TE Lvwg Erkenntnis 2019/8/28 LVwG-S-1630/001-2019

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Veröffentlicht am 28.08.2019
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Entscheidungsdatum

28.08.2019

Norm

TierschutzG 2005 §5 Abs1
TierschutzG 2005 §5 Abs2 Z13
TierschutzG 2005 §15
StGB §34

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde der A, vertreten durch B, C, D, Rechtsanwälte in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 3. Juni 2019, Zl. ***, betreffend Bestrafungen nach dem Tierschutzgesetz (TSchG), zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

2.   Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von insgesamt € 120,-- zu entrichten.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 780,-- Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Rechtsmittelwerberin wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 13 Tierschutzgesetz (Übertretungspunkt 1.) sowie wegen Übertretung des § 15 erster Satz Tierschutzgesetz (Übertretungspunkt 2.) Geldstrafen von € 320,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) zu Übertretungspunkt 1. und von € 280,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 13 Stunden) zu Übertretungspunkt 2. verhängt. Weiters wurde ein Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von € 60,-- vorgeschrieben.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

„Zeit: Etwa 01.03.2019 bis längstens 18.03.2019 (verendet gemeldet)           

Ort: ***, ***

Tatbeschreibung:

1.   Sie haben einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt, indem Sie die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von Ihnen gehaltenen Tieres in einer Art und Weise vernachlässigt und gestaltet haben, dass damit für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden waren:
Am Körper des Rindes mit der OM-Nr.: *** (geboren ***) wurden krankhafte Veränderungen festgestellt, die daher rühren, dass das Tier zumindest über den Zeitraum von 10 Tagen festlag und in dieser Zwangslage verharren musste.
Sie als Tierhalterin haben damit nicht den besonderen Bedürfnissen des erkrankten Tieres Rechnung getragen, wodurch derartige pathologische Veränderungen möglich wurden und dem Rind Schäden, Leiden und Qualen zugefügt wurden.

2.   Auch haben Sie es unterlassen, dem Tier die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung angedeihen zu lassen, indem Sie keinen Tierarzt beigezogen haben, obwohl das Tier an einer eitrigen Gelenksentzündung litt.“

Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Beschwerde erhoben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu schuld- und tatangemessene Herabsetzung der Strafe beantragt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass entgegen den Ausführungen im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 15.04.2019, wonach das Aufheben des Tieres ab dem 1.3.2019 nicht mehr möglich gewesen sei, das Aufheben des Tieres ab dem 17.03.2019 nicht mehr gelungen sei. Erst in den letzten beiden Tagen sei das Tier nicht mehr selbst aufgestanden bzw. habe nicht mehr aufgehoben werden können (Es sei bei der Übertragung des Diktates ein Tippfehler unterlaufen).

Das Tier sei bis zum 16.03.2019 noch selbst aufgestanden, habe normal gefressen und getrunken, sei zweimal täglich gemolken worden. Am 16.03.2019 abends sei das Tier nicht mehr von selbst aufgestanden und sei mit einer Vorrichtung aufgehoben worden. In der Nacht habe das Tier Fieber bekommen, habe sich sein Zustand rapide verschlechtert, habe kaum mehr aufgehoben werden können und habe von seinem Leiden erlöst werden müssen. Bis zum 16.03.2019 seien die Tierhalter nicht der Meinung gewesen, dass der Zustand des Tieres derart kritisch sei. Es sei nicht richtig, dass mit dem behandelnden Tierarzt E besprochen worden sei, dass das Tier nach dem Abkalbetermin euthanasiert werden solle. Sie hätten sich an alle Vorgaben des Tierarztes gehalten, versucht, dem Tier eine ordungsgemäße Behandlung und Betreuung zukommen zu lassen und seien darauf Bedacht gewesen, dem Tier kein Leid zuzufügen. Nachdem die Tierhalter nach dem Geburtstermin nicht den Eindruck gehabt hätten, dass der Zustand kritisch wäre, hätten sei gedacht, dass die Antibiotika Wirkung zeigten. Es sei jedenfalls für sie unerklärlich, wodurch die nunmehr behaupteten pathologischen Veränderungen entstanden seien. Das Tier habe jedenfalls nicht für die Dauer von mehr als 10 Tagen in einer Zwangslage verharren müssen und habe bis zum 16.03.2019 noch selbst aufstehen können.

Das Landesverwaltungsgericht für NÖ hat am 21. August 2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, im Rahmen derer eine Beweisaufnahme erfolgte durch Vorbringen des Beschwerdeführervertreters, Einvernahme der Beschwerdeführerin, der Zeugen F, G und E und des veterinärmedizinischen Amtssachverständigen I sowie Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und den Gerichtsakt.

Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Am 19.03.2019 wurde das verfahrensgegenständliche Rind aufgrund festgestellter patho-morphologischer Veränderungen einer amtstierärztlichen Untersuchung unterzogen. Dem entsprechenden Befund zufolge hat es im Bereich des Brustbeines, des Beckengürtels und insbesondere im rechten Oberschenkelbereich im rechten und linken Tarsalbereich bis zu zweihandflächengroße tief in das darunter liegende Gewebe reichende Veränderungen aufgewiesen. Konkret zeigten sich braunschwarze bis dunkelrote zentrale Nekrosen sowie wallartig aufgeworfene blutig inbibierte Wundränder und Reste von bereits nekrotisiertem und mumifiziertem Hautgewebe. Bei Anschneiden des Wundsaumes im linken Tarsalbereich konnten in den Wundrändern Gefäßeinsprossungen festgestellt werden.

Derartige Veränderungen entstehen dem Sachverständigen zufolge, wenn das Tier über einen längeren Zeitraum festliegt. In der Folge kommt es in den Bereichen, in denen die Haut auf dem harten Untergrund aufliegt, zu Mangeldurchblutungen und in weiterer Folge zum Absterben des Gewebes. Aufgrund der Gefäßeinsprossungen im Wundrandbereich muss davon ausgegangen werden, dass das Tier zumindest 10 Tage in dieser Zwangslage verharren musste.

Weiters wurden deutlich sichtbare Veränderungen im Bereich beider Carpalgelenke festgestellt, beim Anschneiden zeigte sich gelbgrauer bis hellbrauner bröckeliger faulig riechender Gelenksinhalt. Bei diesen Veränderungen handelte es sich um eine chronische eitrige Gelenksentzündung.

Das Tier hatte während der Trächtigkeit fortschreitende Gelenksprobleme und Schwierigkeiten aufzustehen. Von 14. bis 16.02.2019 und von 25. bis 28.02.2019 wurde das Tier mit Antibiotikum und Schmerzmittel tierärztlich behandelt. Nach dem Abkalbetermin am 1.03.2019 ist die Kuh gelegen und wurde drei Mal täglich zum Fressen und Trinken aufgetrieben. Ab 16.03.2019 abends konnte das Tier nicht mehr aufgetrieben werden und musste mit einem Gerät umgedreht werden. Am *** wurde das Tier erschossen.

Der veterinärmedizinische Amtssachverständige führte aus, dass dem verfahrensgegenständlichen Rind zumindest in der Zeit einige Tage nach der Geburt bis zu seinem Tod ungerechtfertigt Schäden, Schmerzen und Leiden zugefügt wurden, dies dadurch, dass es trotz erkennbarer Gelenksentzündungen, die auch zu einer Umfangsvermehrung und dazu geführt haben, dass das Tier schlecht und in den letzten Tagen höchstwahrscheinlich überhaupt nicht aufstehen konnte, erkennbar waren. Das Tier hatte umfangreiche Entzündungen der Gelenke und in den letzten Tagen auch der Haut. Entzündungen sind immer mit Schmerzen verbunden. Die Schmerzen, Leiden und Schäden waren deshalb ungerechtfertigt, weil sie durch eine frühere Tötung des Tieres oder eine intensive Behandlung verhindert oder deutlich vermindert hätten werden können. Es ist nicht sicher, dass das Tier tatsächlich auf hartem Untergrund gelagert wurde, weil das lange Liegen auch bei geeigneter Unterlage auf Grund der hohen Körpermasse von Rindern zu Hautveränderungen führen kann. Das Argument, dass die Wartezeit hätte abgewartet werden müssen, ist deshalb nicht schlagend, weil das Rind nicht nur wegen der verabreichten Medikamente, sondern auch wegen der körperlichen Veränderungen keinesfalls zur Lebensmittelgewinnung hätte verwendet werden dürfen. Dass das Tier bis zur Geburt am Leben erhalten wurde, ist möglicher Weise keine Zufügung von ungerechtfertigten Schäden, Schmerzen und Leiden gewesen, weil es möglich ist, dass das Rind nach der zweiten Behandlung bis zum 28.2.2019 nur gering gelitten hat und der Wert des Lebens des Kalbes auch einen ethischen Wert darstellt.

Das Rind hätte sofort nach Erkennen der Schwierigkeiten des Aufstehens entweder getötet oder intensiv behandelt werden müssen.

