TE Lvwg Erkenntnis 2019/6/27 VGW-042/063/2250/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.06.2019

Index

60/02 Arbeitnehmerschutz

Norm

ASchG §3 Abs1
BArbSchV §7 Abs4
BArbSchV §87 Abs2
BArbSchV §87 Abs5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Al-Hachich über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 16.01.2019, Zl. …, betreffend Übertretungen des 1) und 2) jeweils § 87 Abs. 2 BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idgF, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.05.2019

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 320,00 (das sind 20% der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

III. Gemäß § 52 Abs. 3 VwGVG iVm § 76 AVG wird dem Beschwerdeführer der Ersatz der mit € 143,70 bestimmten Gebühr, die dem Verwaltungsgericht Wien in der Beschwerdeverhandlung am 24.05.2019 als Barauslage für die zur Vernehmung der Zeugen Herrn C. D. und Herrn E. F. erforderliche Dolmetscherin …, erwachsen ist, auferlegt.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Der Magistrat der Stadt Wien – Magistratisches Bezirksamt …, erließ gegen den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G. gmbh mit Sitz in Wien, H., zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 16.07.2018 auf der Baustelle (Arbeitsstätte) in Wien, K.-straße, ihre Arbeitnehmer

Herrn C. D., geboren 1960 und

Herrn E. F., geboren 1972

im Zuge ihrer beruflichen Tätigkeit (Verputzen der Kamine) auf dem Mansardendach mit einer Dachneigung von ca. 4° (oberer Bereich) und ca. 45° (im Steildachbereich) beschäftigt hat und dabei, obwohl dabei Absturzgefahr über eine Höhe von ca. 22 m bestand, keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren und die Arbeitnehmer auch nicht mit einer persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz angeseilt waren.

Dadurch wurde § 87 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung BauV zweimal übertreten (je Arbeitnehmer eine Übertretung), wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m, Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1) und 2) jeweils § 87 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

2 Geldstrafen von je € 800,00, falls diese uneinbringlich sind, 2 Ersatzfreiheitsstrafen von je 1 Tag,

Summe der Geldstrafen: € 1.600,00

Summe der Ersatzfreiheitsstrafen: 2 Tage

zu 1) und 2) jeweils gemäß § 130 Abs. 5 Z. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz –ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 161 BauV in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 92/1991 in der geltenden Fassung

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 160,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe

(mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 1.760,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Die G. GMBH haftet für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen, Herrn A. B., verhängte Geldstrafe von € 1600,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 160,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG 1991zur ungeteilten Hand.“

II. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde hat folgenden Wortlaut:

„In umseits bezeichneter Angelegenheit erstatte ich innert offener Frist gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt … vom 16.01.2019 Beschwerde und ersuche unter einem, das angefochtene Straferkenntnis gänzlich aufzuheben.

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über mich als handelsrechtlichen Geschäftsführer der prot. Firma G. gmbh. eine Geldstrafe in Höhe von € 1.600,00 verhängt.

Richtig ist, dass wir in der Liegenschaft Wien, K.-straße den Dachausbau samt Sanierungsarbeiten als beauftragtes Unternehmen der Liegenschaftseigentümerin L. AG durchgeführt haben.

Es ist jedoch nicht richtig, dass unsere Gesellschaft am 16.7.2018 bzw. unsere Arbeiter Herr C. D., geb. 1960 und

Herr E. F., geb. 1972

über keine Absturzsicherungen oder Schutzeirichtungen verfügten.

Richtig ist vielmehr, dass mein - vertretungsweise für mich auf der Baustelle erschienene - Bruder, M. B., geb. 1963 p.a. G. gmbh. der Außendienst-Mitarbeitern die Absturzsicherung gezeigt hatte. Dass diese in ihrem Bericht dennoch angibt, dass KEINE Absturzsicherung vorhanden war, ist gelinde gesagt nicht zielführend.

Es ist auch nicht richtig, dass die genannten Arbeiter nicht angewiesen waren, diese Schutzeinrichtungen zu verwenden.

Es ist aber grotesk anzunehmen, dass ich als handelsrechtlicher Geschäftsführer in der Lage wäre, rund um die Uhr auf der Baustelle anwesend zu sein und die Einhaltung der Verordnungen (hier Verwendung der Absturzsicherung) zu überprüfen.

Schließlich hat ein handelsrechtlicher Geschäftsführer auch andere Agenden, wie z.B. Einhaltung von Kundenterminen, Gesprächen mit Baustoffhändlern, Abgabe von Steuererklärungen, Behördentermine u.v.m. Würde der handelsrechtliche Geschäftsführer diese Termine nicht wahrnehmen, würde es kein einziges Unternehmen in Österreich geben bzw. hätten Dienstnehmer gleich gar keine Möglichkeit gegen Verordnungen zu verstoßen -> das kann aber nicht Ratio des sogenannten Ungehorsamsdeliktes im Sinne des § 5 VStG, sein bzw. kann dieser im Sinne einer funktionierenden Wirtschaft nicht derart ausgelegt werden, dass ein handelsrechtlicher Geschäftsführer permanent und persönlich auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzverordnungen achtet.

Entsprechend ist meiner Beschwerde stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis gänzlich aufzuheben.

