Entscheidungsdatum
24.06.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §19 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Föger-Leibrecht über die Beschwerde des Herrn A. B. vom 19.3.2019 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 21.2.2019, Zl. …, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach der Bauordnung für Wien (BauO Wr.), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.06.2019,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Tatanlastung „den im Ausmaß von ca. 1,5m fehlenden Wandhandlauf des Stiegengeländers im Stiegenhaus bei der Stiege in den Keller und“ zu entfallen hat. Im übrigen wird der ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichteten Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf EUR 1.200,00, bei Uneinbringlichkeit 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wird.
II. Gemäß § 64 Abs. 2 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde mit € 120,00 festgesetzt.
III. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Spruch:
„1. Datum: 11.07.2017 – 14.12.2018
Ort: Wien, C.-straße 9, EZ … der KG D.
Sie haben als Alleineigentümer der der Liegenschaft und der darauf befindlichen baulichen Anlagen in Wien, C.-straße 9, EZ … der Katastralgemeinde D.
in der Zeit von 11.7.2017 bis 14.12.2018
insofern nicht dafür gesorgt, dass das Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten wurden, als es unterlassen wurde,
- den im Ausmaß von ca. 1,5 m fehlenden Wandhandlauf des Stiegengeländers im Stiegenhaus bei der Stiege in den Keller und
- den im Ausmaß von ca. 50 m² schadhaften bzw. fehlenden Verputz an der Feuermauer zur Nachbarliegenschaft Wien, C.-straße 11
instand setzen zu lassen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
1. § 135 Abs. 1 in Verbindung mit § 129 Abs. 2 der BO für Wien, LGBl. Für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 37/2018
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von
€ 1.890,00 1 Tag und 6 Stunden gemäß § 135 Abs. 1 BO für Wien
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:
€ 189,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 2.079,00.“
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde führt der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) im Wesentlichen aus, dass das ggstdl. Stiegengeländer bereits im Jahr 2017 erneuert worden sei. Zum Vorwurf der nicht erfolgten Instandsetzung des Verputzes der Feuermauer führt der Einschreiter aus, dass die Instandsetzung deshalb noch nicht möglich gewesen sei, weil dazu im Innenhof, welcher nicht in der Verfügungsgewalt des Bf stehe, ein Gerüst errichtet werden müsste und die Bauarbeiter nur durch diesen Innenhof zur Baustelle gelangen könnten, dies gelte auch für das Material. Die Eigentümerin dieses Innenhofes, die Firma E. KG verweigere dem Bf den Zugang, es sie denn dieser würde die hohe Summe von € 10.000,00 erlegen. Seitens der belangten Behörde sei empfohlen worden, Gespräche mit der Gegenseite zu führen und schließlich einen Antrag gemäß § 126 Bauordnung anzudrohen. So sei der Bf schließlich auch verfahren und sei am 8.2.2019 der Antrag gemäß § 126 Abs. 3 Bauordnung für Wien bei der MA 37 eingereicht worden.
Aufgrund dieses Vorbringens fand am 3.6.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Verwaltungsgericht statt, zu der der Bf, sein Vertreter sowie der Zeuge Herr F. ladungsgemäß erschienen sind.
Mit Schriftsatz vom 18.06.2019 schränkte der Beschwerdeführer die Beschwerde hinsichtlich des fehlenden Verputzes an der Feuermauer auf die ausschließliche Bekämpfung der Strafhöhe ein.
Das Verwaltungsgericht Wien hat aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung und des dort verlesenen Akteninhaltes erwogen:
Der Bf ist seit 2012 Eigentümer der ggstdl. Liegenschaft und hat diese im Erbweg erworben. Der Bf verwaltet gemeinsam mit seiner Tochter die Liegenschaft. Mit Bescheid der MA 37 vom 29.6.2017 wurde dem Bf u.a. der Auftrag erteilt, den fehlenden Wandhandlauf im Stiegenhaus konsensgemäß herstellen zu lassen sowie den schadhaften und fehlenden Verputz an der Feuermauer des Hoftraktes zur Nachbarliegenschaft C.-straße 11 binnen sechs Monaten instand setzen zu lassen. Die Instandsetzung des Wandhandlaufes erfolgte innerhalb dieser Frist insofern unvollständig, als der Wandhandlauf nicht durchgehend angebracht wurde, sondern im Bereich des Fensters unterbrochen wurde. Unbestritten im Verfahren blieb, dass die Feuermauer im Tatzeitraum nicht instand gesetzt wurde.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 2 Wiener Bauordnung hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Bauwerke (Gärten, Hofanlagen, einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.
Zum fehlenden Wandhandlauf:
Aufgrund der vom Bf vorgelegten Fotos, welchen auch der in der mündlichen Verhandlung einvernommene Werkmeister nicht widersprochen hat, wurde der Wandhandlauf im Bereich der Mauer vor und nach dem Fenster instand gesetzt. Der Fensterbereich wurde jedoch ausgelassen. Damit liegt hier ein Baumangel vor, zumal der Handlauf im Bereich des Stiegenhauses durchgehend vorhanden sein muss und ist der objektive Tatbestand als erwiesen anzusehen.