Er sei nicht sicher, ob nicht der Tierarzt intensiver darauf hinweisen hätte können bzw. müssen, dass eine weitere Behandlung nötig ist, eine klarere Kommunikation wäre zielführend gewesen. Es könne aus heutiger Sicht keine Aussage zum Gesundheitszustand des Tieres am 28.02.2019 getroffen werden und daher auch keine Aussage dahingehend, ob der behandelnde Tierarzt zu diesem Zeitpunkt zusätzlich zur einzuhaltenden Wartezeit den Hinweis hätte geben müssen, dass das Fleisch auf Grund der Erkrankung zur Lebensmittelgewinnung ohnehin nicht zulässig ist.

Auf die Frage, wie lange die Tierhalter gerechtfertigt mit weiteren Veranlassungen nach dem zweiten Behandlungszyklus hätten zuwarten dürfen: Schon auf Grund der Vorgeschichte hätte jedes stark verzögerte Aufstehen des Rindes Anlass sein müssen, das Tier zu töten oder intensiv zu behandeln.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich stellt dazu fest:

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Es hat den angefochtenen Bescheid dabei – sofern es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde für gegeben findet – auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Auf Grund einer vom Beschuldigten oder bloß zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde darf im Erkenntnis keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid (§ 42 VwGVG).

Nach § 5 Abs. 1 TSchG ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leid oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

Gegen Abs. 1 verstößt gemäß Abs. 2 Z 13 leg. cit insbesondere, wer die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird.

Gemäß § 15 erster Satz Tierschutzgesetz muss ein Tier, wenn es Anzeichen einer Krankheit oder Verletzung aufweist, unverzüglich ordnungsgemäß versorgt werden, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes.

Im konkreten Fall ergibt sich aus den Angaben der Beschuldigten, den Lichtbildern, dem amtstierärztlichen Befund und den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen in der öffentlichen, mündlichen Verhandlung, dass dem verfahrensgegenständlichen Rind durch die zur Last gelegten Haltungsumstände Schmerzen, Leiden bzw. Schäden zugefügt wurden. Die Zufügung von Schmerzen, Leiden bzw. Schäden ist der Beschuldigten vorliegend zuzurechnen, zumal sie in diesem Ausmaß (bis zu zweihandflächengroße tief in das darunter liegende Gewebe reichende Veränderungen in Form von Nekrosen sowie wallartig aufgeworfenen blutig inbibierten Wundrändern und Resten von bereits nekrotisiertem und mumifiziertem Hautgewebe) unmittelbare Folge der seit der Geburt des Kalbes am *** bis zur Euthanasierung am *** unterlassenen Behandlung bzw. der nicht fristgerechten Euthanasierung und damit objektiv sorgfaltswidriger Unterlassung waren. Die fraglichen Erfolge wurden dem Tier auch ungerechtfertigt zugefügt, zumal die Beschuldigte – ihren eigenen Angaben zufolge und durch die vorgelegten Unterlagen bestätigt – letztmalig am 28.02.2019, somit 17 Tage vor der Euthanasierung für die Verabreichung von Antibiotikum und Schmerzmittel gesorgt hat. Angesichts der – für sie erkennbaren – stetig fortschreitenden Verschlechterung des Allgemeinzustandes des Tieres wäre es ihre Sache und ihr möglich und zumutbar gewesen, (erneut) tierärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um den Schmerzen des Tieres abzuhelfen und die eingetretenen Schäden zu verhindern. So hat die Beschwerdeführerin zugestanden, das trächtige Tier zwar in zwei Behandlungszyklen medikamentös habe behandeln lassen, damit es bis zur Geburt durchhalte, nach dem 28.02.2019 jedoch nicht mehr, weil sich ja dann die Wartezeit (jene Zeit, die nach der letzten Verabreichung eines Arzneimittels an ein Tier bis zum Zeitpunkt der Herstellung von Lebensmitteln aus diesem Tier einzuhalten ist und die gewährleistet, dass eventuelle Rückstände bestimmte Höchstmengen für pharmakologisch wirksame Stoffe nicht überschreiten) wieder verlängert hätte, es im Prinzip der Plan gewesen sei, über die – im Gegenstand – 21 Tage Wartezeit zu kommen, um das Fleisch dann verwerten zu können. In dieser Hinsicht hat die Beschwerdeführerin die Schmerzen, Leiden und Schäden des Tieres in Kauf genommen in der Absicht, das Tier noch zur Lebensmittelgewinnung verwenden zu können.

