TE Bvwg Beschluss 2020/10/1 W234 2233183-1

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Veröffentlicht am 01.10.2020
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Entscheidungsdatum

01.10.2020

Norm

GOG Anl1 §36 Abs1
GOG Anl1 §55 Abs1
GOG Anl1 §56
VwGG §30a Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W234 2233183-1/17E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Thomas HORVATH als Vorsitzenden, den Richter Mag. Harald PERL und den Richter Dr. Christian EISNER über die ordentliche Revision des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.08.2020, Zl. W234 2233183-1/12E, beschlossen:

Die ordentliche Revision wird gemäß § 30a Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückgewiesen.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss vom 03.08.2020, Zl. W234 2233183-1/12E, wies das Bundesverwaltungsgericht einen Antrag des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) (im Folgenden revisionswerbende Partei) auf Verhängung einer Beugestrafe über XXXX (im Folgenden mitbeteiligte Partei) gemäß § 36 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und § 56 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) ab. Zur Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Verhängung einer Beugestrafe über die mitbeteiligte Partei wegen Nichterscheinens als Auskunftsperson vor dem Untersuchungsausschuss zwar zulässig sei. Dennoch scheide die Verhängung einer Beugestrafe über die mitbeteiligte Partei aus. Denn die mitbeteiligte Partei habe der revisionswerbenden Partei eine ärztliche Bestätigung beigebracht, dass sie aus medizinischen Gründen nicht in der Lage sei, als Auskunftsperson befragt zu werden. Daher liege für sie eine iSd § 36 Abs. 1 VO-UA „genügende Entschuldigung“ für ihr Nichterscheinen als Auskunftsperson vor. Als obiter dictum wies das Bundesverwaltungsgericht die revisionswerbende Partei darauf hin, dass – sollte sie Zweifel an der beigebrachten ärztlichen Bestätigung hegen – die VO-UA die Möglichkeit biete, ein medizinisches Gutachten zum Gesundheitszustand der mitbeteiligten Partei einzuholen. So könne die revisionswerbende Partei der durch die mitbeteiligte Partei beigebrachten ärztlichen Bestätigung auf gleicher fachlicher Ebene möglicherweise entgegentreten und gegebenenfalls fundiert bestreiten, dass aus dieser eine „genügende Entschuldigung“ für das Nichterscheinen als Auskunftsperson abzuleiten ist. Das Bundesverwaltungsgericht sah sich nicht dazu befugt an, ein solches medizinisches Gutachten – gleichsam anstelle der revisionswerbenden Partei – einzuholen. Schließlich sprach das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus, die Revision gegen seinen Beschluss sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu fehle, unter welchen Voraussetzungen in einem Verweis auf den Gesundheitszustand eine hinsichtlich der Verhängung einer Beugestrafe wegen Ausbleibens der Auskunftsperson von der Befragung durch den Untersuchungsausschuss „genügende Entschuldigung“ derselben iSd § 36 Abs. 1 VO-UA liege.

2. Mit Schriftsatz vom 10.09.2020 erhob die revisionswerbende Partei eine ordentliche Revision gegen diesen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.08.2020. Zur Zulässigkeit ihrer Revision führt sie im Wesentlichen aus, dass Untersuchungsausschüsse nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar nur eingeschränkt - nämlich bei Verletzung in deren prozessualen Rechten wie den Rechten auf Stellung eines Antrags auf Verhängung einer Beugestrafe und auf Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - Revision erheben könnten. Hier werde die revisionswerbende Partei in ihrem Recht auf Stellung des Antrags auf Verhängung der Beugestrafe verletzt. Denn das Bundesverwaltungsgericht habe festgestellt, dass die revisionswerbende Partei ihre Anträge auf Verhängung einer Beugestrafe auf Sachverständigengutachten stützen könnte. Damit verstoße das Bundesverwaltungsgericht gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (konkret VwSlg 19.283 A/2016), wonach ein Untersuchungsausschuss in der Begründung seines Antrages auf Verhängung einer Beugestrafe lediglich „eine (erste) Grundlage für die Entscheidung“ des Bundesverwaltungsgerichts zu liefern habe. Der Untersuchungsausschuss könne nicht verpflichtet sein, im Vorfeld eines Antrages gemäß § 36 Abs. 1 VO-UA einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage fehle bislang.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 30a Abs. 1 VwGG sind Revisionen, denen der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, durch das Verwaltungsgericht ohne weiters Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt Untersuchungsausschüssen in Verfahren über die Verhängung einer Beugestrafe durch das Bundesverwaltungsgericht lediglich eine beschränkte Legitimation zur Erhebung der Revision zu. Dazu führte der Verwaltungsgerichtshof (siehe VwSlg 19283 A/2016) ausdrücklich aus: „[D]ie Mitwirkung des Untersuchungsausschusses – ein nach dem Geschäftsordnungsgesetz 1975 eingerichtetes parlamentarisches Organ – im Verfahren vor dem BVwG nach § 36 VO-UA [ist] auf die Stellung des Antrages auf Verhängung einer Beugestrafe und die dem korrespondierende Zustellung der Entscheidung des BVwG über diesen Antrag beschränkt […], zumal dem Untersuchungsausschuss eine darüber hinausgehende (Organ-)Parteistellung im Verfahren vor dem BVwG nicht ausdrücklich gesetzlich eingeräumt ist. Eine Verletzung lediglich dieser prozessualen Befugnisse des Untersuchungsausschusses durch das BVwG könnte der Untersuchungsausschuss […] vor dem Verwaltungsgerichtshof mittels Revision bekämpfen […].“

