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L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung BebauungsplanNorm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Schärding, vertreten durch Dr. Peter Bründl und Dr. Gerlinde Rachbauer, Rechtsanwälte in Schärding, Denisgasse 4, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Mai 1997, Zl. BauR-P-348021/5-1997/MO, betreffend Genehmigung einer Flächenwidmungsplanänderung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Stadtgemeinde Schärding hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes Nr. 15 des Flächenwidmungsplanes 3/1989 der Stadtgemeinde Schärding (Änderung Nr. 15 vom Gemeinderat beschlossen am 10. Juli 1996) wegen Widerspruches zu § 21 Abs. 1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 versagt. Die Flächenwidmungsplanänderung betrifft eine Teilfläche des am Inn gelegenen Grundstückes Nr. 449/1, KG Schärding, im Ausmaß von 1500 m2. Die Teilfläche des angeführten Grundstückes soll von der Widmung "Land- und Forstwirschaft" in "Gemischtes Baugebiet M" (Sonderwidmung unter Ausschluß betriebsfremder Wohnnutzung) geändert werden. Die Entscheidung wurde damit begründet, daß die Umwidmungsfläche im Hochwasserbereich liege. Mit Schreiben des Gewässerbezirkes Braunau vom 15. Juli 1994 sei mit der Stadtgemeinde Schärding vereinbart worden, daß solange keine Änderungen des Flächenwidmungsplanes vorgenommen würden, bevor nicht eine Abklärung der bestehenden Baulandwidmungen innerhalb des Hochwasserabflußbereiches stattgefunden hätte. Bei einer ergänzend eingeholten Stellungnahme sei mitgeteilt worden, daß die Möglichkeit bestehe, etwa 15 m innwärts eine Geländeanschüttung vorzunehmen, welche einer Flächenverbesserung gleichkomme. Es solle ein diesbezügliches Projekt konzipiert und einer wasserrechtlichen Bewilligung zugeführt werden. Da diese Vorkehrungen noch nicht getroffen worden seien, sei der Widerspruch zu § 21 Abs. 1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 weiterhin gegeben. Die Gemeinde habe dagegen ins Treffen geführt, daß es sich um einen bestehenden Betrieb handle, welcher in seiner Ausdehnung durch die vorbeiführende Otterbacher Bezirksstraße eingeschränkt sei. Eine Erweiterung sei nur mehr in Richtung Grüntal möglich. Dabei wäre eine Vergrößerung der Lagerfläche mit Lagergebäude in diesem Bereich etwa 15 m innwärts vorgesehen. Dieser Lagerplatz könne im Hochwasserfall rasch geräumt werden. Von dem Unternehmen sei bereits im Jahre 1989 beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung um Genehmigung der Aufschüttung laut den beiliegenden Unterlagen angesucht worden. Daraus seien die geplanten Maßnahmen ersichtlich. Die Erwirkung einer wasserrechtlichen Bewilligung aufgrund der Wasserrechtsnovelle 1990 werde nach Auffassung der Gemeinde erst dann als sinnvoll erachtet, wenn die Genehmigung der Flächenwidmungsplan-Änderung zumindest erwartet werden könne. Infolge der geringen Größe des Gemeindegebietes und der prekären Hochwassersituation sei eine zusätzliche Betriebsansiedlung in Schärding kaum mehr möglich. Es sei im Gegenteil ein Abwandern der Betriebe in die Nachbargemeinden festzustellen. Dies habe naturgemäß einen Rückgang bei den Steuereinnahmen zur Folge. Weiters verweise die Gemeinde noch darauf, daß eine Sicherung von Arbeitsplätzen in dieser schwierigen Grenzregion auch eine Verbesserung der Arbeitsmarktsituation bewirken würde. Die geplante Umwidmung stehe daher nach Auffassung der Stadtgemeinde nicht im Widerspruch zum Oö. Raumordnungsgesetz 1994 und zu den Raumordnungsgrundsätzen, da bei der Abwägung der Interessen das öffentliche Interesse überwiege. Diese Argumente der Stadtgemeinde Schärding reichten nach Auffassung der belangten Behörde nicht aus, um die Stichhaltigkeit der mitgeteilten Versagungsgründe in Frage zu stellen. Es könne auch das öffentliche Interesse nicht nachvollzogen werden, da nicht einsichtig sei, daß eine Lagerhalle in einem Hochwassergebiet zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation beitragen solle.
In der dagegen von der Stadtgemeinde Schärding erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 114/1993 (O.ö. ROG 1994),
lauten:
"§ 21
Bauland
(1) Als Bauland dürfen nur Flächen vorgesehen werden, die sich auf Grund der natürlichen und der infrastrukturellen Voraussetzungen für die Bebauung eignen. Sie müssen dem Baulandbedarf der Gemeinde entsprechen, den die Gemeinde für einen Planungszeitraum von fünf Jahren erwartet. Flächen, die sich wegen der natürlichen Gegebenheiten (wie Grundwasserstand, Hochwassergefahr, Steinschlag, Bodenbeschaffenheit, Lawinengefahr) für eine zweckmäßige Bebauung nicht eignen, dürfen nicht als Bauland gewidmet werden. Das gilt auch für Gebiete, deren Aufschließung unwirtschaftliche Aufwendungen für die kulturelle, hygienische, Verkehrs-, Energie- und sonstige Versorgung sowie für die Entsorgung erforderlich machen würde.
