TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/27 97/17/0256

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Veröffentlicht am 27.10.1997
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Oberösterreich;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;

Norm

BauO OÖ 1976 §19 Abs1;
BauO OÖ 1976 §20 Abs1;
BauO OÖ 1994 §19 Abs1;
BauO OÖ 1994 §19 Abs3;
BauO OÖ 1994 §19;
BauO OÖ 1994 §20 Abs1;
BauO OÖ 1994 §20 Abs5;
BauO OÖ 1994 §20 Abs7;
B-VG Art119a Abs2;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
StGG Art2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde

1.) des AL und 2.) der EL, beide in A und beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Juni 1997, Zl. BauR-011976/1-1997/KR/Lg, betreffend einen Verkehrsflächenbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Arbing, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. Dezember 1996 des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde wurde den Beschwerdeführern ein Verkehrsflächenbeitrag gemäß § 19 O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. für Oberösterreich Nr. 66, anläßlich der Errichtung bzw. Sanierung der A-Gemeindestraße im Abschnitt "A-West" vorgeschrieben. Durch diese Verkehrsfläche wird das Grundstück, auf dem das Wohngebäude der Beschwerdeführer steht, aufgeschlossen.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, in der sie im wesentlichen vorbrachten, daß die gegenständliche Aufschließungsstraße eine alte Bundesstraße sei, auf der bis zur Fertigstellung der neuen Trasse der gesamte Verkehr geflossen sei, sodaß davon ausgegangen werden könne, daß der Unterbau dieser Straße auf jeden Fall einer mittelschweren Befestigung entsprochen habe. Im Zuge des Kanalbaues im fraglichen Ortsbereich sei die Fahrbahn nicht mehr dem ursprünglichen Zustand entsprechend hergestellt worden. Der Künettenbereich sei nicht mehr mit dem entsprechenden Schottermaterial aufgefüllt und statt dessen dieser Schotter erst im Jahr vor der Asphaltierung eingebaut worden. Die Beschwerdeführer seien bereit, jene Kosten zu bezahlen, die aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen der O.ö. Bauordnung zu entrichten seien, nicht aber jene, für die im Zuge des Kanalbaues für die Wiederherstellung der Straße die Baufirma zuständig gewesen sei.

Mit Bescheid vom 14. April 1997 des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde wurde die Berufung abgewiesen. Aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführer erging der nunmehr angefochtene Bescheid. Mit diesem Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, daß die gegenständliche Aufschließungsstraße von der mitbeteiligten Gemeinde in einer Weise ausgebaut bzw. saniert worden sei, die im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung einer (erstmaligen) Errichtung gleichkomme (in diesem Zusammenhang wird auf das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1995, Zl. 92/17/0158, und das darin genannte Vorerkenntnis vom 19. Juni 1985, Zl. 85/17/0032, verwiesen).

Die von zwei näher genannten Baufirmen durchgeführten baulichen Maßnahmen an der Straße umfaßten nach der Aktenlage die Herstellung der Frostschutzschichte (40 cm), einer mechanisch stabilisierten Tragschichte in der Stärke von 10 cm, einer bituminösen Tragschichte (BTD 16-L) in der Stärke von 8 cm und einer entsprechenden Oberflächenentwässerung. Dieser Konstruktionsaufbau entspreche einer mittelschweren Befestigung samt Niveauherstellung und Oberflächenentwässerung. Die durchgeführten baulichen Maßnahmen entsprächen daher technisch und wirtschaftlich einer Errichtung.

