TE Bvwg Beschluss 2020/3/10 W113 2194144-2

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Veröffentlicht am 10.03.2020
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Entscheidungsdatum

10.03.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
TKG 2003 §115
TKG 2003 §117
TKG 2003 §120
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W113 2194144-2/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Katharina DAVID als Vorsitzende und die Richter Dr. Christian EISNER und Mag. Walter TOLAR als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Lichtenberger & Partner Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 03.04.2018, Zahl R 6/17-12, betreffend den Auftrag, die Einhebung eines zusätzlichen Entgelts für die Möglichkeit der Nutzung von Datenroamingdiensten beim Tarif " XXXX " zu unterlassen, beschlossen:

A) Der angefochtene Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Telekom-Control-Kommission zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Telekom-Control-Kommission (in der Folge: belangte Behörde oder TKK) leitete am 27.11.2017 ein Verfahren nach Art. 16 Abs. 5 Verordnung (EU) 531/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.06.2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (Neufassung), Abl. L 2012/172, 10, (Roaming-VO 2012) gegen die XXXX (in der Folge: Beschwerdeführerin) ein, weil der Verdacht bestand, dass die Beschwerdeführerin für die Nutzung von Datenroaming-Diensten entgegen Art. 6a Roaming-VO 2012 ein zusätzliches Entgelt verrechnen würde. Die belangte Behörde hielt der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28.11.2017 den Verdacht auf Vorliegen dieses Verstoßes vor und forderte diese zur Stellungnahme sowie dazu auf, den Verstoß gegen die genannten Verpflichtungen abzustellen.

Die Beschwerdeführerin brachte am 13.12.2017 sowie am 26.02.2018 Stellungnahmen ein und am 08.01.2018 fand eine mündliche Anhörung statt.

2. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 03.04.2018 trug die belangte Behörde der Beschwerdeführerin gemäß Art. 16 Abs. 5 und 6 iVm Art. 6a Roaming-VO auf, die Einhebung eines zusätzlichen Entgelts für die Möglichkeit der Nutzung von Datenroaming-Diensten beim Tarif " XXXX " zu unterlassen.

3. Dagegen richtet sich die binnen offener Frist erhobene Bescheidbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dem hierin enthaltenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß §§ 121a TKG, 13 Abs. 1 VwGVG gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 08.05.2018, Zahl W113 2194144-1/2E, nicht statt. Diese Entscheidung wurde nicht angefochten.

4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

5. Am 19.12.2019 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht statt, in der die Sach- und Rechtslage erörtert wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin betreibt ein öffentliches Kommunikationsnetz und bietet öffentliche Kommunikationsdienste an.

Die Beschwerdeführerin bot auf ihrer Website unter der Rubrik "Internet für unterwegs" zwei Datentarife an (" XXXX " und " XXXX "). Bei dem erstgenannten Tarif mit Roaming wurde ein höheres Entgelt als für den zweitgenannten Tarif ohne Roaming verrechnet. Ein Vergleich der beiden Tarife stellt sich wie folgt dar:

Bild kann nicht dargestellt werden

Der Tarif " XXXX " wurde ab September 2015 angeboten. Zum Entscheidungszeitpunkt wurde er nicht mehr beworben, es gibt aber noch Kunden, die diesen Tarif zu den damaligen Bedingungen nutzen.

Der Tarif " XXXX " wurde ab August 2017 angeboten. Ob er zum Entscheidungszeitpunkt noch beworben wird, konnte nicht festgestellt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass es auch hier noch Kunden gibt, die diesen Tarif weiterhin nutzen.

Die beiden Tarife unterscheiden sich wie folgt voneinander:

? Der betrachtete Vertragstarif wurde im September 2015 eingeführt, enthält Roaming und ist teurer. Er umfasst eine Bindungswirkung von 24 Monaten, der Preis von ? 17,99 gilt für einen Monat, es ist eine Servicepauschale von ? 22 pro Jahr und fallweise ein einmaliges Aktivierungsentgelt von ? 70 zu bezahlen, es ist eine Hardware beim Preis inkludiert und das Datenvolumen umfasst 15 GB.

? Der betrachtete Prepaid Tarif wurde im August 2017 eingeführt, enthält kein Roaming und ist günstiger. Er umfasst keine Bindungswirkung, der Preis von ? 15 gilt für die Dauer von 30 Tagen, es ist keine Servicepauschale und kein Aktivierungsentgelt zu bezahlen, es ist keine Hardware beim Preis inkludiert und das Datenvolumen umfasst 16 GB.

Im angefochtenen Bescheid geht die belangte Behörde auf S. 3 von einem preislichen Unterschied von mindestens ? 1,07 (wobei der Tarif " XXXX " der teurere Tarif mit Roaming ist) zwischen den Tarifen aus und folgert daraus, dass für die Möglichkeit der Nutzung von Roaming beim Tarif " XXXX " ein zusätzliches Entgelt verrechnet wird und dieser Tarif überdies 1 GB weniger Datenvolumen enthält als der ins Treffen geführte Prepaid Tarif. Die belangte Behörde berücksichtigt dabei die oben angeführten Unterschiede zwischen den Tarifen und bewertet diese monetär (Aktivierungsgebühr, Servicepauschale und anteilige Hardwarestützung).

Die Behörde berücksichtigt dabei nicht, dass ein Tarif für einen vollen Monat und der andere Tarif für 30 Tage gilt. Sie berücksichtigt dabei auch nicht, dass es sich bei einem Tarif um einen Wertkarten-Tarif und beim anderen Tarif um einen Vertragstarif handelt. Sie geht zwar davon aus, dass für die Kunden alleinig das Merkmal "Mit Roaming" oder "Ohne Roaming" kaufentscheidend ist, trifft aber keine Feststellungen dazu, ob für Kunden nicht auch andere Aspekte kaufentscheidend sind.

