TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/3 VGW-111/072/8851/2020

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Veröffentlicht am 03.08.2020
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Entscheidungsdatum

03.08.2020

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §134 Abs3
AVG §8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Lettner über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei, vom 10.06.2020, Zl. MA37/3-2019-1, mit welchem I.) festgestellt wurde, dass dem Antragssteller gemäß § 134 Abs. 3 Bauordnung für Wien (BO für Wien) keine Parteistellung zukommt, II.) der Antrag auf Planeinsicht als unzulässig zurückgewiesen wurde und III.) der Antrag auf Erhalt der Wohnung als unzulässig zurückgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t :

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der nur gegen Spruchpunkt III.) des angefochtenen Bescheides gerichteten Beschwerde keine Folge gegeben.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Ansuchen vom 28.5.2019 beantragte die E. GmbH (in der Folge: Bauwerberin) die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 70 BO für einen Dachgeschoßausbau, Zubau „Aufzug“ und bauliche Änderungen am Gebäude in Wien, C.-straße 1, EZ 2, KG D..

Diese Liegenschaft befindet sich im Eigentum der Bauwerberin.

Die Behörde hat aufgrund dieses Antrags das Baubewilligungsverfahren eingeleitet.

Mit Schreiben vom 25.4.2020 hat Herr A. B. folgenden Antrag gestellt:

„Betrifft: Wien, C.-straße 1 Anfrage bezüglich Baubewilligungsverfahren Dachgeschoßausbau, Zubau Aufzug, bauliche Änderungen

Sehr geehrte Damen und Herren !

Im Verfahren gemäß §6 Mietrechtsgesetz bei der Schlichtungsstelle MA50 wurde mir gestern das Bauansuchen It. beiliegender Kopie bekannt.

Als Mieter der Wohnung TOP 40, …, beantrage ich, dass die von mir umgebaute Wohnung It. Einreichplan und Baubewilligungsbescheid vom 18.11.1977 (beiliegend in Kopie) ohne Änderungen im damaligen Konsens erhalten bleibt, und im jetzigen Bauverfahren berücksichtigt wird.

Wenn möglich, ersuche ich um Planeinsicht und Parteienstellung, um meine Angelegenheit vorzubringen. Falls meinem Anliegen nicht entsprochen werden kann, wäre ich für Hinweise dankbar, was ich in meinem Fall unternehmen könnte.“

In Erledigung dieses Antrags wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.6.2020 zu Spruchpunkt I.) festgestellt, dass dem Beschwerdeführer keine Parteistellung im o.a. Baubewilligungsverfahren zukommt. Zu Spruchpunkt II.) wurde der Antrag auf Planeinsicht als unzulässig zurückgewiesen. Zu Spruchpunkt III.) wurde der Antrag auf Erhalt der Wohnung TOP 40, C.-straße 1, Wien, gemäß Konsens (Bescheid vom 18.11.1977, MA36/C.-str.1/4/77) als unzulässig zurückgewiesen.

Die Behörde hat diese Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 134 Abs. 3 BO im Baubewilligungsverfahren außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien seien. Personen, denen ein Baurecht zustehe, seien wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften seien dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühre und sie, unbeschadet Abs. 4, gemäß § 70 Abs. 2 bzw. spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben.

Der Antragsteller sei weder (Mit-)Eigentümer oder Baurechtsnehmer noch Nachbar im Sinne der BO, daher nicht Partei des anhängigen Baubewilligungsverfahrens. Die Anträge auf Planeinsicht sowie auf Erhalt der im Spruchpunkt III.) genannten Wohnung, welcher einem Begehren auf Modifikation des Bewilligungsansuchens gleichkomme, seien daher mangels Parteistellung spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer laut aktenkundigem Rückschein am 17.6.2020 zugestellt.

Mit Schreiben vom 24.6.2020, bei der Behörde eingelangt am 26.6.2020, führte Beschwerdeführer aus, dass er als Bauwerber laut Bescheid vom 18.11.1977, MA 36/C.-str. 1/4/77, den Antrag stelle, dass die Wohnung TOP 40, C.-straße 1, Wien gemäß Einreichung laut beiliegendem Plan im Konsens erhalten bleibe und dies im o.a. Baubewilligungsverfahren berücksichtigt werde.

Er hoffe, dass diesem Antrag als Bauwerber und Inhaber eines Baurechts gemäß § 134 Abs. 3 BO entsprochen werden könne. Ansonsten müsse er gegen Spruchpunkt III.) des Bescheides vom 10.6.2020, Zahl MA 37/3-2019-1, berufen. Als Mieter mit bestehendem unbefristetem Mietvertrag sei er Inhaber dieser Wohnung im derzeitigen Konsens und habe alle Veränderungen gemäß Einreichung durchführen lassen. Als Bauwerber habe er ein Baurecht erworben, das erst mit Ablauf seines Mietvertrags enden könne.

Mit Schreiben vom 9.7.2020, bei der Behörde eingelangt am 13.7.2020, erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen Spruchpunkt III.) des o.a. Bescheid. Die Beschwerde ist rechtzeitig.

Der Beschwerdeführer führt darin aus, dass in diesem Bescheid nicht berücksichtigt worden sei, dass er als Bauwerber laut Bescheid vom 18.11.1977, MA 36/C.-str. 1/4/77, ein Baurecht erworben habe. Er habe als Inhaber und Mieter der Wohnung TOP 40 mit unbefristetem Mietvertrag im verfahrensgegenständlichen Gebäude ein Recht auf Benützung der Wohnung laut Konsens. Die Zurückweisung seines Antrags auf Erhalt der Wohnung im Konsens sei daher zu Unrecht erfolgt.

