TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/7 96/11/0136

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Veröffentlicht am 07.10.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
43/02 Leistungsrecht;
44 Zivildienst;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

GehG 1956 §13a Abs1;
HGG 1992 §50;
VwRallg;
ZDG 1986 §32 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Richard Köhler, Rechtsanwalt in Wien VI, Amerlingstraße 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. November 1995, Zl. 178.926/08-IV/10/95, betreffend Ersatz zu Unrecht empfangener Bezüge nach dem Zivildienstgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer leistete vom 2. Oktober 1995 an bei einer näher genannten Einrichtung den ordentlichen Zivildienst.

In einem mit 31. Oktober 1995 datierten Gutachten, welches auf eine Untersuchung vom 19. Oktober 1995 und ein psychologisches Gutachten vom 25. Oktober 1995 verweist, wurde vom Amtsarzt (bei der MA 15 - Gesundheitswesen) ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer als Zivildiener nicht arbeitsfähig sei. Zur Begründung wurde auf den Drogenmißbrauch des Beschwerdeführers und das "pathologische psychologische Gutachten" (Befund) hingewiesen. Eine psychiatrische Behandlung sei erforderlich.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. November 1995 nach niederschriftlicher Befragung an diesem Tag gemäß § 19a Zivildienstgesetz "mit Wirkung vom 19. Oktober 1995" von Amts wegen vorzeitig aus dem Zivildienst entlassen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 17. November 1995 durch Hinterlegung zugestellt und ist unangefochten geblieben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer der Ersatz des durch die Auszahlung über den 19. Oktober 1995 hinaus entstandenen Übergenusses an Bezügen im Betrag von S 4.568,-- gemäß § 32 Abs. 5 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG), vorgeschrieben.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die belangte Behörde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 9. November 1995 den Beschwerdeführer gemäß § 19a ZDG mit Wirkung vom 19. Oktober 1995 von Amts wegen aus dem ordentlichen Zivildienst vorzeitig entlassen hat. Eine Auseinandersetzung mit der Rechtmäßigkeit des Entlassungsbescheides ist dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt.

Nach dem Beschwerdevorbringen hat der Beschwerdeführer seinen Zivildienst über den 19. Oktober 1995 hinaus bis zum 9. November 1995 dem Zuweisungsbescheid vom 11. Juli 1995 entsprechend geleistet.

Dem ist von der belangten Behörde nichts entgegengehalten worden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht im Widerspruch zu § 32 Abs. 5 ZDG zur Rückzahlung empfangener Beträge verpflichtet zu werden, verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, er sei am 18. Oktober 1995 (erstmals) vom Amtsarzt untersucht worden. Er habe in der weiteren Folge bis zur niederschriftlichen Befragung zu diesem Sachverhalt am 9. November 1995 die von ihm geforderten Leistungen ordnungsgemäß erbracht, da ihn die belangte Behörde noch 22 Tage im Dienst belassen habe. Die belangte Behörde sei von Amts wegen vorgegangen und habe mit Bescheid vom 9. November 1995 mit Wirkung vom 19. Oktober 1995 die vorzeitige Entlassung ausgesprochen und nunmehr rückwirkend einen Übergenuß rückgefordert. Er habe aber im Vertrauen auf das Zustehen der entsprechenden Bezüge die Geldbeträge gutgläubig verbraucht.

Gemäß § 32 Abs. 5 ZDG hat der Zivildienstleistende zu Unrecht empfangene Bezüge der auszahlenden Stelle zu ersetzen.

§ 50 HGG 1992 ist mit der Maßgabe anzuwenden, daß die dort genannten Entscheidungen vom Bundesminister für Inneres zu treffen sind.

Nach § 50 Abs. 1 HGG 1992 sind zu Unrecht empfangene Beträge (Übergenüsse), soweit sie nicht in gutem Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen.

Eine zu Unrecht bezogene Leistung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn für die Empfangnahme kein gültiger Titel, sei es Gesetz oder Bescheid, vorhanden ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1993, 89/12/0062, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sind zu Unrecht empfangene Leistungen auch solche, die - bezogen auf den Zeitpunkt der Empfangnahme - zu Recht empfangen wurden, hinsichtlich derer aber der Titel (der Rechtsgrund) in der Folge mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Empfangnahme weggefallen ist (vgl. auch dazu das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1993, ergangen zu § 13a Gehaltsgesetz 1956).

Es kann der belangten Behörde insofern nicht entgegengetreten werden, als im angefochtenen Bescheid vom Vorliegen zu Unrecht empfangener Bezüge im Sinne des § 32 Abs. 5 ZDG ausgegangen wird.

Die Beschwerde erweist sich allerdings insoweit im Ergebnis als begründet, als die belangte Behörde nicht das Vorliegen aller Voraussetzungen der gemäß § 32 Abs. 5 ZDG anzuwendenden Bestimmung des § 50 HGG geprüft hat, sondern offensichtlich von einer uneingeschränkten Rückzahlungsverpflichtung des Beschwerdeführers ausgegangen ist.

Eine solche Voraussetzung stellt die Gutgläubigkeit des Empfängers bei Erhalt des zu Unrecht geleisteten Betrages dar. Mit anderen Worten - empfängt der Zivildienstpflichtige einen Übergenuß in gutem Glauben, so ist dieser dem Bund nicht zu ersetzen. Aus dem Beschwerdevorbringen ist ersichtlich, daß sich der Beschwerdeführer auf einen derartigen gutgläubigen Empfang (und auf den gutgläubigen Verbrauch, worauf es im gegebenen Zusammenhang jedoch nicht ankommt) beruft.

Daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in der Frage des Rückersatzes Parteiengehör gewährt hätte, ist nicht ersichtlich. Die Niederschrift vom 9. November 1995 bezieht sich ausschließlich auf das eingeholte Gutachten und die Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers als Grund der vorzeitigen Entlassung.

Ausgehend von ihrer unzutreffenden Rechtsansicht (diese wird auch durch die in der Gegenschrift geäußerte Meinung, eine Inanspruchnahme der angewiesenen Geldbeträge ohne Gebührlichkeit könne nicht in gutem Glauben erfolgen, dargelegt) hat sie es für entbehrlich erachtet, auf Grund eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens die für die Beurteilung des Beschwerdefalles erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen.

Dadurch hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110136.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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