Falls notwendig wird die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung samt Ladung nachstehender Zeugen beantragt:

M. B., p.A. G. gmbh.

C. D., p.A. Wien, N.-straße

E. F., p.A. Wien, N.-straße.“

III. Das Verwaltungsgericht Wien führte am 24.05.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten teilnahmen. Seitens der belangten Behörde wurde auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtet. Im Zuge der Verhandlung wurden Herr M. B., Herr C. D., Herr E. F. (die beiden letzteren unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die ungarische Sprache) und die Meldungslegerin Frau P. R. zeugenschaftlich einvernommen.

Der Beschwerdeführer machte im Zuge der Verhandlung folgende Aussage.

„Einkommen: derzeit arbeitslos (AMS), derzeit werden € 720,00 ausbezahlt (€ 900,00 wovon der Unterhalt für das Kind abgezogen wird)

Vermögen: keines

Sorgepflichten: ein Kind (11 Jahre)

Es ist richtig, dass bezüglich. der G. GmbH ein Insolvenzverfahren noch anhängig ist.

Zum Vorfallszeitpunkt 16.07.2018 war ich handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. GmbH. Im Juli 2018 gab es die eine Baustelle in der K.-straße auf der vier Mitarbeiter beschäftigt waren, unter anderem waren dort Herr C. D. und Herr E. F.. Ich selbst war regelmäßig auf der Baustelle, aber rund um die Uhr ist natürlich nicht möglich. Bauleiter war eigentlich Herr C. D.. Eine Verständigung mit den übrigen Mitarbeitern war problemlos möglich. Insbesondere der Sohn von Herrn D. der auch mitgearbeitet hat, spricht perfekt Deutsch. Am Vorfallstag, 16.07.2018, war ich unabkömmlich und habe deshalb meinen Bruder, M. B., gebeten auf die Baustelle zu kommen. Dies war nachdem die Arbeitsinspektorin auf die Baustelle gekommen ist und angedroht hat die Baustelle zu sperren, wenn ich nicht käme. Mein Bruder ist dann auf die Baustelle gekommen, über den weiteren Verlauf weiß er alles besser als ich.

Ich war grundsätzlich jeden Tag auf der Baustelle, meistens zwei Mal. Mein Bruder war nur als meine Vertretung dort.

Befragt bzgl. Arbeitnehmerschutzvorschriften gebe ich an:

Herr D. ist ein langjähriger Mitarbeiter von uns. Er war bereits 2013 einmal bei uns. Er kennt die Sicherheitsvorschriften. Es waren auch immer jegliche Schutzvorrichtungen wie Helme und insbesondere Absturzsicherungen vorhanden. Die Arbeiter waren natürlich auch angewiesen die Schutzvorrichtungen zu verwenden. Das habe ich im Prinzip kontrolliert, da ich sowieso regelmäßig auf der Baustelle war. Wenn ich nicht da war, hätte der Herr D. selber im Prinzip die Verwendung der Schutzvorrichtungen kontrollieren müssen. Einen Bauleiter darüber hinaus konnten wir uns bei vier Mitarbeitern nicht leisten.

Die Baustelle in der K.-straße hat 2015 begonnen. Soweit mir bekannt hat es vorher nie ähnliche Vorfälle gegeben. Ich glaube nur dass einmal ein Problem mit Steckdosen war, wo es aber bei einer Ermahnung geblieben ist.

Bezüglich. des Schreibens des AI vom 05.02.2018, Zl. …, gebe ich an:

Dafür war nicht ich zuständig sondern Herr S.. Es hat nicht unsere Firma sondern eine andere Firma betroffen. Was das für Mängel waren kann ich heute nicht sagen. Ich wüsste auch nicht, dass ich das Schreiben erhalten hätte.

Bezüglich der Kontrolle von Herrn D. gebe ich an:

Es waren damals 99% der Arbeiten nicht am Dach sondern im Innenbereich oder auf der Fassade. Einen Vorfall wo ich bemerkt hätte, dass jemand am Dach nicht angegurtet gewesen wäre bzw. jemand keinen Helm aufgehabt hätte, hat es im Vorfeld nie gegeben. Mit den Helmen einige Male jedoch schon, besonders wenn es heiß war.

Es war im Übrigen ein Schutzgerüst auch vorgesehen. Dieses wurde im Stiegenhaus abgelegt, jedoch ist der Arbeiter ohne dieses Schutzgerüst über die Rauchfangkehrerleiter hinaufgestiegen. Das hat die Arbeitsinspektorin auch gesehen, aber irgendwie gemeint, dass die Begutachtungsplakette fehle. Ich berichtige jetzt, dass es sich nicht um ein Schutzgerüst jedoch um die persönliche Schutzausrüstung (Sicherheitsgeschirr) gehandelt hat“

Ergänzend brachte der Beschwerdeführer noch vor, die Arbeiter wären damals auf dem Rauchfangkehrersteg gewesen. Das Problem wäre nur gewesen, dass bei der Lieferung des Rauchfangkehrersteges einige Elemente falsch geliefert worden wären und deshalb zwischendurch einzelne Elemente gefehlt hätten. Die Arbeiter wären nicht am First herumgegangen, sondern immer auf diesem Steg.

