Entscheidungsdatum
08.05.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W244 2208217-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Verena JEDLICZKA-MESSNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Dr. Martin RIEDL, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes XXXX vom 31.08.2018, ohne Zahl, betreffend Besoldungsdienstalter nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin steht als Richterin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Wirksamkeit vom 01.11.2014 wurde die Beschwerdeführerin auf die Planstelle einer Richteramtsanwärterin für den Oberlandesgerichtssprengel XXXX ernannt. Mit 01.10.2018 wurde die Beschwerdeführerin zur Richterin ernannt.
Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes XXXX wurde das für die Vorrückung relevante Besoldungsdienstalter der Beschwerdeführerin mit 2.153,6667 Tagen (das sind 5 Jahre 10 Monate und 25 Tage) festgesetzt. Zuzüglich der im Dienstverhältnis als Richteramtsanwärterin verbrachten Zeiten im Ausmaß von 1.431,6667 Tagen wurden Vordienstzeiten im Ausmaß von insgesamt 52 Tagen aus einer Tätigkeit der Beschwerdeführerin bei einer Gebietskörperschaft (Arbeitnehmerin bei der Marktgemeinde XXXX ), von insgesamt 456 Tagen aus der Tätigkeit der Beschwerdeführerin bei einer Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft und von 214 Tagen aus der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Rechtspraktikantin angerechnet.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht insoweit Beschwerde wegen formeller und inhaltlicher Rechtswidrigkeit, als eine Anrechnung ihrer Vortätigkeiten als juristische Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei in den Jahren 2007 bis 2009 und als studentische Mitarbeiterin an der XXXX -Universität XXXX in den Jahren 2010 bis 2011 auf das Besoldungsdienstalter gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1056 unterblieb. Ihr seien im Rahmen ihrer Vortätigkeiten fachliche Erfahrungen vermittelt worden, durch welche im Vergleich zu einem durchschnittlichen Berufsanfänger ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine gegeben sei und die fachliche Einarbeitung zum Teil unterbleiben habe können.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 29.04.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführerin in Anwesenheit ihres Rechtsvertreters ausführlich dazu befragt wurde, welche tatsächlichen Verrichtungen während der Vortätigkeit besorgt wurden, in welchem Ausmaß dies geschehen ist und welche Kenntnisse und Fähigkeiten erworben wurden, welche tatsächlichen Tätigkeiten sie zu Beginn ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses auf Grund ihrer Anstellung zu verrichten hatte, mit welchem Erfolg sie diese Tätigkeiten besorgt hat, ob und inwieweit ihr Arbeitserfolg erheblich über dem von Beamten ohne ähnliche Vortätigkeit liegt bzw. die Vortätigkeit für den erheblich höheren Arbeitserfolg ursächlich war.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin steht als Richterin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Vor ihrer Ernennung als Richteramtsanwärterin stand die Beschwerdeführerin noch nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.
Von 30.07.2007 bis 24.08.2007, von 07.07.2008 bis 01.08.2008 sowie von 13.07.2009 bis 07.08.2009 war die Beschwerdeführerin in einer Rechtsanwaltskanzlei als juristische Mitarbeiterin in Vollzeit beschäftigt. Ihre Aufgaben bestanden in erster Linie in der Vorbereitung von Klageschriften, Eingaben bei Gericht und der Korrespondenz mit Versicherungsanstalten. Sie nahm an Verhandlungen neben dem Rechtsanwalt, für den sie beschäftigt war, teil. Selbständigen Umgang mit Klienten der Rechtsanwaltskanzlei hatte die Beschwerdeführerin nicht. Voraussetzung für diese Tätigkeit waren eine erfolgreich abgelegte Matura sowie ein rechtliches Grundverständnis. Durch diese Tätigkeit erlangte die Beschwerdeführerin Routine insbesondere bei Rechtsrecherchen, bei der Aufbereitung von Sachverhalten, beim Arbeiten mit und bei der Einhaltung von Fristen sowie im Umgang mit Klienten.
