TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/28 VGW-042/063/5323/2019

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Veröffentlicht am 28.05.2019
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Entscheidungsdatum

28.05.2019

Index

E3R E07204010
60/04 Arbeitsrecht allgemein

Norm

32014R0165 KontrollgeräteV Art. 33 Abs3
32014R0165 KontrollgeräteV Art. 34 Abs3
32014R0165 KontrollgeräteV Art. 34 Abs5
AZG §28 Abs5 Z8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Al-Hachich über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 11.03.2019, Zl. ..., betreffend eine Übertretung des Art. 34 Abs. 3 iVm Abs. 5, Buchstabe b, Z ii), iii) und iv) iVm Art. 33 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 165/2014 in Verbindung mit § 28 Abs. 5 Z 8 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969 (AZG), idgF,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 60,00 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Der Magistrat der Stadt Wien – Magistratisches Bezirksamt … – erließ gegen den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

„Datum/Zeit (Kontrolle): 17.11.2018, 19:47 Uhr

Ort (Kontrolle): 1220 Wien, Richtung Norden, Rampe 43 km 0,45A23

Firma B. & Co Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien, C.-gasse

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der B. & Co Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien, C.-gasse zu verantworten, dass am 17.11.2018 um 19:47 Uhr in 1220 Wien, A 23, Fahrrichtung Norden, Rampe 43, km 0,45, der Arbeitnehmer und Fahrer dieser Gesellschaft (= Arbeitgeberin), D. E. (geboren 1971), unterwegs mit einem Kraftfahrzeug LKW, …, dessen höchst zulässigees Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, behördliches Kennzeichen W-1, angehalten und einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle unterzogen wurde, die nachfolgende Übertretung ergab, für welche das oben angeführte Unternehmen als Arbeitgeberin und Verkehrsunternehmen verantwortlich ist:

Es wurde festgestellt, dass sich der Fahrer vom 06.11.2018, 06:52 Uhr und am 14.11.2018, 16:40 Uhr nicht im Fahrzeug aufgehalten hat und daher nicht in der Lage war, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät (digitaler Fahrtenschreiber) zu betätigen. Er hat es unterlassen, die in Art. 34 Absatz 5, Buchstabe b Ziffern ii, iii und iv der EG-VO 165/2014 genannten Zeiträume mittels der manuellen Eingabevorrichtung des Gerätes auf der Fahrerkarte einzutragen. Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Art. 34 Abs. 3) iVm Abs. 5 Buchstabe b), Ziffern ii), iii), und iv) iVm Art. 33 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 165/2014 sowie in Verbindung mit § 28 Abs. 5 Ziffer 8 Arbeitszeitgesetz. BGBl. Nr. 461/1969 (AZG) in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 300,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden,

gemäß § 28 Abs. 5 Z 8 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969 in der geltenden Fassung (AZG) in Verbindung mit § 28 Abs. 6 Z 3 AZG und Anhang III G19 Richtlinie 22/2006 EG sowie in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG 1991 idgF.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 30,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 330,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Die B. & Co Gesellschaft m.b.H. haftet für die über Herrn A. B. verhängte Geldstrafe, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten im angeführten Ausmaß zur ungeteilten Hand.“

II. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde hat folgenden Wortlaut:

"Betreff: Strafverfügung vom 19.12.2018, Einspruch vom 03.01.2019

Straferkenntnis vom 11.03.2019 – Beschwerde

Zl       ...

Mit Strafverfügung vom 19.12.2018 wurden mir Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt wogegen ich am 03.01.2019 Einspruch erhoben habe. Nunmehr wurde am 11.03.2019 eine Straferkenntnis erlassen. Dagegen erhebe ich innerhalb der vierwöchigen Frist ab Zustellung

BESCHWERDE

und führe dazu wie folgt aus:

Ich habe das mir angelastete Verwaltungsdelikt nicht begangen

In der Entscheidung wird die Verwaltungsübertretung wie folgt angeführt:

Art- 34 Abs. 3) iVm Abs. 5, Buchstabe b), Ziffern ii), iii) und iv) iVm. Art 33 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 165/2014 sowie in Verbindung mit § 28 Abs. 5 Ziffer 8 Arbeitszeitgesetz BGBl. Nr.461/1969 (AZG) in der geltenden Fassung

