 AVG unterliegt.

Aus dem Grunde des "Einlangens" der Berufung der Beschwerdeführerin erst nach rechtskräftiger Entscheidung der Angelegenheit im Sinne des § 107 Abs. 2 WRG 1959 durfte die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin demnach nicht zurückweisen. Für den Standpunkt der Beschwerde ist daraus allerdings nichts gewonnen, weil die belangte Behörde mit der im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin diese aus folgenden Erwägungen in ihren geltend gemachten Rechten nicht verletzt hat:

Zutreffend zeigt die MP in ihrer Gegenschrift nämlich auf, daß der von der Beschwerdeführerin vorgetragene Sachverhalt, aus dem sie ihre Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren ableitet, rechtlich nicht geeignet war, eine Parteistellung der Beschwerdeführerin nach § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 zu begründen. Die Beschwerdeführerin hat sich im Verwaltungsverfahren ebenso wie vor dem Verwaltungsgerichtshof auf den Kaufvertrag vom 30. Oktober 1992 mit dem Hinweis darauf berufen, daß der in diesem Kaufvertrag vereinbarte "Rechtsübergang" am 1. November 1992 "durch körperliche Übergabe" vollzogen worden sei. Im Rahmen des Verfahrens über den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag nach § 30 Abs. 2 VwGG hat die MP unter Vorlage eines Grundbuchsauszuges vom 9. September 1994 und eines Schreibens der BH Villach gleichen Datums geltend gemacht, daß grundbücherlicher Eigentümer der in Rede stehenden Grundflächen nicht die Beschwerdeführerin, sondern unverändert die BBU-AG i.L. sei, welche auch unverändert als Träger der betroffenen Wasserrechte im Wasserbuch eingetragen sei. Die Beschwerdeführerin hat auch im Rahmen des Verfahrens über ihren Antrag nach § 30 Abs. 2 VwGG dieses Sachvorbringen der MP dem Tatsächlichen nach nicht bestritten, sondern nur neuerlich auf die mit 1. November 1992 vereinbarungsgemäß vollzogene körperliche Übergabe der Kaufobjekte sowie auf den Umstand verwiesen, den von ihr daraus abgeleiteten Übergang der Wasserrechte der Wasserrechtsbehörde angezeigt zu haben. Mit diesem von ihr eingenommenen Rechtsstandpunkt verkennt die Beschwerdeführerin allerdings die Rechtslage.

Mit der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Erwerbsart körperlicher Übergabe konnte die Beschwerdeführerin das in § 12 Abs. 2 WRG 1959 geschützte Recht des Grundeigentums nämlich im Grunde der Vorschrift des § 431 ABGB nicht erwerben (vgl. die bei Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, RZ 3 zu § 12 WRG 1959, wiedergegebene Judikatur), wozu noch kommt, daß hinsichtlich des Kraftwerkes "Hütte" der Erwerb des Grundeigentums durch die Beschwerdeführerin nicht einmal vertraglich vorgesehen war. Für das in § 12 Abs. 2 WRG 1959 geschützte Recht rechtmäßig geübter Wassernutzungen gilt gerade angesichts der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Bestimmung des § 22 WRG 1959 nichts anderes. Diese Bestimmung schafft nämlich keinen vom Zivilrecht abweichenden Eigentumsbegriff, sondern knüpft am Eigentumsbegriff des Zivilrechtes an (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, 97/07/0012, mit weiterem Nachweis).

Wasserberechtigungen, welche durch die vom LH im Bescheid vom 3. Februar 1994 bewilligten Einleitungen in den zu diesem Zeitpunkt unverändert im Eigentum der BBU-AG i.L. stehenden Werkskanal berührt worden sein könnten, waren, wovon alle Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausgehen, ortsfeste Wasserbenutzungsanlagen im Sinne des § 22 WRG 1959. Die zu ihrem Betrieb erteilten Wasserbenutzungsberechtigungen konnten auf einen Rechtsnachfolger demnach nur im Einklang mit den Regeln des bürgerlichen Rechtes übergehen (vgl. die bei Raschauer, a.a.O., RZ 2 zu § 22 WRG 1959, wiedergegebene Judikatur, ebenso wie das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, 97/07/0012). Für die Annahme einer zivilrechtlich relevanten Sonderrechtsfähigkeit des betroffenen Werkskanals zufolge seiner rechtlichen Beschaffenheit als Superädifikat oder Bauwerk im Sinne des Baurechtsgesetzes (vgl. erneut das vorzitierte Erkenntnis) findet sich weder im Sachvorbringen der Beschwerdeführerin noch in der Aktenlage ein das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles indizierender Hinweis.

Es erweist sich die Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des LH vom 3. Februar 1994 damit schon deswegen nicht als rechtswidrig, weil der Beschwerdeführerin Parteistellung gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 im Verfahren über den Bewilligungsantrag der MP nicht zugekommen war.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich, hinsichtlich der MP im Rahmen des gestellten Antrages, auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994070131.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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