Zum Verschulden ist auszuführen, dass der Bf die Liegenschaft 2012 im Erbweg übernommen hat. Er führte glaubhaft aus, dass im Bereich des Fensters ein Handlauf nie vorhanden gewesen sei. Entsprechend des Bauauftrages vom 29.6.2017 war der fehlende Wandhandlauf im Stiegenhaus herzustellen. Der Wandhandlauf wurde auch hergestellt. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes kann dem Bf nicht angelastet werden, dass er den Handlauf über das Fenster nicht hergestellt hat. Mangels Verschulden konnte daher diese Tatanlastung entfallen. Im Übrigen ist auszuführen, dass sich im Verfahren nicht mehr klären ließ, ob tatsächlich ein Handlauf im Bereich des Fensters jemals vorhanden war. Dazu wird angemerkt, dass in diesem Fall eine Übertretung nach § 129 Abs. 10 (Konsenswidrigkeit) anzulasten gewesen wäre.
Zur Feuermauer:
Hinsichtlich der Tatanlastung betreffend die nicht instand gesetzten Feuermauer wurde die Beschwerde auf die ausschließliche Bekämpfung der Strafhöhe eingeschränkt und ist daher der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und war nur mehr die Strafbemessung der belangten Behörde zu überprüfen.
Gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien sind Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen werden, unbeschadet der Abs. 2 und 3, mit Geld bis zu 21 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, bestraft.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Das Gebot des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien dient dem öffentlichen aber auch den privaten Interessen an der Erhaltung des ordnungsgemäßen Zustandes von Gebäuden sowie gegebenenfalls dem Interesse an der raschen Beseitigung von Baugebrechen. Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Tat war daher nicht unbedeutend.
Hinsichtlich des Verschuldens führte der Bf aus, dass für die Instandsetzung der Feuermauer das Betreten der Nachbarliegenschaft erforderlich sei und der Eigentümer nicht zugestimmt habe. Diesbezügliche Telefonate und ein Aufforderungsschreiben an den Eigentümer der Nachbarliegenschaft vom 12.10.2017 im Tatzeitraum seien erfolglos geblieben, zumal vom Eigentümer der Nachbarliegenschaft eine Kaution in der Höhe von EUR 10.000,-- verlangt worden sei. Der Bf hat im Tatzeitraum die Bezahlung der Kaution abgelehnt, sonstige Schritte, um eine gütliche Einigung zu erreichen wurden nicht bzw. nicht ausreichend gesetzt. Der als Zeuge einvernommene Eigentümervertreter konnte sich nur vage an Telefonate erinnern. Wäre der Bf mit entsprechendem Druck vorgegangen, ist davon auszugehen, dass sich der Zeuge erinnert hätte. Es ist auch nicht erkennbar, weshalb, der Bf auf eine gütliche Einigung vertraut hat. Bereits im Aufforderungsschreiben vom 12.10.2017 an die E. KG wurde eine Frist von 10 Tagen für die Zustimmung eingeräumt, ansonsten werde man im Verwaltungsrechtsweg fortfahren. Warum dennoch erst am 30.01.2019 ein Antrag gemäß § 126 Abs. 3 Wiener Bauordnung bei der Baupolizei eingebracht wurde, ist nicht nachvollziehbar. Das im § 126 Abs.3 Wiener Bauordnung geschaffene Instrumentarium ist für jene Fälle vorgesehen, wenn sich Eigentümer einer Nachbarliegenschaft der Duldung der Durchführung einer gesetzlich vorgesehenen Instandhaltungsverpflichtung widersetzen. Der Bf hat daher im Tatzeitraum keinesfalls alle ihm rechtlichen und tatsächlich möglichen Schritte gesetzt, um die Sanierung so rasch wie möglich durchzuführen. Es war daher keinesfalls von bloß geringem Verschulden auszugehen.
Der Bf ist verwaltungsrechtlich nicht mehr unbescholten, es liegen jedoch keine einschlägigen Vormerkungen vor. Er verfügt über ein Einkommen von ca. € 2.400,00 monatlich und Liegenschaftseinkünfte von ca. € 110.000,00 jährlich (Stand 2017), weiters verfügt er über die ggstdl. Liegenschaft und einen Liegenschaftsanteil auf einem Pachtgrundstück. Sorgepflichten hat der Bf keine.
Aufgrund der eingeschränkten Tatanlastung und des Umstandes, dass der Bf bei seinen Sanierungsbestrebungen durch Umstände gehindert wurde, welche nicht ausschließlich in seiner Sphäre lagen sowie der schuldeinsichtigen Verhaltens des Bf konnte die Strafe spruchgemäß herabgesetzt werden. Von einer weiteren Herabsetzung war jedoch insbesondere aufgrund des langen Tatzeitraumes von 1,5 Jahren, insbesondere deshalb abzusehen, da die Sanierung der Feuermauer bis dato immer noch nicht erfolgt ist. Die Strafe erscheint nunmehr angemessen auch unter der Annahme, dass keine Gefahr im Verzug vorgelegen hat. Dazu ist anzumerken, dass jedoch davon auszugehen ist, dass sich der Zustand der Feuermauer während des langen Tatzeitraum sicher nicht verbessert hat. Weiters war die generalpräventive Komponente des Strafausspruches zu berücksichtigen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die angeführten Gesetzesstellen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Baugebrechen; Feuermauer; Strafbemessung; VerschuldenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.011.017.4661.2019Zuletzt aktualisiert am
31.01.2020