TE Lvwg Erkenntnis 2020/10/27 LVwG-2020/24/1967-1

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Veröffentlicht am 27.10.2020
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Entscheidungsdatum

27.10.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §54b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Voppichler-Thöni über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Y vom 11.08.2020, Zl ***, betreffend eine Feststellung der Unzulässigkeit des Haftvollzuges,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 08.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs 1 lit b iVm § 4 Abs 2 des Tiroler Parkabgabengesetzes 2006, LGBl Nr 9/2006 idgF zur Last gelegt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage) gemäß § 14 Abs 1 lit b Tiroler Parkabgabengesetz 2006 verhängt sowie Verfahrenskosten in der Höhe von Euro 10,00 vorgeschrieben.

Dem Akt der belangten Behörde liegen weiters die „Letzte Zahlungsaufforderung“ des Bürgermeisters der Stadt Y vom 02.05.2019, Zl ***, sowie ein „Vollstreckungsauftrag und Rückstandsausweis“ über den Betrag in der Höhe von
Euro 110,00 vom 23.05.2019, Zl ***, jeweils gerichtet an den Beschwerdeführer (Zustellung trotz Postsperre), bei.

Im Fehlbericht der belangten Behörde vom 25.9.2019 wurde festgehalten, dass mit Grund die Uneinbringlichkeit des ausstehenden Betrages anzunehmen sei, zumal ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden sei (samt Auszug der Insolvenzdatei) und die Exekutionsmaßnahmen nicht erfolgsversprechend seien, da eine Exekutionssperre bestehe.

In dessen Folge erging mit Schreiben der belangten Behörde vom 13.12.2019,
Zl ***, die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe an den Beschwerdeführer. Mit diesem Schreiben wurde der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass infolge des Straferkenntnisses vom 13.02.2019, Zl ***, noch eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage), samt Spesen in der Höhe von Euro 10,00 zu vollstrecken sei. Da die Geldstrafe uneinbringlich sei, müsse nunmehr die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden. Daher wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die Strafe binnen 14 Tagen nach Erhalt dieses Schreibens beim Polizeianhaltezentrum Y in Adresse 2, Y, anzutreten. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass wenn er diese Aufforderung nicht befolge, damit rechnen müsse, dass er zum Strafantritt zwangsweise vorgeführt werde. Er könne den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe dadurch abwenden, dass er die ausstehende Geldstrafe sofort mit dem beiliegenden Zahlschein bezahle.

Mit Schriftsatz vom 20.03.2020 brachte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer eine „Rüge gemäß § 18 Abs 1 B-VG, eine Konventionsrüge auf Einhaltung der Bestimmungen der EMRK und den Antrag auf Aufhebung des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe“ bei der belangten Behörde ein. Begründend führte er in diesem Schriftsatz aus, dass gegen den Beschwerdeführer im Vorfeld nicht vollstreckt worden sei und auch keine Erhebungen darüber getätigt worden seien, ob die Geldstrafe uneinbringlich sei. Entgegen der Bestimmung des
§ 54b Abs 1 VStG sei nicht darauf hingewiesen worden, dass die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen sei, wenn die Geldstrafe nicht bezahlt werde, sondern nur allgemein mitgeteilt worden, dass ein Gesamtbetrag bestehend aus Geldstrafe und Kosten offen sei. Unter Hinweis auf Art 5 EMRK wurde gerügt, dass der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe dieser Bestimmung widerspreche, da weder versucht worden sei zu vollstrecken und sich die Uneinbringlichkeit aus den Erhebungen der Behörde nicht ergebe. Die Vorgangsweises der Behörde, den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe anzuordnen erweise sich somit als rechtswidrig. Der Beschwerdeführer rüge deshalb einen Verstoß gegen Art 5 EMRK und begehre den Ausspruch, dass die belangte Behörde mit ihrem Aufforderungsschreiben vom 13.12.2019 gegen das vorgenannte Grundrecht verstoßen habe.

Im gegenständlichen Fall sei nach den Grundsätzen des § 54b Abs 1 und Abs 2 VStG vorzugehen. Die Mitteilung über den bevorstehenden Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe stehe dem entgegen. Die Bestimmungen des § 54b Abs 1 VStG seien nicht eingehalten worden, es sei nicht vollstreckt worden. Gestellt werde deshalb der Antrag auf Aufhebung des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe, worüber auch bescheidmäßig abgesprochen werden solle.

