TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/19 I415 1238306-4

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Veröffentlicht am 19.12.2019
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Entscheidungsdatum

19.12.2019

Norm

AVG §57 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §88 Abs2a
FPG §92 Abs1 Z3
FPG §92 Abs3
FPG §93
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §93 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 1238306-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch RA Mag. Philipp Tschernitz, Glasergasse 2, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.05.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsbürger, stellte am 11.08.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2014, Zl. I403 1238306-3/9E, wurde dieser Antrag in zweiter Instanz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, dem Beschwerdeführer jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 11.11.2015 erteilt. Diese wurde mehrmals bis zum 11.11.2019 verlängert.

3. Aufgrund eines diesbezüglichen Antrages wurde dem Beschwerdeführer am 13.06.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA; belangte Behörde) ein Fremdenpass mit der Nummer XXXX ausgestellt.

4. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 12.12.2018, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels als Beitragstäter nach § 12 (dritter Fall) StGB und § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall, Abs. 3 SMG iVm § 15 StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, Abs. 3 fünfter und sechster Fall SMG iVm § 15 StGB, sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 17 Monaten verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer zur vorschriftswidrigen Ausfuhr von Suchtmitteln in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge aus den Niederlanden und zur anschließenden Einfuhr des Suchtgiftes nach Österreich beigetragen hat, sowie vorschriftswidrig Suchtgift in einer insgesamt die Grenzmenge übersteigenden Menge anderen zu verschaffen versucht und überlassen hat, sowie zum nicht ausschließlich persönlichen Gebrauch besessen hat.

In der Urteilsbegründung mildernd berücksichtigt wurde das reumütige und umfassende Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist; erschwerend hingegen die drei einschlägigen, teils länger zurückliegenden Vorstrafen, die Kombination mehrerer Vergehenstatbestände, die mehrfache Tatbestandsmäßigkeit, sowie die Mehrzahl von Abnehmern.

5. Daraufhin wurde sowohl ein Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes, als auch das gegenständliche Verfahren zur Entziehung des Fremdenpasses eingeleitet und in letzterem dem Beschwerdeführer mit Schreiben des BFA vom 12.04.2019 im schriftlichen Wege Parteiengehör eingeräumt, wozu der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 02.05.2019 Stellung bezog.

6. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA vom 13.05.2019, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 93 Absatz 1 FPG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Ziffer 3 FPG und § 57 Absatz 1 AVG der Fremdenpass entzogen und ihm gemäß § 93 Absatz 2 leg.cit. aufgetragen, den Fremdenpass unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers vom 12.12.2018 wegen Verbrechen und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz nachträglich ein Versagungsgrund eingetreten sei. Dem Beschwerdeführer sei der Fremdenpass aus Gründen der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung zu versagen.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter am 13.06.2019 Beschwerde in vollem Umfang. Aus dem bekämpften Bescheid gehe nicht hervor, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer sein Dokument für Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz verwenden könnte. Vielmehr sei aus der Verurteilung ersichtlich, dass der Beschwerdeführer sein Dokument im Zusammenhang mit der von ihm verwirklichten Suchtmitteldelinquenz weder gebraucht, noch benützt habe und somit der Fremdenpass in keinem Zusammenhang mit den Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz stehe. Es werde daher der Antrag gestellt, den gegenständlichen Bescheid ersatzlos aufzuheben. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass sich der Beschwerdeführer derzeit noch in Strafhaft in der Justizanstalt XXXX befinde und daher im Moment keinen Zugang zu seinem Dokument habe, weshalb ihm die Erfüllung der im Bescheid ausgesprochenen Verpflichtung zur Vorlage des Dokuments derzeit unmöglich sei.

8. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 21.06.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der oben festgestellte maßgebende Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, insbesondere dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 12.12.2018 zur Zl. XXXX, der schriftlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 02.05.2019, dem angefochtenen Bescheid, sowie dem Beschwerdeschriftsatz. Einsicht wurde auch genommen in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. I403 1238306-3 und damit in das Beschwerdeverfahren zum Asylverfahren des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 88 Abs. 2a FPG sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag Fremdenpässe auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

Gemäß § 93 Abs. 1 Z 1 FPG idgF ist ein Fremdenpass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden.

Gemäß § 93 Abs. 2 FPG sind vollstreckbar entzogene Fremdenpässe dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar.

