Entscheidungsdatum
25.07.2019Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §64 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Kalteis über die Beschwerde des Herrn A. B. (geb.: 1990, StA.: Türkei) gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 12.03.2019, Zl. …, mit welchem der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Student" gemäß § 64 Abs. 1 NAG idgF. iVm § 64 Abs. 2 NAG idgF. iVm § 8 Z. 8 lit. b NAG-DV idgF. iVm § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 idgF. abgewiesen wurde,
zu Recht:
I. Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 64 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 25/2019, iVm § 8 Z 8 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV), BGBl. II 451/2005 idF BGBl. II 81/2019, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
1. Mit Antrag vom 13.12.2018 begehrte der Beschwerdeführer die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung "Student".
2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 12.3.2019 gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm § 8 Z 8 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) iVm § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 (UG 2002) ab. Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum nicht den erforderlichen Studienerfolg im Ausmaß von 16 ECTS-Anrechnungspunkten bzw. 8 Semesterwochenstunden nachweisen konnte, weil er im relevanten Studienjahr 2017/2018 (welches den Zeitraum von 1.10.2017 bis 30.9.2018 umfasst) lediglich Prüfungen im Ausmaß von 12 ECTS-Anrechnungspunkten bzw. 6,5 Semesterwochenstunden erreicht habe. Die vom Beschwerdeführer in einer Stellungnahme vorgebrachten Gründe (im Zusammenhang mit der Ableistung des Wehrdienstes in der Türkei; Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ab September 2018) würden keine berücksichtigungswürdigen Gründe im Sinne von § 64 Abs. 2 NAG darstellen.
3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die gegenständliche – rechtzeitig und formgerecht erhobene – Beschwerde in welcher der Beschwerdeführer (auszugsweise) insbesondere Folgendes vorbringt:
"Im Jahr 2017/2018 habe ich insgesamt 12 ECTS erworben. Damit ich mein Studium abschließen kann, fehlen mir nur mehr zwei Prüfungen und ein Praktikum. […] Wie schon im Sammelzeugnis angegeben ist, habe ich meine Bachelorarbeit am 29.9.2017 bereits mit einer positiven Note abgeschlossen. In dem Zeitpunkt versuchte ich meine ECTS- Punkte zu erwerben, was mir auch ganz gut gelang.
Im letzten Winter befand ich mich wegen meines Wehrdienstes in der Türkei. Ich rückte zum Semesteranfang ein und aufgrund der bürokratischen Tätigkeiten und Verzögerungen verlängerte sich mein Aufenthalt bis Mitte November. Infolgedessen verlor ich ein Semester. Ich habe die Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2018 besucht und hatte auch begonnen mich auf die Prüfungstermine im Folgesemester (WS 2018) vorzubereiten. Wie gewöhnlich, werden an der Universität Wien die Mehrheit von Prüfungsterminen erst im Folgesemester angeboten.
Ich konnte diesem Plan aufgrund des Wehrdienstes nicht nachgehen. Das Nachkommen meiner Militärpflicht war für mich unvorhersehbar und unabwendbar, denn die Türkei bietet immer wieder einen zeitweiligen Freikauf vom Militärdienst an, der Letzte im Juli 2018. Da ich seit 2010 in Österreich studiere und türkische Staatsbürger, die sich im Bachelorstudium befinden, bis zu ihrem 29. Lebensjahr ihren Militärdienst absolvieren müssen, hätte auch ich im kommenden Jahr dieser Pflicht nachkommen müssen. Das hätte dazu führen können, dass ich ein Jahr in der Türkei bleiben müsste und vermutlich auch die Antragsfrist für die Erteilung eines neuen Aufenthaltstitels verpassen würde.
Darüber hinaus würde ich in diesem Jahr auch keine ECTS sammeln können, was natürlich beim Antragstellen wiederum ein Problem darstellen würde. So habe ich entschieden, mich der Freikauf-Option zu bedienen; hierbei war es jedoch so, dass ich jederzeit zwischen 27.08.2018- 07.02.2019 den Einberufungsbefehl erhalten hätte können. Obwohl ich damit gerechnet hatte, dass ich später einberufen werden würde, wobei ich um das zu verwirklichen sogar am letzten Tag einzahlt habe. Doch als ich mich auf meine letzten Prüfungen vorbereitete, musste ich zu meiner Überraschung früher einrücken.