Von 01.10.2009 bis 31.01.2010, von 01.03.2010 bis 30.06.2010 sowie von 01.10.2010 bis 31.01.2011 war die Beschwerdeführerin an der XXXX -Universität XXXX am Institut für XXXX als studentische Mitarbeiterin geringfügig beschäftigt. Dabei betrug das Beschäftigungsausmaß der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2009/2010 acht Wochenstunden, im Sommersemester 2010 und im Wintersemester 2010/2011 jeweils sechs Wochenstunden. Ihr Tätigkeitsbereich umfasste vor allem die Mitwirkung bei der Erstellung von Musterlösungen und die Korrektur von Prüfungen, in geringerem Umfang auch die Aufsicht bei Prüfungen. Voraussetzung für diese Tätigkeit waren ein erfolgreich abgeschlossener erster Studienabschnitt, eine mit der Note "sehr gut" bestandene Fachprüfung " XXXX " und erfolgreich abgelegte fachspezifische Lehrveranstaltungen. Durch diese Tätigkeit erlangte die Beschwerdeführerin Routine insbesondere bei Rechtsrecherchen, beim wissenschaftlichen Arbeiten, im Umgang mit Studierenden und bei der Korrektur von Prüfungen. Zudem konnte sich die Beschwerdeführerin ein vertieftes Fachwissen aus dem Bereich XXXX aneignen.
Von 03.10.2011 bis 31.12.2012 war die Beschwerdeführerin im Ausmaß von 20 Wochenstunden und von 01.01.2013 bis 31.10.2013 im Ausmaß von 30 Wochenstunden bei einer Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft beschäftigt. Ihre Tätigkeit umfasste u. a. die Erstellung von Jahresabschlüssen, Einnahmen- und Ausgabenrechnungen und Steuerklärungen, die Mitarbeit bei der Erstattung von Gutachten und Stellungnahmen sowie bei Umgründungsvorgängen nach dem UmgrStG, Berufungen, Beschwerden, die Vorbereitung von internen Fortbildungs- und Klienteninformationsveranstaltungen sowie Besprechungen mit Klienten.
Die Beschwerdeführerin schloss das Diplomstudium der Rechtswissenschaften am 17.12.2012 ab.
In der Zeit von 01.11.2013 bis 31.10.2014 absolvierte die Beschwerdeführerin die Gerichtspraxis. Mit Wirksamkeit vom 01.11.2014 wurde die Beschwerdeführerin auf die Planstelle einer Richteramtsanwärterin für den Oberlandesgerichtssprengel XXXX ernannt. Mit 01.10.2018 wurde die Beschwerdeführerin zur Richterin ernannt.
In den ersten sechs Monaten nach ihrer Ernennung als Richteramtsanwärterin war die Beschwerdeführerin zunächst der Staatsanwaltschaft XXXX und anschließend dem Bezirksgericht XXXX zugeteilt. In dieser Zeit war sie bei der Staatsanwaltschaft XXXX hauptsächlich mit dem Verfassen von Erledigungsentwürfen, der Sitzungsvertretung in der Hauptverhandlung für die Staatsanwaltschaft und der Durchführung von Einvernahmen von Beschuldigten sowie beim Bezirksgericht XXXX in erster Linie mit der Einlaufbearbeitung, dem Verfassen von Erledigungsentwürfen, der Durchführung des Amtstages, der Aufbereitung von Rechtsfragen, der Vorbereitung von Verhandlungen und auch der Führung der Verhandlung unter Anleitung des Richters betraut.
Zum Zeitpunkt ihrer Ernennung als Richteramtsanwärterin und in den ersten sechs Monaten danach war die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Vortätigkeit als juristische Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei und als studentische Mitarbeiterin an der XXXX -Universität XXXX in einzelnen Aspekten etwas routinierter als andere RichteramtsanwärterInnen ohne ähnliche Vortätigkeiten, wobei die Überschreitung des Arbeitserfolges gegenüber anderen RichteramtsanwärterInnen ohne ähnliche Vortätigkeit jeweils sowohl qualitativ als auch quantitativ insgesamt deutlich weniger als 25 Prozent ausmachte.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen in Übereinstimmung mit den schlüssigen Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung und sind unstrittig, soweit sie das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin, die Zeiträume der Vortätigkeiten als juristische Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei, als studentische Mitarbeiterin am Institut für XXXX an der XXXX -Universität XXXX und bei einer Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft, das jeweilige Beschäftigungsausmaß und den Aufgabenbereich der Beschwerdeführerin bei diesen Tätigkeiten sowie die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, den Abschluss des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften, die Gerichtspraxis, die Ernennung zur Richteramtsanwärterin und zur Richterin, die ersten Zuteilungen in ihrer Zeit als Richteramtsanwärterin und die tatsächlichen Tätigkeiten, welche die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Anstellung zu Beginn ihrer Zeit als Richteramtsanwärterin zu verrichten hatte, betreffen.