Dazu habe ich wie folgt geprüft:

Artikel 34 Abs. 3 iVm. Abs 5:

Beide Artikel normieren ausschließlich Verpflichtungen des Fahrers, in den zitierten Ziffern Buchstabe b. Ziffer ii,, iii., und iv. wird wie folgt normiert:

(5) Die Fahrer

a) achten darauf, dass die Zeitmarkierung auf dem Schaublatt mit der gesetzlichen Zeit des Landes übereinstimmt, in dem das Fahrzeug zugelassen ist.

b) betätigen die Schaltvorrichtung des Kontrollgerätes so, dass folgende Zeiten getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet werden:

i)

unter dem Zeichen

http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=uriserv:OJ.L_.2014.060.01.0001.01.DEU.xhtml.L_2014060DE.01001701.tif.jpg: die Lenkzeiten,

ii)

unter dem Zeichen

http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=uriserv:OJ.L_.2014.060.01.0001.01.DEU.xhtml.L_2014060DE.01001702.tif.jpg: „andere Arbeiten“, das sind alle anderen Tätigkeiten als die Lenktätigkeit im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2002/15/EG sowie jegliche Arbeit für denselben oder einen anderen Arbeitgeber, sei es innerhalb oder außerhalb des Verkehrssektors,

iii)

unter dem Zeichen

http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=uriserv:OJ.L_.2014.060.01.0001.01.DEU.xhtml.L_2014060DE.01001703.tif.jpg: „Bereitschaftszeit“ im Sinne von Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie 2002/15/EG,

iv)

unter dem Zeichen

http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=uriserv:OJ.L_.2014.060.01.0001.01.DEU.xhtml.L_2014060DE.01001704.tif.jpg: Arbeitsunterbrechungen oder Ruhezeiten.

Es ist daher weitergehend zu prüfen ob eine Verfehlung des Arbeitgebers bzw. Verkehrsunternehmers vorliegt die sich aus der mangelnden Einhaltung der Verpflichtung des Fahrers ergibt. Diese würde sich am ehesten aus dem Artikel 33 Abs.1 letzter Absatz ergeben. Eine diesbezügliche Verfehlung wird mir jedoch nicht zur Last gelegt

Artikel 33, Abs. 3:

Im Artikel 33 Abs.3.) wird wie folgt festgelegt:

(3) Ein Verkehrsunternehmen haftet für Verstöße gegen diese Verordnung, die von Fahrern des Unternehmens bzw, von den Fahrern begangen werden, die ihm zur Verfügung stehen. Die Mitgliedstaaten. können diese Haftung jedoch von einem Verstoß des Verkehrsunternehmens gegen Absatz 1 Unterabsatz 1 des vorliegenden Artikels und Artikel 10 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 abhängig machen.

Das bedeutet, dass hier ein sogenannter Haftungstatbestand geregelt ist. Eine Haftung ist laut Definition das einstehen müssen für die Schuld eines anderen. Hier ist laut herrschender Lehre die Haftung an Stelle des eigentlichen Täters anzusehen und nicht zusätzlich zu diesem. Da hier der eigentliche Täter, nämlich der Fahrer, bereits bestraft wurde, kann ich nicht zusätzlich zur Verantwortung gezogen werden.

Außerdem wird in der Strafverfügung der § 28 Abs. 5 AZG angeführt, der aber nur das Strafausmaß regelt.

Ich stelle daher den ANTRAG

die Strafverfügung mangels mir anzulastenden schuldhaften Verhaltens aufzuheben.

Sollte ich bei der Normenprüfung etwas übersehen haben argumentiere ich zusätzlich wie folgt:

Der Fahrer hat auf Grund eines Bedienungsfehlers die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen. Beim Verlassen des Fahrzeuges hat er die Fahrerkarte aus dem digitalen Aufzeichnungsgerät genommen ohne zuvor die Funktion Pause/Ruhezeit zu drücken. Dadurch kam es zu dieser Fehlfunktion. Er hatte bis zur polizeilichen Kontrolle keine Kenntnis über diesen Fehler womit ihm auch nicht bewusst war, dass er einen manuellen Ruhezeitnachtrag durchführen muss.