Da weiters aus der Aktenlage ersichtlich sei, daß bei der Berechnung des Verkehrsflächenbeitrages keine "Vorleistungen" im Sinne des § 20 Abs. 8 O.ö. Bauordnung 1994 zu berücksichtigen gewesen seien, sei der Verkehrsflächenbeitrag zu Recht vorgeschrieben worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der beide Beschwerdeführer den genannten Bescheid gemeinsam bekämpfen und in der die Verletzung in dem insbesondere gemäß § 19 O.ö. Bauordnung 1994 gewährleisteten Recht, nur dann zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten der Herstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche verpflichtet zu werden, wenn eine öffentliche Verkehrsfläche von der Gemeinde erst nach Erteilung der Baubewilligung errichtet wird, behauptet wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die mitbeteiligte Gemeinde hat ausdrücklich festgestellt, daß ein Antrag auf Aufwandersatz gemäß § 59 Abs. 2 VwGG nicht gestellt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 19 O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. für Oberösterreich Nr. 66,

lautet:

"(1) Wurde von der Gemeinde eine öffentliche Verkehrsfläche (§ 8 Abs. 2 O.ö. Straßengesetz 1991) errichtet, hat sie anläßlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch diese öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen werden, dem Bauwerber mit Bescheid einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben.

(2) Wird ein Gebäude durch mehrere öffentliche Verkehrsflächen aufgeschlossen und hat die Gemeinde bereits mehr als eine dieser Verkehrsflächen errichtet, ist der Beitrag nur zu den Kosten der Herstellung jener öffentlichen Verkehrsfläche zu leisten, für die sich bei der Berechnung der höchste Beitrag ergibt. Ergeben sich nach dieser Berechnung für zwei oder mehrere öffentliche Verkehrsflächen gleich hohe Beträge, ist der Beitrag nur einmal zu entrichten.

(3) Wird eine öffentliche Verkehrsfläche, durch die ein Gebäude aufgeschlossen wird, von der Gemeinde erst nach Erteilung der Baubewilligung errichtet, ist der Beitrag anläßlich der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben. Abs. 1 und 2 sowie § 20 gelten mit der Maßgabe sinngemäß, daß der Beitrag erst nach der Beschlußfassung des Gemeinderates über die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche vorgeschrieben werden kann."

§ 20 O.ö. Bauordnung 1994 lautet auszugsweise:

"(1) Der Beitrag ist für die Fläche, die der Berechnung der anrechenbaren Frontlänge zugrundegelegt wurde, nur einmal zu entrichten, sofern nicht § 21 Abs. 4 anzuwenden ist.

(2) Die Höhe des Beitrages ist gleich dem Produkt aus der anrechenbaren Breite der öffentlichen Verkehrsfläche, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz.

(3) Die anrechenbare Breite der Verkehrsfläche beträgt unabhängig von ihrer tatsächlichen Breite drei Meter.

(4) Anrechenbare Frontlänge ist die Seite eines mit dem zu bebauenden Bauplatz oder Grundstück flächengleichen Quadrates, bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken jedoch höchstens 40 Meter.

(5) Den Einheitssatz hat die Landesregierung durch Verordnung nach den Durchschnittskosten der Herstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche mit mittelschwerer Befestigung einschließlich der Niveauherstellung und der Oberflächenentwässerung pro Quadratmeter festzusetzen. Der Gemeinderat hat jedoch durch Verordnung einen niedrigeren als den von der Landesregierung festgesetzten Einheitssatz pro Quadratmeter festzusetzen, wenn auf Grund der örtlichen Verhältnisse in der Gemeinde die Durchschnittskosten der Herstellung der Verkehrsfläche mit mittelschwerer Befestigung einschließlich der Niveauherstellung und der Oberflächenentwässerung niedriger sind als die von der Landesregierung der Festsetzung des Einheitssatzes zugrundegelegten Durchschnittskosten.

(6) ...

(7) Wird eine öffentliche Verkehrsfläche nicht von der Gemeinde errichtet und hat die Gemeinde die Kosten der Herstellung einer solchen öffentlichen Verkehrsfläche ganz oder teilweise getragen, so hat die Gemeinde einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten vorzuschreiben. Für diesen Beitrag gelten Abs. 1 bis 6 und § 19 mit der Maßgabe sinngemäß, daß als Einheitssatz jener prozentmäßige Anteil des nach Abs. 5 festgesetzten Betrages gilt, der dem von der Gemeinde getragenen prozentuellen Anteil an den tatsächlichen Kosten der Errichtung der Verkehrsfläche entspricht.

