TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/29 VGW-111/067/7517/2019

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Veröffentlicht am 29.01.2020
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Entscheidungsdatum

29.01.2020

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §60 Abs1 litc
BauO Wr §94 Abs4
BauO Wr §134 Abs3
BauO Wr §134a
AVG §8

Text

I M N A M E N D E R R E P U B L I K

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die als Beschwerde zu wertende Berufung des A., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, vom 15.04.2019, GZ MA 37/..., mit welchem der Antrag des A. auf Gewährung der Parteistellung gemäß § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO für Wien) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) als unzulässig zurückgewiesen wurde, (mitbeteiligte Partei: C., GmbH & Co OG, FN ...)

zu Recht e r k a n n t:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

2. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit Eingabe vom 15.06.2018 begehrte die mitbeteiligte C., GmbH & Co OG (in der Folge: Bauwerberin), die baubehördliche Bewilligung gemäß § 70 BO für Wien bezüglich der Liegenschaft Wien, B., EZ ... KG ... Wien.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 15.01.2019, GZ MA 37/..., wurde aufgrund des genannten Ansuchens für die genannte Liegenschaft (EZ ... KG ... Wien) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 70 BO für Wien die beantragte Bewilligung erteilt. Konkret führt dazu der gennannte Bescheid im Spruch auszugsweise aus:

„Die Raumeinteilungen und Raumwidmungen der Wohnung Top 19 im 3. Stock werden abgeändert, wobei die Feuermauer zur Nachbarliegenschaft Wien, D.-straße ONr. ... teilweise transparent ausgeführt wird. Im Lichthof, im Bereich der hinteren Grundgrenze zur Nachbarliegenschaft Wien, D.-straße ONr. ... wird ein Balkon samt zwei Türen zu diesem Balkon errichtet.“

Dieser Bescheid wurde gegenüber der nunmehrigen Beschwerdeführerin nicht erlassen.

2.1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Rechtsfreund, richtete zu GZ MA 37/... am 18.03.2019 eine Eingabe an die belangte Behörde und bezog sich darin auf den Bescheid vom 15.01.2019. Unter einem fragte sie darin nach, ob sie als Nachbarin im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Bauverfahren verständigt respektive zu einer Bauverhandlung geladen wurde. Da bei der Beschwerdeführerin weder eine Verständigung noch eine Ladung eingelangt war, ersuchte sie um Zustellung des Bescheides zur Erhebung von Einwendungen und Rechtsmitteln. Für den Fall, dass seitens der belangten Behörde die Ansicht vertreten werde, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin keine Parteistellung habe, wurde die Erlassung eines Bescheides beantragt. An Einwendungen wurden erhoben:

„-  die Bebaubarkeit der Fläche meiner Mandantschaft wird durch das gegenständliche Bauvorhaben beeinträchtigt;

-   die Bestimmungen über den Abstand des Bauwerks zu den Nachbargrenzen oberhalb der Erdoberfläche werden nicht eingehalten;

-   darüber hinaus ist die transparente Ausführung der Feuermauer zur Liegenschaft des A. mangels entsprechender Ausführung als Herstellung einer Öffnung im Sinne von § 94 Abs (4) BauO anzusehen.“

2.2. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 vom 15.04.2019, MA 37/..., wurde der Antrag auf Parteistellung zurückgewiesen. Konkret lauten Spruch und Begründung:

B E S C H E I D

Der Antrag des A., vertreten durch ... Rechtsanwälte GmbH, auf Gewährung der Parteistellung, vorgebracht per Schreiben vom 18.03.2019 von Herrn Dr. E., wird gemäß § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG 1991) als unzulässig zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g

Wer in einem bestimmten Verfahren Partei ist, ergibt sich aus den Bestimmungen des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) im Zusammenhang mit der auf das betreffende Verfahren anzuwendenden Verwaltungsvorschrift. Dies ist im baubehördlichen Verfahren die Bauordnung für Wien.

Gemäß §134 Abs. 3 BO sind die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt.

Entsprechend den Bestimmungen des Bebauungsplanes ist die Situierung von Balkonen an den betroffenen Gebäudefronten zulässig. Da es sich bei der Errichtung eines Balkons um bauliche Änderungen (§60 Abs. 1 lit c BO) handelt, wobei die Bebaubarkeit der Nachbargrundstücke nicht gemindert wird, war eine mündliche Verhandlung nicht zwingend durchzuführen.