Der Zeuge Herr M. B. machte folgende Aussage:

„Ich war zum Vorfallszeitpunkt nicht Mitarbeiter der G. GmbH. Ich hatte allerdings von meinem Bruder einen Anruf bekommen, dass das AI auf der Baustelle in Wien, K.-straße sei. Ich sagte, dass ich dazu nichts beitragen könne. Es ist aber nur darum gegangen, dass ein Österreicher auf die Baustelle kommen soll, deshalb bin ich hingekommen. Auf der Baustelle war eine Dame. Anfangs hatte ich nicht den Eindruck, dass sie vom AI sei. Es herrschte kein amikaler Umgangston. Mir wurde gesagt, dass es mit dem Anseilgurt ein Problem gegeben hätte und dass sich die Dame mit den Arbeitern nicht verständigen könne. Ich sagte, dass die Arbeiter sehr wohl fähig wären sich in deutscher Sprache zu verständigen. Ich habe auch gesagt, dass ich nicht bei der Firma G. GmbH beschäftigt bin und auch keine Arbeitsschuhe habe. Ich habe versucht eine gute Gesprächsatmosphäre zu schaffen was aber nicht gelungen ist. Ich bin dann nach oben gegangen ins Obergeschoss und habe dort tatsächlich festgestellt, dass der Vorarbeiter, C. (C. D.) tatsächlich keinen Gurt hatte. Dieser hat mir auch gesagt, dass der Gurt im Keller im Lager liege. Ich bin dann mit hinunter gegangen, wir haben den Gurt hergezeigt und geholt. Ich wurde eigentlich nur gerufen, weil die Amtssprache laut AI Deutsch ist und eine Verständigung offenbar nicht möglich war. Die Arbeitsinspektorin hat mir dann auch eine Visitenkarte gegeben. Als ich gekommen bin, war die Arbeitsinspektorin unten und die Mitarbeiter haben oben gearbeitet, dies im Innenbereich. Ich habe mich dann gefragt, warum sie den Gurt überhaupt brauchen wenn sie im Innenbereich sind. Laut Aussage der Arbeitsinspektorin hätten sie vorher im Außenbereich gearbeitet. Dazu habe ich aber keine eigenen Wahrnehmungen.

Vorher war ich ein oder zwei Mal auf der Baustelle. Ich hatte ein Praktikum gemacht (Lagerlogistiker) und war im Zuge des Praktikums dort. Ich habe zwar die Mitarbeiter der G. GmbH gekannt, hatte allerdings direkt nichts mit ihnen zu tun. Ich wusste auch den richtigen Namen von „C.“ nicht.

Auf Befragen des Vertreters des AI:

Ich kenne mich mit den Bestimmungen der PSA ein bisschen aus. Ich habe in Afghanistan als Kampfmittelbeseitiger gearbeitet, ich kenne mich auch mit ballistischen Schutzwesten aus.

Auf Frage, ob ich mich mit Absturzsicherungen auskenne:

Ein bisschen, weil ich auch klettere.

Meines Wissens ist ein Foto vom Sicherungsgeschirr gemacht worden.

Auf Frage nach den einzelnen Teilen einer PSA zur Absturzsicherung gebe ich an:

Schutzhelm ist vermutlich vorgeschrieben. Ich sehe alle Bauarbeiter mit Schutzhelm.

Zum Vorfall gebe ich an:

Der Arbeiter hat damals die Schutzausrüstung aus dem Keller geholt. Ich habe sie gehalten und war der Meinung, dass der Fall erledigt ist. Ich habe mit der Arbeitsinspektorin auch über das Klettern gesprochen. Die Arbeitsinspektorin hat die Schutzausrüstung mit dem Smartphone fotografiert. Es war diese Schutzausrüstung die man bei Dacharbeiten verwendet, wo hinten ein Karabiner ist. Meines Wissens nach gibt es auch eine Schiene wo man sich einhängen kann oder auch ein Geländer. Es war ein komplettes Geschirr in das man hineinschlüpft. Ich hatte die gleichen Geschirre früher auch selbst ausgeliefert. Benennen kann ich das Geschirr nicht weil ich die Fachausdrücke nicht kenne. Das Geschirr hat aber komplett ausgeschaut.

Meines Wissens wird die PSA in vorgegebenen Prüfintervallen von einer Fachfirma überprüft oder ausgeschieden. Die Intervalle kann ich nicht angeben, weil es nicht meine Aufgabe ist.

Auf Befragen des Beschwerdeführers:

Zum Lager hatte nur „C.“ Zugang. Dieser war Schlüsselverantwortlicher. Im Lager waren auch teure Sachen. Die Schutzausrüstung war für die Arbeiter sicher zugänglich.“

Der Zeuge Herr D. sagte aus.

„Ich war früher Mitarbeiter der G. GmbH. Dies war von Juli 2018 bis November 2018. Ich war auch früher schon einmal bei dieser Firma beschäftigt. Ich weiß aber nicht mehr ob das 2013, 2014 oder 2016 war. Meine Aufgabe war die Renovierung von Gebäuden. Ich habe ein Berufszeugnis und eine abgeschlossene Ausbildung als Maurer.

Ich kann mich an die Kontrolle durch das AI vom 16.07.2018 noch erinnern. Wir haben damals im Dachbodenbereich die Schornsteine renoviert. Ich bin oben neben dem Schornstein gestanden, hinter dem Schornstein gibt es eine ebene Fläche, ca. 1½ Meter breit und vor dem Schornstein gibt es eine Absturzsicherung. Ich bin unmittelbar neben dem Schornstein gestanden.

Auf Frage, welche Absturzsicherung vorne vor dem Schornstein ist:

Ich nehme an, das ist für den Rauchfangkehrer.

Ein anderer Kollege von mir war auch dabei. Dieser hat die andere Seite vom Schornstein gefärbt bzw. fertig gestellt.

Es hat sich bei den Kollegen um E. F. gehandelt.

