TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/1 93/12/0314

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Veröffentlicht am 01.07.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

ABGB §6;
ABGB §7;
BDG 1979 §65 Abs6;
BDGNov 1983/137 Art4 Abs1;
GehG 1956 §8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des Dr. F in T, vertreten durch Dr. Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, Bürgerstraße 17/P, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 10. Februar 1993, Zl. 101012/III-32/93, betreffend Ausmaß des Erholungsurlaubes gemäß § 65 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Rat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Post- und Telegraphendirektion für Tirol und Vorarlberg (im folgenden: PTD) in Innsbruck.

In das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis wurde er am 1. Dezember 1981 als Beamter der Dienstklasse III, Verwendungsgruppe A, aufgenommen; sein Vorrückungsstichtag wurde sodann mit Bescheid der Dienstbehörde I. Instanz vom 3. Dezember 1981 mit 19. Juli 1978 festgesetzt, wobei gemäß § 12 Abs. 7 GG 1956 das Gesamtausmaß der dem Tag seiner Anstellung voranzusetzenden Zeiten um vier Jahre vermindert wurde.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 1992 ersuchte der Beschwerdeführer um "Überprüfung bzw. Neufestsetzung meines Erholungsurlaubes im Sinne des BGBl. 137/1983 bzw. Anwendung des zu meinem Eintrittsdatum geltenden Urlaubsrechtes (§ 65 BDG)".

Daraufhin stellte die Dienstbehörde I. Instanz mit Bescheid vom 26. November 1992 fest, daß das Ausmaß des jährlichen Erholungsurlaubes des Beschwerdeführers 25 Arbeitstage betrage, und begründete dies im wesentlichen damit, Art. IV Abs. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 sei auf ihn nicht anwendbar, weil er zum 30. September 1982 keine für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebende Dienstzeit von acht Jahren aufgewiesen habe. Aus § 65 Abs. 6 BDG 1979 ergebe sich eindeutig, daß sich der Begriff "für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebende Dienstzeit" als Zeitmaß nach Abzug eines Überstellungsverlustes verstehe, weil dort die zusätzliche Berücksichtigung eines Überstellungsverlustes für die Ermittlung des "Dienstalters" ausdrücklich normiert sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 4. Dezember 1992 Berufung, in der er ausführte, zum Zeitpunkt der Begründung seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses am 1. Dezember 1981 sei hinsichtlich des Urlaubsausmaßes festgelegt gewesen, daß ein Beamter ab Erreichung eines bestimmten Gehaltes zuzüglich der ruhegenußfähigen Zulagen Anspruch auf ein jährliches Erholungsurlaubsausmaß von 32 Werk- bzw. 27 Arbeitstagen habe. Den dafür maßgeblichen Bezug habe er mit 1. Juli 1989 erreicht. Aufgrund der Abänderung der bestehenden Gesetzeslage sei zur Vermeidung von Härtefällen im