TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/13 LVwG-2020/22/1408-3

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Veröffentlicht am 13.08.2020
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Entscheidungsdatum

13.08.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §359b Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde der AA, Adresse 1, Z, v.d. CC, Rechtsanwälte, Adresse 2, Y, gegen den auf § 359b Abs 1 GewO 1994 gestützten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 3.6.2020, ***, wegen Errichtung und Betrieb eines Imbisswagens auf der Gp. **1 KG Z

zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird, soweit sie sich auf die Zulässigkeit der Durchführung des vereinfachten Verfahrens nach § 359 b Abs 1 GewO 1994 bezieht, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als folgende Projektunterlagen (alle mit dem Einlaufstempel des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 10.8.2020) einen integrierten Bestandteil der erteilten gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung darstellen und insofern die bisherigen Angaben zur Betriebsbeschreibung konkretisieren:

?    Kurzbeschreibung

?    Lageplan inkl. Bemaßung

?    Positionierung auf dem Gelände

?    Fotografien des Imbisswagens

Im Übrigen wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde Herrn CC die auf § 359b Abs 1 GewO 1994 gestützte gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und Betrieb eines Imbisswagens auf der Gp. **2 KG Z erteilt. Eine Beschreibung dieses Projektes ist dem angefochtenen Bescheid unter der Rubrik „Betriebsbeschreibung“ auf Seite 2f zu entnehmen.

In der rechtzeitig dagegen erhobenen Beschwerde brachte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Voraussetzungen für die Durchführung eines sog. vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 359b Abs 1 GewO 1994 seien bei der gegenständlichen Betriebsanlage nicht vorgelegen. Im Übrigen sei die angeführte Grundparzelle falsch.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens klärte das Landesverwaltungsgericht Tirol ab, auf welcher Grundparzelle nun der gegenständliche Imbisswagen zu liegen kommt und verlangte überdies konkretisierende Einreichunterlagen. Das diesbezügliche E-Mail vom 20.7.2020 lautete wie folgt:

„Sehr geehrter Herr CC,

gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 3.6.2020, *** hat die rechtsfreundlich vertretene Nachbarin Frau AA Beschwerde erhoben. Über diese Beschwerde hat das Landesverwaltungsgericht Tirol zu entscheiden.

Bezugnehmend auf das heutige Telefonat werden sie aufgefordert abzuklären, ob der gegenständliche Imbisswagen tatsächlich auf der Gp. **2 KG Z und nicht, wie ein Blick in die Einreichunterlagen und in das TIRIS nahelegt, auf der Gp. **1 KG Z zur Aufstellung gelangt.

Weiters werden Sie aufgefordert, dem Gericht einen Lageplan mit der genauen Bemaßung des

Imbisswagens sowie aussagekräftige Unterlagen zur äußeren Gestaltung des Imbisswagens selbst (Prospekt/Foto etc.) in vierfacher Ausfertigung zu übermitteln. Bei der Bemaßung ist der gesamten Bereich der von Ihnen geplanten Betriebsanlagen, also auch allfällige Außenanlagen (Tische/Stühle etc.) zu berücksichtigen und sind diese planlich darzustellen.

Hiefür wird Ihnen eine Frist von drei Wochen ab Erhalt dieser Zuschrift eingeräumt, widrigenfalls das Ansuchen gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen werden müsste.“

Diese Aufforderung wurde mit Eingabe 10. August 2020 (Einlaufstempel Landesverwaltungsgericht Tirol) wie folgt beantwortet:

Kurzbeschreibung (Auszug):

Fläche 5,5 x 8 Meter, Grundstück **1 KG Z. Weiters werden 2 Stehtische aufgestellt (Nähere Details siehe die Parien A bis D)

Beweis wurde weiters aufgenommenen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung

Auf Ebene des Sachverhaltes wird – soweit entscheidungsrelevant – festgestellt wie folgt:

Das Ausmaß der gegenständlichen Betriebsanlage inklusive der hiermit beantragten Änderungen beträgt 44 m2. Der Gesamtanschlusswert aller elektrischen Geräte beträgt 23,734 kW.

Diese Feststellungen ergeben sich zum einen aus dem Akteninhalt der belangten Behörde, zum anderen aus der, einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses bildenden, Antragskonkretisierung bzw. -änderung des Genehmigungswerbers mit Einlaufstempel des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 10.8.2020.

III.     Rechtsgrundlagen

Die hier maßgebliche Bestimmung der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 idF. BGBl I 2017/96 lautet wie folgt:

„§ 359b.

