TE Vwgh Beschluss 2020/9/21 Ra 2020/10/0069

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
AVG §6
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §15 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §33

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des A I in P, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 22. Oktober 2019, Zl. LVwG-AV-1376/001-2018, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Pölten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. Oktober 2019 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die vom Revisionswerber erhobene Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (im Folgenden: belangte Behörde) vom 10. Jänner 2019, mit dem der Vorlageantrag des Revisionswerbers vom 20. Dezember 2018 gegen die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde in einer Mindestsicherungsangelegenheit als verspätet eingebracht zurückgewiesen worden war, als unbegründet ab. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es gemäß § 25a VwGG für nicht zulässig.

2        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5        Die Zulassungsbegründung der vorliegenden Revision wirft die Frage auf, ob eine Weiterleitung (zu ergänzen: nach § 6 AVG) auch dann noch ohne unnötigen Verzug erfolgt sei, wenn im Fall einer sofortigen Weiterleitung das Rechtsmittel noch rechtzeitig eingebracht gewesen wäre. Die Weiterleitung eines Schriftstücks mit einer 12tägigen Verzögerung stelle eine grobe Pflichtwidrigkeit dar.

6        Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn der Schriftsatz entweder vor Fristablauf bei der für die Einbringung zuständigen Stelle einlangt oder von der unzuständigen Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Weiterleitung an diese einem Zustelldienst übergeben wurde (vgl. etwa VwGH 30.7. 2020, Ra 2019/07/0036; 26.9.2019, Ra 2019/10/0078, jeweils mwN).

7        Auch das Revisionsvorbringen lässt - in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt - erkennen, dass der Vorlageantrag zwar rechtzeitig, aber bei der unzuständigen Stelle (beim Verwaltungsgericht anstelle der belangten Behörde; vgl. § 15 Abs. 1 VwGVG) eingebracht und vom Verwaltungsgericht erst nach Ablauf der Einbringungsfrist an die zuständige belangte Behörde weitergeleitet wurde.

8        Ausgehend von der erst nach Ablauf der Einbringungsfrist erfolgten Weiterleitung des Vorlageantrags an die belangte Behörde als zuständige Einbringungsstelle ist die Zurückweisung des Vorlageantrages als verspätet im Sinn der dargestellten Judikatur nicht zu beanstanden. Die Zulassungsbegründung zeigt keine Abweichung des Verwaltungsgerichts von dieser Judikatur auf.

9        Die in der Zulassungsbegründung allein angesprochene Frage, ob das Verwaltungsgericht den Vorlageantrag „ohne unnötigen Aufschub“ iSd § 6 AVG weitergeleitet hat oder ob ihm diesbezüglich eine grundlose, extreme Verzögerung unterlaufen ist, hat keine Auswirkung auf das Schicksal der vorliegenden Revision, sondern wäre in dem nach dem Revisionsvorbringen noch anhängigen Wiedereinsetzungsverfahren zu prüfen (vgl. VwGH 9.3.2020, Ra 2020/02/0044; 12.11.2019, Ra 2019/16/0110; 23.10.2014, 2012/07/0209).

10       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. September 2020

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100069.L00

Im RIS seit

02.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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