Das Bundesverwaltungsgericht hegt aufgrund der diesbezüglich plausiblen Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung keine Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Vortätigkeiten als juristische Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei und als studentische Mitarbeiterin am Institut für XXXX an der XXXX -Universität XXXX aufgrund der anderen, in den Vortätigkeiten erworbenen Tätigkeitsperspektive und des dadurch erweiterten Lebenserfahrungshorizontes, aufgrund des zusätzlichen Fachwissens im Bereich XXXX , der zusätzlichen Übung in der Rechtsrecherche und der durch die Vortätigkeiten erlangten Erfahrung im Umgang mit anderen Berufs- und Personengruppen (Anwälte, Universitätsprofessoren, wissenschaftlichen Personal an der Universität, Studierende) in einzelnen Aspekten der tatsächlichen Tätigkeiten, welche die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Anstellung zu Beginn ihrer Zeit als Richteramtsanwärterin zu verrichten hatte, etwas routinierter als andere RichteramtsanwärterInnen ohne ähnliche Vortätigkeiten war.
Das Bundesverwaltungsgericht geht jedoch davon aus, dass die Überschreitung des Arbeitserfolges gegenüber anderen RichteramtsanwärterInnen ohne ähnliche Vortätigkeit jeweils sowohl qualitativ als auch quantitativ insgesamt deutlich weniger als 25 Prozent ausmachte. Dabei wird insbesondere berücksichtigt, dass beide Vortätigkeiten mehrere Jahre vor Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin stattgefunden haben, jeweils in nur geringem zeitlichem Ausmaß erfolgten und jeweils überlagert werden durch die zu einem beachtlichen Teil erst nach Abschluss der hier in Frage stehenden Tätigkeiten erfolgte juristische Ausbildung der Beschwerdeführerin im Zuge ihres Diplomstudiums der Rechtswissenschaften, durch die als Vordienstzeiten nach § 12 Abs. 3 GehG 1956 angerechnete etwa zweijährige und sich inhaltlich mit der als studentische Mitarbeiterin und in der Arbeitsweise mit der als juristische Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei in weiten Teilen überschneidende Tätigkeit der Beschwerdeführerin in einer Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft in den Jahren 2011 bis 2013, durch die ganz spezifisch auf die Tätigkeit als RichteramtsanwärterIn vorbereitende Gerichtspraxis und das der Beschwerdeführerin eigene persönliche Talent und juristische Interesse.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.1. Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. § 12 GehG 1956 lautet in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I. 32/2015 wie folgt:
"Besoldungsdienstalter
§ 12. (1) Das Besoldungsdienstalter umfasst die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten, soweit die Dauer all dieser Zeiten das Ausmaß eines allfälligen Vorbildungsausgleichs übersteigt.
(2) Als Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen sind die zurückgelegten Zeiten
1. in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder zu einem Gemeindeverband eines Mitgliedstaats des Europäischen Wirtschaftsraums, der Türkischen Republik oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft;
2. in einem Dienstverhältnis zu einer Einrichtung der Europäischen Union oder zu einer zwischenstaatlichen Einrichtung, der Österreich angehört;
3. in denen die Beamtin oder der Beamte aufgrund des bis 30. Juni 2016 in Geltung gestandenen Heeresversorgungsgesetzes, BGBl. Nr. 27/1964, oder des Heeresentschädigungsgesetzes - HEG, BGBl. I Nr. 162/2015, Anspruch auf eine Beschädigten- oder Versehrtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 90% hatte, sowie
4. der Leistung
a) des Grundwehrdienstes nach § 20 Wehrgesetz 2001 - WG 2001, BGBl. I Nr. 146/2001,
b) des Ausbildungsdienstes nach § 37 Abs. 1 WG 2001,
c) des Zivildienstes nach § 1 Abs. 5 Z 1 Zivildienstgesetz 1986 - ZDG, BGBl. Nr. 679/1986, oder eines anderen Dienstes nach § 12a Abs. 1 oder § 12c Abs. 1 ZDG, aufgrund dessen der Zivildienstpflichtige nicht mehr zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes heranzuziehen ist,
d) eines militärischen Pflichtdienstes, eines vergleichbaren militärischen Ausbildungsdienstes oder eines zivilen Ersatzpflichtdienstes in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums, in der Türkischen Republik oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Zeiten der militärischen Dienstleistung nach lit. a, b und d sind bis zur Dauer von insgesamt höchstens sechs Monaten, Zeiten einer zivilen oder sonstigen Ersatzdienstleistung nach lit. c und d bis zur Dauer von insgesamt höchstens neun Monaten anzurechnen.