Es ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung eines Kunden einen Vertragstarif statt eines Prepaid Tarifs zu wählen monetär bewertet werden kann (vgl. VH-Schrift, S. 5). Es ist auch nicht auszuschließen, dass der Aufwand der Beschwerdeführerin für einen Vertragstarif auf der einen Seite und für einen Prepaid Tarif auf der anderen Seite verschieden hoch ist und zwar unabhängig davon, ob Roaming inkludiert ist oder nicht. Eine solche monetäre Bewertung bzw. Bewertung des Aufwands für die beiden Tarifkategorien wäre aber notwendig gewesen, damit ausreichende Feststellungen zur Frage getroffenen werden können, ob für das inkludierte Roaming beim Tarif " XXXX " zusätzliche Gebühren verrechnet werden.

Auf Grund dieser fehlenden Feststellungen ist zudem nicht auszuschließen, dass es sich bei den beiden Tarifen tatsächlich um nicht vergleichbare Tarifkategorien handelt und eine Feststellung, ob beim Vertragstarif zusätzliche Roaming-Gebühren eingehoben werden, faktisch nicht möglich ist.

2. Beweiswürdigung:

Es ist amtsbekannt, dass die Beschwerdeführerin ein Mobilnetzbetreiber ist; dies ergibt sich auch aus von der RTR-GmbH veröffentlichten Liste von Betreibern im Mobilnetz (https://www.rtr.at/de/tk/TKKS_BetreiberMN).

Die Feststellungen zu den beiden Tarifen ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid und der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2019. Es gibt weiterhin Kunden, die diese Tarife zu den Bedingungen nutzen, wie sie zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides galten. Ob der Tarif " XXXX " noch beworben wird, konnte nicht festgestellt werden, da die Beschwerdeführerin zum einen in der Verhandlung aussagte, der Tarif werde noch beworben, andererseits ein Blick auf die homepage der Beschwerdeführerin am 24.02.2020 verriet, dass dieser Tarif dort nicht mehr erhältlich ist. Lediglich ein ähnlicher Tarif (" XXXX ") ist dort auffindbar, der sich aber bereits durch das angebotene inkludierte Datenvolumen vom damaligen " XXXX " unterscheidet.

Zurückzuführen ist dies vermutlich auf die erfolgte Umstellung auf die XXXX -Produktlinie, bedingt durch den Zusammenschluss von XXXX mit XXXX etwa Mitte 2019.

Die Feststellungen zur Vergleichbarkeit bzw. Nicht-Vergleichbarkeit der beiden Tarife ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid (vgl. S. 9), der Beschwerde (vgl. S. 11-12) und der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2019 (vgl. VH-Schrift, S. 5).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Rechtsgrundlagen

Die Verordnung (EG) 717/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.06.2007 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG, Abl. L 2007/171, 32, in der Folge: Roaming-VO 2007, lautete bis zu ihrer Aufhebung auszugsweise:

"Artikel 12

Mitteilungspflicht

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Bezeichnungen der nationalen Regulierungsbehörden mit, die mit der Wahrnehmung von Aufgaben aus dieser Verordnung betraut sind."

Die Verordnung (EU) 531/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.06.2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (Neufassung), Abl. L 2012/172, 10, in der Folge: Roaming-VO 2012, lautet auszugsweise:

"DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

[...]

in Erwägung nachstehender Gründe:

[...]

(4) Das hohe Preisniveau für Sprach-, SMS- und Datenroamingdienste, die von den Nutzern öffentlicher Mobilfunknetze, wie z. B. Studenten, Geschäftsreisenden und Touristen, verlangt werden, ist für diese ein Hindernis für die Nutzung ihrer mobilen Geräte auf Reisen innerhalb der Union und wird von den Verbrauchern, den nationalen Regulierungsbehörden und den Organen der Union als besorgniserregend eingeschätzt; es stellt ein beträchtliches Hemmnis für den Binnenmarkt dar. Die überhöhten Endkundentarife ergeben sich aus hohen Großkundenentgelten der ausländischen Netzbetreiber, in vielen Fällen aber auch aus hohen Endkundenaufschlägen des Heimatanbieters des Kunden. Aufgrund fehlenden Wettbewerbs werden Preissenkungen bei den Großkundenentgelten oft nicht an den Endkunden weitergegeben. Einige Betreiber haben zwar vor Kurzem Tarifsysteme eingeführt, die den Kunden günstigere Bedingungen und etwas geringere Preise bieten, doch bestehen noch immer Anzeichen dafür, dass das Verhältnis zwischen Kosten und Entgelten weit davon entfernt ist, wie es auf wettbewerbsorientierten Märkten wäre.

[...]

(8) Da sich der Mobilfunkdatenverkehr rasant entwickelt und immer mehr Verbraucher Sprach-, SMS- und Datenroamingdienste in anderen Ländern nutzen, ist es notwendig, den Wettbewerbsdruck zu erhöhen, damit sich neue Geschäftsmodelle und Technologien entwickeln. Die Regulierung der Roamingentgelte sollte so gestaltet werden, dass der Wettbewerb zugunsten niedrigerer Preise nicht gebremst wird."

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) [...]

(2) Zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Begriffsbestimmungen gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a) bis q) [...]

r) "inländischer Endkundenpreis" ist das inländische Endkundenentgelt pro Einheit, das der Roaminganbieter für Anrufe und versendete SMS-Nachrichten (die in verschiedenen öffentlichen Kommunikationsnetzen im selben Mitgliedstaat abgehen und ankommen) und für die von einem Kunden genutzten Daten berechnet. Falls es kein spezifisches inländisches Endkundenentgelt pro Einheit gibt, ist davon auszugehen, dass für den inländischen Endkundenpreis derselbe Mechanismus zur Berechnung des Entgelts angewandt wird wie wenn der Kunde den Inlandstarif für Anrufe und versendete SMS- Nachrichten (die in verschiedenen öffentlichen Kommunikationsnetzen im selben Mitgliedstaat abgehen und ankommen) sowie genutzte Daten in seinem Mitgliedstaat nutzen würde;

[...]"

