TE Vwgh Beschluss 2019/11/11 Ra 2019/02/0167

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Veröffentlicht am 11.11.2019
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §5 Abs10
StVO 1960 §5 Abs5
StVO 1960 §5 Abs6
StVO 1960 §5 Abs9
StVO 1960 §58 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 12. Juli 2019, Zl. LVwG-1-457/2018-R5, betreffend Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: H in F, vertreten durch die Heinzle - Nagel Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Land Vorarlberg hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 12. Juli 2019 gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 24. Juli 2018 Folge, mit dem der Mitbeteiligte wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gemäß § 5 Abs. 1 StVO iVm § 99 Abs. 1b StVO bestraft worden war. Das LVwG behob das Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.

3 Die Revision erweist sich als unzulässig:

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die revisionswerbende Partei bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das LVwG habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.10.2016, Ra 2016/02/0133) die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nur auf die Blutanalyse gestützt, ohne die Ergebnisse der klinischen Untersuchung zu beachten; die Blutanalyse diene "allenfalls" der Bestätigung der ärztlichen Feststellung einer Beeinträchtigung durch Suchtgift. Weiters lägen Verfahrensmängel vor, weil das LVwG keine Feststellungen zum Suchtgiftkonsum des Mitbeteiligten sowie der polizeiärztlichen Untersuchung und dem Grund der Fahruntüchtigkeit getroffen habe. Aus diesem Grund läge eine Verletzung der Begründungspflicht vor. Es wären keine weiteren Ermittlungstätigkeiten gesetzt worden. Die Beweiswürdigung sei in einer unvertretbaren Weise vorgenommen worden, weil das LVwG festgestellt habe, dass eine Suchtgiftbeeinträchtigung nicht vorgelegen habe.

8 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (vgl. VwGH 24.7.2019, Ra 2019/02/0105) übersieht dieses Vorbringen, dass durch die klinische Untersuchung zwar die Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, festgestellt werden kann. Nach einer solchen Feststellung ist jedoch zwingend eine Blutabnahme vorzunehmen. Erst die Blutabnahme bringt demnach Gewissheit, ob der durch die klinische Untersuchung gewonnene Verdacht, die Beeinträchtigung sei auf eine Suchtgifteinnahme zurückzuführen, zutrifft.

9 Die Bedeutung der klinischen Untersuchung liegt jedenfalls in der Feststellung, ob der Lenker fahrtüchtig ist, was im Revisionsfall verneint wurde.

10 Ob die Beeinträchtigung des Lenkers auf Alkohol oder Suchtgift zurückzuführen ist (spezifische Fahruntüchtigkeit gemäß § 5 Abs. 1 StVO) oder eine sonstige Fahruntüchtigkeit gemäß § 58 Abs. 1 StVO vorliegt (etwa wegen starker Übermüdung), ist - abgesehen von den Fällen der Verweigerung - anhand der Blutuntersuchung festzustellen.

11 Das Verwaltungsgericht hat daher bei seiner Beurteilung, ob beim Mitbeteiligten (auch) eine Beeinträchtigung wegen Suchtgiftkonsums vorlag, zutreffend die der Blutuntersuchung vorgelagerte klinische Untersuchung nicht herangezogen, sondern hat sein Erkenntnis auf die Ergebnisse der in der Zulässigkeitsbegründung nicht angezweifelten medizinischen Gutachten gestützt, die eine Beeinträchtigung des Mitbeteiligten durch Suchtgift übereinstimmend ausgeschlossen haben, weil im Blut lediglich das nicht psychoaktive Stoffwechselprodukt Benzoylecgonin nachweisbar gewesen sei.

12 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung Verfahrensmängel geltend gemacht werden, wird die Relevanz dieser Verfahrensmängel nicht dargetan (VwGH 27.9.2019, Ra 2019/02/0085, mwN). 13 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

14 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 und 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 11. November 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020167.L00

Im RIS seit

04.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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