TE Vwgh Erkenntnis 1985/1/16 83/03/0322

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Veröffentlicht am 16.01.1985
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Index

KFG

Norm

KFG 1967 §101 Abs1 lita
KFG 1967 §101 Abs1a
KFG 1967 §102 Abs1
KFG 1967 §103 Abs1
KFG 1967 §104 Abs9
VStG §22
VStG §9 idF 1983/176
VStGNov 1983 Art2 Abs2
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde des FS in F, vertreten durch Dr. Helmut Ebner, Rechtsanwalt in Villach, Widmanngasse 41, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. September 1983, Zl. 8V-1560/2/83, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instenzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. September 1983 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma FS Ges.m.b.H. und als Zulassungsbesitzer dem JH einem den Kennzeichen nach bestimmten Lkw-Zug mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht des Zugwagens von 28.400 kg und des Anhängers von 25.120 kg am 18. Jänner 1982 gegen 10.30 Uhr zur Lenkung auf der Süd Autobahn A 2, Richtungsfahrbahn Klagenfurt-Villach-Federaun bei Bau-km 360 in Richtung Arnoldstein überlassen zu haben, obwohl sowohl der Zugwagen als auch der Anhänger mit nur jeweils 22.000 kg zugelassen sind, Hinsichtlich der Beladung sei der Zugwagen um

6.400 kg und der Anhänger um 3.120 kg überladen gewesen. Außerdem habe der Beschwerdeführer es als Zulassungsbesitzer unterlassen, dafür zu sorgen, daß das Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger hinsichtlich der Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte von 38.000 kg (tatsächliche Summe der höchst zulässigen Gesamtgewichte 44.000 kg) den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen. Durch die tatsächlich erfolgte Überladung des Zugfahrzeuges von 6.400 kg und des Anhängers von 3.120 kg sowie der Überschreitung der Summe der höchst zulässigen Gesamtgewichte bei der Zusammenstellung des Lkw-Zuges um 6.000 kg habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 KFG in Verbindung mit §§ 104 Abs. 9 und 101 Abs.1 lit. a leg. cit. begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 leg. cit. wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzarreststraße 6 Tage) verhängt. Zur Begründung ihres Bescheides führte die Behörde u.a. aus, daß durch die falsche Zusammenstellung des Kraftwagenzuges eine Überschreitung der Summe der höchst zulässigen Gesamtgewichte um 6.000 kg entstanden sei, welcher Umstand vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden sei. Hinsichtlich der Überladung des Zugfahrzeuges mit 6.400 kg und des Anhängers mit 3.120 kg gehe die Verantwortung des Beschwerdeführers in die Richtung, er hätte dem Förster S den Auftrag gegeben, daß nicht mehr als 20 fm Buchenholz geladen werden. Außerdem behaupte der Beschwerdeführer, daß er seine Fahrer laufend hinsichtlich der Einhaltung seiner Anordnungen beim Zufahren auf den Lagerplatz der Firma kontrolliere. Die Art und Weise, wie die Anordnungen erfolgten und wie sie kontrolliert würden, habe der Beschwerdeführer jedoch nicht unter Beweis gestellt, sodaß diese Verantwortung lediglich als Schutzbehauptung gewertet werden könne. Diese Annahme der Berufungsbehörde werde auch durch die Zeugenaussage des Fahrers JH erhärtet, der zwar von einem generellen Auftrag, den Lkw nicht zu überladen, spreche und daß fallweise der Lkw-Zug auch unterwegs kontrolliert werde, wobei dies jedoch in der Regel nicht geschehe. Somit habe der Zeuge zugegeben, daß der Zulassungsbesitzer in der Regel seiner Sorgfaltspflicht nicht nachkomme. Auch im gegenständlichen Fall scheine dem Zeugen die Überladung der Fahrzeuge klar ersichtlich gewesen zu sein, da er angebe, daß für den Fall, daß er die vorgefertigte Ladung nicht übernommen hätte eben ein anderer Frächter den Auftrag erhalten hätte. Der Beschwerdeführer habe es also tatsächlich unterlassen, seinem Fahrer so eindeutige Aufträge hinsichtlich der Beladung zu erteilen, und diese auch zu kontrollieren, daß dieser auf alle Fälle eine Überladung hätte verweigern müssen. Die Zeugenaussage des Försters spiele in diesem Falle keine Rolle, weil ausschließlich der Lenker und der Zulassungsbesitzer die Verantwortung hinsichtlich der Beladung zu tragen hätten. Die Berufungsbehörde erachte es im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen, daß die Maßnahmen, die der Beschwerdeführer zur Verhinderung von Überladungen hätte setzen müssen, entweder nicht gesetzt worden seien oder zumindest nicht hinreichend, sodaß von einer genügend angewendeten Sorgfaltspflicht von seiten des Zulassungsbesitzers nicht gesprochen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem gesamten Beschwerdevorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Übertretung schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, es bestehe nunmehr durch die 4. Novelle zum Kraftfahrgesetz im Gegensatz zur früheren Rechtslage für den Zulassungsbesitzer die Möglichkeit, sich der Verpflichtung des § 103 KFG durch die Bestellung eines Anordnungsbefugten, den die Verantwortung für den Zustand und die Beladung des Fahrzeuges treffe, zu entledigen. Damit gewinne die Rechtsfrage, welche Konsequenzen die Bestellung des Försters HS als Anordnungsbefugter und der Auftrag an diesen, nicht mehr als 20 fm Holz zu laden, habe, eine verfahrensrechtliche und materiellrechtliche Komponente.

