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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander hinsichtlich der Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatuts betreffend eine Familie aus Georgien; mangelhafte Auseinandersetzung mit der Schutzbedürftigkeit der kranken minderjährigen Tochter sowie der Notwendigkeit von TherapienRechtssatz
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) lässt entgegen der Rsp des EGMR das junge Alter der Drittbeschwerdeführerin und damit ihre sich daraus ergebende besondere Vulnerabilität außer Betracht und misst diesem Umstand für die Beurteilung der Gefahr einer Verletzung von Art3 EMRK keine hinreichende Bedeutung zu (vgl zur Maßgeblichkeit dieses Kriteriums EGMR 13.12.2016 [GK], Fall Paposhvili, Appl 41.738/10 [Z174]).
Zudem stützt das BVwG seine Erwägungen im angefochtenen Erkenntnis wesentlich auf die Annahme, es sei nur noch eine medikamentöse Behandlung notwendig und es gebe keine Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Drittbeschwerdeführerin in lebensbedrohlichem Ausmaß. Damit missachtet es die Aussage des - den Akten beiliegenden - medizinischen Gutachtens des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien, das angibt, ein Wiederaufflackern der Krankheit sei, oftmals ausgelöst durch Infekte, jederzeit möglich; es bestehe ein lebenslanges Risiko eines Rückfalles, der dann eine Plasmaseparationstherapie notwendig werden lasse. Mit diesem letztgenannten Umstand setzt sich das BVwG nicht ausreichend auseinander.
Weiters referiert das BVwG in seiner Entscheidung das Vorbringen des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, die Drittbeschwerdeführerin werde längerfristig eine Dialyse benötigen. Gleichzeitig wird im angefochtenen Erkenntnis eine Anfragebeantwortung wiedergegeben, aus der hervorgeht, die Drittbeschwerdeführerin werde nicht in das staatliche Dialyseprogramm in Georgien aufgenommen. Das BVwG unterlässt es, sich mit den Konsequenzen dieser Ermittlungsergebnisse und insbesondere ihrem Zusammenhang auseinanderzusetzen. Damit fehlt eine Auseinandersetzung mit dem individuellen Zugang der Drittbeschwerdeführerin zu den in Georgien vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten, auf die das BVwG seine Entscheidung stützt. Zudem findet auch keine Erwägung dazu statt, welche Distanz zwischen dem Wohnort der Drittbeschwerdeführerin und den Behandlungseinrichtungen liegt.
Aufhebung der Entscheidung betreffend die Eltern im selben Umfang nach §34 Abs4 AslyG 2005.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht / Vulnerabilität, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E2373.2019Zuletzt aktualisiert am
25.08.2021