(8) Sonstige, insbesondere auch auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung geleistete Beiträge sind zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß auch für Beiträge, die nach anderen gesetzlichen Bestimmungen geleistet wurden."

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß eine Abgabe gemäß § 19 O.ö. Bauordnung 1994 (gleichgültig, auf welchen der Tatbestände des § 19 die Vorschreibung gestützt wird) dann vorgeschrieben werden kann, wenn die öffentliche Verkehrsfläche von der Gemeinde errichtet wurde. Wurde die öffentliche Verkehrsfläche zwar nicht von der Gemeinde errichtet, hat die Gemeinde aber die Kosten der Herstellung einer solchen öffentlichen Verkehrsfläche ganz oder teilweise getragen, so kann nach § 20 Abs. 7 O.ö. Bauordnung 1994 ein Beitrag zu den der Gemeinde erwachsenen Kosten vorgeschrieben werden.

Im Beschwerdefall haben sich die Gemeindebehörden im Hinblick auf die durchgeführte Sanierung der A-Gemeindestraße auf § 19, näherhin auf § 19 Abs. 3 O.ö. Bauordnung 1994 gestützt.

Die Beschwerdeführer bestreiten einerseits, daß die Tatbestandsvoraussetzung der Errichtung der Verkehrsfläche durch die Gemeinde gegeben sei, und sehen andererseits in der durchgeführten Sanierung nach den Kanalbauarbeiten an der A-Gemeindestraße lediglich eine Herstellung des früheren Zustandes, jedoch keinen Ausbau bzw. keine einer Errichtung gleichkommende Sanierung im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Im Erkenntnis vom 21. Juli 1995, Zl. 92/17/0158, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 19. Juni 1985, Zl. 85/17/0032, ausgeführt, daß unter der Errichtung im Sinne des § 20 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1976 auch der Ausbau einer schon vorhandenen Verkehrsfläche verstanden werden könne, dies allerdings nur dann, wenn der Ausbau technisch und wirtschaftlich einer Errichtung gleichzusetzen sei. Von einem Ausbau im Sinne einer Errichtung der Verkehrsfläche könne nur dann gesprochen werden, wenn eine mittelschwere Befestigung einschließlich Niveauherstellung samt Oberflächenentwässerung erfolge, mag auch schon früher im betreffenden Bereich eine öffentliche Verkehrsfläche vorhanden gewesen sein. Die Beitragspflicht sei im Falle einer Sanierung oder Erneuerung einer bereits bestehenden Straße nur dann gegeben, wenn dabei technisch der erstmaligen Errichtung gleichzuhaltende Maßnahmen gesetzt werden, sodaß wirtschaftlich der Aufwand vergleichbar sei ("technisch-wirtschaftlich gleichzuhalten"). Diese Auffassung hält der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich für die im Beschwerdefall maßgebliche Regelung nach den §§ 19 und 20 O.ö. BauO 1994 aufrecht.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist somit einerseits streitentscheidend, ob die von der mitbeteiligten Gemeinde gesetzten Maßnahmen im Sinne dieser Rechtsprechung der Errichtung gleichzuhaltende Maßnahmen darstellen und ob die Beitragspflicht gemäß § 19 O.ö. Bauordnung 1994 (der insoweit § 20 O.ö. Bauordnung 1976 im wesentlichen vergleichbar ist) auch dann gegeben ist, wenn derartige Maßnahmen im Zusammenhang mit Kanalbauarbeiten bzw. "im Anschluß" an Kanalbauarbeiten erfolgen. Schließlich ist zu klären, welchen Einfluß auf die Abgabepflicht nach § 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994 der Umstand hat, daß die Kosten für einzelne Maßnahmen im Zuge der Sanierung des fraglichen Straßenstückes "aus Kanalbaumitteln" (Stellungnahme der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. September 1997) bestritten wurden bzw. möglicherweise Teile der Straßenbaukosten vom Reinhalteverband M getragen wurden bzw. die Maßnahmen vom Reinhalteverband durchgeführt wurden.

