TE Vwgh Erkenntnis 1950/5/25 1875/49

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Veröffentlicht am 25.05.1950
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §113 Abs1
WRG 1959 §12
WRG 1959 §138 Abs1 lita
WRG 1959 §38 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Dr. Lennkh und die Räte Dr. Guggenbichler, Dr. Höslinger, Dr. Borotha und Dr. Porias als Richter, im Beisein des prov. Finanzkommissärs Dr. Helbich als Schriftführer, über die Beschwerde des J K in A, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 30. Juli 1949, Zl. 96617/1- 29139/49, betreffend Berechtigung zur Sand- und Schottergewinnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hatte auf der Parzelle 1037 der Katastralgemeinde A, die im Bereich des Hochwasserabflusses der Salzach liegt und im Eigentum der Frau SM steht, eine Kiessortierungsanlage errichtet und betrieben. Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung hat mit Bescheid vom 15. Jänner 1946 hiefür die gewerbebehördliche Genehmigung erteilt. In dem Bescheide wurde darauf hingewiesen, dass die Grundeigentümerin seinerzeit der Verwaltung der Reichsautobahn die Kiesgewinnung an dem erwähnten Grundstücke vertraglich eingeräumt habe und der Österreichische Staat als Nachfolger der Reichsautobahnverwaltung sich bereit erklärt habe, dem Beschwerdeführer einen Teil der Kiesgewinnung zur Verfügung zu stellen.

Als die M' sche Gutsverwaltung unter Hinweis auf das bestehende Eigentum gegen den Kiesgewinnungsbetrieb des Beschwerdeführers Einwendungen erhob, sah sich das Amt der Salzburger Landesregierung veranlasst, das wasserrechtliche Verfahren bezüglich der Kiesgewinnungsanlage einzuleiten. Der Beschwerdeführer hatte nun um die wasserrechtliche Bewilligung gemäss § 34 des Wasserrechtsgesetzes (BGBl. II 1934 Nr. 316, in der Fassung StGBl. Nr. 113/1945, bezw. BGBl. Nr. 144/1947) zur Schotterentnahme und Errichtung einer Sortierungsanlage auf dem genannten Grundstück angesuchte. Nach durchgeführter mündlicher Verhandlung hat des Amt der Landesregierung mit Bescheid vom 7. Mai 1949 das Ansuchen mit der Begründung abgewiesen, dass der Beschwerdeführer die erforderliche Zustimmungserklärung des Grundeigentümers, aus dem Grundstücke Material zu entnehmen, nicht beigebracht habe. Weiters wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, den Betrieb einzustellen und die Anlage zu beseitigen. Der dagegen eingebrachten Berufung hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft mit dem Bescheid vom 30. Juli 1949 keine Folge gegeben und sich im wesentlichen darauf gestützt, dass das Erfordernis der Zustimmung des Grundeigentümers sich aus der Bestimmung des § 5 des WRG ergebe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der in Wiederholung der Ausführungen des Beschwerdeführers im Administrativverfahren geltend gemacht wird, dass dem Beschwerdeführer aus der gewerbebehördlichen Genehmigung und aus dem Vertrage mit der Verwaltung der Reichsautobahn, bezw. mit deren Nachfolger in Österreich, Rechte erwachsen seien. Es handle sich im vorliegenden Fall um deutsches Eigentum, die derzeitige Eigentümerin sei daher nicht verfügungsberechtigt. Die Frage der Zustimmung der Grundeigentümerin sei eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG; im wasserrechtlichen Verfahren sei gemäss § 95 WRG eine selbständige Beurteilung privatrechtlicher Vorfragen durch die Behörde nicht zulässig. Die Versagung der Zustimmung sei als privatrechtlicher Einspruch im Sinne des § 95 WRG anzusehen, der der gerichtlichen Austragung zu überlassen sei. Nach der massgebenden Vorschrift des § 34 WRG sei die Zustimmung des Eigentümers überhaupt nicht erforderlich, die gewerbebehördliche Genehmigung hätte der Behörde genügen müssen. Der Auftrag zur Einstellung des Betriebes und zur Beseitigung der Anlage widerstreite der Bestimmung des § 121 WRG, weil ein solcher Auftrag nur bei Vorhandensein eines öffentlichen Interesses an der Beseitigung erlassen werden könne. Ein solches öffentliches Interesse liege hier nicht vor, vielmehr spreche das öffentliche Interesse für die Belassung der Anlage. Auch handle es sich hier nicht um eine "eigenmächtige Neuerung", die gemäss § 121 des WRG zu entfernen ist. Schliesslich wird geltend gemacht, dass der Bescheid an einem Verfahrensmangel leide, weil der Sachverhalt bezüglich des Rechtstitels zur Kiesgewinnung von der Behörde aktenwidrig angenommen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5 des Wasserrechtegesetzes normiert, dass die Benutzung der öffentlichen Gewässer innerhalb der durch die Gesetze gezogenen Schranken jedermann gestattet ist; bezieht sich die Benutzung jedoch lediglich auf das Bett und geht sie hiebei über den Gemeingebrauch hinaus, so ist jedenfalls die Einwilligung des Grundeigentümers erforderlich. Im § 95 des WRG wird bestimmt, dass die Wasserrechtsbehörde im Falle, dass gegen ein Unternehmen, gegen welches sonst kein Anstand obwaltet, ein auf einem Privatrechtstitel begründeter Einspruch erhoben wird und eine gütliche Einigung der Parteien nicht zustande kommt, die Bewilligung unter ausdrücklicher Anführung der durch ihren Bescheid nicht erledigten privatrechtlichen Einwendungen zu erteilen hat. Die Gegenüberstellung dieser beiden Gesetzesstellen lässt erkennen, dass die Zustimmung des Grundeigentümer allgemeine Voraussetzung der wasserrechtlichen Nutzung ist und dass das Fehlen dieser Zustimmung nicht als "privatrechtliche Einwendung", die die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nicht verhindert, zu werten ist. Denn wenn der Gesetzgeber die Zustimmung des Grundeigentümers zur wasserrechtlichen Nutzung als "jedenfalls erforderlich" bezeichnet, so ist das Vorliegen der Zustimmung des Grundeigentümers als eine Bedingung zu verstehen, ohne deren Erfüllung die Behörde keine wasserrechtliche Bewilligung erteilen kann und die von der Behörde nicht nach Art von privatrechtlichen Einwendungen Dritter unerledigt gelassen werden kann. Wenn bei einem Unternehmen die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers nicht vorhanden ist, so obwaltet gegen dieses Unternehmen schon aus dem Titel des § 5 WRG ein "Anstand", der gemäss § 95 WRG die Bewilligung ausschliesst.