(3) Über die in Abs. 2 angeführten Zeiten hinaus sind Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig, insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die
1. eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben kann oder
2. ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten ist.
(4) - (8) ..."
3.1.2. Den Erläuterungen zur Dienstrechts-Novelle 2015 (RV 585 BlgNR 25. GP, 8) ist auszugsweise Folgendes zu entnehmen:
"Zu § 12 Abs. 3 GehG und § 26 Abs. 3 VBG:
Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass die Höchstgrenze von zehn Jahren für die Berufstätigkeit und das Verwaltungspraktikum gemeinsam gilt. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die Vordienstzeiten nur teilweise anzurechnen sind, wenn sie nur zum Teil einschlägig sind. Im Übrigen bleiben die Kriterien zur Beurteilung, ob eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum einschlägig ist, im Vergleich zur Stammfassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2015 unverändert:
Anrechenbar sind nur Zeiten eines Verwaltungspraktikums oder einer Berufstätigkeit. Es muss sich dabei - abgesehen vom Verwaltungspraktikum - um eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit handeln. Eine Tätigkeit, die überwiegend der Ausbildung dient, ist daher keinesfalls als Berufstätigkeit anrechenbar. Damit sind z.B. die Gerichtspraxis und das Unterrichtspraktikum von einer Anrechnung ausdrücklich ausgeschlossen, diese werden mit dem Einstiegsgehalt bereits pauschal abgegolten.
Anrechenbar sind nur Zeiten, die nicht ohnehin von der Mehrheit der potentiellen BewerberInnen vorgewiesen werden können oder die gar vorausgesetzte Ausbildungszeiten für den jeweiligen Arbeitsplatz sind. Derartige Qualifikationen sind ebenfalls mit dem Gehaltsansatz für die erste Gehaltsstufe bereits abgegolten. Maßgeblich für die Beurteilung ist nicht der Kreis der tatsächlichen BewerberInnen, sondern jener Personenkreis, auf den eine entsprechende Ausschreibung typischerweise zutreffen würde (objektiver Maßstab). Praktisch geht es daher vor allem um Zeiten, durch welche sich die Bedienstete oder der Bedienstete hinsichtlich ihrer oder seiner Verwendbarkeit deutlich von typischen Berufseinsteigerinnen und -einsteigern abhebt.
Eine Berufstätigkeit kann daher im Ergebnis nur dann einschlägig sein, wenn sie zu einer erheblich besseren Verwendbarkeit im Vergleich zu einer durchschnittlichen Berufseinsteigerin oder einem durchschnittlichen Berufseinsteiger führt. Dieser Vergleich ist zur Beurteilung stets anzustellen. Eine bloß fachverwandte Vortätigkeit genügt für sich alleine nicht für eine Anrechnung. Maßgeblich ist vielmehr stets die Frage der besseren Verwendbarkeit. Ein Indiz zur Beurteilung der Verwendbarkeit ist dabei vor allem die Frage, ob die Bedienstete oder der Bedienstete deutlich schlechter verwendbar wäre, wenn man sich die zu beurteilende Vordienstzeit wegdenkt - also ob dann z.B. längere fachliche Einarbeitung und Einschulung auf dem neuen Arbeitsplatz notwendig wäre, oder ob die Bedienstete oder der Bedienstete die Aufgaben für einen beachtlichen Zeitraum mangels Routine nur deutlich langsamer oder deutlich fehleranfälliger erfüllen könnte.
Die Einschlägigkeit des Verwaltungspraktikums wird regelmäßig dann gegeben sein, wenn dieses unmittelbar vor der Aufnahme in das Dienstverhältnis absolviert wurde und die Bedienstete oder der Bedienstete im Dienstverhältnis weitgehend mit denselben Aufgaben betraut werden soll wie während des Verwaltungspraktikums."