Dieser Schriftsatz wurde laut dem im Akt der belangten Behörde einliegenden Aktenvermerk als Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung gewertet. Die Beschwerde gegen die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe wurde daher dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

Im daraufhin erfolgten verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12.5.2020 nochmals gerügt, dass der Aufforderung zum Strafantritt weder eine Mahnung nach § 54b Abs 1 VStG vorausgegangen sei, noch sei versucht worden die verhängte Geldstrafe durch Zwangsvollstreckung einbringlich zu machen. Die Ersatzfreiheitsstrafe könne erst vollzogen werden, wenn sie uneinbringlich sei. Die Uneinbringlichkeit könne nur im Rahmen eines Exekutionsverfahrens ermittelt werden. Somit richte sich die Eingabe des Beschwerdeführers an die Behörde bescheidmäßig über die Frage der Uneinbringlichkeit zu entscheiden. Die belangte Behörde werde dazu aufgefordert, einen Bescheid darüber zu erlassen, dass der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe im derzeitigen Verfahrensstadium unzulässig sei. Weiters wurde klargestellt, dass eine Maßnahmenbeschwerde im vorliegenden Fall nicht erhoben werde. Weiters stellte der Beschwerdeführer in einem weiteren Schreiben vom 19.05.2020 den Antrag an die Erstbehörde mittels Bescheid abzusprechen, dass der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe bis zur Feststellung der Uneinbringlichkeit zu unterbleiben habe.

Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 17.07.2020,
Zl LVwG-2020/12/0820-4, wurde die Beschwerde („Konventionsrüge auf Einhaltung der Bestimmungen der EMRK“) als unzulässig zurückgewiesen und die ursprünglich an die belangte Behörde gestellten Anträge (vgl obige Ausführungen) zuständigkeitshalber gemäß
§ 6 AVG iVm § 17 AVG mit Schreiben vom 22.07.2020 an die belangte Behörde weitergeleitet.

Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Y vom 11.08.2020, Zl ***, und wurde zu Spruchpunkt 1. die mit 20.03.2020 eingelangte Rüge gemäß Art 18 Abs 1 B-VG sowie zu Spruchpunkt 2. der Antrag auf Aufhebung des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe, als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass entgegen den Ausführungen der belangten Behörde sehr wohl ein Anspruch auf Feststellung bestehe, dass sich das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer nicht im Stadium des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe befinde. Dem Beschwerdeführer sei die Haft angedroht bzw sei er aufgefordert worden, die Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten.

Diese Handlung verstehe sich als Vollzugshandlung im Hinblick auf den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe wäre nur unter der Voraussetzung zulässig, dass es erfolglos versucht worden sei, die Geldstrafe im Vollstreckungswege einbringlich zu machen. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde müsse sich der Beschwerdeführer nicht zuerst verhaften lassen, um ein Feststellungsinteresse daran zu haben, dass der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zu Unrecht erfolge. Der Erfolg einer Beschwerdenachverhaftung des Beschwerdeführers wäre im Übrigen der Erfolg von Vornherein verwehrt, da bis zum Vorliegen einer Entscheidung über den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe, diese bereits vollzogen worden wäre. Der Beschwerdeführer bzw der Beschuldigte sei deshalb bereits im jetzigen Verfahrensstadium dazu berechtigt einen Antrag zu stellen, die Unzulässigkeit des Haftvollzuges zu erklären.

Abschließend wurde beantragt, das Landesverwaltungsgericht Tirol wolle 1. eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumen, 2. der Beschwerde Folge geben und 3. den Bescheid vom 11.08.2020 aufheben und aussprechen, dass der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe derzeit unzulässig ist.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 07.09.2020 wurde der verwaltungsbehördliche Akt zu Zahl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

II.      Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen zum Verfahrensgang bzw dem Sachverhalt ergeben sich in unbedenklicher Weise aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde,
Zl ***, sowie durch Einsichtnahme in den Akt des Landesverwaltungsgerichts Tirol, Zl LVwG-2020/12/0820.

Aufgrund der vom Landesverwaltungsgericht Tirol getroffenen rechtlichen Erwägungen konnte die vorliegende Entscheidung im Sinne des § 24 VwGVG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Nach dem Abs 1 dieser Bestimmung hat das Verwaltungsgericht nämlich nur auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich erachtet, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Überdies kann das Verwaltungsgericht nach Abs 4 leg cit trotz eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist und wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Eine solche Verhandlung wird vom Landesverwaltungsgericht Tirol ebenso nicht für erforderlich erachtet, zumal für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde keine Sachverhalts-, sondern lediglich eine reine Rechtsfrage zu klären war, sodass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der vorliegenden Rechtssache nicht erwarten ließ. Damit liegt aber ein besonderer Grund vor, der auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR eine Einschränkung des Grundrechts auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zulässt. Im Fall Faugel (EGMR 20.11.2003, 58647/00 und 58649/00) wurde ein solch besonderer Grund, der von der Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung entbindet, etwa dann angenommen, wenn in einem Verfahren ausschließlich rechtliche oder höchst technische Fragen zur Diskussion stehen.

III.     Rechtslage:

Die hier maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG),
BGBl Nr 52/1991, in der Fassung (idF) BGBl I Nr 57/2018, lautet samt Überschrift wie folgt:

„§ 54b.Vollstreckung von Geldstrafen

(1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

(1b) Als Grundlage für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Mahngebühr ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Bestraften, den pauschalierten Kostenbeitrag und den Vermerk zu enthalten hat, dass der Kostenbeitrag vollstreckbar geworden ist. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.