Grundsätzlich ist den Beschwerdeführern Recht zu geben, wenn sie in der Beschwerde die Auffassung vertreten, daß die (bloße) Wiederherstellung des früheren Zustandes einer Gemeindestraße nach Durchführung von Kanalbauarbeiten keine Errichtung im Sinne des § 19 O.ö. Bauordnung 1994 darstelle. Wenn jedoch die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen, die wirtschaftlich-technisch der Neuerrichtung gleichkommen, an einer an sich sanierungsbedürftigen Straße, an der zeitlich zusammenfallend mit einer in Aussicht genommenen Sanierung auch Kanalbauarbeiten vorgenommen werden sollen, erst nach Abschluß der Kanalbauarbeiten vorgenommen wird, entspricht dies dem von der Bundesverfassung auch den Gemeindeorganen zur Beobachtung auferlegten Grundsatz der Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit. Der Umstand allein, daß die für sich genommen die Abgabepflicht nach § 19 Abs. 3 O.ö. BauO 1994 auslösenden Maßnahmen nach Kanalbauarbeiten gesetzt werden, ändert somit an der Abgabepflicht nach § 19 Abs. 3 O.ö. BauO 1994 nichts. Es kommt nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung nicht darauf an, ob eine Straße vor dreißig Jahren (Übergabe der ehemaligen Bundesstraße an die Gemeinde im Jahre 1967) eine mittelschwere Befestigung aufgewiesen hat. Von einer (bloßen) "Herstellung des früheren Zustandes" nach den Kanalbauarbeiten kann daher dann nicht gesprochen werden, wenn die Baumaßnahmen im Hinblick auf den (unmittelbar) vor der Sanierung gegebenen Zustand (im Beschwerdefall: vor der Durchführung der Kanalbauarbeiten) für sich allein genommen nach den in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien der "Errichtung" einer Straße in technisch-wirtschaftlicher Hinsicht gleichkommen.

Im Beschwerdefall mag in diesem Sinne tatsächlich Sanierungsbedarf vorgelegen sein (das fragliche Straßenstück wurde im Jahre 1967 als aufgelassene Bundesstraße von der Gemeinde als Gemeindestraße übernommen und anläßlich dieser Übernahme wurde von der Bundesstraßenverwaltung keine "letztmalige Sanierung" der Straße vorgenommen); allein, die belangte Behörde hat hiezu keine Feststellungen getroffen. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang ausführt, daß der Zustand der Straße vor Durchführung der "Ausbauarbeiten" nicht maßgeblich sei, verkennt sie, daß eine Anwendung der in der Rechtsprechung zur Sanierung von Straßen entwickelten Grundsätze in Fallgestaltungen wie der vorliegenden nur in Betracht kommt, wenn außer der Notwendigkeit der Wiederherstellung einer Straße nach Kanalbauarbeiten auch der Sanierungsbedarf gegeben war. Die bloße Wiederherstellung eines vor den Kanalbauarbeiten bestandenen (in technischer Hinsicht ausreichenden) Zustandes kann die Abgabepflicht nach § 19 Oö BauO 1994 nicht auslösen.

Es kann im Hinblick auf § 19 O.ö. Bauordnung 1994 jedoch keinen Unterschied machen, ob eine Sanierung, die bei Vorliegen der vom Verwaltungsgerichtshof umschriebenen Voraussetzungen der Neuerrichtung gleichzuhalten ist, vor oder nach ebenfalls erforderlichen Kanalbauarbeiten durchgeführt wird.