Art. IV Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes 137/1983 eine Übergangsregelung geschaffen worden. Bereits im Jahre 1981 sei dem Urlaubsrecht die Kenntnis bzw. die für das Bezugsrecht geltenden Regelungen eines Überstellungsverlustes fremd gewesen (vgl. dazu § 65 Abs. 6 BDG 1979 in der Fassung des Art. II des Bundesgesetzes vom 10. Juni 1981, BGBl. Nr. 306/1981). Er habe am 1. Dezember 1981 eine für die Vorrückung in höhere Bezüge anrechenbare Dienstzeit von sieben Jahren, vier Monaten und zwölf Tagen erreicht gehabt, sodaß sich unter Berücksichtigung seiner Bundesdienstzeit vom 1. Dezember 1981 bis zum Stichtag 30. September 1982 eine anrechenbare Gesamtzeit von über acht Jahren ergebe. In Art. IV Abs. 1 der Übergangsbestimmung sei mit keinem Wort erwähnt, daß von dieser festgestellten Gesamtdienstzeit, die wie ähnliche Fälle bei der "B"-Laufbahn zeigten, keine Bundesdienstzeiten sein müßten, so wie bei der bezugsrechtlichen Einstufung noch der Überstellungsverlust abzuziehen sei. Im Hinblick auf § 65 Abs. 6 BDG 1979 würde eine andere Handhabung eine gegenüber anderen Verwendungsgruppen nicht erklärbare sachliche Differenzierung bedeuten, welche auch von der Gesetzessystematik her nicht zu erklären wäre. Wenn nun die Dienstbehörde deshalb, weil der Gesetzgeber in Art. IV Abs. 1 im Vergleich zu § 65 Abs. 6 BDG eine andere Formulierung gewählt habe, den Überstellungsverlust anwende, so übersehe sie die Systematik des Urlaubsrechtes bzw. die Tatsache, daß derselbe Gesetzgeber in Art. IV Abs. 2 des BGBl. Nr. 137/1983 nochmals eine andere Formulierung ("unter Berücksichtigung der für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages maßgebenden Bestimmungen eine Dienstzeit von acht Jahren ergibt") gewählt habe. Weiters sei der Überstellungsverlust in § 12 GG (also den Bestimmungen über die Berechnung des Vorrückungsstichtages) gar nicht angeführt, sondern komme der § 12a GG 1956 eben nur bei Überstellungen zur Anwendung, nicht aber bei der grundsätzlichen Berechnung der Gesamtdienstzeit. Die Dienstbehörde habe eine unzulässige Erweiterung der Bestimmungen des Überstellungsverlustes vorgenommen, welche man auch nicht mit der "Unpräzision" des Gesetzgebers begründen könne. Genauso gut könnte man argumentieren, daß der Gesetzgeber in Kenntnis des § 65 Abs. 6 BDG die Erwähnung des Begriffes Dienstalter für entbehrlich gehalten habe und sich aus der Gesetzessystematik von BDG und GG sowieso nichts anderes ergebe. Art. IV Abs. 1 und 2 des BGBl. Nr. 137/1983 geböten daher die Hinzuziehung des Überstellungsverlustes für die Anwendung der Übergangsregelung nicht; von der Gesetzessystematik und dem Willen des Gesetzgebers könne die gewählte Formulierung nicht so interpretiert werden, und im übrigen sei die durch die Dienstbehörde vorgenommene Differenzierung in Beamte mit und ohne Überstellungsverlust aus der Sicht des Urlaubsrechts sachlich nicht gerechtfertigt.