3.1.3. Vorab ist auszuführen, dass die Beschwerdeführerin als Richteramtsanwärterin zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Besoldungsreform 2015 am 12.02.2015 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stand. Da die Beschwerdeführerin vor ihrer Ernennung zur Richteramtsanwärterin jedoch noch nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stand, hatte sie "noch nie ein Gehalt bezogen, für das ein Vorrückungsstichtag maßgebend war", da sie als Richteramtsanwärterin ein Fixgehalt gemäß § 67 RStDG bezogen hat. Es ist daher die in § 211a Abs. 1 erster Satz RStDG verwiesene Bestimmung des § 169d Abs. 6 vorletzter und letzter Satz GehG 1956 maßgebend. Demnach hat eine pauschale Überleitung nach § 169c GehG 1956 zu unterbleiben und eine individuelle Überleitung unter Zugrundelegung von Neurecht zu erfolgen (vgl. dazu VwGH 28.02.2019, Ra 2018/12/0062, mit Verweis auf VwGH 27.6.2017, Ra 2017/12/0042).
3.1.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19.02.2018, Ro 2018/12/0001, zur Auslegung des § 12 Abs. 3 GehG 1956 in der hier maßgeblichen Fassung ausführlich Stellung genommen:
Zunächst wurde festgehalten, dass für die Anrechenbarkeit von Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1956 zur Beurteilung der Frage der besonderen Bedeutung der Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung grundsätzlich nicht mehr als der Zeitraum eines halben Jahres nach Beginn des Dienstverhältnisses zugrunde zu legen ist. Eine allenfalls relevante Berufserfahrung wird nicht durch eine während des Dienstverhältnisses als Vertragsbediensteter genossene Ausbildung gleichsam ersetzt. Eine solche Ausbildung vermittelt vielmehr von einer Berufserfahrung zu unterscheidende Grundkenntnisse, von denen ausgehend ein allfälliger erheblich höherer Arbeitserfolg zu ermitteln ist.
Nach den Materialien ist dabei ein Indiz zur Beurteilung der Verwendbarkeit - im Sinne der Bemessung des Arbeitserfolges - vor allem die Frage, ob der Bedienstete deutlich schlechter verwendbar wäre, wenn man sich die zu beurteilende Vordienstzeit wegdenkt - also ob dann z.B. eine längere fachliche Einarbeitung und Einschulung auf dem neuen Arbeitsplatz notwendig wäre oder ob der Bedienstete die Aufgaben für einen beachtlichen Zeitraum mangels Routine nur deutlich langsamer oder deutlich fehleranfälliger erfüllen könnte.
Ein erheblich höherer Arbeitserfolg im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG 1956 liegt erst dann vor, wenn der Anteil der Überschreitungen mehr als 25 Prozent des regulären "Arbeitserfolges" ausmacht, wobei diese Überschreitung in einer Gesamtbetrachtung an qualitativen (im Verständnis der Steigerung des Arbeitserfolges in den betroffenen Bereichen) und quantitativen (im Verständnis des Anteiles jener Tätigkeiten, in denen ein höherer Arbeitserfolg erzielt wird) Aspekten zu ermitteln ist.
Der "Arbeitserfolg" des Beamten gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1956 ist dabei in einer ex-ante-Betrachtung zum Zeitpunkt seiner Ernennung zu ermitteln und er muss auf einer "fachlichen Erfahrung" beruhen, die die vorangegangene Tätigkeit vermittelt hat. Der Beamte muss aufgrund der gerade durch die von der durchgeführten Vortätigkeit vermittelten fachlichen Erfahrung einen erheblich höheren Arbeitserfolg aufweisen und somit auf dem Arbeitsplatz besser verwendbar sein als der durchschnittliche Beamte. Damit eine solche "fachliche" Erfahrung vermittelt werden kann, muss die Tätigkeit einschlägig sein, das bedeutet, dass sie Erfahrungen vermittelt, deren Nutzbarkeit für die nunmehr ausgeübte Tätigkeit bedeutsam ist. Die erhebliche Überschreitung des Arbeitserfolges wiederum muss Folge der vorhandenen Routine sein, die der Beamte bei seiner Vortätigkeit erworben hat. Der Beamte muss durch die in seiner Vortätigkeit gesammelten, vergleichbaren Erfahrungen bei der Bewältigung seiner Aufgaben an seinem Arbeitsplatz als Beamter nunmehr Fertigkeiten in dem Sinne aufweisen, dass etwa eine weitere Einschulung nicht erforderlich ist bzw. dass er die Aufgaben ohne die in der Vortätigkeit erworbene Routine für einen beachtlichen Zeitraum nur deutlich langsamer oder deutlich fehleranfälliger erfüllen könnte. Diese Routine kann daher nicht verallgemeinert werden, sondern muss unter Bedachtnahme auf die jeweils konkrete Verwendung des Beamten an einem bestimmten Arbeitsplatz zu Beginn seiner öffentlich-rechtlichen Tätigkeit beurteilt werden. Es sind davon nicht nur schematisch gleich gelagerte Handlungen umfasst, sondern alle Tätigkeiten, die durch die zuvor erfolgte oftmalige Wiederholung zu einer rascheren Durchführung befähigen (vgl. hiezu ausführlich VwGH 19.02.2018, Ro 2018/12/0001).