Während wir gearbeitet haben kam die Arbeitsinspektorin. Sie hat von der Straße aus zu uns gerufen, was wir da machen. Danach ist sie in den Hof gekommen und dann auf die Terrasse. Dort haben wir gesprochen und wir haben gesagt, was wir oben gemacht haben. Die Arbeitsinspektorin hat gefragt, wieso wir nicht angeseilt waren, aber sie war nicht oben am Dach und hat daher nicht gesehen, dass es neben dem Schornstein noch genug Platz zum Stehen gibt. Auf der Innenseite gab es sowieso ein Geländer. Meiner Meinung nach war es, dort wo wir gearbeitet haben, nicht notwendig sich abzusichern. Hinter dem Schornstein gab es genug Platz, dass wir unsere Arbeit verrichten können. Ich glaube schon, dass die Arbeitsinspektorin nach dem Gurt gefragt hat, aber ich verstehe nicht so gut Deutsch. Ich habe dann den Beschwerdeführer angerufen und in weiterer Folge ist M., der Bruder des Beschwerdeführers, auf die Baustelle gekommen. Wir haben dann im Keller nach den Gurten gesucht und diese Gurten der Dame hergezeigt.

Auf Befragen des Vertreters des AI:

Ich war Bauleiter auf der Baustelle. Ich kenne die gesetzlichen Bestimmungen für Baustellen in Ungarn, weiß aber nicht wie weit sie mit den österreichischen Vorschriften übereinstimmen. Ich glaube es gibt nicht viele Unterschiede. Von meiner Partie der Firma G. GmbH waren wir zu viert. Ich kann mich auf Deutsch „nicht so ganz“ verständigen. Am 16.07.2018 habe ich im Gespräch mit der Arbeitsinspektorin einiges verstanden aber nicht viel und danach wurde A. angerufen.

Der Vertreter des AI legt nunmehr drei Fotos vor die bei dem Vorfall angefertigt wurden.

Auf Frage des Vertreters des AI gebe ich an:

Ja das war die Arbeitsstelle auf dem Dach. Von hier aus sieht man nicht einmal den Schornstein. Ich war einer der beiden auf den Fotos ersichtlichen Personen. Auf dem Foto Nr. 1 bin ich zu sehen.

Auf Befragen des Beschwerdeführers:

Es ist richtig, dass man weder den Kamin noch das Geländer auf den Fotos sieht. Es war aber ein Geländer vorhanden.

Ich arbeite in Österreich seit sechs Jahren auf Baustellen. Ich hatte Zugang zu dem Lager im Keller wo sich die Schutzausrüstung befand. Ich habe es nicht für notwendig erachtet die PSA zu verwenden, weil es genügend Platz und auch ein Geländer neben dem Schornstein gab.“

Herr E. F. sagte aus.

„Ich war Mitarbeiter der G. GmbH, dies von Juni 2018 bis 15.11.2018. Ich habe als Maurer gearbeitet. Ich habe auch eine Ausbildung als Maurer.

Ich kann mich an die Kontrolle durch das AI am 16.07.2018 im Großen und Ganzen noch erinnern.

Wir haben damals gerade die Schornsteine gefärbt. Ich war innerhalb vom Geländer und mein Kollege außerhalb. Ich meine damit dass es eine ebene Fläche gab, wo sich die Rauchfangkehrer bewegen können. Dort gab es auch ein Geländer auf beiden Seiten. Mein Kollege war außerhalb dieses Geländers und ich war innerhalb vom Geländer. Ich war auf der ebenen Fläche für den Rauchfangkehrer, mein Kollege war außerhalb auf dem Dach. Es ist dann eine Dame auf die Terrasse raufgekommen. Sie wollte dass wir vom Dach herunterkommen. Wir sind dann heruntergekommen und haben irgendwelche Papiere ausgefüllt und wir haben auch den Chef gesucht. Ich habe keine Ahnung mehr ob für den Chef dann sein Bruder gekommen ist. Die Dame hat das Geländer auf der Seite vom Hof beanstandet, dass es dort keine Leiter gäbe, aber das war schon so wie wir gekommen sind.

Auf Nachfrage, ob das Gerüst gemeint sei:

Ja, es war mit dem Gerüst etwas nicht in Ordnung.

Dort wo ich selbst gestanden bin, auf dem Platz neben dem Rauchfang, war alles in Ordnung.

Ich habe keine Ahnung was die Dame nachher noch mit dem Chef besprochen hat. Sie ist dann weggegangen.

Auf Frage, ob wegen einer Absturzsicherung bzw. Anschnallgurten gefragt wurde:

Ich kann mich daran nicht erinnern. Ich kann mich schon erinnern, dass etwas vom Keller geholt wurde, weiß aber nicht, ob man das hätte benutzen oder verwenden sollen. Ich weiß nicht warum man einen Sicherheitsgurt hätte verwenden sollen. Es gab dort ein Geländer auf beiden Seiten.

Auf Befragen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer zeigt auf seinem Handy ein Foto, dass am 01.07.2018 aufgenommen wurde, und gibt an, dieses bereits vor zehn Minuten an die E-Mail-Adresse des VGW geschickt zu haben. Der Beschwerdeführer bringt dazu vor, dass die Fotos vom 01.07.2018 und am 08.07.2018 aufgenommen wurden, dies von ihm selbst bei Besuchen der Baustelle.

Die Fotos werden nunmehr um 10:50 Uhr ausgedruckt und dem Zeugen vorgehalten.

Der Zeuge gibt dazu an:

Das war an dem Vorfallstag, 16.07.2018, so wie auf den Fotos ersichtlich.