"Artikel 6a

Abschaffung von Endkunden-Roamingaufschlägen

Roaminganbieter dürfen ihren Roamingkunden ab dem 15. Juni 2017, sofern der Gesetzgebungsakt, der infolge des in Artikel 19 Absatz 2 genannten Vorschlags zu erlassen ist, zu diesem Zeitpunkt anwendbar ist, vorbehaltlich der Artikel 6b und 6c, für die Abwicklung abgehender oder ankommender regulierter Roaminganrufe, für die Abwicklung versendeter regulierter SMS-Roamingnachrichten oder für die Nutzung regulierter Datenroamingdienste, einschließlich MMS-Nachrichten, im Vergleich mit dem inländischen Endkundenpreis in einem Mitgliedstaat weder zusätzliche Entgelte noch allgemeine Entgelte für die Nutzung von Endgeräten oder von Dienstleistungen im Ausland berechnen.

Artikel 6b

Angemessene Nutzung

(1) Roaminganbieter können gemäß diesem Artikel und den in Artikel 6d genannten Durchführungsrechtsakten eine Regelung der angemessenen Nutzung ("Fair Use Policy") für die Inanspruchnahme regulierter Roamingdienste auf Endkundenebene, die zu dem geltenden inländischen Endkundenpreis bereitgestellt werden, anwenden, um eine zweckwidrige oder missbräuchliche Nutzung regulierter Roamingdienste auf Endkundenebene durch Roamingkunden zu vermeiden, wie etwa die Nutzung solcher Dienste durch Roamingkunden in einem Mitgliedstaat, der nicht der ihres jeweiligen Anbieters ist, für andere Zwecke als vorübergehende Reisen.

Eine Regelung zur angemessenen Nutzung ermöglicht den Kunden eines Roaminganbieters die Nutzung von regulierten Endkunden-Roamingdiensten zu dem anwendbaren inländischen Endkundenpreis in einem Umfang, der ihren Tarifen entspricht.

(2) Artikel 6e gilt für regulierte Roamingdienste auf Endkundenebene, die über die Beschränkungen im Rahmen einer Regelung zur angemessene Nutzung hinausgehen.

Artikel 6c

Tragfähigkeit der Abschaffung der Endkunden-Roamingaufschläge

(1) Wenn ein Roaminganbieter bei Vorliegen bestimmter und außergewöhnlicher Umstände seine gesamten tatsächlichen und veranschlagten Kosten der Bereitstellung regulierter Roamingdienste gemäß den Artikeln 6a und 6b nicht aus seinen gesamten tatsächlichen und veranschlagten Einnahmen aus der Bereitstellung dieser Dienste decken kann, so darf er eine Genehmigung zur Erhebung eines Aufschlags beantragen, um die Tragfähigkeit seines inländischen Entgeltmodells sicherzustellen. Dieser Aufschlag darf nur in dem Umfang angewandt werden, der erforderlich ist, um die Kosten der Erbringung regulierter Endkunden-Roamingdienste unter Beachtung der für Großkundenentgelte zulässigen Höchstbeträge zu decken.

(2) Ein Roaminganbieter, der beschließt, Absatz 1 dieses Artikels in Anspruch zu nehmen, stellt unverzüglich einen Antrag an die nationale Regulierungsbehörde und übermittelt ihr alle erforderlichen Informationen gemäß den in Artikel 6d genannten Durchführungsrechtsakten. Danach aktualisiert der Roaminganbieter alle 12 Monate diese Informationen und legt sie der nationalen Regulierungsbehörde vor.

(3) Nach Erhalt eines Antrags gemäß Absatz 2 prüft die nationale Regulierungsbehörde, ob der Roaminganbieter nachgewiesen hat, dass er nicht in der Lage ist, seine Kosten gemäß Absatz 1 zu decken, so dass die Tragfähigkeit seines inländischen Entgeltmodells gefährdet wäre. Die Bewertung der Tragfähigkeit des inländischen Entgeltmodells stützt sich auf relevante objektive Faktoren, die speziell für den Roaminganbieter gelten, einschließlich objektiver Unterschiede zwischen Roaminganbietern in dem betreffenden Mitgliedstaat und des Niveaus der Inlandspreise und -erlöse. Die nationale Regulierungsbehörde genehmigt den Aufschlag, wenn die Bedingungen des Absatzes 1 sowie des vorliegenden Absatzes erfüllt sind.

(4) Innerhalb eines Monats nach Eingang eines Antrags gemäß Absatz 2 genehmigt die nationale Regulierungsbehörde den Aufschlag, sofern der Antrag nicht offensichtlich unbegründet ist oder ungenügende Informationen enthält. Wenn die nationale Regulierungsbehörde den Antrag für offensichtlich unbegründet hält oder der Auffassung ist, dass keine ausreichenden Informationen bereitgestellt wurden, trifft sie innerhalb einer Frist von weiteren zwei Monaten, nachdem sie dem Roaminganbieter Gehör gewährt hat, eine endgültige Entscheidung über die Genehmigung, Änderung oder Ablehnung des Aufschlags."

"Artikel 12

Großkundenentgelte für regulierte Datenroamingdienste

(1) Mit Wirkung vom 15. Juni 2017 darf das durchschnittliche Großkundenentgelt, das der Betreiber eines besuchten Netzes dem Roaminganbieter für die Abwicklung regulierter Datenroamingdienste über das jeweilige besuchte Netz berechnet, eine Schutzobergrenze von 7,70 EUR pro Gigabyte übertragener Daten nicht übersteigen. Dieses maximale Großkundenentgelt sinkt am 1. Januar 2018 auf 6,00 EUR pro Gigabyte, am 1. Januar 2019 auf 4,50 EUR pro Gigabyte, am 1. Januar 2020 auf 3,50 EUR pro Gigabyte, am 1. Januar 2021 auf 3,00 EUR und am 1. Januar 2022 auf 2,50 EUR pro Gigabyte. Sie bleibt unbeschadet des Artikels 19 bis zum 30. Juni 2022 bei 2,50 EUR pro Gigabyte übertragener Daten.