An der grundsätzlichen Möglichkeit der Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages gemäß § 19 Abs. 3 O.ö. Bauordnung 1994 auch aus Anlaß der Sanierung einer Straße ändert sich somit nichts, selbst wenn diese Sanierung im Zusammenhang bzw. im Nachhang zu Kanalbauarbeiten erfolgt. Ein verfassungsrechtliches Problem könnte sich in diesem Zusammenhang allenfalls insoferne stellen, als im Falle der Einhebung von Beiträgen, die entsprechend der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes dem Äquivalenzprinzip unterliegen (und um einen solchen handelt es sich beim gegenständlichen Verkehrsflächenbeitrag), darauf zu achten wäre, daß im Zuge derartiger Baumaßnahmen anfallende Kosten nur einmal in Ansatz gebracht werden können. Da jedoch auch die Interessentenbeiträge (zu denen der gegenständliche Verkehrsflächenbeitrag zählt) zulässigerweise aufgrund typischerweise anfallender Kosten eingehoben werden können (vgl. im gegebenen Zusammenhang § 20 Abs. 5 O.ö. BauO 1994), kommt einerseits eine konkrete Abrechnung, wie sie den Beschwerdeführern vorzuschweben scheint, nur dort zum Tragen, wo das Gesetz ausdrücklich auf die konkreten Kosten abstellt, und können verfassungsrechtliche Bedenken gegen Beitragsbestimmungen wie sie im vorliegenden Fall aufgrund § 20 Abs. 5 O.ö. BauO 1994 gegeben sind (Abstellen auf typischerweise auflaufende Kosten) nur dann durchschlagen, wenn die Norm bestimmte Synergieeffekte, die regelmäßig auftreten, nicht berücksichtigen sollte.

Der vorliegende Beschwerdefall gibt dem Verwaltungsgerichtshof keinen Anlaß zu diesbezüglichen Bedenken gegen § 20 Abs. 5 O.ö. BauO 1994.

Die belangte Behörde hat jedoch, ausgehend von ihrer Rechtsauffassung, Feststellungen darüber, ob ein solcher Sanierungsbedarf gegeben war, unterlassen bzw. den auf Gemeindeebene diesbezüglich unterlaufenen Verfahrensmangel nicht wahrgenommen. Der angefochtene Bescheid leidet insoweit an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Zur Frage der Kostentragung für die "Sanierung" der Straße:

In der Beschwerde wird auch vorgebracht, daß die Kosten für die Straßensanierung in den Kanalbaukosten enthalten seien und daß auch die mitbeteiligte Gemeinde in einem Schreiben an die belangte Behörde zugestanden habe, daß "Teile der Straßensanierung einerseits von der Gemeinde aus Kanalbaumitteln (ABA A BA 02 - 160m2) sowie auch vom Reinhaltungsverband M (840m2) bezahlt" worden seien.

Die Beschwerdeführer haben auf die Frage der Kostentragung für die Straßensanierung bereits im Verwaltungsverfahren hingewiesen und insbesondere in der Vorstellung die Auffassung vertreten, daß die Gemeinde einen Verkehrsflächenbeitrag nur vorschreiben dürfe, wenn sie auch die Kosten des Ausbaus getragen habe.

Dazu ist folgendes auszuführen:

Da für die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages gemäß §§ 19 O.ö. Bauordnung 1994 der gemäß § 20 Abs. 5 O.ö. BauO 1994 von der Landesregierung festzusetzende Einheitssatz heranzuziehen ist, ist es für die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages gemäß § 19 Oö BauO 1994 nicht von ausschlaggebender Bedeutung, welche Kosten (in welcher Höhe) die Gemeinde für die Errichtung bzw. Sanierung der konkreten Straße tatsächlich hatte. Eine Reduzierung des Verkehrsflächenbeitrages gegenüber dem Beitrag, der sich aus der Anwendung des Einheitssatzes, der durch die Landesregierung festgesetzt wird, ergeben würde, könnte allenfalls bei Erlassung einer Verordnung durch den Gemeinderat gemäß § 20 Abs. 5 zweiter Satz O.ö. Bauordnung 1994 eintreten. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß die Erlassung einer derartigen Verordnung geboten wäre, wenn die regelmäßig in der betreffenden Gemeinde für den Straßenbau anfallenden Kosten niedriger wären als die von der Landesregierung ihrer Verordnung zugrunde gelegten Kosten. Punktuelle Unterschiede bei der Herstellung einzelner Straßenstücke erfordern nicht die Erlassung einzelner (auf Teile des Ortsgebietes bzw. bestimmte Straßenstücke bezogener) Verordnungen. Die konkreten Baukosten für ein einzelnes Straßenstück spielen somit bei der Vorschreibung von Beiträgen gemäß §§ 19 und 20

O.ö. Bauordnung 1994 keine Rolle, wenn die Gemeinde die Straße errichtet hat.