Zwischen dem 01.07.2018 und dem 16.07.2018 wurden sicherlich keine Geländer abgebaut.“

Die Meldungslegerin machte folgende Zeugenaussage:

„Ich war insgesamt nur einmal an der Baustelle in Wien, K.-straße. Das war am 16.07.2018. Ich kann mich heute noch teilweise an den Vorfall erinnern. Wir hatten damals eine Anzeige von einer Behörde bekommen mit dem Auftrag uns die Baustelle anzusehen. Ich bin alleine dorthin gegangen. Als ich auf der Straße gegangen bin, habe ich auf dem Dach des Gebäudes zwei Leute gesehen. Ich habe daraufhin drei Fotos gemacht, es handelt sich um die Fotos die heute vom Vertreter des AI vorgelegt wurden. Ich bin darauf in die Baustelle gegangen, habe die beiden Herren vom Dach heruntergeholt. Wir hatten dann massive Verständigungsprobleme und ich habe ersucht, sie sollten ihren Chef anrufen. Ich habe dann mit dem Herrn A. B. telefoniert und gefragt was die Arbeiter da oben machen. Ich habe auch telefonisch nach der Dachneigung und Traufenhöhe gefragt. Ich habe dann gesagt, dass es so nicht geht und die Arbeiter eine technische Schutzmaßnahme wie z.B. ein Geländer benötigen. Wenn es sich um kurzfristige Arbeiten handelt genügt es auch, dass die Arbeiter angeseilt sind. Im gegenständlichen Fall war es aber offensichtliche in Dachgeschossausbau. Ich gehe davon aus, dass sicher ein Gerüst vor Ort gewesen ist, das noch nicht abgebaut hätte werden dürfen. Herr B. hat mich dann ersucht auf der Baustelle zu bleiben, er schicke seinen Bruder vorbei. Dieser ist dann gekommen und hat sich mir gegenüber als Ungarischdolmetsch vorgestellt. Er hat weiters angegeben, dass er keinerlei Befugnisse für die Baustelle hat. Mein Problem war dass ich deshalb keinen Anordnungsbefugten für die Baustelle hatte. Wir haben dann noch einige Male mit dem Beschwerdeführer telefoniert, sowohl sein Bruder als auch ich. Sein Bruder ist dann mit einem Sicherheitsgurt und einem Seil gekommen. Bei dem Sicherheitsgurt konnte ich nicht feststellen, ob dieser überprüft war. Weiters wies das Seil eine Beschädigung auf. Ich habe die Ausrüstung auf der Baustelle fotografiert und lege nunmehr dazu zwei Fotos vor. Ich habe auch eine Niederschrift angefertigt, dies mit Herrn M. B.. Dieser hat sich dann geweigert, die Niederschrift zu unterschreiben.“

Die Verhandlungsleiterin liest nunmehr die handschriftlichen Aufzeichnungen der Zeugin vor:

„Bei der am 16.07.2018 durchgeführten Überprüfung der Baustelle Wien, K.-straße, wurde folgendes festgestellt. Zwei Arbeiter (D. und F.) befinden sich am Dach (Neigung ca. 45 Grad, Absturzhöhe ca. 22 Meter) und sind mit den Verputzarbeiten an den Kaminen tätig. Es ist keinerlei Absturzsicherung angebracht und die Arbeitnehmer sind auch nicht mittels PSA gegen Absturz gesichert.

Weiters ist das Gerüst hofseitig unvollständig errichtet (fehlenden Wehren, Verankerung, Aufstieg), etc. Es befindet sich auch kein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan und auch keine Vorankündigung auf der Baustelle.

Telefonat mit Herrn A. B., der sich zur Zeit auf Urlaub in Kroatien befindet.

Er ersucht seinen Bruder M. B., dass dieser die Baustelle besucht. Herr M. B. kommt auf die Baustelle, stellt sich als Dolmetsch (ungarisch) vor, behauptet er habe keinerlei Befugnisse, telef. (auch ich) wiederum mit A. B.. Nach einiger Zeit kommt Herr M. B. mit einer PSA (nicht erkennbar wie alt bzw. ob überprüft) und kaputten Seil. Er vertritt die Ansicht, dass nun auf dem Dach weiter gearbeitet werden darf. Da sich Herr M. B. nicht sehr kooperativ zeigt wird die Amtshandlung abgebrochen.

Herrn A. B. wurde telef. drei Mal mitgeteilt, dass ungesicherte Dacharbeiten nicht durchgeführt werden dürfen.“

Auf Vorhalt der heute vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos vom 08.07.2018 und vom 02.07.2018 macht die Zeugin folgende Aussage:

„Es handelt sich nicht um die Seite, auf welcher sich die Arbeiter aufgehalten haben, sondern um die Rückseite vom Gebäude bzw. die Hofseite. Dies soweit ich mich noch erinnern kann.

Auf den von mir gemachten Fotos ist dagegen zu sehen, dass die Arbeiter straßenseitig am Dach gearbeitet haben. Meiner Erinnerung nach dürfte es sich bei den heute vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos um die Rückseite handeln und war die Straßenseite angrenzend an die rechte Seite des vorgelegten Fotos Nr. 1 vom 08.07.2018.