[...]"

"Artikel 16

Überwachung und Durchsetzung

(1) bis (4a) [...]

(5) Die nationalen Regulierungsbehörden können von sich aus tätig werden, um die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen. Insbesondere machen sie nötigenfalls von den Befugnissen gemäß Artikel 5 der Zugangsrichtlinie Gebrauch, um Zugang und Zusammenschaltung in angemessenem Umfang sicherzustellen, so dass bei Roamingdiensten die durchgehende Konnektivität und Interoperabilität gewährleistet wird, zum Beispiel wenn Kunden keine regulierten SMS-Roamingnachrichten mit Kunden eines terrestrischen öffentlichen Mobilfunknetzes in einem anderen Mitgliedstaat austauschen können, weil keine Vereinbarung über die Zustellung solcher Nachrichten besteht.

(6) Stellt eine nationale Regulierungsbehörde einen Verstoß gegen Verpflichtungen aus dieser Verordnung fest, so kann sie die sofortige Abstellung des Verstoßes anordnen."

"Artikel 20

Mitteilungspflicht

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Bezeichnungen der nationalen Regulierungsbehörden mit, die mit der Wahrnehmung von Aufgaben aus dieser Verordnung betraut sind."

"Artikel 21

Aufhebung

Die Verordnung (EG) Nr. 717/2007 wird gemäß Anhang I ab dem 1. Juli 2012 aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Verordnung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang II zu lesen."

"ANHANG II

Entsprechungstabelle

Verordnung (EG) Nr. 717/2007 Vorliegende Verordnung

[...]

Artikel 12 Artikel 20

[...]"

Das Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird (Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003), BGBl. I 2003/70, lautet auszugsweise:

"Aufgaben der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH

§ 115. (1) Die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH hat sämtliche Aufgaben, die durch dieses Bundesgesetz und durch die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen der Regulierungsbehörde übertragen sind, wahrzunehmen, sofern hierfür nicht die Telekom-Control-Kommission (§ 117) oder die KommAustria zuständig ist.

(1a) Die RTR-GmbH ist Regulierungsbehörde gemäß der Verordnung über das GEREK (§ 3 Z 8a). In Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der KommAustria fallen, ist das Einvernehmen mit dieser herzustellen.

(1b) Die RTR-GmbH ist, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Regulierungsbehörde gemäß den Art. 1 bis Art. 5 der Verordnung (EU) 2015/2120.

(2) In Streitfällen, die in die Zuständigkeit der Regulierungsbehörden zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten fallen, kann der Antrag an die betreffenden Regulierungsbehörden gerichtet werden. Diese koordinieren ihre Maßnahmen.

(3) Die RTR-GmbH kann zu Verhandlungen über sich aus diesem Bundesgesetz ergebende Meinungsverschiedenheiten nach den von der RTR-GmbH zu veröffentlichenden Kriterien beigezogen werden. Ein diesbezügliches Ersuchen ist von sämtlichen Beteiligten in schriftlicher Form an die RTR-GmbH zu richten. Die Beiziehung der RTR-GmbH steht der Einleitung eines Verwaltungsverfahrens nach den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht entgegen. Vereinbarungen nach diesem Absatz, die unter Beiziehung der RTR-GmbH getroffen werden, entfalten ausschließlich Rechtswirkungen zwischen den Beteiligten. Eine Durchsetzung ist ausschließlich im Zivilrechtsweg möglich.

Telekom-Control-Kommission

§ 116. (1) Zur Erfüllung der im § 117 genannten Aufgaben ist die Telekom-Control-Kommission eingerichtet.

(2) Die Telekom-Control-Kommission ist bei der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH angesiedelt. Die Geschäftsführung der Telekom-Control-Kommission obliegt der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Telekom-Control-Kommission ist das Personal der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH an die Weisungen des Vorsitzenden oder des in der Geschäftsordnung bezeichneten Mitgliedes gebunden.

(3) Die Mitglieder der Telekom-Control-Kommission sind gemäß Art. 20 Abs. 2 B-VG bei der Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.

Aufgaben

§ 117. Der Telekom-Control-Kommission sind folgende Aufgaben zugewiesen:

1. die Entscheidung in Verfahren gemäß §§ 6, 6a, 6b Abs. 7, 7, 9, 9a Abs. 8, 11, 12a und 13,

1a. Entscheidungen über Sicherheitsüberprüfungen gemäß § 16a Abs. 4,

2. Entscheidung in Verfahren gemäß § 18 Abs. 3,

2a. Entscheidungen in Verfahren gemäß § 22,

2b. Entscheidungen in Verfahren nach § 24a,

3. Ausübung des Widerspruchsrechtes gemäß § 25,

4. Ermittlung des aus dem Universaldienstfonds zu leistenden finanziellen Ausgleichs gemäß § 31,

5. Feststellung des an den Universaldienstfonds zu leistenden Betrages gemäß § 32,

6. Feststellung der der sektorspezifischen Regulierung unterliegenden relevanten Märkte sowie die Feststellung, ob auf diesen jeweils ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen oder aber effektiver Wettbewerb gegeben ist und die Aufhebung, Beibehaltung, Änderung oder Auferlegung von spezifischen Verpflichtungen gemäß § 36 bis 37a,

7. Entscheidung in Verfahren gemäß §§ 23 Abs. 2, 38, 41, 42, 47, 47a, 47b Abs. 2, 48 und 49 Abs. 3 sowie Anträge an die Europäische Kommission gemäß § 47 Abs. 1,

7a. Entscheidungen in Verfahren gemäß § 50,

8. Genehmigung von Geschäftsbedingungen und Entgelten sowie Ausübung des Widerspruchsrechtes gemäß §§ 26 und 45,

9. Zuteilung von Frequenzen, hinsichtlich derer im Frequenznutzungsplan eine Festlegung gemäß § 52 Abs. 3 getroffen wurde, gemäß § 54 Abs. 3 Z 2,