Es war daher die begehrte Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen.“

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Rechtsfreund, fristgerecht wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften „Berufung“ und führte darin aus, sie hätte keine Einwendungen erheben können, weil keine mündliche Verhandlung stattfand. Dadurch hätte ihr die belangte Behörde die Möglichkeit genommen rechtzeitig Einwendungen entsprechend § 134a BO für Wien zu erheben. Auch hätte ihr die belangte Behörde keine Parteistellung zuerkannt und ihr dadurch die Möglichkeit genommen vom Bauvorhaben Kenntnis zu erlangen sowie substantiierte Einwendungen und Rechtsmittel erheben zu können. Die belangte Behörde hätte „offenbar kein Verfahren in Hinblick darauf geführt, dass es denkunmöglich ist, gegen das vorliegende Bauvorhaben Einwendungen im Sinne des § 134a BO für Wien zu erheben und insoweit gegen die Verpflichtungen gemäß § 39 AVG verstoßen.“ Wenn solche Erhebungen gepflogen worden wären, seien diese in Verletzung des Parteiengehörs der Beschwerdeführerin aber nicht zur Kenntnis gebracht worden.

Beantragt wurde der „Berufung“ stattzugeben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Baubescheid zur Erhebung von Einwendungen und Rechtsmittel zugestellt wird. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht gestellt.

4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des verwaltungsbehördlichen Aktes am 03.06.2019 dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor. Zu der als Beschwerde zu wertenden „Berufung“ wurde von der belangten Behörde nicht Stellung genommen. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der belangten Behörde nicht gestellt.

5. Die Beschwerde wurde der mitbeteiligten Bauwerberin zur Kenntnisnahme samt Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme sowie Beantragung einer mündlichen Verhandlung binnen zwei Wochen übermittelt. Die Bauwerberin machte von der ihr eingeräumten Möglichkeit Gebrauch und erstattete eine Stellungnahme. Darin wurde auf die mit Bescheid vom 15.01.2019 bewilligten Baumaßnahmen Bezug genommen und vorgebracht, die belangte Behörde hätte das Bauvorhaben ausreichend überprüft, wovon auch der Umstand erfasst sei, ob durch das eingereichte Bauvorhaben allfällige subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin „verletzt werden könnten“. Der Baubewilligungsbescheid vom 15.01.2019 sei „rechtmäßig ergangen und sohin zu akzeptieren“. Eine mündliche Verhandlung wurde von der Bauwerberin nicht beantragt.

6. Ein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien wurde von keiner Partei gestellt. Auch wurde eine solche vom Verwaltungsgericht Wien nicht für erforderlich gehalten.

II. Aufgrund der unbedenklichen und unbestritten gebliebenen Aktenlage samt vorgelegten Einreichplan, der von den Parteien vorgelegten Schriftsätzen und nach Einsicht in das offene Grundbuch hat das Verwaltungsgericht Wien folgenden Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Aufgrund des Ansuchens der mitbeteiligten Bauwerberin vom 15.06.2018 wurde ob der Liegenschaft Wien, B., EZ ... KG ... Wien, gemäß § 70 BO für Wien die Bewilligung zur beantragten Bauführung (siehe Punkt I.1.) erteilt.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümer der Liegenschaft EZ ... KG ... Wien, mit der Liegenschaftsadresse D.-straße/F.-gasse. Die Liegenschaft der Beschwerdeführerin grenzt im Nordwesten unmittelbar an die Liegenschaft der mitbeteiligten Partei an.

Eine mündliche Verhandlung wurde aufgrund des Bauansuchens vom 15.06.2018 nicht durchgeführt. Die Beschwerdeführerin war diesem Bauverfahren nicht als Partei zugezogen worden und es wurde ihr auch nicht der diese Baumaßnahmen bewilligende Bescheid zugestellt.

Auf der Liegenschaft der mitbeteiligten Partei hin zur gemeinsamen Liegenschaftsgrenze mit der Beschwerdeführerin sind die mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.01.2019, GZ MA 37/..., baubehördlich bewilligten Baumaßnahmen projektiert. Danach ist unter anderem an der Feuermauer zur Liegenschaft der Beschwerdeführerin ein Abbruch samt transparenter Fixverglasung projektiert. Weiters ist im Lichthof die Errichtung eines Balkons im dritten Stock (+ 15,38 m) samt zwei Türen zu diesem Balkon projektiert. Im Einreichplan sind im Bestand räumlich über den projektierten Balkon bereits im vierten und fünften Stock sowie im Dachgeschoss ebenso Balkone ausgewiesen.

III.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 27 iVm § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und des Begehrens zu überprüfen. Die Rechtssache ist gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, sofern eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen.

Hebt das Verwaltungsgericht einen angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 28 Abs. 5 VwGVG).

2. Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien – BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, zuletzt geändert durch Wiener Landesgesetz, LGBl. für Wien Nr. 37/2018, lauten auszugsweise:

Ansuchen um Baubewilligung

§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a, 70a oder 70b zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

         a) bis b) (…)

         c) Änderungen oder Instandsetzungen von Bauwerken, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Bauwerks; im Falle einer Änderung der Verwendung von Aufenthaltsräumen in Wohnzonen die rechtmäßig bestehende Benützung der Aufenthaltsräume als Wohnungen oder Betriebseinheiten im gesamten Gebäude, sofern diese unter Berücksichtigung der beantragten Änderung nicht ausdrücklich als Wohnungen oder Betriebseinheiten bereits gewidmet sind.

         d) bis j) (…)

(2) und (3) (…)“

Bauverhandlung und Baubewilligung

§ 70. (1) Besteht die Möglichkeit, dass durch ein Bauvorhaben subjektiv-öffentliche Nachbarrechte berührt werden (§ 134a), ist, wenn nicht das vereinfachte Baubewilligungsverfahren zur Anwendung kommt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, zu der auch der Planverfasser und der Bauführer, sofern nicht § 65 Abs. 1 anzuwenden ist, zu laden sind. Wohnungseigentümer benützter Gebäude sind nur durch Anschlag an allgemein zugänglicher Stelle des Hauses (jeder Stiege) zu laden. Dieser Anschlag ist von der Behörde so rechtzeitig anzubringen, dass die Verhandlungsteilnehmer vorbereitet erscheinen können. Mit der Anbringung dieses Anschlages ist die Ladung vollzogen. Die Wohnungseigentümer haben die Anbringung des Anschlages zu dulden und dürfen ihn nicht entfernen. Eine etwaige Entfernung vor dem Verhandlungstermin bewirkt nicht die Ungültigkeit der Ladung.

(2) Über das Ansuchen um Baubewilligung hat die Behörde durch schriftlichen Bescheid zu entscheiden. Wird die Baubewilligung erteilt, ist damit über Einwendungen abgesprochen.“

Parteien

§ 134. (1) Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder Einreicher.

(2) (…)

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134 a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134 a gegen die geplante Bauführung erheben; das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

(4) Weist ein Nachbar der Behörde nach, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach § 134 Abs. 3 zu erlangen, kann er seine Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die Bauführung auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn vorbringen und ist vom Zeitpunkt des Vorbringens dieser Einwendungen an Partei; eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 3) ist ausgeschlossen. Solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Bauverhandlung anberaumt hat.

(5) bis (7) (…)“

„§ 94. Ausbreitung von Feuer auf andere Bauwerke

§ 94. (1) Bauwerke müssen so geplant und ausgeführt sein, dass der Ausbreitung von Feuer auf andere Bauwerke vorgebeugt wird.

(2) Die Außenwände von Bauwerken müssen so ausgeführt werden, dass das Übergreifen eines Brandes auf andere Bauwerke verhindert wird oder, sofern dies auf Grund der Größe und des Verwendungszweckes der Bauwerke genügt, ausreichend verzögert wird. Eine solche Ausführung der Außenwände ist nicht erforderlich, wenn die Bauwerke in einem entsprechenden Abstand voneinander errichtet werden. Dabei ist auch die zulässige Bebauung auf Nachbargrundstücken zu berücksichtigen.

