TE Vwgh Beschluss 2020/2/13 Ra 2020/01/0038

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Veröffentlicht am 13.02.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2020/01/0039Ra 2020/01/0040Ra 2020/01/0041

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision 1. der S H, 2. des S S,

3. der A S und 4. des N S, alle in W, alle vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2019, Zlen. 1. W189 2170799-1/9E, 2. W189 2170805-1/11E, 3. W189 2170808- 1/4E und 4. W189 2170802-1/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Erstrevisionswerberin ist die Ehefrau des Zweitrevisionswerbers. Beide sind die Eltern der Drittrevisionswerberin und des in Österreich geborenen Viertrevisionswerbers. Alle Revisionswerber sind ukrainische Staatsangehörige.

2 Mit den Bescheiden vom 17. August 2017 bzw. 18. August 2017 wies das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge der Revisionswerber auf internationalen Schutz, und zwar den Antrag der Erstrevisionswerberin vom 22. Dezember 2014, jenen des Zweitrevisionswerbers und der Drittrevisionswerberin vom 11. August 2015 und jenen des Viertrevisionswerbers vom 10. August 2015, vollinhaltlich ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erlies jeweils Rückkehrentscheidungen gegen die Revisionswerber, stellte fest, dass die Abschiebung der zweit- bis viertrevisionswerbenden Parteien in die Ukraine zulässig sei und setzte jeweils eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei. 4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision macht in ihrem Zulässigkeitsvorbringen als Verfahrensmängel die unterlassene Beiziehung eines von den Revisionswerbern beantragten (länderkundigen) Sachverständigen sowie eines Dolmetschers für die ukrainische Sprache geltend. Den Revisionswerbern sei es nicht möglich gewesen, ihr Fluchtvorbringen in ihrer Muttersprache darzulegen. Die Beiziehung eines Dolmetschers für die ukrainische Sprache wäre erforderlich gewesen, um tragfähige Feststellungen zu den Fluchtgründen treffen zu können.

9 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargetan werden, weshalb bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. VwGH 20.12.2019, Ra 2019/01/0431 bis 0433, Rn. 9, mwN). Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 8.8.2019, Ra 2019/20/0188, Rn. 10, mwN). Eine solche Darlegung enthält die Zulässigkeitsbegründung nicht.

10 Mit der bloßen Rüge, das BVwG habe die von den Revisionswerbern beantragte Beiziehung eines (länderkundigen) Sachverständigen unterlassen, zeigt die Revision, ohne näher auf die Umstände des vorliegenden Falls einzugehen, ebenso wenig eine hinreichende Relevanzdarstellung auf, wie mit dem Verweis auf nicht berücksichtigte Ergebnisse aus der Länderdokumentation zur Situation in der Ostukraine.

11 Im Übrigen kann der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG nicht entnommen werden, dass die Beantwortung der Fragen, insbesondere die Darlegung des Fluchtvorbringens, mit Hilfe des beigezogenen Dolmetschers der russischen Sprache nicht ausreichend möglich gewesen wäre. Während der Zweitrevisionswerber grundsätzlich erklärte, Russisch zu verstehen und gut zu sprechen und keine Probleme mit der Beiziehung eines Dolmetschers der russischen Sprache zu haben (Seite 3 der Niederschrift), konnte auch die Erstrevisionswerberin in Russisch auf die Fragen prompt und flüssig antworten (Seite 14 der Niederschrift). Schließlich erfolgten sowohl die Erstbefragungen als auch die Einvernahmen der Erstrevisionswerberin und des Zweitrevisionswerbers vor dem BFA jeweils unter Beiziehung eines Dolmetschers der russischen Sprache, ohne dass Verständigungsprobleme dokumentiert wurden bzw. in den Beschwerden an das BVwG die Revisionswerber die mangelnde Einvernahme in ukrainischer Sprache moniert haben. 12 Soweit sich die Revision im Zulässigkeitsvorbringen erkennbar auch gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist ihr entgegen zu halten, dass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 23.12.2019, Ra 2019/01/0479, Rn. 7, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung im Rahmen der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht aufgezeigt.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010038.L00

Im RIS seit

09.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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