10. Entscheidung über die Überlassung von Frequenzen gemäß § 56,

11. Änderung der Frequenzzuteilung gemäß § 57 und Widerruf der Frequenzzuteilung gemäß § 60,

12. Entscheidung über das Recht Kommunikationsnetze oder -dienste bereit zu stellen gemäß § 91 Abs. 3,

13. Entscheidung über einstweilige Verfügungen gemäß § 91 Abs. 4,

13a. Entscheidungen in Verfahren nach § 91a,

14. Feststellung und Antragstellung gemäß § 111,

15. Antragstellung an das Kartellgericht gemäß § 127,

16. Entscheidungen gemäß § 130 Abs. 1,

17. Entscheidung über geeignete und erforderliche Maßnahmen nach Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EU) 2015/2120 im Einzelfall.

Zuständigkeit der KommAustria

§ 120. (1) Abweichend von der in §§ 115 und 117 vorgenommenen Zuständigkeitsverteilung nimmt die KommAustria, soweit sich ein verfahrenseinleitender Antrag oder eine Regulierungsmaßnahme auf die Nutzung eines Kommunikationsnetzes, einer zugehörigen Einrichtung oder die Inanspruchnahme eines Kommunikationsdienstes zur Verbreitung von elektronischen Audiomedien und elektronischen audiovisuellen Medien im Sinne des § 1 Abs. 1 KOG, einschließlich Rundfunk im Sinne des BVG-Rundfunk, oder von Zusatzdiensten im Sinne von § 2 Z 44 des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes, bezieht, oder sich eine Regulierungsmaßnahme auf einen Markt für die Verbreitung der vorstehenden Dienste bezieht, folgende Aufgaben der Regulierungsbehörde im Sinne dieses Bundesgesetzes wahr:

1. Festsetzung der Richtsätze gemäß § 7,

2. Anordnung der Mitbenutzung gemäß § 8 und § 9,

3. Aufgaben nach § 15, § 16a, § 17, § 21 und § 25,

4. Aufgaben der Wettbewerbsregulierung nach dem 5. Abschnitt dieses Bundesgesetzes,

5. Genehmigung der Frequenzüberlassung gemäß § 56,

6. Genehmigung von Änderungen gemäß § 57 und Widerruf gemäß § 60,

7. Aufgaben gemäß § 90,

8. Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 91,

9. Abschöpfung der Bereicherung gemäß § 111,

10. Streitbeilegung nach § 122,

11. Aufgaben nach §§ 124 bis 130.

(2) Die Telekom-Control-Kommission oder die RTR-GmbH und die KommAustria haben regelmäßig Informationen über den Gegenstand und die Verfahrensparteien neu anhängiger Verfahren auszutauschen.

(2a) Bezieht sich ein verfahrenseinleitender Antrag oder eine Regulierungsmaßnahme auf die Nutzung eines Kommunikationsnetzes, einer zugehörigen Einrichtung oder die Inanspruchnahme eines Kommunikationsdienstes oder einen Markt

1. sowohl für die Verbreitung von elektronischen Audiomedien und elektronischen audiovisuellen Medien im Sinne des § 1 Abs. 1 KOG, einschließlich Rundfunk im Sinne des BVG-Rundfunk, oder von Zusatzdiensten im Sinne von § 2 Z 44 des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes, als auch

2. für Telekommunikationsdienste,

und liegen die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2a letzter Satz AVG nicht vor, bemisst sich die Zuständigkeit nach dem Hauptzweck der betroffenen Tätigkeit(en). Fällt der Hauptzweck unter die Z 1, nimmt die KommAustria die Aufgaben der Regulierungsbehörde nach Abs. 1 wahr, im Fall der Z 2 gelten die Bestimmungen der §§ 115 und 117.

(3) Auf Antrag kommt der KommAustria Parteistellung in Verfahren vor der Telekom-Control-Kommission oder der RTR-GmbH zu, soweit das Verfahren die Nutzung eines Kommunikationsnetzes, einer zugehörigen Einrichtung oder die Inanspruchnahme eines Kommunikationsdienstes auch zur Verbreitung von elektronischen Audiomedien und elektronischen audiovisuellen Medien im Sinne des § 1 Abs. 1 KOG, einschließlich Rundfunk im Sinne des BVG-Rundfunk, oder von Zusatzdiensten im Sinne von § 2 Z 44 des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes betrifft.

(4) Auf Antrag kommt der Telekom-Control-Kommission oder der RTR-GmbH Parteistellung in Verfahren vor der KommAustria zu, soweit das Verfahren die Nutzung eines Kommunikationsnetzes, einer zugehörigen Einrichtung oder die Inanspruchnahme eines Kommunikationsdienstes auch für Telekommunikationsdienste betrifft.

(5) Die KommAustria, die Telekom-Control-Kommission oder die RTR-GmbH kann, soweit ihr im Verfahren Parteistellung nach Abs. 3 oder Abs. 4 zukommt, gegen Entscheidungen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an das Bundesverwaltungsgericht erheben. Ebenso steht ihr die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu."

3.2. Zur Zuständigkeit

Zunächst war zu klären, ob das innerstaatliche Recht eine Behörde für den Vollzug der Roaming-VO 2012 bestimmt.

Diesbezüglich sind die §§ 115 bis 120 TKG 2003 einschlägig: § 120 TKG 2003 regelt die Aufgaben der KommAustria, § 117 TKG 2003 jene der Telekom-Control-Kommission. § 115 Abs. 1 TKG 2003 enthält eine subsidiäre Zuständigkeit der RTR-GmbH für sämtliche Aufgaben, die durch das TKG 2003 und der darauf beruhenden Verordnungen der Regulierungsbehörde übertragen und nicht der Telekom-Control-Kommission oder der KommAustria vorbehalten sind. Dem innerstaatlichen Recht ist somit eine Zuständigkeit für die Vollziehung der Roaming-VO 2012 nicht zu entnehmen.