Im vorliegenden Fall erscheint es ausgeschlossen, dass die revisionswerbende Partei durch den angefochtenen Beschluss in ihren Rechten auf Stellung des Antrags auf Verhängung einer Beugestrafe oder auf Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt sein kann. Denn zunächst greift der in Revision gezogene Beschluss nicht in das Antragsrecht der revisionswerbenden Partei gemäß § 36 VO-UA ein. Dies zeigt schon der Umstand, dass der Antrag auf Verhängung der Beugestrafe durch das Bundesverwaltungsgericht nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern in der Sache erledigt wurde, sodass der angefochtene Beschluss nicht nachteilig in das Antragsrecht der revisionswerbenden Partei eingreifen kann. Dass das Bundesverwaltungsgericht die revisionswerbende Partei als obiter dictum auf ihre Befugnis zur Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Gesundheitszustand von Auskunftspersonen hinwies, um dieser aufzuzeigen, wie ihrem Antrag und zukünftigen Anträgen eine in der Sache tragfähigere Begründung möglicherweise verliehen werden könnte, ändert daran nichts. Denn diese Ausführungen stammen aus einem obiter dictum, das sich nicht auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Anträgen gemäß § 36 Abs. 1 VO-UA bezieht. Anders als es die revisionswerbende Partei behauptet, hat das Bundesverwaltungsgericht mithin keine über die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinausgehende Anforderungen an die Zulässigkeit des verfahrenseinleitenden Antrages auf Verhängung der Beugestrafe gestellt. Ein (nachteiliger) Eingriff in ihr Antragsrecht ist folglich ausgeschlossen.

Auch wurde der in Revision gezogene Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts der revisionswerbenden Partei zugestellt, sodass ihre Verletzung in diesem Recht ebenso ausscheidet.

Mithin erscheint die Verletzung sämtlicher Rechte als ausgeschlossen, zu deren Durchsetzung der revisionswerbenden Partei die Legitimation zur Erhebung einer Revision eingeräumt ist. Daher mangelt es der revisionswerbenden Partei an der Berechtigung zur Erhebung der Revision, weswegen das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 1 VwGG zu einer Vorentscheidung über die Revision verpflichtet und diese hiermit durch Zurückweisung zu erledigen ist.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss die Revision für zulässig erklärte, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu fehle, unter welchen Voraussetzungen in einem Verweis auf den Gesundheitszustand eine „genügende Entschuldigung“ für das Fernbleiben der Auskunftsperson iSd § 36 Abs. 1 VO-UA liege. Denn das Bundesverwaltungsgericht hatte die Revision dort schon deswegen für zulässig zu erklären, weil einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, ohne etwaige weitere Prozesshindernisse in diese Beurteilung einzubeziehen.

Schlagworte

Antragsrecht ärztlicher Befund Auskunftsperson Beugestrafe ordentliche Revision Revisionsbefugnis Untersuchungsausschuss Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W234.2233183.1.01

Im RIS seit

01.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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