(2) ...
§ 34
Aufsichtsverfahren und Kundmachung
(1) Beschließt der Gemeinderat einen Flächenwidmungsplan, so ist dieser mit dem dazugehörigen Akt und den Planungsunterlagen vor Kundmachung des Beschlusses der Landesregierung als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. ...
(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Plan
Raumordnungszielen und -grundsätzen oder festgelegten Planungen angrenzender Gemeinden oder
einem Raumordnungsprogramm oder einer Verordnung gemäß § 11 Abs. 6 oder
dem örtlichen Entwicklungskonzept oder
sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Verfahrensbestimmungen,
widerspricht oder
die geordnete wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung anderer Gemeinden oder des Landes wesentlich beeinträchtigen würde.
(3) Vor Versagung der Genehmigung hat die Landesregierung der Gemeinde den Versagungsgrund mitzuteilen und ihr Gelegenheit zu geben, hiezu binnen einer angemessenen, jedoch mindestens sechs Wochen betragenden Frist Stellung zu nehmen.
(4) ... ."
Die beschwerdeführende Stadtgemeinde räumt ein, daß die umgewidmete Teilfläche zweifelsfrei im Hochwassergebiet liege. Bei Schaffung des O.ö. ROG 1994 habe der Landesgesetzgeber keineswegs gemeint, daß ohne Einschränkung jede Fläche im Hochwassergebiet von der Umwidmung ausgeschlossen sei. Darauf verweise das Wort "zweckmäßig", das in dieser Bestimmung verwendet werde. Eine Umwidmung sei daher dann zulässig, wenn im anschließenden Wasserrechts- und Baugenehmigungsverfahren die Zweckmäßigkeit der Bauführung geprüft werde. Würde man § 21 Abs. 1 leg. cit. so streng auslegen, wie es die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid getan habe, so würde das Wort "zweckmäßig" als obsolet angesehen werden müssen. Mit dem Wort "zweckmäßig" habe der Landesgesetzgeber darauf hinweisen wollen, daß bei der Umwidmung die Zweckmäßigkeit einer anschließenden Bauführung geprüft werden müsse. Diese Zweckmäßigkeit der anschließenden Bauführung sei im vorliegenden Fall gegeben. Bei dem Eigentümer des Grundstückes handle es sich um einen florierenden Wirtschaftsbetrieb, der in der Möglichkeit seiner Ausdehnung durch die vorbeiführende Bezirksstraße auf der anderen Seite eingeschränkt sei. Eine Erweiterung sei nur mehr in Richtung Grüntal möglich. Es sei nur eine Vergrößerung der Lagerfläche mit einem Lagergebäude in diesem Bereich im Ausmaß von 15 m innwärts vorgesehen. Es werde der Oberstauhöhenplan der Stadtgemeinde Schärding vorgelegt. Daraus sei ersichtlich, daß die Teilfläche entsprechend weit vom allenfalls Hochwasser führenden Inn entfernt sei, sodaß die Fläche zwar im Hochwassergebiet liege, jedoch unmittelbar anschließend an diese Teilfläche das Nichthochwassergebiet beginne. Es sei auf der umgewidmeten Fläche nur eine Vergrößerung der Lagerfläche mit einem Lagergebäude vorgesehen. Dieser Lagerplatz könne im Hochwasserfall rasch geräumt werden. Vom Unternehmen sei bereits im Jahre 1989 um wasserrechtliche Bewilligung für eine Aufschüttung angesucht worden. Aus diesem Ansuchen seien die geplanten Maßnahmen ersichtlich. Die belangte Behörde berufe sich auf Stellungnahmen des Gewässerbezirkes Braunau. Der Gewässerbezirk habe die Möglichkeit angesprochen, daß etwa 15 m innwärts eine Geländeanschüttung vorzunehmen sei, die einer Flächenverbesserung gleichkomme. Es sollte nach Ansicht des Gewässerbezirkes ein diesbezügliches Projekt konzipiert und einer wasserrechtlichen Bewilligung zugeführt werden. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei Voraussetzung für die Durchführung eines Wasserrechtsverfahrens bzw. eines Baubewilligungsverfahrens die gegenständliche Umwidmung. Die Stellungnahme des Gewässerbezirkes Braunau zum beabsichtigten Projekt sei von der belangten Behörde rechtsirrig aufgenommen worden und zeitlich verfehlt.