Ich habe bei dem Vorfall auch Fotos vom Gerüst vom Hof angefertigt, welche nunmehr per E-Mail an das VGW übermittelt werden.“

Auf Vorhalt des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass Absturzsicherungen angebracht gewesen wären:

„Das wäre auf den drei von mir gemachten Fotos jedenfalls zu sehen gewesen, da diese straßenseitig vorne angebracht hätten sein müssen.“

Auf Befragen des Beschwerdeführers:

„Ich habe nur ein Schutzgeschirr gesehen. Ich war im Stiegenhaus. Ich bin dort gesessen, aber bin nicht in das Lager mitgegangen. Der Bruder des Beschwerdeführers hat mir nur eine Schutzausrüstung gezeigt. Ich war oben in einem Raum, wo ein paar Leute gearbeitet haben aber nicht im Lager.

Auf Vorhalt, dass sich die Arbeiter auf dem gesicherten Rauchfangkehrersteg befunden hätten:

„Es gab dort einen Teil Flachdachbereich mit 4% Neigung und den Steildachbereich mit ca. 44 bis 45 Grad Neigung. Das hat mir der Beschwerdeführer am Telefon so gesagt.“

Auf Befragen der Verhandlungsleiterin:

Ich war nicht selbst am Dach aber ich glaube auch dass die Spenglerei T. dort gearbeitet hat und mir erklärt hat, dass ein Rauchfangkehrersteg gerade gemacht wird. Ich bin mir da aber nicht 100 Prozent sicher. Dort wo ich die Arbeiter gesehen habe sieht man von unten, dass dort kein Rauchfangkehrersteg war. Ansonsten müsste man ein Geländer sehen.

Ich gebe jetzt zu den vorgelegten Fotos vom 02.07.2018 an:

Auch dort befindet sich kein ordnungsgemäßes Geländer, da man zwischen den Stehern auch durchfallen könnte. Für mich hätte das nicht ausgereicht. Ich habe aber den hofseitigen Bereich, der auf den Fotos ersichtlich ist, nicht angezeigt, sondern nur die fehlenden Absturzsicherungen straßenseitig.

Auf Vorhalt des Fotos Nr. 1 gebe ich nochmals an, dass die Straßenseite die rechte Seite und nicht die hintere Seite auf dem Foto ist.

Auf Befragen des Vertreters des AI:

Die Stelle wo sich die beiden Arbeitnehmer auf dem Dach befunden haben gilt als absturzgefährdete Stelle, ansonsten hätte ich auch keinen Strafantrag gestellt. Nach der aktuellen Judikatur geht es bei der Absturzgefahr um die abstrakte Gefährdung.“

Es werden nunmehr per E-Mail folgende weitere Unterlagen vom AI übermittelt:

Anonyme Anzeige an die MA 37 mit Fotos, Baubeginnsanzeige, Foto der Schutzausrüstung, drei straßenseitige Fotos, hofseitige Fotos, Schreiben vom 05.02.2018 an Herrn Ing. S. bzgl. Besichtigung der Baustelle vom 01.02.2018.

Die Zeugin gibt dazu an, dass die nunmehr erstmals vorgelegten Fotos bzgl. des heutigen Tatvorwurfes nicht aussagekräftig sind. Weiters gibt die Zeugin an nicht mehr 100%ig sagen zu können, wo auf der Terrasse sie bei der Kontrolle war.

Der Vertreter des AI gibt bekannt, dass nunmehr noch weitere Fotos über die Dachlandschaft des Hauses per E-Mail übermittelt werden.

Es werden nunmehr um 12:00 Uhr folgende weitere Unterlagen per E-Mail vorgelegt:

Drei Fotos vom Terrassenbereich, ein straßenseitiges Foto, sowie ein Foto vom Bauzeitplan. Diese Fotos wurden alle anlässlich der Kontrolle vom Februar 2018 aufgenommen.

Die Zeugin gibt dazu an:

Der Anschluss zum Nachbargebäude, bei welchem die Terrasse bereits ausgebaut war, ist auf den Fotos ersichtlich. Näheres kann ich zu den Fotos nicht sagen, da ich sie nicht aufgenommen habe.

Ich gehe davon aus, dass mir der Beschwerdeführer am Telefon auch gesagt hätte, wenn oben ein Geländer angebracht gewesen wäre, ich hätte mir das dann angesehen und wäre es dann gar nicht notwendig gewesen dass sein Bruder zur Baustelle kommt, wenn tatsächlich ein Geländer dort gewesen wäre.“

IV. Aufgrund des Akteninhalts und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Anlässlich einer Kontrolle der Baustelle der G. GmbH in Wien, K.-straße, am 16.07.2018 durch das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten wurde festgestellt, dass sich die Arbeitnehmer dieser Gesellschaft, C. D. und E. F., während sie mit dem Verputzen der Kamine beschäftigt waren, am Mansardendach, welches eine Dachneigung von ca. 4° (oberer Bereich) und ca. 45° im Steildachbereich aufwies, aufhielten, wobei Absturzgefahr über eine Höhe von ca. 22 m bestand und keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren. Die Arbeitnehmer waren auch nicht durch eine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert.

Der Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. GmbH., deren Firmensitz in Wien, H., gelegen war.