Gemäß § 92 Abs. 1 ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;

2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;

3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;

5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

Nach dem Wortlaut der Bestimmung ("... ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen ...") ist der Behörde kein Ermessen eingeräumt, das ein Absehen von der Versagung erlaubt. (vgl. VwGH 17.02.2006, 2006/18/0030; 24.09.2009, 2009/18/0155).

Gemäß § 92 Abs. 3 FPG ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wenn den Tatsachen, die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde liegen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 04.06.2009, 2006/18/0204, VwGH vom 27.01.2004, 2003/18/0155, VwGH vom 24.01.2012, 2008/18/0504 und VwGH vom 16.05.2013, 2013/21/0003), stellt es zusammengefasst eine Erfahrungstatsache dar, dass bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist, weshalb selbst bei einer bloß einmaligen Verurteilung eines Antragstellers die Behörde rechtskonform davon ausgehen kann, dass dieser den Fremdenpass benutzen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes (SMG) zu verstoßen. Es ist in diesem Zusammenhang nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ob der Beschwerdeführer seinen Reisepass (oder Fremdenpass) tatsächlich bei der Begehung der ihm angelasteten Straftat nach dem SMG verwendet hat (VwGH vom 15.11.2005, 2005/18/0609). Es ist eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist und würde ein Reisepass bzw. Fremdenpass einen (weiteren) Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern (VwGH vom 15.11.2005, 2005/18/0609). Außerdem besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der Verhinderung des Suchtgifthandels (z.B. VwGH vom 22.11.2012, 2011/23/0556, VwGH vom 30.08.2017, Ra 2017/18/0155 u.a.). Bei der Suchtgiftkriminalität handelt es sich um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität (VwGH vom 27.11.2002, 2002/18/0058).

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Verbrechen und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz zwingende Gründe der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung dem weiteren Besitz eines Fremdenpasses entgegenstehen. Dieser Ansicht der belangten Behörde ist im Lichte der obigen Ausführungen zu folgen.

Mit dem Beschwerdevorbringen, demzufolge in der angefochtenen Entscheidung "in keinster Weise ausgeführt werde, aus welchen Erwägungen das BFA davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer sein Dokument für Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz verwenden möchte", ist im Hinblick auf die oben dargestellte ständige Rechtsprechung für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da im Sinne der Rechtsprechung des VwGH schon aus dem Delikt des Handels mit Suchtgift auf eine Gefahr internationaler Drogenkriminalität zu schließen und diesbezüglich die Erleichterung durch die Verfügbarkeit eines Reisedokuments zu bedenken ist. Der internationale Bezug der vom Beschwerdeführer begangenen Verbrechen ergibt sich auch eindeutig aus dem Wortlaut der gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichtes XXXX, demzufolge der Beschwerdeführer "seinen" in den Niederlanden aufhältigen Suchtgiftlieferanten kontaktiert habe, um Kokain zu bestellen.

Der VwGH hat insbesondere in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. das Erkenntnis vom 20. August 2013, 2013/22/0082 und das Erkenntnis vom 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556, mwN).

Es wird vom Bundesverwaltungsgericht nicht verkannt, dass es sich bereits um die vierte einschlägige Verurteilung des Beschwerdeführers nach dem SMG handelt, die Verurteilung erst ein Jahr zurückliegt und sich der Beschwerdeführer aktuell in Strafhaft befindet. Demgemäß kann auch die Zukunftsprognose nicht positiv ausfallen und können weitere strafbare Handlungen der geschilderten Art in Hinkunft nicht ausgeschlossen werden.

Vor diesem Hintergrund ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer seinen Fremdenpass in Hinkunft zur Begehung weiterer Straftaten verwenden könnte und gefährdet der weitere Besitz eines Fremdenpasses die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Da somit die Voraussetzungen für den Entzug des Fremdenpasses gegeben sind, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht und weiters das Neuerungsverbot zur Anwendung gelangt. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG und wurde eine mündliche Verhandlung auch nicht ausdrücklich beantragt.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage (insbesondere dem zitierten Strafurteil) und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die maßgebliche Rechtsprechung wurde in den Erwägungen zu A) oben wiedergegeben; soweit die rechtliche Beurteilung zu früheren Rechtslagen ergangen ist, so ist sie nach Ansicht des erkennenden Gerichtes auch die inhaltlich weitgehenden gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, Entziehung,
Entziehungsbescheid, Entziehungsgrund, Fremdenpass, Gefährdung der
Sicherheit, öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung, öffentliche
Sicherheit, Reisedokument, Suchtgifthandel, Suchtmitteldelikt,
Verbrechen, Versagungsgrund, Wiederholungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I415.1238306.4.00

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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