Wenn beschwerdeführerseits angegeben wird, dass nach dem Abkalben am *** die Kuh immer gelegen sei, drei Mal täglich aufgetrieben worden sei und sich nach dem Fressen und Trinken wieder hingelegt habe, wobei zusätzlich Stroh eingestreut und Gummimatten untergelegt worden seien, so wurde sachverständigenseits ausgeführt, dass das lange Liegen auch bei geeigneter Unterlage auf Grund der hohen Körpermasse von Rindern zu Hautveränderungen führen kann.

Solchermaßen wurde beschwerdeführerseits nicht einmal behauptet, dass das Tier regelmäßig aufgestanden wäre und wurde den sachverständigen Ausführungen des Amtstierarztes, dass er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließe, dass das Tier regelmäßig aufgestanden ist, indem die stärker betroffene linke Seite einem permanenten Druck auf das Gewebe ausgesetzt war, woraus das verfahrensgegenständliche Schadensbild entstanden ist, sich das Tier mit Sicherheit nicht freiwillig auf diese Seite gelegt hätte, wenn es selber aufgestanden wäre und das Tier über einen Zeitraum von zumindest 10 Tagen nicht mehr regelmäßig aufgestanden sei, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen hat.

Zur Strafzumessung ist festzuhalten:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Strafbemessung jeweils das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung (Gefährdung) derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafnorm dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Ausgangspunkt der Strafzumessung ist daher der durch die Tat verwirklichte, aus Handlungs- und Erfolgsunwert bestehende Tatunwert.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren zusätzlich die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Es sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die „Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten“ des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Erschwerungsgründe liegen nicht vor, mildernd wirkt die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit. Der Umstand, dass der Tierarzt keine genauen Angaben zur weiteren Behandlung des Tieres gegeben hat, stellt keinen Milderungsgrund dar, liegt es doch in der Verantwortung des Tierhalters, aktiv zu werden, bei Erfordernis einen Tierarzt beizuziehen und eine adäquate Behandlung zu veranlassen. Die Motive für die Unterlassung einer weiteren Behandlung wurden beschwerdeführerseits dargelegt (keine weitere Behandlung wegen Verlängerung der Wartezeit) und kann daraus keinesfalls ein Milderungsgrund abgeleitet werden.

Die Beschwerdeführerin hat ein monatliches Nettoeinkommen von ca. € 2.500 Euro sowie Hälfteigentum am landwirtschaftlichen Betrieb angegeben sowie ausgeführt, keine Sorgepflichten zu haben.

Im konkreten Fall ist bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, dass durch die der Beschuldigten zur Last gelegten Übertretungen Tierschutzinteressen massiv beeinträchtigt wurden. Angesichts der Tatsache, dass der Beschuldigten die zunehmende Verschlechterung des Allgemeinzustandes des Tieres bewusst war und sie bei gehöriger Sorgfalt auch das Ausmaß der verursachten Schäden wahrnehmen musste, ist ihr Verhalten als grob fahrlässig zu werten, sodass schon aus diesem Grund ein Absehen von einer Bestrafung nicht in Betracht kommt. Die von der belangten Behörde verhängten Strafen können mit Blick auf den zur Verfügung stehenden Strafrahmen (Übertretungspunkt 1. bis zu € 7.500, Übertretungspunkt 2. bis zu € 3.750) grundsätzlich nicht als unangemessen betrachtet werden. Vielmehr hat die Bezirkshauptmannschaft in beiden Übertretungspunkten die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens festgesetzt und erübrigen sich weitere Erwägungen zur Strafhöhe (vgl. VwGH vom 30.1.1985, 84/03/0098 u.v.a.).

Die verhängten Strafen erscheinen (im Hinblick auf den verwirklichten Tatunwert) tat- und schuldangemessen und ihre Verhängung erforderlich, um die Beschuldigte und Dritte von der Begehung gleicher oder ähnlicher strafbarer Handlungen abzuhalten.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG, wonach der Beschwerdeführer im Falle einer Bestätigung des Straferkenntnisses einen Beitrag zu den Verfahrenskosten in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch € 10,-- zu tragen hat.

Insgesamt erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Derartige Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen und es folgen die Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zur Strafbemessung als Ermessensentscheidung auch etwa VwGH 17.2.2015, Ra 2015/09/0008). Das Vorliegen einer Rechtsfrage, die über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besäße, ist nicht zu erkennen (vgl. etwa VwGH 04.08.2015, Ro 2015/02/0021). Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde durchgeführt.

Schlagworte

Tierrecht; Tierschutz; Verwaltungsstrafe; Rind; Haltung; Leiden; Schäden; tierärztliche Betreuung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.1630.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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