Im Hinblick auf das Erfordernis, daß die Verkehrsfläche von der Gemeinde "errichtet" worden sein muß, um eine Abgabe gemäß § 19 O.ö. Bauordnung 1994 (und daher auch eine Abgabe nach § 19 Abs. 3 O.ö. Bauordnung 1994) vorschreiben zu können, ist aber von entscheidender Bedeutung, wann davon gesprochen werden kann, daß eine Straße von der Gemeinde errichtet worden sei. Es wird in diesem Zusammenhang neben der Stellung der Gemeinde als Auftraggeber (zum Unterschied von den Fällen des § 20 Abs. 7 Oö BauO 1994) letztlich darauf ankommen, ob die Errichtung der Straße im Namen und auf Rechnung der Gemeinde erfolgt ist.

Die Frage der Kostentragung für die Sanierungsmaßnahmen ist daher insofern von Bedeutung, als dann, wenn jene Maßnahmen, die im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in ihrer Summe der Neuerrichtung einer Straße gleichkommen, nicht auf Rechnung der Gemeinde erfolgten, auch nicht von einer Errichtung bzw. einer der Errichtung gleichzuhaltenden Sanierung durch die Gemeinde im Sinne des § 19

O.ö. Bauordnung 1994 gesprochen werden kann. Im Hinblick auf die schematische Regelung in § 20 Abs. 5 Oö BauO 1994, derzufolge der Verkehrsflächenbeitrag nicht nach den tatsächlich entstehenden Kosten, sondern nach den "Durchschnittskosten der Herstellung einer öffentlichen Straße" zu berechnen ist, kann die Auffassung vertreten werden, daß es rechtlich unerheblich sei, ob die Gemeinde beispielsweise von einem Wasserverband einen Kostenersatz für einen Teil der Baumaßnahmen, die im Namen und auf Rechnung der Gemeinde ausgeführt wurden, erhält. Eine derartige schematische Berechnung ist so lange verfassungsrechtlich unbedenklich, als die sich auf diese Weise berechneten Interessentenbeiträge im Rahmen der typischerweise entstehenden Kosten halten. Wie der Beschwerdefall zeigt, verhindert die gegenständliche Regelung umgekehrt auch zugunsten der Beschwerdeführer die "unmittelbare Verrechnung" der gerade im vorliegenden Fall höheren konkreten Baukosten im gegenständlichen Baulos.

Es ist der belangten Behörde in diesem Zusammenhang zuzustimmen, wenn sie die Auffassung vertritt, daß es unerheblich ist, aus welchen Mitteln die Gemeinde die Aufwendungen für die Straßenerrichtung bzw. für die Sanierung bestreitet.

Die belangte Behörde ist nun im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, daß das fragliche Straßenstück von der Gemeinde errichtet worden sei. Konkrete Feststellungen dazu fehlen aber.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde bestanden die durchgeführten baulichen Maßnahmen am fraglichen Straßenstück in der Herstellung der Frostschutzschichte (40 cm), einer mechanisch stabilisierten Tragschichte in der Stärke von 10 cm, einer bituminösen Tragschichte (BTD 16-L) in der Stärke von 8 cm und der Herstellung einer entsprechenden Oberflächenentwässerung. Im Hinblick auf den im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Einwand der Beschwerdeführer, die Gemeinde habe das fragliche Straßenstück nicht errichtet, wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, die Tatsache der Errichtung der Straße durch die Gemeinde sachverhaltsmäßig festzustellen.

Auch insoweit leidet der angefochtene Bescheid ausgehend von der Rechtsauffassung der belangten Behörde an einem Begründungs- und Feststellungsmangel.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 1 Z 6 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff , insbesondere § 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Der Antrag auf Zuerkennung des Schriftsatzaufwandes für zwei Beschwerden war daher abzuweisen.

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997170256.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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