In einem weiteren Schritt war zu klären, ob das Europarecht selbst, insbesondere die Roaming-VO 2012 eine Behörde für die Vollziehung für zuständig erklärt. Insbesondere war zu überprüfen, ob Art. 20 Roaming-VO 2012 im Sinne einer Zuständigkeitsnorm zu verstehen ist.

Die Vorgängerregelung zur Roaming-VO 2012, die Roaming-VO 2007, enthielt in Art. 12 eine mit Art. 20 Roaming-VO 2012 wortidente Regelung. In seiner Entscheidung vom 19.04.2012, 2009/03/0170, hat der Verwaltungsgerichthof hiezu erkannt: "Da sich die Zuständigkeit der Behörde unmittelbar aus der VO (EG) Nr. 717/2007 und der Benennung der nationalen Regulierungsbehörde nach Artikel 12 dieser VO in Verbindung mit dem eben zitierten E vom 15. Dezember 2003 ergibt, bedarf es auch nicht der von der Behörde vorgenommenen Herleitung ihrer Zuständigkeit über Art 10 der GenehmigungsRL und dessen Umsetzung in § 91 TKG 2003."

Auf der Grundlage von Art. 12 Roaming-VO 2007 benannte das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie mit Schreiben an die Europäische Kommission vom 22.10.2007 die Telekom-Control-Kommission und die "Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) als Geschäftsstelle der TKK" als jene Behörden, die mit der Wahrnehmung von Aufgaben aus der Roaming-VO 2007 betraut würden. Trotz der etwas unglücklichen Formulierung war davon auszugehen, dass somit die Telekom-Control-Kommission als Regulierungsbehörde benannt wurde.

Fraglich war nunmehr, ob diese zu Art. 12 Roaming-VO 2007 ergangene Judikatur auf die Rechtslage nach der Roaming-VO 2012 übertragen werden kann, wobei anzumerken ist, dass eine (neuerliche) Meldung einer innerstaatlich zuständigen Regulierungsbehörde auf der Grundlage von Art. 20 Roaming-VO 2012 durch österreichische Behörden nicht erfolgte.

Für das Gericht ist die Frage der Zuständigkeit der Telekom-Control-Kommission für den Vollzug der Roaming-VO 2012 aus folgenden Gründen hinreichend geklärt:

1. Die Zuständigkeitsnorm in Art. 12 Roaming-VO 2007 in der Fassung bis zur Aufhebung ist mit der Bestimmung des Art. 20 Roaming-VO 2012 wortident, sie ist also ihre Nachfolgebestimmung. Die zu Art. 12 Roaming-VO 2007 ergangene Judikatur erscheint somit auch auf Art. 20 Roaming-VO 2012 anwendbar.

2. Die Zuständigkeit der Telekom-Control-Kommission zum Vollzug der Roaming-VO 2007 wurde mit Meldung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie an die Europäische Kommission vom 22.10.2007 auf Grund von Art. 12 Roaming-VO 2007 begründet.

3. Die Europäische Union nimmt ihre Zuständigkeit im Telekommunikationsbereich, hier relevant im Bereich Roaming, weiterhin wahr, derzeit durch die Roaming-VO 2012.

4. Die Roaming-VO 2012 stellt sich nicht als "neue" Verordnung dar, schon ihrem Wortlaut nach ist sie eine Neufassung der Roaming-VO 2007. Aus diesem Grund enthielt Art. 20 Roaming-VO 2012 (im Gegensatz zur Vorgängerbestimmung) auch nie eine Frist, bis wann die für die Vollziehung der Verordnung zuständigen Behörden in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Kommission zu melden sind; der Gesetzgeber der Roaming-VO 2012 sah eine neuerliche Meldeverpflichtung eben nicht vor.

5. Art. 21 Abs. 2 Roaming-VO 2012 in Verbindung mit den Entsprechungstabellen im Anhang ordnet an, dass Verweise auf Art. 12 Roaming-VO 2007 als Verweise auf Art. 20 Roaming-VO 2012 zu lesen sind.

Zusammenfassend geht das Gericht davon aus, dass die belangte Behörde für den Vollzug der Roaming-VO 2012 auf Grund von Art. 20 leg. cit. in Verbindung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie an die Europäische Kommission vom 22.10.2007 zuständig ist. Für diese Ansicht spricht schließlich die Entscheidung des VwGH vom 26.06.2013, 2013/03/0065, wo der VwGH über einen Bescheid der belangten Behörde betreffend Aufsichtsmaßnahmen nach der Roaming-VO 2012 ein Zuständigkeitsproblem nicht relevierte.

3.3. Unzulässigkeit der Verrechnung eines zusätzlichen Entgelts über die Nutzung von Datenroaming-Diensten

Art. 6a der Roaming-VO 2012 sieht vor, dass Roaming-Anbieter ihren Roaming-Kunden, vorbehaltlich der Art. 6b und 6c, u.a. für die Nutzung regulierter Datenroaming-Dienste, einschließlich MMS-Nachrichten, im Vergleich mit dem inländischen Endkundenpreis in einem Mitgliedstaat weder zusätzliche Entgelte, noch allgemeine Entgelte für die Nutzung von Endgeräten oder von Dienstleistungen im Ausland berechnen dürfen.

Nach Art. 2 Abs. 2 lit. r Roaming-VO 2012 ist "der inländische Endkundenpreis" das inländische Endkundenentgelt pro Einheit, das der Roaming-Anbieter u.a. für die von einem Kunden genutzten Daten berechnet. Betroffen ist dabei jener Datenverkehr, der in verschiedenen öffentlichen Kommunikationsnetzen im selben Mitgliedstaat abgeht oder ankommt. Ein höheres Entgelt für Roaming im EWR als dieser inländische Endkundenpreis darf nicht verrechnet werden.