(3) Dacheindeckungen, Dachaufbauten und lichtdurchlässige Elemente in Dächern (zB Dachflächenfenster, Lichtkuppeln, Lichtbänder) müssen so ausgeführt und angeordnet sein, dass eine Brandentstehung durch Flugfeuer oder Wärmestrahlung vermieden wird. Für Dachaufbauten und lichtdurchlässige Elemente in Dächern gilt Abs. 2 sinngemäß.

(4) Die Herstellung von Öffnungen in Feuermauern ist bei Einhaltung der Brandschutzanforderungen mit Zustimmung des Eigentümers der Nachbarliegenschaft zulässig. Bei der Beurteilung, ob ein Großbauvorhaben (§ 7b) oder ein Einkaufszentrum (§ 7c) vorliegt, gelten durch Öffnungen jeglicher Größe in Feuermauern verbundene Räume und andere Anlagenteile als eine Einheit.“

Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

         a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

         b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

         c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

         d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

         e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken, für Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

         f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen.

(2) und (3) (…)“

IV.1.1. Zur der als Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG zu wertenden „Berufung“ ist eingangs allgemein anzumerken, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt ist: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl Geuder, Bauordnung für Wien (2013), 507 oder etwa VwGH vom 24.06.2009, Zl 2007/05/0018).

1.2.1. Soweit die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer bei der belangten Behörde erhobenen Einwendungen vorbringt, das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei beeinträchtige die Bebaubarkeit ihrer Liegenschaft, ist darauf hinzuweisen, dass sie damit kein dem Katalog des § 134a BO für Wien zuordenbares subjektiv-öffentliches Nachbarrecht anspricht.

1.2.2. Soweit die Beschwerdeführerin moniert, das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei halte die Bestimmungen des Bauwerks zu Nachbargrundgrenzen oberhalb der Erdoberfläche nicht ein, spricht sie damit das subjektiv-öffentliche Nachbarrecht gemäß § 134a Abs. 1 lit. a BO für Wien an. Inwieweit dieses Recht der Beschwerdeführerin durch die auf der Liegenschaft der mitbeteiligten Partei projektierten Baumaßnahmen abstrakt verletzt sein könnte, ist nicht ersichtlich: Die Baumaßnahmen sind ausgehend vom Einreichplan allesamt auf der Liegenschaft der mitbeteiligten Partei projektiert. Auf dem den projektierten Baumaßnahmen gegenüberliegenden Liegenschaftsteil der Beschwerdeführerin ist im Plandokument ... die gärtnerische Ausgestaltung festgesetzt. Auf der Liegenschaft der mitbeteiligten Partei ist die geschlossene Bauweise (mit einer Beschränkung auf 80 % der bebaubaren Fläche) im Plandokument ... festgesetzt. Der an die Liegenschaft der Beschwerdeführerin angrenzende bebaubare Bereich der Liegenschaft der mitbeteiligten Partei ist nicht durch weitere Baufluchtlinien begrenzt. Gemäß § 76 Abs. 8 BO für Wien müssen in der geschlossenen Bauweise die Gebäude grundsätzlich durchgängig errichtet werden. Der Abstand durch die projektierte Feuermauer zur Liegenschaft der Beschwerdeführerin erfährt keine Änderung gegenüber dem Bestand. Der Balkon ist über einer lichten Durchgangshöhe von 2,10 m projektiert (um solcherart gemäß § 80 Abs. 2 BO für Wien auch nicht der bebaubaren Fläche zuzurechnen) und ragt auch über keine Fluchtlinien.

1.2.3. Mit dem Einwand, die transparente Ausführung der Feuermauer zur Liegenschaft der Beschwerdeführerin sei mangels entsprechender Ausführung als Herstellung einer Öffnung im Sinne des § 94 Abs. 4 BO für Wien anzusehen, spricht die Beschwerdeführerin impliziert ihre Zustimmungsbefugnis als Nachbar zur Herstellung von Öffnungen in Feuermauern an. Dazu finden sich in der Begründung des beschwerdegegenständlichen Bescheides keine Ausführungen.