V. Dass sich die beiden genannten Arbeitnehmer der G. GmbH. zum Tatzeitpunkt zur Durchführung von Arbeiten (Verputzen der Kamine) am Mansardendach des Objektes aufhielten, blieb ebenso wie die angegebene Dachneigung unbestritten und ist im Übrigen durch von der Arbeitsinspektorin unmittelbar zum Vorfallszeitpunkt angefertigten Fotos dokumentiert. Darüber hinaus wurde dieser Umstand auch von beiden zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitern selbst bestätigt. Weiters blieb unbestritten, dass die Arbeitnehmer während der Durchführung der Arbeiten nicht durch eine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert waren, sondern wurde vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang lediglich vorgebracht, dass eine solche persönliche Schutzausrüstung in einem Lagerraum im Keller vorhanden gewesen wäre. Diese Ausführungen decken sich auch mit den Aussagen der einvernommenen Zeugen Herrn M. B., Herrn D. und Herrn F.. Auch auf den von der Arbeitsinspektorin zum Tatzeitpunkt angefertigten Fotos ist keine Absicherung der Arbeitnehmer durch eine persönliche Schutzausrüstung erkennbar. Hinsichtlich der fehlenden Absturzsicherungen sagte der Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht selbst aus, die Arbeiter wären damals auf dem Rauchfangkehrersteg gewesen, wobei das Problem gewesen wäre, dass bei der Lieferung des Rauchfangkehrersteges einige Elemente falsch geliefert worden wären und deshalb zwischendurch einzelne Elemente gefehlt hätten. Diese Aussage wurde auch durch die vom Beschwerdeführer vorgelegten, nach dem Tatzeitpunkt angefertigten Fotos vom 02.07.2018 belegt, aus welchen ersichtlich ist, dass der Rauchfangkehrersteg selbst zu diesem Zeitpunkt noch nicht ordnungsgemäß abgesichert war. Darüber hinaus war nach den Aussagen der beiden einvernommenen Arbeitnehmer (Herr D. sagte dazu aus, er sei unmittelbar neben dem Schornstein gestanden, sein Kollege habe die andere Seite vom Schornstein gefärbt bzw. fertig gestellt, Herr F. gab an, er selbst sei „innerhalb vom Geländer“ auf der „ebenen Fläche für den Rauchfangkehrer“ gewesen und sein Kollege außerhalb auf dem Dach) davon auszugehen, dass sich zum Tatzeitpunkt lediglich Herr F. auf dem – unzureichend gesicherten – Rauchfangkehrersteg aufgehalten hat und Herr D. direkt auf dem Dach gestanden hat.

Die Feststellungen zur Geschäftsführereigenschaft des Beschwerdeführers sowie zum Firmensitz der G. GmbH. ergeben sich aus dem im Akt befindlichen unbedenklichen Firmenbuchauszug.

 

VI. Maßgebliche Rechtsvorschriften:

§ 7 Bauarbeiterschutzverordnung lautet samt Überschrift:

Absturzgefahr

§ 7. (1) Bei Absturzgefahr sind Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

(2) Absturzgefahr liegt vor:

1. bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen, Gruben, Gräben und Künetten, bei Öffnungen in Geschoßdecken, wie Installationsöffnungen, oder in Dächern, wie Lichtkuppel- oder Sheddachöffnungen,

2. an Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen an oder über Gewässern oder anderen Stoffen, wenn die Gefahr des Versinkens besteht,

3. an Wandöffnungen, an Stiegenläufen und -podesten sowie an Standflächen zur Bedienung oder Wartung von stationären Maschinen bei mehr als 1,00 m Absturzhöhe,

4.an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

(3) Müssen zur Durchführung von Arbeiten Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfernt werden, sind geeignete andere Schutzmaßnahmen zu treffen, wie die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen. Nach Beendigung oder Unterbrechung solcher Arbeiten ist unverzüglich dafür zu sorgen, dass diese Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen wieder angebracht oder andere gleichwertige Schutzmaßnahmen getroffen werden.

(4) Die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) kann entfallen, wenn

1. der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführenden Arbeiten ist und

2. die Arbeitnehmer mittels geeigneter persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sind.

(5) Werden Stockwerksdecken hergestellt oder werden von Stockwerksdecken aus die Wände errichtet, können

1. bei Mauern über die Hand von der Stockwerksdecke aus zur Herstellung von Giebelmauern, Trempelwänden und Mauerwerksbänken bis zu einer Absturzhöhe von 7,00 m,

2. bei sonstigen Arbeiten mit Blick zur Absturzkante bis zu einer Absturzhöhe von 5,00 m

Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen entfallen, wenn die Arbeiten von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeitnehmern durchgeführt werden. In diesem Fall kann auch die Sicherung der Arbeitnehmer durch geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz entfallen. Abs. 2 Z 1 bleibt unberührt.

§ 87 Bauarbeiterschutzverordnung lautet auszugsweise:

(2) Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 ° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m müssen Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

(3) ….

(5) In folgenden Fällen darf bei Arbeiten auf Dächern das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach Abs. 2 und 3 entfallen, sofern die Arbeitnehmer durch geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sind:

1. bei geringfügigen Arbeiten, wie Reparatur- oder Anstricharbeiten, die nicht länger als einen Tag dauern, oder

2. bei Arbeiten am Dachsaum, wenn nicht gleichzeitig oder aufeinanderfolgend auch an der Dachfläche Arbeiten durchgeführt werden, sowie bei Arbeiten im Giebelbereich.

Gemäß § 130 Abs. 5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8 324 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16 659 € zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in

1. den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt, oder

2. die nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden bescheidmäßigen Vorschreibungen nicht einhält.

Gemäß § 161 BauV sind Übertretungen dieser Verordnung sind nach § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG zu bestrafen.

§ 118 Abs. 3 ASchG lautet:

(3) Die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 340/1994, (BauV), gilt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz. Für die Änderung der Bauarbeiterschutzverordnung ist dieses Bundesgesetz maßgeblich:

VII. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 3 Abs. 1 ASchG haben Arbeitgeber u.a. die zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlichen Maßnahmen zu treffen, einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung arbeitsbedingter Gefahren.