Das stellt zwar einen Verstoß gegen die in der Strafverfügung zitierten Normen dar, ist jedoch ein Fehler, der auch einem sorgfältigen Menschen gelegentlich passieren kann, somit leichte Fahrlässigkeit.

Ich habe veranlasst, dass der Fahrer ausreichend geschult wurde, damit so ein Fehler nicht passieren kann. Es wurden auch regelmäßige Wiederholungen der Einschulung durchgeführt. Nachdem der Fahrer seit zwei Jahren in unserem Unternehmen arbeitet, und während dieser Zeit niemals derartige Probleme aufgetreten waren, war davon auszugehen, dass die Schulungsmaßnahmen ausreichend sind.

Ich stelle daher den Alternativantrag

die Strafe gemäß § 45 Abs. 1 Zi. 6 VStG i.V.m. § 45 Abs. 1 letzter Absatz VStG (geringes Verschulden im Verhältnis zur Bedeutung des geschützten Rechtsgutes) in eine Verwarnung umzuwandeln. Sollte die Behörde diesem Alternativantrag nicht folgen wollen, beantrage ich nochmals alternativ gemäß § 20 VStG (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe) die Herabsetzung der Strafe auf die halbe gesetzliche Mindeststrafe“

III. Bisheriger Verfahrensgang:

Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren wurde aufgrund einer Anzeige der LPD Wien – Landesverkehrsabteilung, eingeleitet. Nach dem Inhalt der Anzeige wurden die Übertretungen anlässlich einer Fahrzeugkontrolle vom 17.11.2018, 19:47 Uhr, festgestellt.

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung wurde dem Beschwerdeführer mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 19.12.2018, Zl. ..., zugestellt am 21.12.2018, zur Last gelegt. Der Beschwerdeführer erhob dagegen fristgerecht einen Einspruch, welcher mit der nunmehr vorliegenden Beschwerde inhaltlich ident ist. In der Folge erging gegen ihn das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

Die gegenständliche Beschwerde wurde dem Arbeitsinspektorat … mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30.04.2019 zur Kenntnisnahme gebracht und wurde die Möglichkeit geboten, binnen einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Eine Stellungnahme dazu wurde nicht erstattet.

IV. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

IV.1. maßgebliche Rechtsvorschriften:

Art. 34 Abs. 1 bis 3 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 lauten:

Artikel 34

Benutzung von Fahrerkarten und Schaublättern

(1)   Die Fahrer benutzen für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter oder Fahrerkarten. Das Schaublatt oder die Fahrerkarte wird nicht vor dem Ende der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist anderweitig zulässig. Schaublätter oder Fahrerkarten dürfen nicht über den Zeitraum, für den sie bestimmt sind, hinaus verwendet werden.

(2)   Die Fahrer müssen die Schaublätter oder Fahrerkarten angemessen schützen und dürfen keine angeschmutzten oder beschädigten Schaublätter oder Fahrerkarten verwenden.

(3)   Wenn der Fahrer sich nicht im Fahrzeug aufhält und daher nicht in der Lage ist, den in das Fahrzeug eingebauten Fahrtenschreiber zu betätigen, werden die in Absatz 5 Buchstabe b Ziffern ii, iii und iv genannten Zeiträume,

a)

wenn das Fahrzeug mit einem analogen Fahrtenschreiber ausgerüstet ist, von Hand, durch automatische Aufzeichnung oder auf andere Weise lesbar und ohne Verschmutzung des Schaublatts auf dem Schaublatt eingetragen,

b)

wenn das Fahrzeug mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgerüstet ist, mittels der manuellen Eingabevorrichtung des Fahrtenschreibers auf der Fahrerkarte eingetragen.

Die Mitgliedstaaten dürfen von den Fahrern nicht die Vorlage von Formularen verlangen, mit denen die Tätigkeit der Fahrer, während sie sich nicht im Fahrzeug aufhalten, bescheinigt wird.