Gemäß dem bereits wiedergegebenen § 34 Abs. 2 Z. 4 O.ö. ROG 1994 darf einem Flächenwidmungsplan die Genehmigung der Landesregierung versagt werden, wenn der Plan sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Verfahrensbestimmungen, widerspricht. Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. dürfen als Bauland nur Flächen vorgesehen werden, die sich aufgrund der natürlichen und der infrastrukturellen Voraussetzungen für die Bebauung eignen. Flächen, die sich wegen der natürlichen Gegebenheiten (wie u.a. Hochwassergefahr) für eine zweckmäßige Bebauung nicht eignen, dürfen nicht als Bauland gewidmet werden. Die in Frage stehende Teilfläche liegt unbestritten im Hochwassergebiet. Sie befindet sich im Unterschied zu den unmittelbar angrenzenden Grundstücken, die bereits Bauland sind, gemäß dem Gefahrenzonenplan für die Stadtgemeinde Schärding innerhalb der Grenzlinie für zehnjähriges Hochwasser. § 21 Abs. 1 dritter Satz leg. cit. kann nun nicht dahin ausgelegt werden, daß danach eine Widmung eines hochwassergefährdeten Gebietes als Bauland zulässig sei, wenn nur in der Zukunft entsprechende Vorkehrungen gegen diese Gefährdung getroffen werden, um auf diese Weise die in § 21 Abs. 1 dritter Satz leg. cit. angesprochene zweckmäßige Bebauung zu erreichen. Unter einer zweckmäßigen Bebauung im Sinne des § 21 Abs. 1 dritter Satz leg. cit. ist eine solche Bebauung zu verstehen, die der jeweiligen, für ein Grundstück vorgesehenen Flächenwidmung entspricht. Im Falle der vorliegenden Flächenwidmungsplanänderung in "Gemischtes Baugebiet" (Sonderwidmung unter Ausschluß betriebsfremder Wohnnutzung) ist danach als zweckmäßige Bebauung eine dieser Widmung im Sinne des § 22 Abs. 5 O.ö. ROG 1994 entsprechende Bebauung zu verstehen. Eine durch zehnjähriges Hochwasser gefährdete Fläche - wie dies für die von der Flächenwidmungsplanänderung erfaßte Fläche gegeben ist - kann nicht als für eine Bebauung im Sinne der Widmung "Gemischtes Baugebiet" geeignet angesehen werden. Der Umstand, daß auf der von der Änderung betroffenen Fläche konkret bloß eine Lagerfläche mit einem leicht beseitigbaren Lagergebäude geplant ist, spielt für die Beurteilung, ob diese Fläche gemäß § 21 Abs. 1 erster und dritter Satz leg. cit. als Bauland geeignet ist, keine Rolle. Wenn allerdings Maßnahmen, wie eine Aufschüttung, getroffen werden, mit der die Hochwassergefahr in einem Gebiet gebannt werden kann, dann tritt eine im Lichte des § 21 Abs. 1 leg. cit. maßgebliche Veränderung der Sachlage ein. Die belangte Behörde hat in diesem Sinne zutreffend die Auffassung vertreten, daß der Widerspruch zu § 21 Abs. 1 O.ö. ROG 1994 gegeben ist, solange keine Vorkehrungen gegen die Hochwassergefahr in dem fraglichen Grundstücksbereich getroffen wurden.
Das tragende Argument im bekämpften Bescheid ist der Umstand, daß die Umwidmungsfläche im Hochwasserbereich liegt. Die von der beschwerdeführenden Gemeinde gerügte Stellungnahme des Gewässerbezirkes Braunau ist daher für den angefochtenen Bescheid nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Zutreffend ist allerdings die Auffassung in dieser Stellungnahme, daß eine Geländeanschüttung fünfzehn Meter innwärts einer Flächenverbesserung gleichkäme. Die allfällige Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine entsprechende Geländeanschüttung ist - entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde - nicht von einer entsprechenden, vorher ergangenen Baulandwidmung im Flächenwidmungsplan abhängig. Wenn die beschwerdeführende Stadtgemeinde weiters darauf verweist, daß die Gefahr eines Abwanderns der Betriebe in Nachbargemeinden bestehe, was einen Rückgang der Steuereinnahmen bewirke und auch Arbeitsplätze in der Gemeinde gefährde, so ist ihr entgegenzuhalten, daß dies keine Umstände sind, die die Frage der Bauplatzeignung gemäß § 21 Abs. 1 O.ö. ROG 1994 berühren. Dies gilt in gleicher Weise - wie dies die belangte Behörde in dem angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt hat - für die im Falle einer Umwidmung beabsichtigte Nutzung der umgewidmeten Fläche großteils als Lagerfläche mit einem Lagergebäude. Die belangte Behörde hat daher zu Recht der verfahrensgegenständlichen Flächenwidmungsplanänderung die Genehmigung gemäß § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 O.ö. ROG 1994 versagt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. September 1998
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997050186.X00Im RIS seit
12.11.2001