(1) Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß Abs. 2 bis 4 ist durchzuführen, wenn

         1.       jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

         2.       das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt oder

         3.       die Art der Betriebsanlage in einer Verordnung nach Abs. 5 genannt ist oder

         4.       das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft oder

         5.       bei einer nach § 81 genehmigungspflichtigen Änderung hinsichtlich der Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung einer der in Z 1 bis 4 festgelegten Tatbestände erfüllt ist.

(2) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass zumindest eine der Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt ist, so hat die Behörde das Projekt mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, drei Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Für diese Bekanntgabe ist § 356 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Innerhalb dieser Frist können Nachbarn (§ 75 Abs. 2) einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Auf diese Rechtsfolge ist in der Bekanntmachung ausdrücklich hinzuweisen. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß. Darüber hinaus gehend steht den Nachbarn keine Parteistellung zu.

(3) Nach Ablauf der in der Bekanntgabe angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn und, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen.

(4) Der Bescheid gemäß Abs. 3 gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat binnen zwei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und dessen Beilagen (§ 353) zu entscheiden. Die Verwaltungsgerichte der Länder haben spätestens zwei Monate nach Einlangen der Beschwerde gegen den Bescheid zu entscheiden. IPPC-Anlagen und Betriebe im Sinne des § 84b Z 1 sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

(5) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 2 bis 4 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

(6) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung jene Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die aus Gründen des vorsorgenden Umweltschutzes jedenfalls nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, auch wenn im Einzelfall eine derartige Anlage die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens erfüllt.

IV.      Rechtliche Erwägungen

Nach § 359b Abs 1 GewO 1994 ist ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren u.a. dann durchzuführen, wenn das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt (Z 2). Nach der GewRNov 2017 II ist die Prognose der Unbedenklichkeit der Immissionen nicht mehr Teil der Prüfung der zutreffenden Verfahrensart (sog Einzelfallprüfung), sondern zentraler Teil der inhaltlichen Bewertungen im Rahmen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens (EB 2017). Es kommt somit nur mehr auf die Erfüllung einer der in Abs 1 Z 1 bis 5 genannten Voraussetzungen an.

Im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren kommt den Nachbarn nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich zur Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu. Diese eingeschränkte Parteistellung ist auf die Frage beschränkt, ob die Voraussetzungen und in diesem Sinne die Kriterien für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO 1994 erfüllt sind. Darüber hinaus kommen dem Nachbarn keine weiteren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu; insb. kein Recht auf Nichtgenehmigung der Betriebsanlage wegen Nichtvorliegens der in § 74 Abs 2 normierten Voraussetzungen (vgl. Wendl in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage4, 2016, Rz 271 mit weiteren Hinweisen auf die Judikatur des VwGH).

Aufgrund der getroffenen Feststellungen ergibt sich unzweifelhaft, dass die gegenständliche Betriebsanlage auch unter Berücksichtigung der nunmehr beantragten geringfügigen Änderungen (Hinzunahme von zwei Stehtischen) die in § 359b Abs 1 Z 2 leg cit genannten Parameter bei weitem nicht überschreitet (Ausmaß der Betriebsanlage von 44 m2, elektronische Anschlussleistung von 23,734 kW). Daraus folgt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 359b Abs 1 jedenfalls zu Recht durchgeführt wurde.

In Bezug auf die Grundparzelle, auf der der Imbisswagen aufgestellt wird, war, was die Bezeichnung betrifft, eine Korrektur vorzunehmen. Die beiden Stehtische (zudem auf der der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Gp. **3 KG Z abgewendeten Seite) wurden nunmehr in die Genehmigung aufgenommen.

Die Beschwerde der Nachbarin AA erweist sich daher, was die gewählte Verfahrensart betrifft, als unbegründet und im Übrigen als unzulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

In der gegenständlichen Beschwerdesache konnte im Sinne des § 24 Abs 4 VwGVG eine Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol ungeachtet des diesbezüglichen – unbegründeten - Antrages der Beschwerdeführerin deshalb entfallen, da vorliegend bloß reine Rechtsfragen, nämlich die Anwendbarkeit des § 359b Abs 1 GewO 1994 - zu beantworten waren, wogegen der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten als geklärt angesehen werden konnte, sodass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der vorliegenden Rechtssache nicht erwarten ließ.

Einem Entfall der Verhandlung standen auch weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221 und 21.03.2014, 2011/06/0024).

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist sowohl im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren als auch im gegenständlichen führerscheinrechtlichen Verfahren unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Triendl

(Richter)

Schlagworte

Imbisswagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.22.1408.3

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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