Am 16.07.2018 wurden von Arbeitnehmern der G. GmbH Arbeiten am Dach des Hauses Wien, K.-straße, durchgeführt, wobei Absturzgefahr über eine Höhe von ca. 22 Metern bestand.

 

Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 Bauarbeiterschutzverordnung waren zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden.

Die Anwendung des Ausnahmetatbestandes gemäß § 87 Abs. 5 BauV bzw. desjenigen gemäß § 7 Abs. 4 BauV setzt voraus, dass die Arbeitnehmer mittels geeigneter persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sind. Diese Voraussetzung war gegenständlich im Hinblick auf beide Arbeitnehmer nicht erfüllt. Darauf, ob eine persönliche Schutzausrüstung auf der Baustelle grundsätzlich vorhanden war, kommt es nach dem klaren Wortlaut der zitierten gesetzlichen Bestimmungen nicht an. Selbst bei Vorhandensein eines Sicherungsgeschirrs und eines Sicherungsseiles im Bereich der Baustelle befreit dieser Umstand den Arbeitgeber nicht von der Obliegenheit, dafür Sorge zu tragen, dass dieses in den gebotenen Fällen auch verwendet wird.

Der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. GmbH hat diesen Umstand zu vertreten.

Die G. GmbH ist als Arbeitgeberin verpflichtet, Maßnahmen zur Hintanhaltung schwerer Arbeitsunfälle zu treffen sowie die Umsetzung derartiger Maßnahmen durch ein geeignetes Kontrollsystem sicherzustellen.

Dass seitens der Arbeitgeberin ein wirksames, auch mit Sanktionen behaftetes, Weisungs- und Kontrollsystem zur Hintanhaltung derartiger Vorfälle überhaupt eingerichtet wurde, wurde im gesamten Verfahren nicht einmal ansatzweise bescheinigt.

Der Arbeitgeber hat alle jene Maßnahmen zu setzen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen, wozu die bloße Erteilung von Weisungen nicht ausreicht (VwGH bereits am 23.05.1989, 88/08/0005, u.a.).

Da gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften das entsprechende Kontrollsystem Platz zu greifen hat, kann es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH 23.03.2012, 2010/02/0297 mwN u.a.).

Bloß stichprobenartige Überprüfungen der Baustellen und die Erteilung von Weisungen reichen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften ebensowenig wie eine Verwarnung für den ersten festgestellten Verstoß aus (VwGH 25.01.2005, 2004/02/0293 mwN.).

Im Rahmen eines funktionierenden Kontrollsystems kann es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten. Vielmehr ist es für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (VwGH 09.09.2016, Ra 2016/02/0137 mwN.).

Der Beschwerdeführer ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. GmbH für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften durch diese verantwortlich. Er hat den ihm zur Last gelegten Tatbestand demnach in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Durch die Verletzung der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsvorschrift wurde das auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer bei ihrer beruflichen Tätigkeit gerichtete öffentliche Interesse, dem die Strafdrohung dient, erheblich gefährdet, zumal die Absturzhöhe ca. 22 Meter betrug und unzureichende Schutzmaßnahmen vorhanden waren.

Das Verschulden des Beschwerdeführers kann ebenfalls nicht als geringfügig angesehen werden, weil weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Der Beschwerdeführer wies zum Tatzeitpunkt eine nicht einschlägige Verwaltungsvorstrafe nach dem Meldegesetz auf. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt ihm demnach nicht mehr zu Gute. Weitere Milderungs- oder Erschwerungsgründe sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgetreten.

Die ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers und die Sorgepflicht für ein Kind wurden bereits im behördlichen Verfahren berücksichtigt.

Angesichts dieser Strafbemessungsgründe sowie den für die gegenständliche Verwaltungsübertretung vorgesehenen Strafrahmen von € 166,00 bis € 8.324,00 erscheinen die von der Behörde verhängten Strafen von je € 800,00 als angemessen und keinesfalls überhöht. Eine Unverhältnismäßigkeit der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen von je 1 Tag konnte gleichfalls nicht festgestellt werden.

Zu Spruchpunkt III.:

Gemäß § 17 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr.3/2013 idgF, sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anders bestimmt, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles anzuwenden. Da das VwGVG keine ausdrückliche Normierung einer diesbezüglichen Kostentragung kennt, kommt das AVG subsidiär zur Anwendung.

Gemäß § 76 Abs. 1 AVG hat für Barauslagen, welcher der Behörde bei einer Amtshandlung erwachsen, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen.

Die Beiziehung einer Dolmetscherin für die ungarische Sprache war zur Vernehmung der Zeugen C. D. und E. F. in der mündlichen Verhandlung erforderlich.

Die Dolmetscherin hat die Gebühr für ihr Erscheinen mit Gebührennote vom 24.05.2019 geltend gemacht. Die Gebühr wurde nach Prüfung entsprechend der gelegten Gebührennote mit Beschluss vom 03.06.2019, Zl: VGW- KO 063/ 574/2019-1 mit € 143,70 bestimmt und auf das Konto der Dolmetscherin angewiesen.

Gemäß § 52 Abs. 3 VwGVG war dem Beschwerdeführer demnach der Ersatz dieser Kosten aufzuerlegen.

Zu Spruchpunkt IV.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitgeber; Verpflichtung; Absturzsicherung; Schutzeinrichtung; persönliche Schutzausrüstung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.042.063.2250.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten