TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/11 I421 2228389-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.2020
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Entscheidungsdatum

11.02.2020

Norm

AVG §71
AVG §71 Abs2
BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I421 2228389-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA.

RUMÄNIEN, vertreten durch: DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich BAL vom 17.12.2019, Zl. 1220140608-190669387, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wurde am 31.1.2019 in Rumänien aufgrund eines europäischen Haftbefehles festgenommen und auf dem Luftweg nach Österreich ausgeliefert. Am 13.2.2019 wurde der Beschwerdeführer am Flughafen Schwechat von Beamten des Landeskriminalamtes Niederösterreich festgenommen und am 14.2.2019 in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Über den Beschwerdeführer wurde die Untersuchungshaft verhängt.

Vom Landesgericht XXXX wurde der Beschwerdeführer am 19.6.2019 zu XXXX, wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

Am 3.7.2019 wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme in der Justizanstalt XXXX zugestellt, welche der Beschwerdeführer am 5.7.2019 übernommen hat. Innerhalb der zehntägigen Stellungnahmefrist erfolgte keine Stellungnahme.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.8.2019 wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer kein Durchsetzungsaufschub erteilt. Zudem wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer in der Justizanstalt am 28.8.2019 persönlich zugestellt, die Zustellung erfolgte durch Übergabe. Binnen der vierwöchigen Rechtsmittelfrist erfolgte keine Beschwerde und ist dieser Bescheid daher mit 26.9.2019 in Rechtskraft erwachsen.

Am 26.11.2019 langte der nunmehr verfahrensgegenständliche Wiedereinsetzungsantrag verbunden mit Beschwerde, eingebracht von der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, unter Beischluss einer Vollmacht datiert vom 12.11.2019 bei der belangten Behörde ein.

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 19.12.2019 den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 26.11.2019 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom 16.1.2020, die rechtzeitig ist und mit welcher beantragt wird den bekämpften Bescheid zu beheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Eingangs wird der zu Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang zu Feststellungen erhoben, dieser ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei aus dem Verfahrensakt.

Als unstrittig kann festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer rumänischer Staatsbürger ist, in Österreich am 16.2.2019 wegen des dringenden Tatverdachtes des schweren Raubes in Untersuchungshaft genommen wurde, und mit rechtskräftigem Urteil vom 19.6.2019 wegen des Verbrechens des schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt wurde.

Der Bescheid vom 27.8.2019, mit welchen gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, wurde dem Beschwerdeführer samt Verfahrensanordnung zur Rückkehrberatung und Rechtsberatung am 28. August 2019 persönlich zugestellt (Aktenseite 159). Die Verfahrensanordnung über Rechtsberatung (Aktenseite 123) wurde der darin genannten Rechtsberatung per E-Mail am 27. August 2019 übermittelt, wobei in dieser E-Mail darauf hingewiesen wurde, dass sich der Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX befindet (Aktenseite 121).

Mit E-Mail vom 24.10.2019 von einem Mitarbeiter der Rechtsberatung des Beschwerdeführers, wird mitgeteilt es habe sich im E-Mail Count eines Mitarbeiters, und zwar im Spamordner, eine E-Mail vom 2. September 2019 befunden wonach der Beschwerdeführer um einen Besuch ersuche (Aktenseiten 174f).

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei und schlüssig aus dem vorliegenden Behördenakt. Bei den jeweiligen Feststellungen wurde in Klammer auf die entsprechenden Aktenseiten des vorliegenden Behördenakts verwiesen.

Weitere Feststellungen zum Sachverhalt sind zur Beurteilung der Rechtssache nicht erforderlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die maßgebliche Bestimmung zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verwaltungsverfahren enthält § 71 AVG. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen.

Im Wiedereinsetzungsantrag bringt der Beschwerdeführer vor, er sei an der fristgerechten Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.8.2019 gehindert gewesen, weil ein E-Mail in den Spamordner der Rechtsberatung verschoben worden sei. Dazu wird ein E-Mailverkehr vorgelegt (Aktenseite 174, 175). Aus diesen vorgelegten E-Mails ergibt sich zweifelsfrei, dass der Mitarbeiter der Rechtsberatung am 23. Oktober 2019 diesen Umstand einer anderen Mitarbeiterin per Mail weitergeleitet hat und diese Mitarbeiterin sodann am 24.10.2019 in einem E-Mail auf diesen möglichen Sachverhalt hingewiesen hat und wird in dieser E-Mail die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrages angesprochen.

Allein aus diesem Sachverhalt ergibt sich schon, dass selbst wenn man ein Hindernis für die fristgerechte Beschwerdeerhebung annehmen sollte, dieses Hindernis jedenfalls am 23.10.2019 weggefallen ist. Gemäß § 71 Abs. 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Der Wiedereinsetzungsantrag, der bei der belangten Behörde am 26.11.2019 einlangte ist daher jedenfalls verspätet und als verspätet zurückzuweisen.

Aber auch inhaltlich vermag der Beschwerdeführer in seinem Wiedereinsetzungsantrag keinen Sachverhalt darzutun, der die Wiedereinsetzung rechtfertigen würde. Nachweislich wurde der fristauslösende Bescheid vom Beschwerdeführer am 28.8.2019 übernommen und ist kein Grund hervorgekommen, der den Beschwerdeführer an der fristgerechten Einbringung einer Beschwerde tatsächlich gehindert hätte. Auch aus dem vorgelegten E-Mail der Justizanstalt XXXX vom 2. September 2019 an die Rechtsberatung des Beschwerdeführers, ergibt sich lediglich, dass der Beschwerdeführer um einen Besuch ersucht. Dass der Beschwerdeführer, entgegen seiner vorhergehenden Mitteilung in einem Gespräch, nunmehr die Einbringung einer Beschwerde wünscht, lässt sich daraus nicht ableiten. Außerdem hätte der Beschwerdeführer, dem ja die Rechtsmittelfrist bekannt war und innert derer keinen weiteren Besuch von der Rechtsberatung erhalten hat, bei Anwendung eines Mindestmaßes an Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten, die Einbringung der Beschwerde urgieren oder diese selbst einbringen können, was ihm auch möglich gewesen wäre, sodass ihn an der Fristversäumung ein Verschulden, das deutlich über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, trifft. Es hat daher die belangte Behörde mit dem bekämpften Bescheid zurecht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen. Aus den angeführten Gründen war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, E - Mail, Fristablauf, Fristüberschreitung,
Fristversäumung, persönliche Übernahme, Rechtsmittelfrist, schwere
Straftat, Straffälligkeit, Strafhaft, strafrechtliche Verurteilung,
Straftat, Verbrechen, verspäteter Antrag, Verspätung,
Wiedereinsetzungsantrag, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2228389.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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