Am 10. Februar 1993 erließ die belangte Behörde nachstehenden angefochtenen Bescheid:

"Auf Grund Ihrer in offener Frist eingebrachten Berufung vom 4. Dezember 1992 wird der Bescheid der Post- und Telegraphendirektion für Tirol und Vorarlberg in Innsbruck vom 26. November 1992, GZ 28964-1S/92, gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 in Verbindung mit § 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 dahingehend abgeändert, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:

Auf Ihren Antrag vom 29. Oktober 1992 wird festgestellt, daß das Ausm aß Ihres

Erholungsurlaubes gemäß §§ 65 und 66 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der derzeit geltenden Fassung, in Verbindung mit Art. IV des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 sowie mit Art. III Abs. 3 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 574/1985 pro Kalenderjahr 25 Arbeitstage beträgt.

Gleichzeitig wird Ihre Berufung gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 in Zusammenhalt mit § 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und der §§ 65 und 66 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 in Verbindung mit Art. IV des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 sowie mit Art. III des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 574/1985 abgewiesen."

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges sowie der angewendeten Rechtsvorschriften aus, nach der zum Zeitpunkt der Aufnahme des Beschwerdeführers geltenden Fassung des § 65 BDG 1979 habe ein Erholungsurlaub im Ausmaß von 32 Werktagen ab Erreichen eines bestimmten Gehaltes gebührt, und zwar differenziert nach Verwendungsgruppen. Da die Neuregelung für verschiedene Beamtengruppen eine Verschlechterung bedeutet hätte, seien mit Art. IV Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 Übergangsbestimmungen geschaffen worden, die durch Art. III Abs. 3 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 574/1985 als unberührt erklärt worden seien. Die Anwendung der Übergangsbestimmung gemäß Art. IV Abs. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 setze voraus, daß der Beschwerdeführer vor dem 1. Oktober 1982 eine für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebende Dienstzeit von acht Jahren aufgewiesen habe. Eine Umschreibung des Begriffes Dienstzeit fehle in diesem Gesetz. Der Begriff "Dienstzeit" im angeführten Abs. 1 weiche jedenfalls vom Begriff "Dienstzeit" im Abs. 2 sowie vom Begriff des "Dienstalters" im Sinne des § 65 Abs. 6 BDG 1979 ab. Wenn der Gesetzgeber in den Übergangsbestimmungen eine der Bestimmung des § 65 Abs. 6 BDG 1979 analoge Regelung hätte treffen wollen, hätte er eine andere Formulierung gewählt. Aufgrund des im Abs. 1 der Übergangsbestimmung gewählten Wortlautes "eine für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebenden Dienstzeit" müsse davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber bei der Ermittlung dieser Dienstzeit die Berücksichtigung eines "Überstellungsverlustes" beabsichtigt habe. Die Ermittlung der für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebenden Dienstzeit könne daher nur nach den für die Vorrückung geltenden Bestimmungen des GG 1956 erfolgen. Gemäß § 8 GG 1956 sei für die Vorrückung, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt sei, der Vorrückungsstichtag maßgebend. Mit Bescheid der PTD Innsbruck vom 3. Dezember 1981, GZ. V-1120/81, sei für den Beschwerdeführer der 19. Juli 1978 als Vorrückungsstichtag rechtskräftig festgesetzt worden. Aufgrund dieses Vorrückungsstichtages betrage seine für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebende Dienstzeit am 30. September 1982 vier Jahre, zwei Monate und zwölf Tage. Die gemäß Art. IV Abs. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 geforderte Voraussetzung einer für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebenden Dienstzeit von acht Jahren vor dem 1. Oktober 1982 werde daher von ihm nicht erfüllt. Eine Anwendung der Übergangsbestimmung gemäß Art. IV Abs. 2 des zitierten Bundesgesetzes sei ebenfalls nicht möglich, weil der Beginn seines Dienstverhältnisses nicht in den für die Anwendung dieser Bestimmung vorgesehenen Zeitraum falle. Da die Übergangsbestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 im gegenständlichen Fall mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht anwendbar seien, habe die Feststellung des Urlaubsausmaßes auf Grund der Bestimmungen des § 65 BDG 1979 zu erfolgen. Der Beschwerdeführer sei Beamter der Allgemeinen Verwaltung der Dienstklasse VI und weise nach den Bestimmungen des § 65 Abs. 6 des BDG 1979 zum 30. September 1992 ein Dienstalter von 18 Jahren, zwei Monaten und zwölf Tagen auf. Gemäß § 65 Abs. 1 BDG 1979 betrage sein Urlaubsausmaß daher pro Kalenderjahr 30 Werktage.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde jedoch mit Beschluß vom 27. September 1993, B 511/93, ablehnte, und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergangenen Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 65 Abs. 1 Z. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, idF BGBl. Nr. 574/1985, beträgt das Urlaubsausmaß in jedem Kalenderjahr bei einem Dienstalter von weniger als 25 Jahren 30 Werktage, das sind gemäß § 66 Abs. 1 und 2 BDG 1979 25 Arbeitstage.