Gemäß Art. 3 Absatz 3 VO (EG) Nummer 1211/2009 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 25.11.2009 zur Einrichtung des Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation ("GEREK-VO") haben nationale Regulierungsbehörden und die Europäische Kommission allen von GEREK verabschiedeten Stellungnahmen, Empfehlungen, Leitlinien und Ratschlägen oder bewährten Regulierungspraktiken weitestgehend Rechnung zu tragen. Entsprechende Richtlinien wurden mit den "BEREC Guidelines on Regulation (EU) No. 531/2012 as amended by Regulation (EU) No. 2120/2015" erlassen. Diese sehen in Guideline 12 vor (Hervorhebungen nur hier): "The policy objective of the Roaming Regulation is the abolition of surcharges on the prices for roaming services. Thus, as a general rule, roaming providers cannot apply a price for regulated roaming services which exceeds the price that would be incurred by the customers if they were consuming those services in the home country. This is known as the domestic retail price as defined in Article 2 (2) (r) Roaming Regulation".

Damit wiederholen die BEREK-Richtlinien im Grunde die Definition des inländischen Endkundenpreises unter Verweis auf Art. 2 Abs. 2 lit. r Roaming-VO 2012 und legen fest, dass Anbieter keinen höheren Preis für Roaming als diesen Endkundenpreis verlangen dürfen.

Der Leitgedanke der Roaming-VO 2012, dass der Endkunde sein mobiles Gerät im EU-Ausland zu den vereinbarten Inlandspreisen nutzen können soll, findet in der Roaming-VO 2012 und hier insbesondere in deren Art. 6a in Form der Abschaffung von Endkunden-Roamingaufschlägen seinen Ausdruck, der auf die Schaffung eines Binnenmarktes gerichtet ist, auf dem schließlich nicht mehr zwischen Inlands- und Roamingtarifen unterschieden wird (vgl. auch Bescheid vom 15.06.2018, S. 17, der deutschen Bundesnetzagentur, Zl. 312/InternationalRoaming/VodafonePass, betreffend Verstoß gegen Roaming-Vorschriften; https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Unternehmen_Institutionen/Anbieterpflichten/EURoaming/VodafonePass.pdf?__blob=publicationFile&v=3).

Die belangte Behörde trug der Beschwerdeführerin in diesem Sinne auf, die Einhebung eines zusätzlichen Entgelts für die Möglichkeit der Nutzung von Datenroamingdiensten bei einem bestimmten Tarif zu unterlassen. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass die belangte Behörde den spruchgegenständlichen Vertragstarif mit einem weiteren Tarif der Beschwerdeführerin verglich, wobei sich beide Tarife insbesondere dadurch voneinander unterscheiden:

* der betrachtete Vertragstarif enthält Roaming und ist teurer

* der betrachtete Prepaid Tarif enthält kein Roaming und ist günstiger

Die beiden Tarife unterscheiden sich jedoch auch noch in anderen Punkten voneinander:

* der betrachtete Vertragstarif umfasst eine Bindungswirkung von 24 Monaten, der Preis von ? 17,99 gilt für einen Monat, es ist eine Servicepauschale von ? 22 pro Jahr und fallweise ein einmaliges Aktivierungsentgelt von ? 70 zu bezahlen, es ist eine Hardware beim Preis inkludiert, das Datenvolumen umfasst 15 GB

* der betrachtete Prepaid Tarif umfasst keine Bindungswirkung, der Preis von ? 15 gilt für die Dauer von 30 Tagen, es ist keine Servicepauschale und kein Aktivierungsentgelt zu bezahlen, es ist keine Hardware beim Preis inkludiert, das Datenvolumen umfasst 16 GB

Die Beschwerdeführerin behauptete, dass es sich bei den Tarifen um Tarife aus ganz unterschiedlichen Produktwelten und Produkt-Portfolios handle, welche sich in zahlreichen Produktmerkmalen unterscheiden würden und dass es sich deshalb bei den verfahrensgegenständlichen Tarifen nicht um zwei unterschiedliche Preise für denselben Tarifplan mit und ohne Roamingdienste iSv Art. 6a Roaming-VO 2012 und den BEREC-Guidlines handeln würde (Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 13.12.2017 und 26.02.2018).

Die belangte Behörde hingegen führte zur Vergleichbarkeit der beiden Tarife in ihrer Begründung an, dass die Roaming-VO 2012 nicht darauf abstelle, ob idente Tarifpläne vorliegen würden. Ausschlaggebend sei, ob es sich um Tarife mit vergleichbaren Leistungen handle. Die BEREC-Guidline führe den Fall der identen Tarifpläne lediglich als Beispiel an. Im gegenständlichen Fall - auch wenn die Tarifpläne nicht ident, sondern lediglich sehr ähnlich seien - gehe klar hervor, dass das wesentliche Unterscheidungsmerkmal beider Tarife die Nutzung von Roaming sei.

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, soweit sie den Fall identer Tarifpläne lediglich als Beispiel für vergleichbare Leistungen iSd BEREC-Guidline interpretiert (vgl. Bescheid, S. 8: "[...] An example of an indirect/quasi surcharge for enabling roaming would be if two otherwise idetical tariff plans of a roaming provider differ only in the fixed periodic fee and the ability to roam with the roaming-enabled plan being more expensive than the non-roaming-enabled plan. [...]"). Nach Ansicht des erkennenden Senates müssen daher für einen Verstoß gegen die Roaming-VO 2012 nicht zwingend völlig identische Tarifpläne vorliegen, die sich ausschließlich durch die Möglichkeit Roaming zu nutzen und entsprechend unterschiedlichen Preisen voneinander unterscheiden. Es müssen iSd Art. 6a der Roaming-VO 2012 jedoch vergleichbare oder auch - wie die belangte Behörde es formuliert - "sehr ähnliche" Leistungen vorliegen, da ansonsten die Feststellung, dass für einen Tarif zusätzlich Roaming-Gebühren verrechnet werden, nicht möglich ist.