So habe ich es nicht geschafft aufgrund dieser Umstände einige Prüfungen innerhalb des erforderten Zeitraums zu absolvieren. Hierbei möchte ich nochmals ausdrücklich erwähnen, dass ich im finalen Stadium meines Studiums bin und deshalb nicht mehr viele ECTS übrig habe, die ich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels anzeigen könnte. Dass mein Militärdienst überraschend dazwischenkam und dazu führte, dass ich einige Prüfungen deshalb nicht ablegen könnte, durchkreuzte leider meine Pläne.
Nebenbei ist es mir leider nicht gelungen alle angetretenen Prüfungen positiv abzuschließen, wie es im Sammelzeugnis angegeben ist. Aber ich bin schon daran, mich hart für meine letzten und wenigen Prüfungen vorzubereiten.
Hätte ich meinen Wehrdienst, wie geplant, erst im Sommer abschließen können, würde ich Ihnen mitteilen mein Studium abgeschlossen zu haben und hätte auch vermutlich ein Ansuchen auf die Zulassung zum Masterstudium gestellt.
Außerdem möchte ich bemerken, dass ich neben dem Studium seit September 2017 arbeite.
Aufgrund der oben angeführten Probleme konnte ich leider nicht die erforderten ECTS-Punkte sammeln. […]"
(unkorrigiertes Originalzitat)
4. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde sowie den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor (hg. eingelangt am 15.5.2019).
5. Das Verwaltungsgericht Wien forderte den Beschwerdeführer mit E-Mail-Schreiben vom 27.5.2019 auf, die näheren Modalitäten in Bezug auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Wehrpflicht in der Türkei, binnen einer Woche ab Zustellung, bekanntzugeben. Insbesondere wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, den Zeitraum, in welchem er die Wehrplicht abgeleistet hat, konkret (mit Datumsangabe) zu bezeichnen und entsprechende Nachweise vorzulegen.
Weder innerhalb dieser Frist, noch bis dato kam der Beschwerdeführer dieser Aufforderung nach.
II. Sachverhalt:
Das Verwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:
1. Der 1990 geborene Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger.
2. Ein Aufenthaltstitel für den Zweck "Student" wurde dem Beschwerdeführer das erste Mal am 8.11.2010 erteilt. Zuletzt wurde ihm für den Zeitraum von 18.12.2017 bis 18.12.2018 ein Aufenthaltstitel für den Aufenthaltszweck "Student" erteilt. Am 13.12.2018 stellte der Beschwerdeführer den beschwerdegegenständlichen Verlängerungsantrag.
3. Der Beschwerdeführer ist seit dem 11.10.2010 ununterbrochen im Bundesgebiet per Hauptwohnsitz gemeldet.
4. Der Beschwerdeführer absolvierte in der Zeit zwischen dem 1.10.2010 und dem 2.2.2012 den Vorstudienlehrgang der Universität Wien und ist seit dem 1.3.2012 (zumindest bis inkl. dem Wintersemester 2018) als ordentlicher Student im Bachelorstudium "Politikwissenschaft" (A 033 624) inskribiert.
5. Im Studienjahr 2017/2018 (1.10.2017 bis 30.9.2018) hat der Beschwerdeführer 12 ECTS-Anrechnungspunkte bzw. 6,5 Semesterwochenstunden durch die positive Absolvierung folgender Lehrveranstaltungen erworben:
? VO Gesellschaftsdiagnosen (LV-Nr. 230012, SoSe 2017) am 27.11.2017 mit der Note "3" im Ausmaß von 3 ECTS-Anrechnungspunkten bzw. 2 Semesterwochenstunden;
? Forschungs- und Anwendungsfelder der Soziologie (WiSe 2017) am 20.11.2017 mit der Note "2" im Ausmaß von 3 ECTS-Anrechnungspunkten bzw. 1,5 Semesterwochenstunden;
? VO Grundzüge Soziologischer Theorien (LV-Nr. 230009, SoSe 2017) am 23.10.2017 mit der Note "3" im Ausmaß von 6 ECTS-Anrechnungspunkten bzw. 3 Semesterwochenstunden.
Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer im Studienjahr 2017/2018 hinsichtlich folgender Lehrveranstaltungen mit der Note "5" bewertet:
? VO Struktur und Entwicklung der Gegenwartsgesellschaft (LV-Nr. 230020, SoSe 2017); Eintragung im Sammelzeugnis vom 23.11.2017;
? VO Politisches System Österreichs und der EU (LV-Nr. 070178, WiSe 2017); Eintragung im Sammelzeugnis vom 30.1.2018 sowie vom 7.2.2018;
? VO Zyklus III: Renaissance und Barok (n.K.)(LV-Nr. 080047, WiSe 2017); Eintragung im Sammelzeugnis vom 1.2.2018;
? SE BAK9: SE Politische Theorien und Theorienforschung (LV-Nr. 210054, WiSe 2017); Eintragung im Sammelzeugnis vom 5.3.2018.
III. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:
1. Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers im verwaltungsbehördlichen Verfahren sowie im Rahmen seiner Beschwerde, Würdigung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und Vornahme diverser Datenbankabfragen (Melderegister, Fremdenregister, Sozialversicherungsauszug, etc.).
2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich vor diesem Hintergrund aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Unterlagen.
3. Die Feststellungen in Bezug auf seinen Status als Studierender ergeben sich aus der von ihm vorgelegten Studienbestätigung (AS 33). Die Feststellungen betreffend die Studienleistungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vorgelegten Sammelzeugnis, welches aufgrund der Erstellung am 13.12.2018 auch den entscheidungsrelevanten Zeitraum des Studienjahres 2017/2018 abdeckt (AS 39 f). Zudem wurde seitens des Beschwerdeführers selbst – weder im Rahmen seiner Beschwerde, noch im verwaltungsbehördlichen Verfahren – bestritten, dass er im maßgeblichen Studienjahr 2017/2018 lediglich 12 ECTS-Anrechnungspunkte bzw. 6,5 Semesterwochenstunden erreicht hat.
IV. Rechtsgrundlagen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des NAG lauten auszugsweise wie folgt:
"Studenten
§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen ist eine Aufenthaltsbewilligung als Student auszustellen, wenn sie
1.
die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und
2.
ein ordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule gemäß dem Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006, absolvieren,
3.
- 7. […]
Eine Haftungserklärung ist zulässig.
(2) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität oder Pädagogischen Hochschule erbringt und in den Fällen des Abs. 1 Z 4 darüber hinaus spätestens innerhalb von zwei Jahren die Zulassung zu einem Studium gemäß Abs. 1 Z 2 nachweist. […] Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges oder Ausbildungsfortschrittes eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.
(3) – (7) […]"
2. § 8 NAG-DV lautet in der hier maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt:
"Weitere Urkunden und Nachweise für Aufenthaltsbewilligungen
§ 8. Zusätzlich zu den in § 7 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung folgende weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:
[…]
8.
für eine Aufenthaltsbewilligung „Student“:
a)
[…]
b)
im Fall eines Verlängerungsantrages ein schriftlicher Nachweis der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität oder der öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 74 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 56/2018 sowie ein aktuelles Studienblatt und eine Studienbestätigung gemäß § 62 Abs. 4 UG; im Fall des § 64 Abs. 1 Z 4 NAG zusätzlich ein Nachweis über die Zulassung zu einem Studium gemäß § 64 Abs. 1 Z 2 NAG innerhalb von zwei Jahren;
c)
- e) […]
[…]
3. Die maßgeblichen Bestimmungen des UG 2002 lauten auszugsweise wie folgt:
"Zeugnisse
§ 74.
[…]
(6) Die Universität hat einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten oder 8 Semesterwochenstunden abgelegt hat.
[…]"
V. Rechtliche Beurteilung:
1. Gemäß § 64 Abs. 2 NAG ist bei Drittstaatsangehörigen, deren Aufenthalt der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums dient, im Verlängerungsfall ein entsprechender Studiennachweis zu erbringen. Der Studienerfolg ist nicht für die gesamte bisherige Studienlaufbahn zu prüfen, sondern lediglich für das vorangegangene Studienjahr. Das ist grundsätzlich dasjenige, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt (VwGH 21.1.2016, Ra 2015/22/0094; 9.8.2018, Ra 2017/22/0043). Daher ist im vorliegenden Fall das Studienjahr 2017/2018 (1.10.2017 bis 30.9.2018) für die Beurteilung des Studienerfolges heranzuziehen (Ende des Gültigkeitszeitraums des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels mit 18.12.2018; zur zeitlichen Definition eines Studienjahres siehe § 52 Abs. 1 UG 2002). Gemäß § 64 Abs. 2 NAG iVm § 8 Z 8 lit. b NAG-DV und § 74 Abs. 6 UG 2002 sind für einen hinreichenden Studienerfolg Prüfungsleistungen im Umfang von 16 ECTS-Anrechnungspunkten oder 8 Semesterwochenstunden im relevanten Studienjahr erforderlich.
