TE Vwgh Beschluss 2020/11/5 Ra 2020/14/0465

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Veröffentlicht am 05.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §45 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des A B, vertreten durch Rast & Musliu Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. August 2019, W237 2164038-1/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein äthiopischer Staatsangehöriger, stellte am 18. April 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 und brachte zusammengefasst vor, aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo Probleme zu haben. Er habe sich als Personalverantwortlicher des Unternehmens, in dem er beschäftigt gewesen sei, für die Arbeiter eingesetzt und sei daher verdächtigt worden, Unruhe zu stiften, und er sei zwei Mal verhaftet worden.

2        Mit Bescheid vom 21. Juni 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag vollinhaltlich ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung. Es stellte fest, dass seine Abschiebung nach Äthiopien zulässig sei und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision nicht zulässig sei.

4        Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 9. Juli 2020, E 3674/2019-12, die Behandlung derselben ablehnte und sie aufgrund des nachträglichen Antrages mit Beschluss vom 20. August 2020, E 3674/2019-15, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das Bundesverwaltungsgericht stütze sich betreffend die Situation der Oromo in Äthiopien auf unzureichende und veraltete Feststellungen. Aktuelle Berichte seien nicht berücksichtigt worden, obwohl solche sowohl auffindbar als auch zugänglich gewesen seien. Weiters habe das Bundesverwaltungsgericht den Beweisantrag auf Einvernahme der bei der Verhandlung anwesenden Zeuginnen abgewiesen. Diese hätten die außerordentliche Integration des Revisionswerbers dartun können.

9        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargelegt:

10       Soweit die Revision vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe seiner Entscheidung nicht die aktuellen Länderberichte zugrunde gelegt, macht sie Verfahrensmängel geltend. Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Feststellungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 7.7.2020, Ra 2020/14/0147, mwN).

11       Das Bundesverwaltungsgericht hat das zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Mit der Behauptung der Revision, das Bundesverwaltungsgericht wäre zu einem für den Revisionswerber besseren Ergebnis gekommen, wenn es die ihm zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen berücksichtigt hätte, wird sie den Anforderungen an eine Relevanzdarstellung nicht gerecht. Insbesondere wird nicht dargestellt, woraus sich konkret ergeben hätte, dass die vorgebrachte ethnische Verfolgung der Oromo in Äthiopien tatsächlich pauschal gegeben sei und der Revisionswerber persönlich einer solchen Verfolgung ausgesetzt wäre.

12       In der Unterlassung einer Beweisaufnahme ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann kein Verfahrensmangel gelegen, wenn das von der Partei im Beweisantrag genannte Beweisthema unbestimmt ist. Beweisanträge dürfen weiters dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel (ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung) untauglich ist. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 30.10.2019, Ra 2019/14/0494, mwN).

13       Das Bundesverwaltungsgericht begründete die Abstandnahme von den beantragten Vernehmungen damit, dass die Zeuginnen „zum Beweisthema Integration“ beantragt wurden, die Inhalte der von ihnen vorgelegten Unterstützungsschreiben jedoch ohnehin vollinhaltlich den Feststellungen zugrunde gelegt worden seien und nicht dargelegt worden sei, inwieweit darüber hinausgehende relevante Aussagen erstatten werden würden. Eine grob fehlerhafte Beurteilung im Sinne der dargestellten Rechtsprechung ist darin nicht zu erblicken.

14       Im Übrigen legt auch die Revision mit dem bloßen Vorbringen, bei Einvernahme der Zeuginnen wäre das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis gekommen, dass eine außergewöhnliche Integration vorliege und damit die persönlichen Interessen des Revisionswerbers an einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen überwögen, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels - also auf Grund welcher Angaben der Zeuginnen welche (weiteren) Feststellungen zu treffen gewesen wären, die die geforderte rechtliche Beurteilung ermöglicht hätten - nicht dar.

15       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 5. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140465.L00

Im RIS seit

09.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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