Auf Grund des klaren Wortlauts der zitierten BEREC-Richtlinie, der überdies "nur" im Wesentlichen Rechnung zu tragen ist, sieht sich der entscheidende Senat nicht veranlasst ein Vorabentscheidungsverfahren zur Frage ihrer Auslegung anzustreben, wie dies die Beschwerdeführerin anregt (vgl. Beschwerde S. 10).

Der belangten Behörde kann nicht gefolgt werden, wenn sie das "Roaming" als wesentliches Unterscheidungsmerkmal der beiden Tarife bezeichnet. Wie sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt, bestehen zwischen den beiden von der Behörde verglichenen Tarifen mehrere Unterscheidungsmerkmale, die es im Ergebnis nicht ohne weiteres zulassen, dass eine Feststellung darüber getroffen werden kann, ob und wieviel beim spruchgegenständlichen Tarif für das "Roaming" berechnet wird. Eine solche Feststellung wäre aber notwendig gewesen, um der Beschwerdeführerin auftragen zu können, die Einhebung eines - ziffernmäßig bestimmten - zusätzlichen Entgelts für die Möglichkeit der Nutzung von Roamingdiensten beim spruchgegenständlichen Tarif zu unterlassen.

Auf Grund dieser fehlenden Feststellungen ist zudem nicht auszuschließen, dass es sich bei den beiden Tarifen tatsächlich um nicht vergleichbare Tarife iSd Art. 6a Roaming-VO 2012 handelt und ein Verstoß gegen die Roaming-VO auf dieser Grundlage von vornherein nicht in Betracht kommt.

Zur Zurückverweisung:

Die ergänzenden Ermittlungen zur Frage der Vergleichbarkeit des verfahrensgegenständlichen Tarifs " XXXX " mit einem Prepaid Tarif " XXXX " ist nach Ansicht des BVwG am besten durch die belangte Behörde selbst vorzunehmen: Die in § 28 Abs. 3 VwGVG normierte Zurückverweisungsmöglichkeit stellt zwar eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. In dem im VwGVG insgesamt normierten System finden insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. die Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck. Nach der Judiaktur des VwGH kann von dieser Entscheidungsart nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden, etwa wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat (VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; 14.12.2015, Zl. Ra 2015/09/0057).

Gegenständlich fehlen notwendige Ermittlungsschritte in einem großen Umfang. Die belangte Behörde hat zwar eine Anhörung der Beschwerdeführerin durchgeführt, sich darüber hinaus aber nur auf das vorliegende Zahlenmaterial gestützt. Ermittlungen zur Frage, ob die beiden betrachteten Tarife tatsächlich vergleichbar sind und aus einem solchen Vergleich die Einhebung eines zusätzlichen Entgelts für Roaming abgeleitet werden kann, fehlen zur Gänze. Dabei handelt es sich aber um die für diesen Fall maßgebliche Frage. Die Ermittlungsschritte der belangten Behörde erwiesen sich somit nachträglich als völlig unzureichend, weshalb eine zurückverweisende Entscheidung geboten erscheint (vgl. etwa VwGH 04.07.2016, Zl. Ra 2016/04/0014; 29.07.2015, Zl. Ra 2015/07/0034).

In Anbetracht der Komplexität und des wirtschaftlichen Charakters der Entscheidung über die aus den zu ermittelnden Sachverhaltselementen erfließenden Berechnungen liegt eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG weder im Interesse der Raschheit noch der Kostenersparnis. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Durchführung des von der belangten Behörde zu ergänzenden Ermittlungsverfahrens, allenfalls unter Zuhilfenahme von Sachverständigen.

Schließlich scheint es in einem Fall wie dem hier vorliegenden trotz der restriktiven Judikatur des VwGH (vgl. VwGH 26.03.2015, Ro 2015/22/0011) auch deshalb geboten, die ausständigen, aber wesentlichen Ermittlungen durch die Behörde vornehmen zu lassen, da eine erstmalige Ermittlung und Entscheidung durch das BVwG die Rechtschutzmöglichkeiten der Parteien unnötig beschneiden würde.

Fortgesetztes Verfahren:

Im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens wird die belangte Behörde erneut, sofern sie sich dazu entschließt das amtswegig eingeleitete Verfahren fortzuführen, zu prüfen haben, ob die Erteilung eines Auftrags an die Beschwerdeführerin, die Einhebung eines zusätzlichen Entgelts für die Möglichkeit der Nutzung von Datenroamingdiensten beim Tarif " XXXX " zu unterlassen iSd Roaming-VO 2012 geboten ist.

Wie bereits festgestellt, wird die Behörde einen ziffernmäßig bestimmten Betrag zu ermitteln haben, den die Beschwerdeführerin für das inkludierte Roaming beim Tarif " XXXX " einhebt.

Sie wird dabei insbesondere zu ermitteln haben, ob das Unterscheidungsmerkmal der beiden Tarife (Vertragstarif versus Prepaid Tarif) monetär bewertet werden kann und wird das Ergebnis bei der Frage, ob beim Tarif " XXXX " ein zusätzliches Entgelt für Roaming berechnet wurde, zu berücksichtigen haben. Sie wird ergänzend zu berücksichtigen haben, dass dieser Tarif für einen vollen Monat und der andere (vermeintlich vergleichbare) Tarif für 30 Tage gilt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die anzuwendenden Bestimmungen sind so klar, dass keinerlei Zweifel über deren Auslegung vorliegen können. Eine Befassung des Verwaltungsgerichtshofs in dieser Angelegenheit ist daher nicht erforderlich.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Entgelt Entgeltkontrolle Ermittlungspflicht Gebühren Kassation Kommunikationseinrichtung mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Sachverhaltsfeststellung mündliche Verhandlung Unterlassung Zurückverweisung Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W113.2194144.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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