(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.“

IV.      Erwägungen:

Gegenständlich begehrt der Beschwerdeführer die Feststellung der Unzulässigkeit des Haftvollzuges. Das Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) sieht aber die Erlassung eines Feststellungbescheides im Sinne des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages nicht vor.

Nach der Lehre und Rechtsprechung kann mangels gesetzlicher Anordnung zur Erlassung eines Feststellungsbescheides ein solcher über Antrag einer Partei nur ergehen, wenn diese ein rechtliches Interesse an einer solchen Feststellung hat. Ein bloßes wirtschaftliches Interesse kann die Erlassung eines Feststellungsinteresses hingegen nicht rechtfertigen.

Vielmehr ist ein hinreichendes Interesse an einer bescheidförmigen Feststellung nur dann anzunehmen, wenn die betreffende Feststellung im Zeitpunkt der Bescheiderlassung für die antragstellende Partei im Einzelfall ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung bzw Rechtsverfolgung darstellt. Dies setzt voraus, dass dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechts des Antragstellers zu beseitigen (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 AVG, Rz 75 (Stand 1.7.2005, rdb.at).

Nach der ständigen Rechtsprechung stellt der (nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehene) Feststellungsbescheid bloß einen subsidiären Rechtsbehelf dar. Danach fehlt es nämlich an einem (privaten oder öffentlichen) Feststellungsinteresse, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens entschieden werden kann. Ist ein Leistungsbescheid möglich, ist für einen Feststellungsbescheid kein Raum. Insbesondere kann auch eine Frage, die im Zuge eines anderen Verwaltungsverfahrens zu lösen ist, nicht aus diesem Verfahren herausgegriffen und zum Gegenstand eines selbstständigen Feststellungsbescheides gemacht werden
(VwGH 30.03.2004, 2002/06/0199).

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass ihm die Haft angedroht bzw er dazu aufgefordert worden sei die Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe sei nur unter der Voraussetzung zulässig, dass erfolglos versucht worden sei, die Geldstrafe im Vollstreckungswege einbringlich zu machen. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde müsse sich der Beschwerdeführer nicht zuerst verhaften lassen, um ein Feststellungsinteresse daran zu haben, dass der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zu Unrecht erfolgt sei.

Hierzu hält das Landesverwaltungsgericht Tirol fest, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes die Aufforderung zum Antritt einer Freiheitsstrafe (auch einer Ersatzfreiheitsstrafe) keinen Bescheid darstellt. Dieser eine Voraussetzung für die Gesetzmäßigkeit des Vollzuges der Freiheitsstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) bildende Verwaltungsakt enthält keinen Abspruch in einer bestimmten Verwaltungsangelegenheit. Er ist zum einen lediglich die nachdrückliche Erinnerung an einen bereits im Strafbescheid enthaltenen Befehl, zum anderen die Mitteilung, dass der Betroffene, falls er der Aufforderung nicht Folge leistet, mit der zwangsweisen Vorführung zu rechnen habe (VwGH 14.12.2007, 2007/02/0355; uva). Darauf wurde bereits im Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 17.07.2020, Zl LVwG-2020/12/0820-4, hingewiesen und auch weiters angemerkt, dass – wenn nun bereits ein Rechtsmittel gegen ein solches Aufforderungsschreiben mangels Bescheidqualität nicht zulässig ist – auch die Erlassung einer einstweiligen Anordnung in dieser Angelegenheit nicht denkbar ist. Weiters besteht für den Beschwerdeführer wie von der belangten Behörde zu Recht angenommen, vielmehr im weiteren Stadium des verwaltungsbehördlichen Verfahrens die Möglichkeit die Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe prüfen zu lassen.

Zusammengefasst stellt die begehrte Feststellung für den Beschwerdeführer somit kein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dar und kann die Rechtmäßigkeit eines etwaigen Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe im Rahmen des weiteren verwaltungsbehördlichen Verfahrens geprüft werden. Zumal also die Voraussetzungen für Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht erfüllt sind, war die angefochtene Zurückweisung rechtskonform. Dementsprechend war die Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.08.2020 als unbegründet abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass eine Geldstrafe jedenfalls dann als uneinbringlich anzusehen ist, wenn eine Zwangsvollstreckung bereits erfolglos versucht wurde; wurde eine Zwangsvollstreckung noch nicht versucht, darf die Uneinbringlichkeit – wie im gegenständlichen Fall vorliegend - nur aufgrund von Offenkundigkeit (infolge der Insolvenz des Bestraften) oder aufgrund eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens angenommen werden, dessen Ergebnis die Annahme rechtfertigen muss, dass die verhängte Geldstrafe mit hoher Wahrscheinlichkeit uneinbringlich ist [(vgl Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 54b (Stand 1.5.2017, rdb.at)].

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen 6 Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol, einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen.

Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Voppichler-Thöni

(Richterin)

Schlagworte

Feststellungsinteresse;
Vollstreckung;
Uneinbringlichkeit der Geldstrafe infolge Insolvenz;

Anmerkung

Mit Beschluss vom 18.01.2021, Z E 4325/2020-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 27.10.2020, Z LVwG-2020/24/1967-1, erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.24.1967.1

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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