Gemäß § 65 Abs. 6 BDG 1979 (Stammfassung) ist unter Dienstalter im Sinne der Abs. 1 bis 5 die Zeit zu verstehen, die für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebend ist; zum Dienstalter zählt für die Ermittlung des Urlaubsausmaßes auch eine vor dem 18. Lebensjahr in einem Dienstverhältnis zum Bund zurückgelegte Zeit. Zeiten, die dem Beamten wegen der Überstellung in eine höhere Verwendungsgruppe nicht angerechnet wurden, sind für den Urlaub in dem Ausmaß anzurechnen, in dem sie in einer niedrigeren Verwendungsgruppe anrechenbar wären. Dem Beamten, der ein abgeschlossenes Hochschulstudium aufweist und einer Verwendungsgruppe angehört, für die die volle Hochschulbildung vorgeschrieben ist, ist die Zeit dieses Studiums für die Bemessung des Urlaubsausmaßes bis zu einem Höchstausmaß von fünf Jahren anzurechnen. Der für das Studium angerechnete Zeitraum vermindert sich insoweit, als dem Beamten die Zeit des Studiums bei der Feststellung des Dienstalters bereits berücksichtigt wurde.

Art. IV Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 lauten:

"(1) Bediensteten der Österreichischen Bundesforste und Beamten, die vor dem 1. Oktober 1982 eine für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebende Dienstzeit von acht Jahren aufweisen, gebührt - wenn es für sie günstiger ist - jenes Urlaubsausmaß, das sich für sie aus § 37a Abs. 1 Z. 4 der Bundesforste-Dienstordnung beziehungsweise aus § 65 Abs. 1 Z. 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung ergibt.

(2) Abs. 1 ist auch auf jene Bediensteten der Österreichischen Bundesforste und Beamten anzuwenden, deren Dienstverhältnis nach dem 30. September 1982, aber vor dem 1. Jänner 1983 begonnen hat, wenn sich für sie - bezogen auf den Tag des Beginnes des Dienstverhältnisses - unter Berücksichtigung der für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages maßgebenden Bestimmungen eine Dienstzeit von mindestens acht Jahren ergibt."

Vor Inkrafttreten des Art. I Z. 2 und 3 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 - dies war gemäß dessen Art. VI Z. 1 der 1. Jänner 1982 - betrug das Urlaubsausmaß gemäß § 65 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 24 Werktage bei einem Dienstalter von weniger als zehn Jahren und nach Z. 4 lit. d leg. cit. 32 Werktage für den Beamten, dessen Gehalt zuzüglich der ruhegenußfähigen und der einen Anspruch auf eine Zulage zum Ruhegenuß begründenden Zulagen in der Verwendungsgruppe A oder einer vergleichbaren Verwendungsgruppe den Betrag des Gehalts der Gehaltsstufe 5 der Dienstklasse V erreicht hat oder um höchstens 25 S unter diesem Betrag liegt.

