TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/23 W129 2222043-1

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Veröffentlicht am 23.08.2019
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Entscheidungsdatum

23.08.2019

Norm

AVG §58
B-VG Art. 130 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W129 2222043-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde von XXXX gegen den "Bescheid" des Univ. Prof. Dr. XXXX vom 14.06.2019 und gegen den "Bescheid" des XXXX vom 13.06.2019, beide ohne GZ, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer erhielt am 13.06.2019 ein E-Mail mit folgendem Inhalt:

"Wir kündigen das am 22. Oktober 2018 begonnene Arbeitsverhältnis nach dem Arbeitnehmergesetz mit der entsprechenden Kündigungsfrist zum 31. Juli 2019.

Mit freundlichen Grüßen

XXXX "

2. Das von Univ.-Prof. Dr. XXXX gesendete E-Mail vom 14.06.2019, gerichtet an den Beschwerdeführer, mit dem Betreff: "Termination of Contract" lautet wie folgt:

"Dear XXXX ,

First, I ask you for your unterstanding that I reply a bit late. Your mail reached my mailbox after I had left the Department last Friday and I was offline for the extended weekend due to travel.

As you know, I took the responsibility for your PhD supervision at university in the light that Dr. XXXX at XXXX cannot graduate students. Given that your PhD contract with XXXX is based on a projekt she acquired, I usually do not interefere, especially with first stages of work, but offer my expertise once it is feasible. The reason is of course also that I want to avoid any impression of diverting XXXX funds to the university.

In my group, at the moment all PhD positions - be they funded by university, or by projects - are occupied. Hence I do not have any funding for another person. In addition, also my lab infrastructure is currently fully occupied.

Kind regards,

XXXX "

Diesem Text wurde eine Übersetzung angefügt, die mit dem Betreff:

"Beendigung des Vertrages" wie folgt lautet:

"Erstens bitte ich Sie um Verständnis, dass ich etwas spät antworte. Ihre Mail erreichte meinen Briefkasten nachdem ich die Abteilung letzten Freitag verlassen hatte und ich für das verlängerte Wochenende wegen Reisen offline war.

Wie Sie wissen, habe ich die Verantwortung für Ihre Doktorandenbetreuung an der Universität übernommen, da Dr. XXXX am XXXX keine Doktoranden aufnehmen kann. Da Ihr Promotionsvertrag mit XXXX auf einem von ihr akquirierten Projekt basiert, mische ich mich in der Regel nicht ein, insbesondere nicht in die ersten Phasen der Arbeit, sondern biete meine Expertise an, sobald es möglich ist. Der Grund dafür ist natürlich auch, dass ich jeden Eindruck vermeiden möchte, XXXX -Mittel an die Universität abzuleiten.

In meiner Fraktion sind derzeit alle Doktorandenstellen - sei es durch die Universität oder durch Projekte finanziert - besetzt. Daher habe ich keine Mittel für eine andere Person. Darüber hinaus ist auch meine Laborinfrastruktur derzeit voll ausgelastet.

Mit freundlichen Grüßen

XXXX "

3. Mit Schreiben vom 27.06.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, in der er auf die Entscheidung von Prof. XXXX , vom 14. Juni, ihn nicht zur Promotion zu unterstützen sowie auf die Entscheidung vom 04. Juni, den Vertrag ohne Angaben von Gründen zu kündigen, Bezug nahm.

Die Beschwerde wurde beim Landesverwaltungsgericht Wien eingebracht.

4. In weiterer Folge erging ein Mängelbehebungsauftrag durch das Landesverwaltungsgericht Wien.

5. Mit Schreiben vom 19.07.2019 teilte der Beschwerdeführer zur Beschwerdeerklärung im Wesentlichen sinngemäß und zusammengefasst mit, dass sich die Beschwerde gegen den (angeblichen) Bescheid des Univ. Prof. Dr. XXXX vom 14.06.2019 sowie gegen den (angeblichen) Bescheid der Abteilung Personal - und Sozialwesen ( XXXX ) vom 13.06.2019 wende.

6. Mit Schreiben vom 29.07.2019, eingelangt am 05.08.2019, leitete das Landesverwaltungsgericht Wien die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht weiter.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Die Feststelllungen entsprechen dem unter I. dargestellten Verfahrensgang und Sachverhalt und ergeben sich unmittelbar aus dem vollständigen und unstrittigen Akt, insbesondere aus den im Akt aufliegenden Schreiben vom 13.06.2019 und 14.06.2019 (I.1. und I.2.).

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

2.1. § 58 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991) lautet wie folgt:

Inhalt und Form der Bescheide

§ 58. (1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.

(3) Im übrigen gilt auch für Bescheide § 18 Abs. 4.

2.2. Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand dieser Bescheidbeschwerdeverfahren kann nur ein Bescheid sein (vgl. VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060). Insoweit ist zu klären, ob die vom Beschwerdeführer angefochtenen Schreiben vom 13.06.2019 und 14.06.2019 als Bescheid zu qualifizieren sind.

Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

2.3. Zum Schreiben der XXXX vom 13.06.2019 ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei einer Kündigung eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses durch einen privatrechtlichen Arbeitgeber nicht um eine Verwaltungsangelegenheit, sondern vielmehr um einen privatrechtlichen Akt handelt. Ein Wille, gegenüber dem Beschwerdeführer eine normative Erledigung einer konkreten hoheitlichen Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen, kann nicht erkannt werden. Unabdingbare (wenn auch noch nicht hinreichende [vgl insb Rz 16]) Voraussetzung für die Qualifikation einer Erledigung als hoheitlich und damit als Bescheid ist jedoch, dass sie einer Verwaltungsbehörde im funktionellen Sinn zugerechnet werden kann (so Hengstschläger/Leeb, AVG, § 56 Rz 13 mit weiteren Ausführungen).

Da dies nicht der Fall ist, ist das Kündigungsschreiben der XXXX zweifelsfrei nicht als Bescheid zu qualifizieren.

2.4. In Bezug auf das Mail des Univ.-Prof. Dr. XXXX vom 14.06.2019 ist zunächst festzuhalten, dass genannter Universitätsprofessor an der Universität XXXX neben seinen Aufgaben als Universitätslehrer auch die (hoheitliche) Funktion als studienrechtliches Organ der Universität XXXX erfüllt. Zu prüfen ist daher, ob er auch tatsächlich diese hoheitliche Funktion gegenüber dem Beschwerdeführer wahrgenommen hat.

Aufgrund der Formulierung des Schreibens vom 14.06.2019 ("Wie Sie wissen, habe ich die Verantwortung für Ihre Doktorandenbetreuung an der Universität übernommen, da Dr. XXXX am XXXX keine Doktoranden aufnehmen kann. [...] In meiner Fraktion sind derzeit alle Doktorandenstellen - sei es durch die Universität oder durch Projekte finanziert - besetzt. Daher habe ich keine Mittel für eine andere Person. Darüber hinaus ist auch meine Laborinfrastruktur derzeit voll ausgelastet.") ergeben sich jedoch erhebliche Zweifel sowohl an der Absicht des Absenders, in der Funktion als studienrechtliches Organ der Universität XXXX tätig zu werden, als auch an einem (etwaigen) normativen Gestaltungswillen (vgl. VfGH 25.09.2006, B948/05 mwN, wo in Briefform "mitgeteilt wird, dass Ihrem Antrag nicht entsprochen werden kann"). Vielmehr handelt es sich beim E-Mail des Univ.-Prof. Dr. XXXX vom 14.06.2019 um eine bloße Mitteilung, zudem zweifelsfrei in seiner Funktion als Wissenschafter und Universitätslehrer, nicht aber in seiner Funktion als studienrechtliches Organ.

Darüber hinaus wäre in jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung (also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung) Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Auch muss nach Form und Inhalt der Erledigung für jedermann erkennbar sein, dass es sich um einen Bescheid handelt (vgl. VwGH vom 30.10.2015, Ra 2015/03/0051). An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muss hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. VwGH vom 23.11.2011, 2009/11/0022 mwN).

Das Schreiben des Univ.-Prof. Dr. XXXX weist nicht die äußere Form eines Bescheides auf, da es weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung, welche überdies fehlt, gegliedert ist. Und auch aus dem Wortlaut des angefochtenen Schriftstücks lässt sich nicht ableiten, dass mit diesem eine normative, der Rechtskraft fähige Erledigung erfolgte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung ergeben (vgl. bspw. VwGH 18.9.2012, 2012/11/0170, mwN, sowie 21.12.2012, 2012/17/0473). Mangelt es an der für einen Bescheid vorgesehenen Form, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen. Lässt der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich (vgl. VwGH 23.10.2008, 2008/03/0147; 30.9.2010, 2010/03/0116, sowie 21.10.2010, 2007/03/0134, jeweils mwN).

Die sprachliche Fassung und der aus ihr erkennbare Inhalt der Erledigung bieten im Gesamtbild keine greifbare Grundlage für die Annahme, dass der Wille darauf gerichtet war, über eine konkrete hoheitliche Verwaltungsangelegenheit abzusprechen und somit einen Bescheid zu erlassen. Daher fehlt es bereits an der erforderlichen Eindeutigkeit des normativen Inhalts, sodass die Bescheidbezeichnung für den Bescheidcharakter essentiell wäre.

Da diese Bezeichnung nicht vorhanden ist, ist das Schreiben des Univ.-Prof. Dr. XXXX auch aus diesem Grund nicht als Bescheid zu qualifizieren. Auf die weiteren Bescheidmerkmale musste daher nicht mehr eingegangen werden.

2.5. Da weder das Kündigungsschreiben der XXXX (mangels jeglicher Behördenqualität) noch das Schreiben des Univ.-Prof. Dr. XXXX (nicht in seiner Behördenfunktion bzw. ohne normativen Gestaltungswillen verfasst) als Bescheide zu qualifizieren sind, war die gegenständliche Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

2.6. Aufgrund dieses Ergebnisses konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu Spruchpunkt B):

3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Anfechtungsgegenstand, Bescheidcharakter, Beschwerdegegenstand, E -
Mail, GmbH, Kündigung, Mitteilung, privater Arbeitgeber,
privatrechtliches Dienstverhältnis, Schriftstück,
Universitätsprofessor

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W129.2222043.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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