3.1.5. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19.02.2018, Ro 2018/12/0001, mit näherer Begründung ausgeführt hat, ist bei der Prüfung der Anrechenbarkeit von Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1956 auf den Zeitpunkt der Anstellung als Beamter und die Tätigkeit abzustellen, die dieser auf Grund seiner Anstellung bei Antritt des Dienstes auszuüben hat, und nicht auf sonstige vorübergehende oder zukünftige Verwendungen. Bei der etwaigen Anrechnung von Zeiten auf das Besoldungsdienstalter gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1956 ist daher auf den Zeitpunkt des Beginnes des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, sohin im vorliegenden Fall auf die Ernennung der Beschwerdeführerin als Richteramtsanwärterin, abzustellen (vgl. zu einem vergleichbaren Sachverhalt VwGH 28.02.2019, Ra 2018/12/0062).
3.1.6. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die belangte Behörde die Vortätigkeiten der Beschwerdeführerin als juristische Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei in den Jahren 2007 bis 2009 und als studentische Mitarbeiterin an der XXXX -Universität XXXX in den Jahren 2010 bis 2011 gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1056 zu Recht nicht auf das Besoldungsdienstalter der Beschwerdeführerin angerechnet hat.
Wie oben festgestellt, war die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Ernennung als Richteramtsanwärterin und in den ersten sechs Monaten danach aufgrund ihrer Vortätigkeit als juristische Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei und als studentische Mitarbeiterin an der XXXX -Universität XXXX in einzelnen Aspekten etwas routinierter als andere RichteramtsanwärterInnen ohne ähnliche Vortätigkeiten. Die Beschwerdeführerin konnte daher aufgrund der in ihren Vortätigkeiten gesammelten Erfahrungen bei der Bewältigung ihrer Aufgaben als Richteramtsanwärterin einen etwas höheren Arbeitserfolg als RichteramtsanwärterInnen ohne vergleichbare Vorerfahrung vorweisen.
Allerdings liegt nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein erheblich höherer Arbeitserfolg im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG 1956 erst dann vor, wenn der Anteil der Überschreitungen des Arbeitserfolges mehr als 25 Prozent des regulären Arbeitserfolges ausmacht. Da die Überschreitung des Arbeitserfolges der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Ernennung als Richteramtsanwärterin und in den ersten sechs Monaten danach gegenüber anderen RichteramtsanwärterInnen ohne ähnliche Vortätigkeit im vorliegenden Fall - wie aus den in der Beweiswürdigung näher dargelegten Erwägungen oben festgestellt - jeweils insgesamt deutlich weniger als 25 Prozent betrug, ist im Ergebnis zu Recht eine Anrechnung der Vortätigkeiten der Beschwerdeführerin als juristische Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei und als studentische Mitarbeiterin an der XXXX -Universität XXXX auf das Besoldungsdienstalter der Beschwerdeführerin gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1956 unterblieben.
3.1.7. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass sich aus dem Wortlaut des § 211b RStDG eindeutig ergibt, dass Zeiten der Gerichtspraxis als Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG 1956 nur anrechenbar sind, sofern sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 Rechtspraktikantengesetz (somit fünf Monate) überschreiten und der Beschwerdeführerin dementsprechend zu Recht nur jene Zeiten ihrer Gerichtspraxis, die über fünf Monaten liegen, angerechnet wurden.
3.1.8. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter A) zitierte Rechtsprechung des VwGH ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.
Schlagworte
Arbeitserfolg, Arbeitsplatz, Besoldungsdienstalter, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W244.2208217.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2019