Die Voraussetzung des erforderlichen Studienerfolges liegt im gegenständlichen Fall feststellungsgemäß nicht vor: Der Beschwerdeführer hat im entscheidungswesentlichen Studienjahr 2017/2018 lediglich Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 12 ECTS-Anrechnungspunkten bzw. 6,5 Semesterwochenstunden positiv absolviert.
Der Beschwerdeführer hat sohin – wie er auch selbst zu keinem Zeitpunkt bestritten hat – den erforderlichen Studienerfolg nicht nachgewiesen.
2. Gemäß § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG kann trotz Fehlens des erforderlichen Studienerfolges oder Ausbildungsfortschrittes eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden, wenn Gründe vorliegen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind. Das Bestehen von Gründen, weswegen trotz Fehlens eines Studienerfolgsnachweises eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 64 Abs. 2 NAG verlängert werden kann, hat der Studierende konkret zu behaupten und ausreichend darzulegen (vgl. VwGH 23.5.2018, Ra 2017/22/0109; 27.8.2018, Ra 2018/22/0136; 13.12.2018, Ro 2017/22/0007).
2.1. Der Beschwerdeführer brachte als Grund für das Nichterreichen des erforderlichen Studienerfolges im Wesentlichen vor, dass er in seinem Heimatstaat, der Türkei, den Wehrdienst verrichten habe müssen und er dadurch an der Erbringung eines ausreichenden Studienerfolges gehindert gewesen sei.
2.1.1. Selbst wenn der Beschwerdeführer die Wehrpflicht in der Türkei tatsächlich abgeleistet haben sollte (siehe dazu jedoch noch unten Punkt V.2.1.2.), würde dies keinen berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG darstellen:
Geht man davon aus, dass der Beschwerdeführer die Wehrpflicht in der Türkei im Winter 2018/2019 abgeleistet haben sollte (so verwendet der Beschwerdeführer in seiner im April 2019 erhobenen Beschwerde die Formulierung "im letzten Winter"), würde die Wehrdienstleistung nicht mehr in den entscheidungswesentlichen Zeitraum des Studienjahres 2017/2018 (1.10.2017 bis 30.9.2018) fallen und wäre sie daher im Rahmen des § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG schon aus diesem Grunde unbeachtlich.
Geht man hingegen davon aus, dass der Beschwerdeführer den Winter 2017/2018 gemeint haben sollte, so würde auch dies am rechtlichen Ergebnis nichts ändern, handelt es sich bei der Wehrpflicht doch keineswegs um ein der Einflusssphäre des Beschwerdeführers entzogenes, unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis: Wie der Beschwerdeführer selbst vorbringt, ist er seit 2010 im Bundesgebiet aufhältig. Er ist seit 1.3.2012 ordentlicher Student im Bachelorstudium "Politikwissenschaft" an der Universität Wien. Dem Beschwerdeführer war während seines bisherigen Studiums die Pflicht zur Absolvierung des Wehrdienstes in der Türkei bewusst, verweist er doch selbst auf die entsprechende Verpflichtung zur Absolvierung bis zum 29. Lebensjahr. Er hätte sein Studium, welches eine Regelstudiendauer von 6 Semester aufweist, dergestalt betreiben können und müssen, dass entweder der mit der Ableistung des Wehrdienstes einhergehende Auslandsaufenthalt die Erbringung eines ausreichenden Studienfortschritts nicht gefährdet oder von der Inanspruchnahme der (laut eigenem Vorbringen immer wieder eröffneten) "Freikauf-Option" so Gebrauch machen, dass er vor Antritt des Wehrdienstes sein Studium beendet hat. Der Beschwerdeführer hätte im Übrigen auch die Möglichkeit gehabt, den Wehrdienst bereits vor der ersten Antragstellung abzuleisten, um das Risiko einer möglichen, in die Studienzeit fallenden Einberufung zu eliminieren (dazu, dass es nicht Aufgabe der österreichischen Zuwanderungsbestimmungen ist, Fremden ein Fernbleiben vom Militärdienst im Herkunftsstaat zu ermöglichen, vgl. etwa VwGH 22.3.2011, 2009/21/0232).
