TE Vwgh Erkenntnis 1983/6/10 81/04/0122

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Veröffentlicht am 10.06.1983
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Index

Verwaltungsverfahren - AVG

Norm

AVG §56
AVG §58
B-VG Art8
B-VG Art9
MarkenAbk Madrid 1970 Art10 Abs2
MarkenAbk Madrid 1970 Art5
MarkenSchG 1970 §1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und Dr. Stoll als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde der A-Aktiengesellschaft in F, vertreten durch Dr. Rudolf Jahn und Dr. Harald R. Jahn, Rechtsanwälte in Wien I, Wipplingerstraße 5, gegen die Entscheidung (Bescheid) der Beschwerdeabteilung des österreichischen Patentamtes vom 7. April 1981, Zl. Bm 5/80-3, betreffend Schutzverweigerung einer internationalen Marke, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.885,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Für die Beschwerdeführerin ist beim Internationalen Büro für geistiges Eigentum in Genf am 20. November 1978 unter der Nr. 441 677 die Wortmarke "Foen Salon" mit der Priorität vom 25. Juli 1978 (Tag der Hinterlegung in der BRD) für die nachstehend angeführten Waren registriert:

"Appareils chauffes electriquement pour soigner les cheveux, c'est-a-dire seche-cheveux, casques seche-cheveux, casques a coussins d'air, appareils a produire des courants d'air froid at chaud".

Die Rechtsabteilung B des Österreichischen Patentamtes stellte mit dem "Vorbescheid" vom 20. März 1979 der Beschwerdeführerin im Grunde des § 1 des Markenschutzgesetzes 1970, BGBl. Nr. 260, in der Fassung der Markenschutzgesetz-Novelle 1977, BGBl. Nr. 350, (MSchG) bzw. des Art. 6 quinquies lit. B Z. 2 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, BGBl. Nr. 399/1973, (PVÜ) die Schutzverweigerung in Aussicht, weil die Worte "Foen Salon" bezogen auf die Waren des Warenverzeichnisses der Unterscheidungskraft entbehrten und deshalb - außer im Falle der Erbringung eines Verkehrsgeltungsnachweises - nicht als Marke betrachtet werden könnten.

Da sich die Beschwerdeführerin innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht äußerte, verweigerte die Rechtsabteilung B des Österreichischen Patentamtes mit dem Beschluß vom 6. Dezember 1979 unter Bezugnahme auf ihre Aufforderung vom 20. März 1979 der internationalen Marke Nr. 441 677 den Schutz in Österreich.

Sowohl der "Vorbescheid" vom 20. März 1979 als auch der Beschluß vom 6. Dezember 1979 sind außer der Bezeichnung der Behörde und der bei der Überschrift in Klammer angeführten Bezeichnung "(Vorbescheid)" bzw. "(Beschluß)" in französischer Sprache abgefaßt.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Beschluß Beschwerde. Die Bezeichnung "Foen Salon" sei auf Grund des Bestandteiles "Foen" schutzfähig. Die Verwendung des Begriffes "Föhn" (=Name des bekannten warmen Südwindes) zur Kennzeichnung von Haartrockengeräten, Heißluftduschen etc., also die Übertragung des Begriffes auf die genannten Geräte, sei ihrem Ursprung nach zweifellos phantasievoll und die Bezeichnung "Föhn" sei daher schutzfähig. Die Bezeichnung "Foen" werde seit ca. 70 Jahren von der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zur Kennzeichnung der von ihnen erzeugten bzw. vertriebenen Elektrogeräte verwendet und habe sich zu einer notorisch berühmten Marke entwickelt, sodaß sie auf Grund ihrer Bekanntheit seitens des Verkehrs verschiedentlich fälschlich als Gattungsbezeichnung empfunden werde und sogar in Nachschlagewerken Aufnahme gefunden habe. Dies könne aber die grundsätzliche Schutzfähigkeit des Wortes "Foen" "(Föhn)" nicht beeinträchtigen.

Die Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes wies die Beschwerde gegen den Beschluß der Rechtsabteilung vom 6. Dezember 1979 mit ihrer Entscheidung vom 7. April 1981 ab und bestätigte den angefochtenen Beschluß. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Aufnahme markenrechtlich geschützter Bezeichnungen in Nachschlagewerke einem bereits bestehenden Markenschutz nichts anhaben könne, daß aber die Behörde die Entwicklung einer Wortmarke zur Gattungsbezeichnung für einen nachher angestrebten Markenschutz nicht außer acht lassen dürfe. Gattungsbezeichnungen, die sich aus geschützten Wortmarken entwickelt haben, seien in der Folgezeit in Alleinstellung dem gesetzlichen Schutz als Marken nicht zugänglich. Die Fragen, ob die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer älteren Registrierungen zur markenmäßigen Verwendung von Zusammensetzungen mit dem Markenwort "Foen" ("Föhn") berechtigt sei, sei exakt von der Frage zu trennen, ob sie für diese Zugammensetzungen auch Anspruch auf Registerschutz habe. In der Marke "Foen Salon" sei insgesamt lediglich ein Hinweis darauf zu erblicken, daß die im Warenverzeichnis angeführten Apparate zum Trocknen des Haares in modern und elegant eingerichteten Friseurgeschäften bestimmt sind. Sie entbehre der markenrechtlichen Unterscheidungskraft.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Mit hg. Verfügung vom 22. April 1983 wurde die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 8 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 11. März 1982, BGBl. Nr. 203, aufgefordert, dem Gerichtshof die Rechtsvorschriften bekanntzugeben, auf die sich das Österreichische Patentamt entgegen der Anordnung des Art. 8 B-VG bei der Erlassung von Bescheiden in französischer Sprache - und nicht etwa bloß bei den Mitteilungen an das Internationale Büro nach den Bestimmungen des Madrider Abkommens über die internationale Registrierung von Marken, BGBl. Nr. 400/1973, und der hiezu ergangenen Ausführungsordnung, BGBl. Nr. 8/1975, - stützt.

Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom 9. Mai 1983 mit, daß sich das Österreichische Patentamt bei der Erlassung von Bescheiden in französischer Sprache auf andere Bestimmungen als jene des Madrider Markenabkommens bzw. die der hiezu ergangenen Ausführungsordnung nicht stützt.

Die Beschwerdeführerin erblickt in der Verwendung der französischen Sprache durch die Erstbehörde eine Verletzung des Art. 8 B-VG, die ebenfalls eine Rechtswidrigkeit des bestätigenden angefochtenen Bescheides bewirke.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 8 B-VG ist die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik. Demnach haben sich die Behörden der deutschen Sprache als Amtssprache zu bedienen. Der Gebrauch einer anderen Sprache als der deutschen Amtssprache ist nur in den Fällen zugelassen, in denen dies gesetzlich normiert ist (vgl. Art. 66 Abs. 4 des Staatsvertrages von Saint-Germain, StBGl. Nr. 303/1920, und Art. 7 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, und die hiezu ergangenen Ausführungsregelungen, etwa das Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976).

Die Annahme, daß der dargestellten Rechtsansicht allgemein anerkannte Regeln des Völkerrechtes (Art. 9 Abs. 1 B-VG) entgegenstunden, ist im Beschwerdefall auszuschließen.

Weder das Markenschutzgesetz noch das Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stockholmer Fassung, BGBl. Nr. 400/1973, enthalten nun eine Bestimmung, die es dem Österreichischen Patentamt gestattet, die Entscheidung, mit der einer internationalen Marke der Schutz in Österreich verweigert wird, in französischer Sprache abzufassen. Wohl bestimmt die auf die verfassungsändernde Bestimmung des Art. 10 Abs. 2 lit. a Z. iii des Madrider Markenabkommens gestützte Ausführungsordnung zu diesem Abkommen, BGBl. Nr. 8/1975, in der Regel 2, daß für die Ausführung des Abkommens die Arbeitssprache des Internationalen Büros die französische Sprache ist (Abs. 1), und daß insbesondere das Registrierungsgesuch, das Gesuch um Eintragung einer die Registrierung berührenden Änderung, der sich auf diese Gesuche beziehende Schriftwechsel sowie die vom Internationalen Büro über den Inhalt des internationalen Registers erteilten Auskünfte, nämlich die Registerauskünfte und die Beantwortungen von Gesuchen um Nachforschung nach älteren Registrierungen in französischer Sprache abgefaßt werden (Abs. 2). Demgemäß hat auch die nach Art. 5 des Madrider Markenabkommens dem Internationalen Büro zu erstattende Mitteilung der Schutzverweigerung, deren Form und Inhalt in der Regel 12 der Ausführungsordnung näher geregelt ist, in französischer Sprache zu erfolgen. Keiner der angeführten Regelungen oder sonst einer Bestimmung ist aber zu entnehmen, daß der der Mitteilung an das Internationale Büro zugrundeliegende (nationale) Ausspruch der Schutzverweigerung (entgegen Art. 8 B-VG) in französischer Sprache zu erfolgen hätte. Daß die Rechtsabteilung B des Österreichischen Patentamtes etwa auf Grund einer anderen Bestimmung ermächtigt gewesen wäre, den Beschluß vom 6. Dezember 1979 in französischer Sprache zu erlassen, wird von der belangten Behörde nicht behauptet und vermag auch der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Wenn der Gebrauch einer anderen Sprache nicht zugelassen ist, dann sind die behördlichen Erledigungen - abgesehen etwa von dem lediglich ein Sachverhaltselement bildenden registrierten Waren- oder Dienstleistungsverzeichnis - ausschließlich in deutscher Sprache abzufassen. Die deutsche Sprache ist in einem solchen Falle Voraussetzung dafür, daß die betreffende Äußerung der Behörde eine behördliche Erledigung darstellt. In diesem Sinne ist die Verwendung der deutschen Sprache in den angeführten Fällen auch ein wesentliches Erfordernis für das Vorliegen eines Bescheides. Einem Schriftstück einer Behörde, das ohne gesetzliche Ermächtigung nicht in deutscher, sondern in einer anderen Sprache abgefaßt ist, kommt Bescheidcharakter nicht zu. Der in französischer Sprache ergangene Beschluß der Rechtsabteilung B des Österreichischen Patentamtes vom 6. Dezember 1979 war daher kein Bescheid. Die belangte Behörde hätte sohin die Beschwerde gegen diesen Beschluß, weil sie sich gegen einen Nichtbescheid richtete, als unzulässig zurückweisen müssen und hatte nicht in der Sache selbst entscheiden dürfen. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war, wobei sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen erübrigte. Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft einerseits die Umsatzsteuer, die im Hinblick auf die gesetzliche Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes nicht zuzusprechen war, andererseits den Aufwand für den Schriftsatz zur hg. Verfügung vom 22. April 1983, weil § 48 Abs. 1 VwGG 1965 einer Erstattung des Schriftsatzaufwandes nur für die Einbringung der Beschwerde vorsieht, und hat ferner nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand zum Gegenstand.

Wien, am 10. Juni 1983

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1983:1981040122.X00

Im RIS seit

29.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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