TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/17 W212 2216815-1

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Veröffentlicht am 17.06.2020
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Entscheidungsdatum

17.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §21 Abs1 Z3

Spruch

W212 2216815-1/2E


IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Manila vom 22.02.2019, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA Philippinen, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Manila vom 24.01.2019 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Philippinen, brachte am 03.01.2018 bei der Österreichischen Botschaft Manila (im Folgenden: ÖB Manila) unter Verwendung des vorgesehenen Formulars einen Antrag auf Erteilung eines nationalen Visums D ein. Sie beantragte ein Visum für die mehrmalige Einreise in der Zeit von 15.01.2019 bis 14.05.2019. Als Zweck der Reise wurde angegeben, dass die Beschwerdeführerin als diplomatisches Hauspersonal (Kindermädchen) bei einem Mitarbeiter der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Wien tätig sein werde. Entsprechende Nachweise wurden mit dem Antrag vorgelegt.

2. Eine Abfrage des Zentralen Fremdenregisters ergab, dass gegen die Beschwerdeführerin im Jahr 2018 eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen worden war. Sie war am 16.10.2018 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist. Auf Rückfrage der ÖB Manila teilte das Bundesministerium für Inneres mit, dass der Beschwerdeführerin von der ÖB Manila ein von 06.08.2014 bis 30.08.2014 gültiges Visum C ausgestellt worden war. Die Einreise in den Schengenraum sei am 06.08.2014 erfolgt, es ergebe sich somit ein illegaler Aufenthalt von vier Jahren. Zum Zweck der freiwilligen Ausreise wurde ihr am 11.08.2018 von der philippinischen Botschaft in Wien ein Reisepass ausgestellt. Der Mitteilung des BMI lagen eine Kopie des in Wien ausgestellten Reisepasses der Beschwerdeführerin sowie ein ausgefülltes Formular für die freiwillige Rückkehrhilfe vom 05.10.2018 bei.

3. Die Beschwerdeführerin wurde am 09.01.2019 zu einem mündlichen Parteiengehör in die ÖB Manila geladen und wurde ihr dabei das Ermittlungsergebnis mitgeteilt. Nach mehrmaliger Nachfrage gab die Beschwerdeführerin zu, im Jahr 2014 in Österreich gewesen zu sein. Im Jahr 2016 habe sie einen Aufenthaltstitel beantragt, kenne aber den Verfahrensstand nicht. Sie habe bei ihrer Cousine gelebt und für die Betreuung ihrer Nichten und Neffen Taschengeld erhalten. Zusätzliches Einkommen habe sie durch die Betreuung von Hunden („dogwalking“) verdient.

4. Mit Aufforderung zur Stellungnahme vom 11.01.2019 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass Bedenken gegen die Erteilung des beantragten Visums bestünden, da der Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Durch ihren illegalen Aufenthalt von 2014 bis 2018 und ihrer währenddessen unversteuerten Erwerbstätigkeit als Kindermädchen und Haustierbetreuerin ohne Arbeitserlaubnis habe sie bewiesen, dass sie den gesetzlichen Bestimmungen in Österreich nicht Folge leisten werde. Ihre Wiederausreise in den Heimatstaat erscheine nicht gesichert. Es bestünden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben.

5. Mit Stellungnahme datiert mit 15.01.2019 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie sich für ihren unerlaubten Aufenthalt in Österreich entschuldige. Sie habe während ihres Aufenthalt für die Betreuung ihrer Neffen kein Geld erhalten, sondern sei von ihren Familienmitgliedern in Österreich finanziell unterstützt worden. Auch für die Haustierbetreuung habe sie kein Geld erhalten.

6. Mit Bescheid vom 24.01.2019 wurde der Antrag auf Erteilung eines Visums der Kategorie D gemäß § 21 FPG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Durch ihren illegalen Aufenthalt von 2014 bis 2018 und ihrer währenddessen unversteuerten Erwerbstätigkeit als Kindermädchen und Haustierbetreuerin ohne Arbeitserlaubnis habe sie bewiesen, dass sie den gesetzlichen Bestimmungen in Österreich nicht Folge leisten werde. Die Wiederausreise in den Heimatstaat sei nicht gesichert. Es bestünden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin.

8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 08.02.2019 fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid nicht durch Sachverhaltsfeststellungen und eine Beweiswürdigung begründet sei. Die Beschwerdeführerin sei in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Sie habe zu gegenständlichem Antrag nachgewiesen, dass sie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgehen wolle. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dies die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden solle. Selbst wenn die Beschwerdeführerin einer unversteuerten Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre, läge die Verpflichtung zur Anmeldung und Versteuerung beim Dienstgeber. Dem Dienstnehmer könne daraus kein Vorwurf gemacht werden. Die Beschwerdeführerin habe anlässlich ihres Aufenthalts 2017 ein Deutschzertifikat A2 erlangt und sei unfallversichert gewesen. Sie sei nicht straffällig geworden. Angesichts dessen sei der Vorwurf, sie stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, schwer nachvollziehbar. Der angefochtene Bescheid leide daher an einem Begründungmangel und einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

Der Beschwerde lagen ein Deutschzertifikat A2 der Beschwerdeführerin vom 14.12.2017, ausgestellt in Wien, eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses von 19.06.2017 bis 24.08.2017 und eine Unfallversicherungskarte bei.

9. Die ÖB Manila erteilte am 12.02.2019 einen Verbesserungsauftrag, weil der Beschwerde nicht sämtliche im Verfahren vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen waren.

10. Ein Antrag vom 19.02.2019 auf Verlängerung der einwöchigen Frist zur Vorlage der Übersetzungen wurde von der ÖB Manila am 22.02.2019 abgelehnt.

11. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.02.2019 wurde die Beschwerde zurückgewiesen, weil die Beschwerdeführerin dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen war.

12. Am 04.03.2019 wurde bei der ÖB Manila ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

13. Am 08.03.2019 wurden die fehlenden Unterlagen in deutscher Übersetzung nachgereicht.

14. Mit einem am 02.04.2019 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte 03.01.2018 bei der ÖB Manila einen Antrag auf Erteilung eines nationalen Visums D. Sie beantragte ein Visum für die mehrmalige Einreise in der Zeit von 15.01.2019 bis 14.05.2019. Als Zweck der Reise wurde angegeben, dass die Beschwerdeführerin als diplomatisches Hauspersonal (Kindermädchen) bei einem Mitarbeiter der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Wien tätig sein werde.

Der Beschwerdeführerin wurde von der ÖB Manila ein von 06.08.2014 bis 30.08.2014 gültiges Visum C erteilt Sie reiste am 06.08.2014 in das Bundesgebiet ein, verblieb jedoch über die Gültigkeit ihres Visums hinaus in Österreich und reiste am 16.10.2018 mittel unterstützter freiwilliger Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet aus. Die Beschwerdeführerin hielt sich daher von 30.08.2014 bis 16.10.2018 illegal im Bundesgebiet auf. Sie war im Bundesgebiet auch nicht behördlich gemeldet.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem unbedenklichen Akteninhalt der ÖB Manila. Der illegale Aufenthalt der Beschwerdeführerin wurde von ihr in der Beschwerde auch nicht bestritten. Vielmehr wurden weitere Nachweise des Aufenthalts, nämlich eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs und ein Deutschzertifikat aus dem Jahr 2017, vorgelegt.

Die fehlende behördliche Meldung ergibt sich aus einer Abfrage des Zentralen Melderegisters durch das Bundesverwaltungsgericht am 04.06.2020. Die Beschwerdeführerin scheint im ZMR nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Form und Wirkung der Visa D

§ 20. (1) Visa D werden erteilt als

1. Visum für den längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet;

2. Visum aus humanitären Gründen;

3. Visum zu Erwerbszwecken;

4. Visum zum Zweck der Arbeitssuche;

5. Visum zur Erteilung eines Aufenthaltstitels;

6. Visum zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005;

7. Visum zur Wiedereinreise;

8. Visum aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen;

9. Visum für Saisoniers;

10. Visum für Praktikanten.

(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur in den Fällen des § 24 zulässig. Solange aufgrund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt oder die Beantragung eines Visums bei der zuständigen Vertretungsbehörde im Ausland aus faktischen, nicht vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, ist die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit überdies als Inhaber eines Visums gemäß § 22a Z 2 oder 3 zulässig, sofern diesem die dafür erforderliche Berechtigung oder sonstige Bestätigung nach dem AuslBG erteilt wurde. § 21 Abs. 2 Z 10 steht der Erteilung eines Visums gemäß § 22a Z 2 oder 3 diesfalls nicht entgegen.Visa D werden für die ein- oder mehrmalige Einreise ausgestellt und berechtigen zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet von mehr als 90 Tagen, und zwar von längstens

1. sechs Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1 bis 8 und 10;

2. neun Monaten innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 9;

3. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1, sofern dies aus Gründen des nationalen Interesses oder auf Grund internationaler Verpflichtungen notwendig ist; oder

4. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 3, sofern dies auf Grund internationaler Vereinbarungen zur Ausübung einer Tätigkeit, die vom AuslBG gemäß § 1 Z 14 AuslBVO ausgenommen ist, notwendig ist.