Auch der Durchbruch von Feuermauern stellt eine Änderung eines Gebäudes dar, welche von Einfluss auf die Feuersicherheit ist und als solche einer Bewilligung gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO für Wien bedarf. Die Zustimmung der Eigentümer der Nachbarliegenschaft ist dafür eine Bewilligungsvoraussetzung, ersetzt die behördliche Bewilligung aber nicht (vgl. etwa VwGH vom 16.09.2009, Zl 2007/05/0290 mwN). Aus dem Recht des Nachbarn auf Zustimmung zu einer Errichtung von Öffnungen in Feuermauern erfließt entsprechend § 94 Abs. 4 BO für Wien eine Parteistellung des Nachbarn im diesbezüglichen Bewilligungsverfahren, allerdings nur hinsichtlich der Frage, ob seine Zustimmung notwendig ist und bejahendenfalls, ob sie vorliegt (vgl. etwa VwGH vom 23.11.2009, Zl 2006/05/0118). Aus diesem Zustimmungsrecht lässt sich nur ableiten, dass in einer Feuermauer eine Öffnung nicht ohne Zustimmung des Nachbarn erfolgen darf. Das Zustimmungsrecht des Nachbarn scheidet aus, solange eine mit entsprechenden Baumaterialien ausgefüllte, also „nicht geöffnete“ Feuermauer vorliegt (vgl. etwa VwGH vom 23.11.2009, Zl 2006/05/0118). Insoweit kommt den Nachbarn auch bezüglich der Feuerbeständigkeit der projektierten Fixverglasung in der Feuermauer als Voraussetzung zur Beurteilung der Frage, ob aufgrund der projektierten Materialien eine Öffnung respektive keine Öffnung der Feuermauer hin zur Liegenschaft der Beschwerdeführerin vorliegt, ein Mitspracherecht als Nachbar zu.

Für eine Parteistellung nach § 134 Abs. 3 BO für Wien kommt es nur auf die (abstrakte) Möglichkeit einer Rechtsverletzung an, nicht aber darauf, ob diese durch das Bauvorhaben tatsächlich erfolgt. Dabei ist es auch nicht von Bedeutung, ob eine Beeinträchtigung gegebenenfalls zulässig ist (vgl. etwa VwGH vom 27.10.1981, Zl 1534/79, vom 08.03.1983, Zl 82/05/0147, oder vom 13.12.2016, Ra 2016/05/0058). Es ist der Beschwerdeführerin daher die Möglichkeit zur Geltendmachung ihrer Rechte durch Mitwirkung am Verfahren einzuräumen und in weiterer Folge erst darüber zu erkennen, ob ihre Nachbarrechte durch das projektierte Bauvorhaben verletzt oder nicht verletzt werden.

Eine mündliche Verhandlung bei der belangten Behörde wurde nicht durchgeführt und der Beschwerdeführerin war folglich auch nicht die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendung bei der mündlichen Verhandlung eröffnet worden. Der Beschwerdeführerin war folglich die Möglichkeit zur Erlangung ihrer Parteistellung nicht eröffnet.

Zur Wahrung ihrer Parteienrechte beantragte sie – den Realakt – der (nachträglichen) Zustellung des das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei bewilligenden Bescheides und behauptete die Verletzung eines ihrer subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte. Dieser Antrag schließt bereits den Antrag auf Zuerkennung (Feststellung) der Parteistellung mit ein (vgl etwa Hengstschläger/Leeb, AVG § 8 (Stand 1.1.2014, rdb.at), Rz 21 mwN). Zudem beantragte die Beschwerdeführerin für den Fall, dass die belangte Behörde zur Ansicht gelangt, dass ihre Parteistellung nicht gegeben sei, die Erlassung eines diesbezüglichen Bescheides. Die belangte Behörde hat über den solcherart gestellten Antrag mit beschwerdegegenständlichem Bescheid, wenn auch unzutreffend, abgesprochen. Da dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zustellung des Baubewilligungsbescheides vom 15.01.2019, GZ MA 37/..., zu entsprechen war, war der beschwerdegegenständliche Bescheid zu beheben. Die belangte Behörde ist entsprechend § 28 Abs. 5 VwGVG gehalten, den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtzustand durch Zustellung des beantragten Bescheides herzustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen klar aus dem Gesetz lösbar sind (vgl. Köhler, Der Zugang zum VwGH in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 589 ff, mwN).

Schlagworte

Baubewilligungsverfahren; Parteistellung; Zustellung; Nachbar; Feuermauer; Öffnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.111.067.7517.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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