Art. 34 Abs. 5 der VO (EU) Nr. 165/2014 lautet:

(5)   Die Fahrer

a)

achten darauf, dass die Zeitmarkierung auf dem Schaublatt mit der gesetzlichen Zeit des Landes übereinstimmt, in dem das Fahrzeug zugelassen ist,

b)

betätigen die Schaltvorrichtung des Kontrollgeräts so, dass folgende Zeiten getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet werden:

i)

unter dem Zeichen

http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=uriserv:OJ.L_.2014.060.01.0001.01.DEU.xhtml.L_2014060DE.01001701.tif.jpg: die Lenkzeiten,

ii)

unter dem Zeichen

http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=uriserv:OJ.L_.2014.060.01.0001.01.DEU.xhtml.L_2014060DE.01001702.tif.jpg: „andere Arbeiten“, das sind alle anderen Tätigkeiten als die Lenktätigkeit im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2002/15/EG sowie jegliche Arbeit für denselben oder einen anderen Arbeitgeber, sei es innerhalb oder außerhalb des Verkehrssektors,

iii)

unter dem Zeichen

http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=uriserv:OJ.L_.2014.060.01.0001.01.DEU.xhtml.L_2014060DE.01001703.tif.jpg: „Bereitschaftszeit“ im Sinne von Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie 2002/15/EG,

iv)

unter dem Zeichen

http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=uriserv:OJ.L_.2014.060.01.0001.01.DEU.xhtml.L_2014060DE.01001704.tif.jpg: Arbeitsunterbrechungen oder Ruhezeiten.

Art. 33 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 lautet:

Verantwortlichkeit des Verkehrsunternehmens

(1) Das Verkehrsunternehmen hat verantwortlich dafür zu sorgen, dass seine Fahrer hinsichtlich des ordnungsgemäßen Funktionierens des Fahrtenschreibers angemessen geschult und unterwiesen werden, unabhängig davon, ob dieser digital oder analog ist; es führt regelmäßige Überprüfungen durch, um sicherzustellen, dass seine Fahrer den Fahrtenschreiber ordnungsgemäß verwenden, und gibt seinen Fahrern keinerlei direkte oder indirekte Anreize, die zu einem Missbrauch des Fahrtenschreibers anregen könnten.

Das Verkehrsunternehmen händigt den Fahrern von Fahrzeugen mit einem analogen Fahrtenschreiber eine ausreichende Anzahl Schaublätter aus, wobei es dem persönlichen Charakter dieser Schaublätter, der Dauer des Einsatzes und der Verpflichtung Rechnung trägt, beschädigte oder von einem ermächtigten Kontrolleur eingezogene Schaublätter zu ersetzen. Das Verkehrsunternehmen händigt den Fahrern nur solche Schaublätter aus, die einem genehmigten Muster entsprechen und die sich für das in das Fahrzeug eingebaute Gerät eignen.

Ist ein Fahrzeug mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgerüstet, so sorgen das Verkehrsunternehmen und der Fahrer dafür, dass im Falle einer Nachprüfung der Ausdruck von Daten aus dem Fahrtenschreiber unter Berücksichtigung der Dauer des Einsatzes auf Verlangen eines Kontrolleurs ordnungsgemäß erfolgen kann.

(2) Das Verkehrsunternehmen bewahrt die Schaublätter und — sofern Ausdrucke gemäß Artikel 35 erstellt wurden — die Ausdrucke in chronologischer Reihenfolge und in lesbarer Form nach der Benutzung mindestens ein Jahr lang auf und händigt den betreffenden Fahrern auf Verlangen eine Kopie aus. Das Verkehrsunternehmen händigt den betreffenden Fahrern ferner auf Verlangen eine Kopie der von den Fahrerkarten heruntergeladenen Daten sowie Ausdrucke davon aus. Die Schaublätter, die Ausdrucke und die heruntergeladenen Daten sind jedem ermächtigten Kontrolleur auf Verlangen vorzulegen oder auszuhändigen.

(3) Ein Verkehrsunternehmen haftet für Verstöße gegen diese Verordnung, die von Fahrern des Unternehmens bzw. von den Fahrern begangen werden, die ihm zur Verfügung stehen. Die Mitgliedstaaten können diese Haftung jedoch von einem Verstoß des Verkehrsunternehmens gegen Absatz 1 Unterabsatz 1 des vorliegenden Artikels und Artikel 10 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 abhängig machen.

