TE Vwgh Erkenntnis 2019/12/19 Ro 2019/21/0012

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Veröffentlicht am 19.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des M H in W, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Ringstraße 9, gegen Spruchpunkt A.II des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. Juni 2019, W201 2192390-2/8E, betreffend Entscheidung nach § 68 AVG in Verbindung mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Spruchpunkt A.II wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet am 18. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. 2 Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 28. Februar 2018 zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.). Unter einem sprach es (von Amts wegen) aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.). Es erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und es stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan fest (Spruchpunkt V.), wobei ihm gemäß § 55 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt wurde (Spruchpunkt VI.). Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber fristgerecht eine Beschwerde.

3 Im Hinblick auf eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Revisionswerbers vom 10. Jänner 2019 erließ das BFA den Bescheid vom 13. Februar 2019, mit dem zunächst die Spruchpunkte IV., V. und VI. des in Rn. 2 dargestellten Bescheides vom 28. Februar 2018 gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen aufgehoben wurden. Unter einem wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Revisionswerber (neuerlich) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG (wiederum) festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei. Des Weiteren sprach das BFA aus, dass der Revisionswerber gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 20. Dezember 2018 verloren habe. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm "Absatz 2" (gemeint: Abs. 3 Z 1) FPG wurde gegen den Revisionswerber sodann noch ein mit drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Schließlich sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde "gegen diese Entscheidung über Ihren Antrag auf internationalen Schutz" gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

4 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom BVwG zunächst mit Teilerkenntnis vom 13. März 2019 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

5 Mit Erkenntnis vom 28. Juni 2019 wies das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18. April 2019 die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 28. Februar 2018 als unbegründet ab (Spruchpunkt A.I.), wobei das BVwG in der Begründung unter Punkt II.3.5. (Seite 66) zum Ausdruck brachte, dass von der Beschwerde und damit von dieser Entscheidung die mit Bescheid vom 13. Februar 2019 aufgehobenen Spruchpunkte IV., V., und VI. "nicht (mehr) umfasst" seien. Unter einem wies das BVwG mit dem Erkenntnis vom 28. Juni 2019 die Beschwerde gegen den Bescheid vom 13. Februar 2019 mit der Maßgabe ab, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt wurde (Spruchpunkt A.II.). Diesbezüglich sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage fehle, ob ein Einreiseverbot wegen einer mittlerweile erfolgten strafgerichtlichen Verurteilung (im Wege des § 68 Abs. 2 AVG) auch nachträglich während des anhängigen Beschwerdeverfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz erlassen werden könne. 6 Gegen Spruchpunkt A.II. richtet sich die vorliegende (ordentliche) Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - und Vorlage der Akten durch das BVwG (§ 30a Abs. 4 bis 6 VwGG) erwogen hat:

7 Die Revision erweist sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig, weil das BVwG von der mittlerweile zu der als grundsätzlich angesehenen Rechtsfrage ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Der Gerichtshof ist nämlich in seinem Erkenntnis VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0146, aus den dort näher dargelegten Überlegungen zum Ergebnis gekommen, durch einen (wie in Rn. 3 dargestellten) auf § 68 Abs. 2 AVG gestützten Bescheid hätte - entgegen der hier vom BVwG vertretenen Meinung - die Rechtsstellung des Revisionswerbers nicht verschlechtert werden dürfen. Die dort vom BVwG vorgenommene ersatzlose Behebung eines solchen Bescheides sei daher nicht rechtswidrig gewesen. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG kann des Näheren auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden (siehe in diesem Sinn etwa auch VwGH 22.8.2019, Ra 2019/21/0156, und VwGH 22.8.2019, Ra 2019/21/0202, jeweils Rn. 8).

8 Demzufolge war der vorliegend angefochtene Spruchpunkt A.II. des Erkenntnisses vom 28. Juni 2019 gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat - aufzuheben. 9 Von der in der Revision beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4, 5 und 6 VwGG abgesehen werden.

10 Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019210012.J00

Im RIS seit

11.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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