Den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen, dass ihm auf Grund eines Vertrages mit dem Nachfolger der Reichsautobahnverwaltung Benützungsrechte an der Kiesgewinnungsstelle und aus dem Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 15. Jänner 1946 gewerberechtliche Befugnisse bezüglich der Betriebsstätte zustehen, kommt im wasserrechtlichen Verfahren keine Bedeutung zu, da das Gesetz die Lösung der wasserrechtlichen Fragen in keine Weise von dem Bestande der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechte abhängig macht. In § 34 WRG ist vielmehr normiert, dass die wasserrechtliche Bewilligung neben anderen, allenfalls erforderlichen Genehmigungen einzuholen ist; sie hat also durchaus selbständigen Charakter.

Wenn sich der Beschwerdeführer gegen den behördlichen Auftrag zur Beseitigung der Betriebsanlagen wendet, und das Nichtzutreffen der Voraussetzungen des § 121 WRG in seinem Falle behauptet, so ist sein Vorbringen nicht stichhältig, weil es sich hier tatsächlich um wasserrechtliche "eigenmächtige Neuerungen" handelt, deren Beseitigung nach § 121 WRG zulässig ist. Die "eigenmächtige Neuerung" ist dadurch gegeben, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Bescheides keinen wasserrechtlichen Titel zum Betriebe der Anlagen hatte. Auch die weitere Voraussetzung des § 121 WRG erscheint erfüllt, dass nämlich der Geschädigte oder Verletzte - hier die Grundeigentümerin - die Beseitigung der Anlagen verlangt hat. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass die Beseitigung nur aus dem Titel des öffent1ichen Interesses erfolgen dürfe, findet im § 121 WRG keine Stütze, weil nach dieser Gesetzesstelle eine solche Verfügung erfolgen kann, wenn der Gefährdete bezw. Verletzte es verlangt oder das öffentliche Interesse es erheischt.

Nach dieser Sachlage erscheinen die das Wesen der Rechtsfrage berührenden Beschwerdeausführungen unzutreffend. Die weitere Einwendung des Beschwerdeführers, dass die Grundeigentümerin nicht verfügungsberechtigt sei, ist für die Rechtsfrage bedeutungslos, weil selbst bei Zutreffen des behaupteten Sachverhaltes die Zustimmung des an Stelle der Eigentümerin handlungsbefugten öffentlichen Verwalters Voraussetzung der wasserrechtlichen Bewilligung wäre. Dass eine solche Zustimmung erteilt worden sei, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Die Einwendung des Beschwerdeführers bezüglich der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, welche in der ungenügenden Beachtung des gewerbebehördlichen Bescheides erblickt wird, erscheint durch die obigen Ausführungen über die unpräjudizielle Wirkung des gewerbebehördlichen Bescheides als überholt.

Die Beschwerde musste sohin als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, um 25. Mai 1950

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1950:1949001875.X03

Im RIS seit

25.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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