(3) Visa gemäß Abs. 1 sind befristet zu erteilen. Ihre Gültigkeitsdauer darf jene des Reisedokumentes nicht übersteigen. Die Gültigkeitsdauer des Reisedokumentes hat, ausgenommen in begründeten Notfällen, jene eines Visums um mindestens drei Monate zu übersteigen. Eine von der erlaubten Aufenthaltsdauer abweichende Gültigkeitsdauer der Visa ist unzulässig.

(3a) Visa gemäß Abs. 1 Z 8 und 9 können mit einer Gültigkeitsdauer von weniger als 91 Tagen ausgestellt werden, sofern ein Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a) oder ein Antrag gemäß § 22a gestellt wurde und der durchgehende Aufenthalt im Bundesgebiet insgesamt 90 Tage übersteigt.

(4) Das Visum ist im Reisedokument des Fremden durch Anbringen ersichtlich zu machen.

(5) Die nähere Gestaltung sowie die Form der Anbringung der Visa D im Reisedokument wird durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgelegt.

(6) Visa gemäß Abs. 1 Z 1 sowie gemäß des Visakodex können unter den Voraussetzungen, unter denen für österreichische Staatsbürger österreichische Dienstpässe ausgestellt werden, als Dienstvisa gekennzeichnet werden.

(7) Solange aufgrund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt ist, gelten abweichend von Abs. 2 Z 1 und 2 Visa nach Abs. 1 Z 8 und 9 über ihre ursprüngliche Gültigkeitsdauer hinaus, solange eine gemäß § 5 AuslBG iVm § 32c Abs. 1 AuslBG erteilte Beschäftigungsbewilligung gültig ist.

Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung von Visa D

§ 21. (1) Visa gemäß § 20 Abs. 1 Z 1, 3 bis 5 und 8 bis 10 können einem Fremden auf Antrag erteilt werden, wenn

1. dieser ein gültiges Reisedokument besitzt;

2. kein Versagungsgrund (Abs. 2) vorliegt und

3. die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint.

In den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 4 und 5 hat die Vertretungsbehörde von der Voraussetzung der Z 3 abzusehen.

(2) Die Erteilung eines Visums ist zu versagen, wenn

1. der Fremde den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;

2. begründete Zweifel im Verfahren zur Erteilung eines Visums an der wahren Identität oder der Staatsangehörigkeit des Fremden, an der Echtheit der vorgelegten Dokumente oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhaltes oder am Vorliegen weiterer Erteilungsvoraussetzungen bestehen;

3. der Fremde nicht über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder er im Gesundheitszeugnis gemäß § 23 eine schwerwiegende Erkrankung aufweist;

4. der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und in den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 1, 3 und 7 bis 10 für die Wiederausreise verfügt;

5. der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines vor der Einreise bestehenden gesetzlichen Anspruchs;

6. der Fremde im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

7. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;

8. gegen den Fremden ein rechtskräftiges Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht, außer im Fall des § 26a (Visa zur Wiedereinreise) oder des § 27a (Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes);

9. der Aufenthalt des Fremden die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat beeinträchtigen würde;

10. Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde außer in den Fällen des § 24 eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;

11. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB), eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

12. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

13. der Fremde öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

14. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 2 Z 3, 4 oder 5 ein Visum erteilen, wenn auf Grund einer im öffentlichen Interesse eingegangenen Verpflichtung eines Rechtsträgers im Sinn des § 1 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz – AHG, BGBl. Nr. 20/1949, oder auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten gesichert erscheint, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten.

(4) Wird einer Aufforderung zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 99 Abs. 1 Z 7 und Abs. 4 nicht Folge geleistet, ist der Antrag auf Erteilung eines Visums zurückzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Visums der Kategorie D mit der Begründung abgewiesen, dass der Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden könnte und die Wiederausreise der Beschwerdeführerin in den Herkunftsstaat nicht gesichert erscheine.

§ 21 Abs. 2 Z 7 FPG ist erfüllt, da der illegale Aufenthalt der Beschwerdeführerin über den langen Zeitraum von mehr als vier Jahren eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt. Die Beschwerdeführerin hat durch ihren illegalen Aufenthalt über mehrere Jahre bewiesen, dass sie nicht gewillt ist, sich an die europäischen und österreichischen Einreise- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen zu halten. Hinzu kommt das Risiko der illegalen Arbeitsaufnahme, da die Beschwerdeführerin sich über mehrere Jahre in Österreich aufhielt und keiner erlaubten Erwerbtätigkeit nachging. In der Beschwerde wird verkannt, dass die Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch die Beschwerdeführerin bereits durch ihren langjährigen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet verwirklich wurde. Auf (zusätzliche) unerlaubte Erwerbstätigkeit während des illegalen Aufenthalts kommt es daher angesichts des beträchtlichen fremdenrechtlichen Fehlverhaltens nicht in das Ergebnis des Verfahrens beeinflussendem Ausmaß an.

Der Antrag der Beschwerdeführerin wurde weiters mit der Begründung abgewiesen, dass die Wiederausreise der Beschwerdeführerin in den Herkunftsstaat nicht gesichert erscheint. Die Beschwerdeführerin verblieb im Jahr 2014 über die Gültigkeitsdauer ihres Visums hinaus im Bundesgebiet und reiste erst am 16.10.2018 unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet aus. Schon wenige Monate später, am 03.01.2019, stellte sie den gegenständlichen Antrag.

Der Gesichtspunkt „Wiederausreiseabsicht“ ist in einem Verfahren betreffend Verweigerung eines Visums unter dem Blickwinkel des § 21 Abs. 1 Z 3 FPG zu betrachten. Mit diesem Kriterium hat sich der Verwaltungsgerichtshof grundlegend in der Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, auseinandergesetzt. Als wesentlich festzuhalten ist, dass nicht ohne weiteres („generell“) unterstellt werden darf, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin in Österreich unrechtmäßig aufhältig bleiben werden. Es bedarf vielmehr konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung, und die Behörde kann die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem „Generalverdacht“ zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig wird daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt sind, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen werde (vgl. VwGH vom 19.03.2014, Zl. 2013/21/0189). Dem Umstand, dass einem Fremden schon einmal ein Visum erteilt wurde und er rechtzeitig vor dessen Ablauf wieder ausreiste, kommt bei der Beurteilung des Risikos einer rechtswidrigen Einwanderung maßgebliche Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 23.05.2018, Ra 2018/22/0061; m.H. auf VwGH vom 14.11.2013, Zl. 2013/21/0137 sowie vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, wonach es für die Beurteilung der Wiederausreiseabsicht entscheidend darauf ankommt, ob dem Fremden ein in der Vergangenheit liegendes fremdenrechtliches Fehlverhalten anzulasten ist). Ferner hielt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, fest, dass das Kriterium „Wiederausreise“ nunmehr als positive Voraussetzung zur Visumserteilung konzipiert ist und sich sohin ein Verbleiben des Fremden in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus als unwahrscheinlich erweisen muss. Zweifel gehen daher zu Lasten des Fremden.

Aus dem langen illegalen Aufenthalt und der erneuten Beantragung eines Visums schon wenige Monate nach der unterstützten, freiwilligen Rückkehr nach Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch das BFA ergeben sich gewichtige Indizien für den beabsichtigten erneuten Verbleib der Beschwerdeführerin in Österreich über den Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums hinaus. Da die Beschwerdeführerin die zulässige Aufenthaltsdauer um mehrere Jahre überschritt, ist ihr ein schweres fremdenrechtliches Fehlverhalten anzulasten und bestehen daher konkrete Zweifel an ihrer Wiederausreiseabsicht, die – gemäß der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – zu ihren Lasten gehen.

Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt hat die Behörde mit der Feststellung des Vorliegens der genannten Gründe für die Verweigerung des Visums den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, daher war die Erteilung des Visums aus den oben genannten Gründen zu verweigern. Der angefochtene Bescheid ist auch durch Bezugnahme auf den langen, illegalen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet ausreichend begründet.

Aufgrund der dargelegten Erwägungen war der Entscheidung der belangten Behörde nicht entgegenzutreten und war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

begründete Zweifel Einreisetitel Erwerbstätigkeit illegaler Aufenthalt öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Wiederausreise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W212.2216815.1.00

Im RIS seit

16.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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