Gemäß § 28 Abs. 5 Z 8 AZG sind Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die die Pflichten betreffend das Kontrollgerät, das Schaublatt, den Ausdruck oder die Fahrerkarte gemäß Art. 3 Abs. 1, Art. 26 ausgenommen Abs. 4 und 9, Art. 27, Art. 28, Art. 29 Abs. 2 bis 5, Art. 32 Abs. 1 bis 4 sowie Art. 33 bis 37 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 verletzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe gemäß Abs. 6 zu bestrafen.

§ 28 Abs. 6 AZG lautet:

(6) Sind Übertretungen gemäß Abs. 5 nach Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG als

1.leichte Übertretungen eingestuft oder in diesem Anhang nicht erwähnt, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber

a) in den Fällen der Z 1 bis 7 mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1 815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1 815 Euro,

b) im Fall der Z 8 mit einer Geldstrafe von 145 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 200 Euro bis 3 600 Euro;

2. schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 200 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 250 Euro bis 3 600 Euro;

3. sehr schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 350 Euro bis 3 600 Euro,

4. schwerste Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 400 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 450 Euro bis 3 600 Euro,

zu bestrafen.

IV.2. rechtliche Beurteilung:

Das Vorliegen des objektiven Tatbestandes der verletzten Verwaltungsübertretung wurde im Verfahren nicht bestritten. Das Beschwerdevorbringen bezog sich demgegenüber einerseits darauf, dass der Fahrer wegen der gegenständlichen Verfehlung bereits bestraft worden wäre, weshalb sein Arbeitgeber nicht zusätzlich zur Verantwortung zu ziehen wäre. Weiters wurde vorgebracht, dass der Fahrer die Verwaltungsübertretung aufgrund eines Bedienungsfehlers begangen hätte, der auch einem sorgfältigen Menschen gelegentlich passieren könne, wobei der Fahrer auch ausreichend geschult worden wäre und zuvor noch niemals derartige Probleme aufgetreten wären.

Dazu war zu bemerken, dass sich die – nicht bloß subsidiäre - Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für Verhaltensweisen seines Arbeitsnehmers bereits unmittelbar aus § 28 Abs. AZG (wonach Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen des Gesetzes nur gegen den Arbeitgeber oder seinen Bevollmächtigten verhängt werden können) erschließt. Die Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers hinsichtlich der Verletzung anderer gesetzlicher Bestimmungen (etwa aufgrund seiner Eigenschaft als Lenker eines Kraftfahrzeugs) bleibt davon unberührt.

Eine Vielzahl von Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes ist der Formulierung nach an den Arbeitnehmer gerichtet, gebietet ihm etwa (wie im vorliegenden Fall) die Einhalten von Ruhepausen und –zeiten sowie von Höchstarbeitszeiten. Bei Verstößen ist aber nicht der Arbeitnehmer, sondern – sofern ihn ein Verschulden daran trifft – der Arbeitgeber verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (VwGH 16.12.1993, 93/11/020, VwGH 15.03.1994, 93/11/0263 u.a.).

Der Beschwerdeführer hat ferner auch nicht dargetan, dass er ein entsprechendes innerbetriebliches Kontrollsystem zur Sicherstellung der korrekten Eingabe der Zeiten gemäß Art. 34 Abs. 5 der VO (EU) Nr. 165/2014 durch die Lenker eingerichtet hätte. Alleine der Umstand, dass er nach eigenem Vorbringen eine ausreichende Schulung des Fahrers veranlasst habe und die Einschulung auch regelmäßig wiederholt werde, vermag die Einrichtung eines wirksamen, auch mit Sanktionen behafteten Kontrollsystems nicht zu ersetzen.

Der Arbeitgeber hat alle jene Maßnahmen zu setzen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen, wozu die bloße Erteilung von Weisungen nicht ausreicht (VwGH bereits am 23.05.1989, 88/08/0005, u.a.).