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf das ihm aufgrund seiner dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung zustehende Urlaubsausmaß von 27 Arbeitstagen pro Kalenderjahr ab 1. Juli 1989 verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer vor, zum Zeitpunkt der Begründung seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses sei § 65 Abs. 6 BDG 1979 bereits neben den Bestimmungen, welche seinerzeit das Ausmaß des Erholungsurlaubes von der Erlangung einer bestimmten besoldungsrechtlichen Stellung unabhängig vom Dienstalter festgelegt hätten, in Gültigkeit gewesen, der den Ausdruck für die "Vorrückung in höhere Bezüge" unabhängig von der Frage des im § 12 GG 1956 geregelten "Überstellungsverlustes" für Bedienstete der Verwendungsgruppe A jedenfalls geregelt habe. Daraus ergebe sich, daß sich der Begriffszeitraum "für die Vorrückung in höhere Bezüge" im Bereich des Urlaubsrechtes nicht mehr absolut mit der durch einen Vorrückungsstichtag festgelegten Zeitspanne decke. Unabhängig davon, daß die belangte Behörde in allen Fällen von Bediensteten der Verwendungsgruppe B, die außerhalb eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses verbrachte Zeit, als eine für die "Vorrückung in höhere Bezüge" nach dem Urlaubsrecht anzurechnende Dienstzeit anerkannt habe, sodaß auch aus diesem Titel die Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich eines "Dienstzeit-Studiums" nicht denkunmöglich seien, finde sich im Wortlaut der Übergangsregelung, die doch wohl nur in Konnex mit der sie umgebenden Rechtsmaterie des Urlaubsrechtes gesehen werden müsse, kein Hinweis, daß für Bedienstete der Verwendungsgruppe A die bezogene Gesetzesstelle nur unter Anwendung des im Besoldungsrecht, im übrigen nicht einmal mehr dort lückenlos, durchzuführenden "Überstellungsverlustes" anzuwenden sei. Die von der Dienstbehörde verwendete Argumentation, wenn der Gesetzgeber es gewollt hätte, daß die Bestimmungen des "Überstellungsverlustes" nicht anzuwenden wären, er dies ausdrücklich hinzuzufügen gehabt hätte, sei nicht schlüssig und übersehe die Gesetzessystematik. Die von der Behörde gewählte Auslegung unterstelle dem Gesetzgeber eine von ihm nach Meinung der Behörde ausdrücklich gewollte ungleiche Behandlung derselben Regelungsmaterie, obwohl gerade im Urlaubsrecht diesbezüglich durch das Gesetz keine Unterscheidung zwischen "A" und "B" getroffen werde. Abgesehen davon, daß seit Einführung des PT-Schemas, wenn man vom zeitlichen Rahmen einmal absehe, durch die Gesetzesauslegung der Behörde auch innerhalb der Bediensteten eine vom Gesetzgeber wohl nicht gewollte Ungleichbehandlung eintrete - die einen würden bei Vorliegen der gleichen Voraussetzungen das erhöhte Urlaubsausmaß erhalten, die anderen nicht - was im übrigen der belangten Behörde über die EDV tatsächlich "passiert" sei - sehe auch die geltende Urlaubsrechtsregelung noch ein erhöhtes Urlaubsausmaß bei Erreichung einer bestimmten besoldungsrechtlichen Stellung vor. Auch im Sinne einer teleologischen Interpretation der angezogenen Übergangsregelung sei wohl nicht davon auszugehen, daß eine nach Meinung der belangten Behörde vorliegende "Interpretationslücke", wonach davon ausgegangen werden müsse, daß der Gesetzgeber bei der Ermittlung der Dienstzeit die Berücksichtigung eines "Überstellungsverlustes" beabsichtigt habe, in der vorliegenden Form geschlossen werden müsse, ohne daß die Behörde entsprechende Erhebungen zur Erforschung des Willens des Gesetzgebers durchführe.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu entgegnen:

Für die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers spricht zunächst, daß den Materialien zu BGBl. Nr. 137/1983 (Bericht des Verfassungsausschusses über die RV, 1448 der Blg. NR XV. GP) zu entnehmen ist, daß Ziel des Gesetzesentwurfes u.a. eine Änderung der Urlaubsbestimmungen für Bedienstete des Bundes sei, wodurch bei älteren Dienstnehmern ausschließlich das Dienstalter und nicht die Erreichung einer bestimmten dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung für den Urlaubsanspruch maßgeblich sein sollte. Die Bindung der Verwaltung an das Gesetz nach Art. 18 B-VG bewirkt einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm. Aus der Funktion des Verwaltungsrechts, das Handeln der Verwaltung an das Gesetz zu binden, ergibt sich die allgemeine Tendenz, das Gesetz der Disposition durch die ihm unterworfenen Organe möglichst zu entziehen. Dies bedeutet einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter "korrigierender Auslegungsmethoden" (vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, S. 101 f, 1996).

Nur wenn der Wortlaut des Gesetzes unklar ist, kann zur Auslegung auf die Materialien zurückgegriffen werden. Diese sind jedoch in keiner Weise verbindlich. Würden sie dem Gesetzeswortlaut widersprechen, könnte nur das Gesetz und nicht die Materialien entscheidend sein (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 5153/1965).

