TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/10 VGW-022/039/3142/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.01.2020

Index

82/05 Lebensmittelrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

LMSVG §3 Z9
LMSVG §21
LMSVG §90 Abs3 Z1
VStG §31 Abs2
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Divacky über die Beschwerde des Herrn A. B., vom 22.2.2019, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, AZ.: MBA ..., wegen einer Übertretung der §§ 90 Abs. 3 Z 1 i.V.m. 21 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 idgF. i.V.m. der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

Durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, erging unter AZ.: MBA ..., gegen Herr A. B. ein undatiertes Straferkenntnis mit folgender Tatanlastung:

„Sie haben als Inhaber der Firma C. e.U. (FN ...) und somit als Unternehmerin im Sinne des § 21 LMSVG in dem Betrieb in Wien, D.-gasse, mit der Berechtigung für das Gewerbe: „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Handelsagent" am 14.02.2018 gegen die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel verstoßen, als bei einer Kontrolle durch die Magistratsabteilung 59, bei dem im Verkaufsregal des Unternehmers E. KG in Wien, F.-straße, Vorgefundenen, jedoch von Ihnen als Erstinverkehrbringer an die E. KG gebrachte Produkt mit der Bezeichnung „Brotaufstrich mit Rosenblätter“, 380g, € 5,49/Stk., It. Untersuchung durch die AGES - Institut für Lebensmittelsicherheit, folgende Angaben mangelhaft deklariert waren:

Gemäß Art 7 Abs. 2 LMIV müssen Informationen über Lebensmittel zutreffend, klar und für den Verbraucher leicht verständlich sein. Bei dem Lebensmittel "Brotaufstrich mit Rosenblätter" findet sich auf dem Etikett anschließend an die Zutatenliste die Angabe "Gesamtzuckergehalt 65 g je 100 g", in der Nährwerttabelle wird der Zuckergehalt mit 72 g je 100g angegeben und laut Prüfbericht liegt die tatsächliche lösliche Trockenmasse (Brechungsindex) bei 73,1 ± 2,5° Brix.

Eine Angabe von zwei verschiedenen Werten für den Zuckergehalt ist nicht klar.

Gemäß Art 9 Abs. 1 Buchstabe g sind gegebenenfalls besondere Anweisungen für Aufbewahrung und/oder Anweisungen für die Verwendung anzugeben. Diese Angabe fehlt.

Die vorliegende Probe enthält die allergene Zutat "Natriumdisulfit".

Gemäß Art 21 Abs. 1 müssen unbeschadet der gemäß Art 44 Abs. 2 erlassenen Vorschriften die in Art 9 Abs. 1 Buchstabe c genannten Angaben den folgenden Anforderungen entsprechen: Buchstabe a sie sind in dem Zutatenverzeichnis nach den Vorschriften, die in Art 18 Abs. 1 niedergelegt sind, aufzuführen, und zwar unter genauer Bezugnahme auf die in Anhang II aufgeführte Bezeichnung des Stoffs oder Erzeugnisses; und Buchstabe b die in Anhang II aufgeführte Bezeichnung des Stoffs oder Erzeugnisses wird durch einen Schriftsatz hervorgehoben, durch den sie sich von dem Rest des Zutatenverzeichnisses eindeutig abhebt, z. B. durch die Schriftart, den Schriftstil oder die Hintergrundfarbe.

Bei der vorliegenden Probe ist die Zutat "Natriumdisulfit“ nicht hervorgehoben. Die Kennzeichnung der vorliegenden Probe entspricht in den genannten Punkten nicht den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV).

Für diese Übertretung der §§ 90 Abs. 3 Z 1 i.V.m. 21 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 idgF. i.V.m. der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel wurde über Herrn A. B. eine Geldstrafe von € 360,-- (21 Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Zugleich wurde der Ersatz der Barauslagen in der Höhe von € 168,-- an Untersuchungskosten durch die AGES vorgeschrieben.

Gegen dieses am 1.2.2019 zugestellte Straferkenntnis erhob der Adressat mittels

E-Mail am 22.2.2019 und somit rechtzeitig die vorliegende Beschwerde; unabhängig von den darin enthaltenen Ausführungen war bereits aus dem folgenden Grund spruchgemäß zu entscheiden:

Gemäß § 31 Abs. 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen wurde.

Eine Verfolgungshandlung muss, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, unter anderem wegen eines bestimmten strafbaren Sachverhaltes erfolgen. Dies erfordert, dass sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat; die Tat ist also ausreichend zu konkretisieren (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., S. 1463 ff.).

Ein zentraler Anknüpfungspunkt bei Verletzungen des Lebensmittelrechts ist der Begriff des „Inverkehrbringens“. Diesbezüglich verweist § 3 Z 9 LMSVG auf Art. 3

Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002.

Dieser definiert das „Inverkehrbringen“ in der folgenden Weise: „das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst;“

Da es eindeutig eine Vielzahl verschiedener Handlungen gibt, die ein solches „Inverkehrbringen“ darstellen können, ist es zwingend erforderlich, die genaue Handlung zu bezeichnen, die der Beschuldigte vorgenommen hat.

Die im vorliegenden Fall gewählte Umschreibung der Tat beruht einer gänzlich unzutreffenden Annahme, dass nämlich ein Hersteller/Importeur/Großhändler eines Lebensmittels dafür verantwortlich wäre, dass ein von diesem an einen Einzelhändler veräußertes und an diesen ausgeliefertes Lebensmittel von diesem in einer ihm zuzurechnenden Betriebsstätte (hier „E. KG“ in Wien, F.-straße) den Verbrauchern zum Kauf angeboten wird.

Die mögliche Tathandlung des Importeurs besteht in der Lieferung an den Händler (samt entsprechendem Datum). Dieses wurde jedoch nicht erhoben, vielmehr wurde als Tatzeitpunkt jener der Revision beim Einzelhändler und als Tatort dessen Anschrift bezeichnet; dies kann jedoch nicht zutreffen.

Damit wurde dem Beschwerdeführer insgesamt eine Tat vorgeworfen, die er konkret in dieser Form nicht begangen haben kann, während die denkbare Übertretung nie zum Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung geworden ist; folglich wurde die spruchgemäß getroffene Entscheidung zwangsläufig.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Inverkehrbringen; Importeur; Tathandlung; Verfolgungshandlung; Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.022.039.3142.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten