TE Bvwg Beschluss 2019/10/8 W185 2107259-2

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Veröffentlicht am 08.10.2019
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Entscheidungsdatum

08.10.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §21
FPG §9
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W185 2107259-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Skopje vom 14.09.2017, ZI. Skopje-OB/KONS/3216/2017, aufgrund des Vorlageantrages des XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, vertreten durch RA Dr. Farhad Paya, Herrengasse 12/1, 9020 Klagenfurt, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Skopje vom 29.06.2017, beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Vorverfahren:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Kosovo, stellte erstmals am 07.06.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 26.09.2012, ZI. B9 263.695-2/2008, in zweiter Instanz abgewiesen.

Mit Urteilt des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.10.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe und am 11.12.2012 durch das Landesgericht XXXX wegen § 28a Abs. 1, 5. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Am 08.02.2014 heiratete der Beschwerdeführer eine in Österreich niedergelassene und vollzeitbeschäftigte polnische Staatsangehörige standesamtlich.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes XXXX vom 03.03.2014 wurde gegen den Beschwerdeführer ein 5-jähirges Aufenthaltsverbot bis zum 05.03.2019 erlassen.

Der Beschwerdeführer wurde am 30.08.2014 aus der Haft entlassen.

Am 16.10.2014 reiste der Beschwerdeführer freiwillig aus dem Bundesgebiet in den Kosovo aus.

Am 02.06.2015 wurde der Sohn des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in Österreich geboren.

Am 11.02.2015 stellt der Beschwerdeführer erstmals einen Antrag auf Wiedereinreise nach Österreich bei der Österreichischen Botschaft Skopje (im Folgenden: "ÖB Skopje") Mit Bescheid vom 20.03.2015 verweigerte die ÖB Skopje den Antrag. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.02.2016 wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass zur Abwägung der privaten und familiären Interessen bei der Prüfung, ob ein wichtiger privater Grund im Sinne des § 26a Abs. 1 FPG vorliege, gegenständlich eine Wiedereinreise während eines aufrechten Aufenthaltsverbots als Ausnahme in besonderen, konkreten und kurzfristigen Situationen, die wohl auch örtlich nicht verlegbar sind, anzusehen sei. Ein solcher Grund sei durch den Beschwerdeführer nicht vorgebracht worden. Während die Geburt eines gemeinsamen Kindes fraglos einen wichtigen Einschnitt im Leben der Eltern darstelle, komme die Erteilung des Aufenthaltsverbots und die damit einhergehende Beeinträchtigung der familiären Interessen des Paares weder bei der Eheschließung noch bei der Familiengründung überraschend, was das Gewicht ihrer Interessen an der Ermöglichung eines temporären Familienlebens in Österreich zur Geburt des gemeinsamen Kindes mindern müsse.

Am 04.12.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verkürzung des mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes XXXX vom 03.03.2014 erlassenen Einreiseverbotes. Diesem Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2016 stattgegeben und das Einreiseverbot auf zweieinhalb Jahre (Anm: bis zum 14.04.2017) verkürzt.

Gegenständliches Verfahren:

Der Beschwerdeführer stellte am 07.06.2017 bei der ÖB Skopje unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines zur mehrfachen Einreise berechtigenden Schengen-Visums mit einer Gültigkeit von 90 Tagen. Als Hauptzweck der Reise wurde "Sonstiges" angegeben. Als geplantes Ankunftsdatum im Schengen-Raum wurde der 07.06.2017, als geplantes Abreisedatum aus dem Schengen-Raum der 06.09.2017 angegeben. Als einladende Person wurde die in Österreich niedergelassene Ehefrau des Beschwerdeführers genannt.

Mit der Aufforderung zur Stellungnahme vom 08.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit gegeben, die gegen seinen Aufenthalt in Österreich bestehenden Bedenken, er würde aufgrund seiner strafrechtlichen Verurteilungen und des gegen ihn erlassenen Einreiseverbotes die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden, zu zerstreuen.

Der Beschwerdeführer erstattete am 26.06.2017 eine Stellungnahme. Darin wurde zusammengefasst vorgebracht, dass das Einreiseverbot auf zweieinhalb Jahre verkürzt worden sei und sohin am 14.04.2017 geendet habe. Der Beschwerdeführer sei nach der letzten Straftat im Jahr 2012 nicht mehr straffällig geworden und habe somit sein Wohlverhalten unter Beweis gestellt. Vom Beschwerdeführer gehe daher keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit aus. Der Beschwerdeführer sei begünstigter Drittstaatsangehöriger und werde nach der Einreise einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren gemäß § 54 Abs. 1 NAG stellen.

Mit Bescheid der ÖB Skopje vom 29.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer das Visum verweigert. Dies mit der Begründung: "ein oder mehrere Mitgliedstaaten sind der Auffassung, dass Sie eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit gemäß Artikel 2 Absatz 19 Verordnung (EG) Nr. 262/2006 (Schengener Grenzkodex) oder die internationalen Beziehungen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten darstellen."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 12.07.2017 das Rechtsmittel der Beschwerde und wiederholte im Wesentlichen das Vorbringen seiner Stellungnahme vom 26.06.2017. Darüber hinaus erschöpfe sich der angefochtene Bescheid im Ankreuzen von Textbausteinen, weitere Ausführungen, weshalb die Behörde im gegenständlichen Fall von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgehe, würden fehlen. Auch sei das Recht auf Parteiengehör verletzt worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 14.09.2017, wies die ÖB Skopje die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab:

Die Form des Bescheides entspreche den besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden; es sei zwingend das Standardformular nach Anhang VI zu verwenden. Auch sei das Parteiengehör nicht verletzt worden, da nach Rechtsprechung des VwGH zu Fragen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung kein Parteiengehör gewährt zu werden brauche. Auch sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Es werde auf das ursprünglich verhängte Einreiseverbot und die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers hingewiesen. Auch habe sich der Beschwerdeführer im Rahmen der Antragstellung vor der ÖB Skopje aggressiv verhalten. Der Beschwerdeführer sei arbeitslos und habe kein regelmäßiges Einkommen.

Am 20.09.2017 wurde bei der ÖB Skopje ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 10.10.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 12.10.2017, wurde der Verwaltungsakt übermittelt.

Am 04.10.2019 veranlasste das Bundesverwaltungsgericht eine Abfrage hinsichtlich des Beschwerdeführers aus dem Zentralen Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister sowie dem Betreuungsinformationssystem GVS. Diese ergaben, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2017 nach Österreich einreiste und am 26.08.2017 (erneut) einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte. Dem Beschwerdeführer wurde durch eine Bezirkshauptmannschaft ein Aufenthaltstitel nach dem NAG für Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers mit der Gültigkeitsdauer 20.12.2017 bis 20.12.2022 erteilt. Das Verfahren betreffend internationalen Schutz wurde in der Folge seitens des Bundesamtes am 30.10.2017 wegen Gegenstandslosigkeit eingestellt. Der Beschwerdeführer ist seit 30.08.2017 in Österreich aufrecht gemeldet und lebt mit seiner Ehefrau und dem ehelichen Kind im gemeinsamen Haushalt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren - hier: das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. zur Bejahung der Notwendigkeit der Fällung eines Beschlusses über die Verfahrenseinstellung auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5 und § 31 VwGVG Anm 5, sowie Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 28 VwGVG Anm K 3 und § 31 VwGVG Anm K 2) [ vgl. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047].

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs, als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5, Vgl VwGH, 28.1.2016, Ra 2015/11/007; 31.1.208, Ra 2018/10/0022).

Auf den gegenständlichen Sachverhalt finden diese allgemeinen Erwägungen Anwendung wie folgt:

Ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über die ursprüngliche Verweigerung des Visums besteht nicht mehr; dies aufgrund folgender Erwägungen:

Der Beschwerdeführer ist bereits im August 2017, sohin bereits vor Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung und vor Stellung des Vorlageantrages, in das österreichische Bundesgebiet eingereist und stellte am 26.08.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. In weiterer Folge beantragte der Beschwerdeführer bei einer Bezirkshauptmannschaft die Erteilung einer Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers, welche mit einem Gültigkeitszeitraum von 20.12.2017 bis 20.12.2022 auch ausgestellt wurde. Das Verfahren betreffend den Antrag auf internationalen Schutz wurde in der Folge als gegenstandslos geworden vom Bundesamt eingestellt. Der Beschwerdeführer ist seit 30.08.2017 aufrecht in Österreich gemeldet und besteht ein gemeinsamer Haushalt mit seiner Gattin und dem gemeinsamen ehelichen Sohn.

Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ist immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des einzelnen keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles keinen objektiven Nutzen hat (Vgl. VwGH Ro 2016/21/0008 v. 30.06.2016). Der Beschwerdeführer erlangte einen Aufenthaltstitel und führt mit seiner Ehefrau ein Familienleben, welches selbe Ziel er ursprünglich mit der Beantragung eines Visums verfolgt hat.

Die Beschwerde ist infolge materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.

Schlagworte

Gegenstandslosigkeit, Klaglosstellung, rechtliches Interesse,
Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W185.2107259.2.00

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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