Ähnlich ist auch die in der Rechtsprechung zum Ausdruck kommende Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der über der Meinung der Gesetzesredaktoren das promulgierte Gesetz mit seinem Wortlaut, seiner Systematik und seinem Zusammenhange mit anderen Gesetzen steht. Auf Erkenntnisquellen außerhalb des kundgemachten Gesetzes (Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage, Parlamentarische Protokolle etc.) darf nur zurückgegriffen werden, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzgebers Zweifel aufwirft; für sich allein können sie über den normativen Inhalt einer Rechtsvorschrift nichts aussagen (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1960, Zl. 370/59, Slg. Nr. 5362/A, und vom 25. Februar 1954, Zl. 986/53, Slg. Nr. 3330/A).

Ein Abweichen vom klaren Wortlaut des Gesetzes ist daher nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zu verantworten, wenn eindeutig feststeht, daß der Gesetzgeber etwas anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat.

Auch der Oberste Gerichtshof hat die Verbesserung eines Redaktionsversehens im Wege einer abändernden Auslegung nur dann für zulässig erklärt, wenn der wahre Wille des Gesetzgebers mit Sicherheit nachweisbar ist. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, durch zu weitherzige Interpretation rechtspolitische Aspekte zu berücksichtigen oder unbefriedigende Gesetzesbestimmungen zu ändern (vgl. Urteil des OGH vom 1. Juli 1992, 2 Ob 6/92 = JBl. 1993, 235 f).

Wie die belangte Behörde zutreffenderweise ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber in Art. IV Abs. 1 BG BGBl. Nr. 137/1983 nicht das in § 65 Abs. 6 BDG 1979 gebrauchte Wort "Dienstalter", sondern die Worte "für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebende Dienstzeit" verwendet. Die für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebende Dienstzeit errechnet sich aber nach den §§ 8 ff GG 1956. Eine Auslegung dahingehend, daß in Art. IV Abs. 1 BG BGBl. Nr. 137/1983 entgegen dessen Wortlaut das nach § 65 Abs. 6 BDG 1979 ermittelte "Dienstalter" heranzuziehen sei, verbietet sich damit schon aufgrund des Umstandes, daß der eindeutige Wortgehalt der anzuwendenden Bestimmung keinen Zweifel an der Ausdrucksweise des Gesetzgebers aufzuwerfen geeignet ist (vgl. auch in unmittelbarem Zusammenhang Art. IV Abs. 2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 - ....."unter Berücksichtigung der für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages maßgebenden Bestimmungen...").

Nach § 65 Abs. 6 BDG 1979 ist für die Definition des Begriffes "Dienstalter" im Sinne der Abs. 1 bis 5 die für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebende Zeit zu verstehen, wobei im zweiten und dritten Satz leg. cit. für Beamte, die ein abgeschlossenes Hochschulstudium aufweisen und einer Verwendungsgruppe angehören, für die die volle Hochschulbildung vorgeschrieben ist, für die Urlaubsbemessung hinsichtlich der Zeiten dieses Studiums Anrechnungsbestimmungen angeordnet werden. Damit ist aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung für den Anwendungsbereich des § 65 Abs. 6 BDG 1979 ein "Überstellungsverlust" für die Berechnung des für das Urlaubsausmaß maßgeblichen Dienstalters nicht zu berücksichtigen. Daß der Gesetzgeber vergleichbare Anrechnungen in den Abs. 1 und 2 des Art. IV BG BGBl. Nr. 137/1983 nicht angeordnet hat, wertet der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls als Indiz dafür, daß der Gesetzgeber den Überstellungsverlust nach diesen Bestimmungen nicht zurechnen wollte.

Da der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seines Vorrückungsstichtages am 1. Oktober 1982 die für die Anwendung des Art. IV Abs. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 137/1983 maßgebende Dienstzeit von acht Jahren nicht aufgewiesen hat, und damit die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Wien,am 1. Juli 1998

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1993120314.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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