Mit dem Hinweis auf die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 615/1977, vermag der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt allerdings nichts zu gewinnen. Durch diese Novelle wurde in den § 101 KFG ein Abs. 1 a eingefügt, demzufolge dann, wenn ein von der Person des Lenkers oder des Zulassungsbesitzers verschiedener für die Beladung eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers Anordnungsbefugter vorhanden ist, dieser - unbeschadet der § 102 Abs. 1 und § 103 Abs. 1 - dafür zu sorgen hat, daß Abs. 1 lit. a bis c eingehalten wird. Mit dieser Bestimmung wurde eine zusätzliche Verantwortlichkeit des Anordnungsbefugten eingeführt. Der Lenker und Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges wurden aber dadurch der ihnen obliegenden Verpflichtung nicht enthoben. Die in dieser Bestimmung in Paranthese gesetzten Worte "- unbeschadet der § 102 Abs. 1 und § 103 Abs. 1-" lassen keinen Zweifel, daß neben der Verpflichtung des Anordnungsbefugten die dem Lenker gemäß § 102 Abs. 1 KFG und dem Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs. 1 leg. cit. hinsichtlich der Beladung des Kraftfahrzeuges obliegende Verpflichtung weiterhin besteht.

Dem angeführten Beschwerdeeinwand kommt jedoch unter dem Gesichtspunkt des § 9 VStG 1950 Berechtigung zu. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 2. März 1983, BGBl. Nr. 176, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmten und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Gemäß § 9 Abs. 4 VStG 1950 kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Diese Novelle trat gemäß Art. II Abs. 1 mit 1. April 1983 in Kraft. Gemäß Art. II Abs. 2 der Novelle sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes weiterzuführen.

Da das in Rede stehende Verwaltungsstrafverfahren am 1. April 1983 noch anhängig war, hatte die belangte Behörde nach der Anordnung des Art. II Abs. 2 der Novelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden. Daraus folgt, daß der Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe einen Beauftragten bestellt, der für die Einhaltung der Beladungsvorschriften verantwortlich war, unter dem Gesichtspunkte der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers rechtliche Bedeutung zukam. Da die belangte Behörde dies verkannte und in Verkennung der Rechtslage auch weitere Ermittlungen im Zusammenhang unterließ, insbesondere für welchen klar abzugrenzenden Bereich dem vom Beschwerdeführer bestellten verantwortlichen Beauftragten eine Anordnungsbefugnis zugewiesen war, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist darin gelegen, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Verstoß sowohl gegen die Bestimmung des § 101 Abs. 1 lit. a als auch gegen die Bestimmung des § 104 Abs. 9 KFG vorwarf, ungeachtet dessen aber den Beschwerdeführer nur wegen einer einzigen Übertretung bestrafte und über ihn auch nur eine Strafe verhängte. Durch die Übertretung des § 101 Abs. 1 lit. a KFG und durch die Übertretung des § 104 Abs. 9 leg. cit. werden jedoch zwei verschiedene Tatbilder verwirklicht, die einander nicht ausschließen, weil jedes für sich allein und beide gleichzeitig verwirklicht werden können. Auf dem Boden der Annahme der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten gegen § 101 Abs. 1 lit. a und gegen § 104 Abs. 9 KFG verstoßen hat, hätte daher der Beschwerdeführer entsprechend der Anordnung des § 22 Abs. 1 VStG 1950 wegen zweier Übertretungen schuldig erkannt werden müssen und es wären über ihn auch zwei Strafen zu verhängen gewesen.

Der angefochtene Bescheid war jedoch schon aus den vorstehend dargelegten Erwägungen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. b VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 16. Jänner 1985

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1985:1983030322.X00

Im RIS seit

02.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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