Schulungen und Betriebsanweisungen als Vorsorge vermögen gegebenenfalls ein Kontrollsystem zu unterstützen, aber nicht zu ersetzen (VwGH 24..03.2015, 2013/03/0054 u.a.).

Im Rahmen eines funktionierenden Kontrollsystems kann es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten. Vielmehr ist es für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. VwGH 13.04.2016, Ra 2016/02/0051 u.a.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Arbeitgeber (der Verantwortliche gemäß § 9 Abs. 1 VStG) hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften verpflichtet, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicher zu stellen, wozu es etwa gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen. Nur wenn der Arbeitgeber (der Verantwortliche gemäß § 9 Abs. 1 VStG) glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm sein Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (vgl. etwa VwGH vom 29.3.2011, Zl. 2007/11/0256).

Da ein den dargestellten Anforderungen entsprechendes Kontrollsystem vom Beschwerdeführer nicht dargelegt wurde, war dem Beschwerdeführer in subjektiver Hinsicht zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Zur Strafbemessung.

Die vorliegende Tat schädigte das Interesse an der an der Einsehbarkeit und effektiven Kontrolle der geleisteten Lenk-, Ruhe- bzw. sonstiger Zeiten im Sinne des Art. 34 Abs. 5 der VO (EU) Nr. 165/2014 und damit an der effektiven Kontrolle des Arbeitnehmerschutzes. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat war daher als nicht bloß geringfügig anzusehen.

Das Verschulden des Beschwerdeführers kann ebenfalls nicht als bloß geringfügig angesehen werden, weil weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Es war von fahrlässiger Begehung auszugehen.

Der Beschwerdeführer wies zum Tatzeitpunkt - neben sieben nicht einschlägigen Verwaltungsvorstrafen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, dem Bundesstraßen-Mautgesetz, dem Wasserrechtsgesetz und der Gewerbeordnung - auch zwei einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen nach dem Arbeitszeitgesetz auf. Es war daher aufgrund einer einschlägigen Vorstrafe vom Vorliegen eines Wiederholungsfalles im Sinne des § 28 Abs. 6 AZG auszugehen und war die weitere einschlägige Verwaltungsvorstrafe als erschwerend zu werten (hinsichtlich der vergleichbaren Strafnormen des ASchG 1994 bzw. des KJBG 1987 vgl. z.B. VwGH 25.10.2013, 2013/02/0141, wonach ein Wiederholungsfall auch dann vorliegt, wenn nach einer einmal erfolgten Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Bestimmung gegen eine andere Bestimmung desselben Gesetzes bzw. derselben Verordnung verstoßen wird).

Erschwerend war zudem das Vorliegen zweier (als fortgesetztes Delikt zu wertender) Einzelübertretungen.

Weitere Erschwerungs- oder Milderungsgründe sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Beschwerdeführer ist der behördlichen Einschätzung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse als durchschnittlich nicht entgegengetreten.

Im gegenständlichen Fall enthält die Übertretung nach Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG zwei (als fortgesetztes Delikt zu wertende) als sehr schwerwiegend einzustufenden Übertretungen, sodass zu diesem Spruchpunkt der Strafsatz des § 28 Abs. 6 Z 3 AZG zur Anwendung gelangt. Die Behörde hat diesbezüglich eine unterhalb der gesetzlichen Mindeststrafe von € 350,00 liegende Strafe verhängt.

Eine außerordentliche Strafmilderung (§ 20 VStG) oder ein Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kam mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht in Betracht. Der Beschwerdeführer ist weder ein Jugendlicher noch war von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen auszugehen. Auch waren weder die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes noch die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat bloß gering.

Eine weitere Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kam bei diesem Sachverhalt nicht in Betracht.

Eine Unverhältnismäßigkeit der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe in Bezug auf die Geldstrafe konnte nicht festgestellt werden.

Der Beschwerde war daher keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis spruchgemäß zu bestätigen.

Die Auferlegung der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens gründet sich auf die im Spruch angeführten zwingenden gesetzlichen Bestimmungen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von keiner Partei des Verfahrens beantragt. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststand und lediglich einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen war, sowie im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, wurde gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 und 3 VwGVG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Fahrtenschreiber; Benützung; wirksames Kontrollsystem

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.042.063.5323.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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