Vor diesem Hintergrund war der hier in Rede stehende Auslandswehrdienst im Hinblick auf die Erreichung eines ausreichenden Studienerfolges im Studienjahr 2017/2018 daher weder der Einflusssphäre des Beschwerdeführers entzogen, noch unabwendbar oder unvorhersehbar.
2.1.2. Ungeachtet dessen erscheint das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die Ableistung eines Auslandswehrdienstes auch nicht glaubhaft.
Der Beschwerdeführer wurde mit hg. E-Mail-Schreiben vom 27.5.2019 aufgefordert, bekannt zu geben, wann genau er (unter konkreter Datumsangabe) aus Gründen der Wehrpflicht im Herkunftsstaat aufhältig gewesen sein soll. Der Beschwerdeführer hat es bis dato unterlassen, dieser Aufforderung nachzukommen, obwohl eine Mitteilung samt entsprechender, gerichtsseitig angeforderter Nachweise (beispielsweise durch Vorlage des Einberufungsbefehls, der Flugtickets und/oder durch Informationen über den Aufenthalt in der Türkei [zB Wohnadresse], etc.) leicht möglich gewesen wäre (zur Mitwirkungspflicht des Antragstellers im fremdenrechtlichen Verfahren vgl. § 29 Abs. 1 NAG sowie etwa VwGH 23.5.2018, Ra 2017/22/0109; 27.8.2018, Ra 2018/22/0136; 13.12.2018, Ro 2017/22/0007).
Weiters hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde einen Aufenthalt in der Türkei "bis Mitte November" behauptet, jedoch im Oktober und November 2017 unstrittig Prüfungen absolviert, welche jedoch eben nicht alle positiv benotet wurden (siehe oben Punkt II.5.; dazu, dass Prüfungen bei Nichterscheinen "nur" zu einer Nichtbeurteilung und Sperre für den nächsten Prüfungsantritt – nicht aber zu einer negativen Beurteilung – führen vgl. § 6 Abs. 5 des Teils "Studienrecht" der Satzung der Universität Wien sowie https://politikwissenschaft.univie.ac.at/studium/informationen-fuer-studierende/#c118058). Der Beschwerdeführer hätte daher durch positive Absolvierung der negativ beurteilten Prüfungsleistungen einen ausreichenden Studienerfolg erreichen können (zur Eigenverantwortung des Studenten, sich so zu organisieren, dass der studienrechtliche Erfolg erbracht wird, vgl. VwGH 18.3.2010, 2009/22/0129; 22.9.2009, 2009/22/0198).
2.2. Insofern der Beschwerdeführer weiters darauf hinweist, dass er seit September 2017 einer Erwerbstätigkeit nachgeht, ist auszuführen, dass eine Erwerbstätigkeit den ausschließlichen Aufenthaltszweck (Absolvierung eines Studiums) nicht beeinträchtigen darf (VwGH 19.6.2012, 2009/18/0501) und daher keinen Grund im Sinne von § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG darstellen kann.
3. Bei Fehlen einer für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels notwendigen besonderen Erteilungsvoraussetzung muss weder das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung geprüft noch eine Interessensabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen werden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 13.12.2018, Ra 2018/22/0158; 17.10.2016, Ra 2016/22/0065, uva).
4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG – trotz Antrages des Beschwerdeführers – ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden, weil einzig nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen zu klären waren und der entscheidungserhebliche Sachverhalt unstrittig anhand der Aktenlage – insbesondere der vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Unterlagen – festgestellt werden konnte. In einem solchen Fall ist von vornherein absehbar, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann (VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0026). Im Übrigen handelt es sich bei einem Verfahren betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels um kein solches, das ein civil right im Sinne des Art. 6 EMRK berührt (VwGH 15.6.2010, 2009/22/0347).
5. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Verlängerungsantrag; Studienerfolgsnachweis; maßgebliches Studienjahr; unvorhersehbarer Grund; unabwendbarer Grund; Wehrdienst; Auslandswehrdienst; MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.088.6731.2019Zuletzt aktualisiert am
14.08.2019