Er wünsche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien.

Aufgrund des Akteninhalts steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Das Baubewilligungsverfahren, im Zuge dessen der Beschwerdeführer den Antrag auf „Erhalt seiner Wohnung im Konsens“ gestellt hat, betrifft das Dachgeschoß des Hauses in Wien, C.-straße 1, EZ 2, KG D.. Der Beschwerdeführer ist unbestritten Mieter der TOP 40 in diesem Gebäude.

Die Liegenschaft steht im Alleineigentum der Bauwerberin. Dies ergibt sich aus dem Grundbuch. Der Beschwerdeführer ist unbestritten nicht (Mit-)Eigentümer dieser Liegenschaft. Er hat auch nicht behauptet, dass er Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft ist. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Grundbuch.

Gemäß § 134 Abs. 3 BO sind im Baubewilligungsverfahren außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG).

In rechtlicher Hinsicht wurde Folgendes erwogen:

Der Beschwerdeführer hat u.a. den Antrag auf „Erhalt seiner Wohnung im Konsens“ gestellt. Er beabsichtigt damit offenbar eine Feststellung der Behörde, dass die Wohnung, deren Mieter er ist, in dem konsensgemäßen Zustand laut Baubewilligung vom 18.11.1977, MA 36/C.-str. 1/4/77, zu erhalten ist, auch wenn im Bereich des Dachgeschoßes des Hauses, in dem sich diese Wohnung befindet, der projektgegenständliche Dachgeschoßausbau, Zubau für einen Aufzug und bauliche Änderungen vorgenommen werden sollten.

Einen solchen Antrag kennt die Bauordnung nicht. Eine Vereinbarung mit dem Vermieter, wonach der Mietgegenstand in einem bestimmten Zustand zu erhalten ist, wäre allenfalls nach dem Zivilrecht zu treffen.

Da der Beschwerdeführer lediglich Mieter der Wohnung TOP 40 im gegenständlichen Gebäude ist, kommt ihm weiters im Verfahren betreffend die Erteilung einer Baubewilligung für die o.a. Baumaßnahmen keine Parteistellung gemäß § 134 Abs. 3 BO zu. Damit stehen ihm auch keine Parteirechte, wie z.B. das Recht auf Akteneinsicht zu.

Wenn der Beschwerdeführer ausführt, er sei Inhaber eines Baurechts und sich dabei auf die zitierte Baubewilligung aus dem Jahr 1977 bezieht, so ist ihm entgegen zu halten, dass ihm diese Baubewilligung, die ihm als Bauwerber erteilt wurde, lediglich das in der Bauordnung begründete Recht gab, die dort bewilligten Baumaßnahmen durchzuführen. Nach seinem eigenen Vorbringen hat er diese Baubewilligung konsumiert und die Baumaßnahmen umgesetzt.

Davon ist ein Baurecht im Sinne des Baurechtsgesetzes zu unterscheiden. Dabei handelt es sich um das vertraglich eingeräumte dingliche Recht, auf fremden Grund ein Bauwerk zu errichten. Dieses Recht wird im Grundbuch eingetragen. Dem Inhaber eines Baurechts kommt gemäß § 134 Abs. 3 BO Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zu.

Dies trifft auf den Beschwerdeführer jedoch nicht zu.

Da dem Beschwerdeführer somit keine Parteistellung im o.a. Baubewilligungsverfahren zukommt und der Antrag auf Erhalt einer Wohnung gemäß dem baubehördlichen Konsens in der Bauordnung nicht vorgesehen ist, wurde der Antrag des Beschwerdeführers in Spruchpunkt III.) des Bescheides vom 10.6.2020, Zahl MA 37/3-2019-1, zu Recht zurückgewiesen. Der nur gegen Spruchpunkt III.) gerichteten Beschwerde war daher keine Folge zu geben.

Wenn der Vermieter im vorliegenden Fall gegen seine vertraglichen Pflichten aus dem Mietvertrag verstoßen sollte, indem er Baumaßnahmen zustimmt, die eine vereinbarungsgemäße Nutzung des Mietgegenstandes nicht zulassen, so wäre dies vom Beschwerdeführer als Mieter vor dem Zivilgericht geltend zu machen.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien beantragt. In den Fällen des § 24 Abs. 2 VwGVG 2014 liegt es im Ermessen des Verwaltungsgerichtes, trotz Parteiantrages keine Verhandlung durchzuführen. Nach dem ersten Fall des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG 2014 kann die Verhandlung u.a. dann entfallen, wenn der das Verfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist. Eine zurückweisende Entscheidung, in der nur über die Zulässigkeit eines Antrags abgesprochen wird, nicht aber über die Sache selbst, ist jedenfalls im hier gegebenen Zusammenhang keine (inhaltliche) Entscheidung über "eine strafrechtliche Anklage" oder "über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen", sodass die Verfahrensgarantie des "fair hearing" im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK nicht zur Anwendung kommt (vgl. VwGH 9.1.2019, Ra 2018/08/0244, mwN).

Im vorliegenden Fall war nur die Zulässigkeit des Antrags Verfahrensgegenstand von Punkt III.) des angefochtenen Bescheides. Die Unzulässigkeit ergab sich bereits aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei Mieter der Wohnung TOP 40, und den gesetzlichen Bestimmungen über die Parteistellung im Baubewilligungsverfahren (§ 134 Abs. 3 BO). Zusätzliche Sachverhaltsermittlungen waren nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung konnte daher entfallen, ohne den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren zu verletzen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Baubewilligungsverfahren; Parteistellung; Eigentümer; Mieter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.111.072.8851.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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