TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/16 96/12/0282

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Veröffentlicht am 16.12.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/13 Amtshaftung Organhaftpflicht Polizeibefugnis-Entschädigung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

AHG 1949;
AusG 1989 §15;
AVG §56;
AVG §8;
BDG 1979;
DVG 1984 §3;
GehG 1956;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. N in W, vertreten durch Dr. Herbert Grün, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorferstraße 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 9. Juli 1996, Zl. 106.768/09-Pr. A6/96, betreffend Zurückweisung eines Begehrens um bescheidmäßige Feststellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Ministerialrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft.

Mit inhaltlich im wesentlichen gleichlautenden Schreiben an seine Dienstbehörde vom 24. und 28. Mai sowie vom 12. Juni 1996 begehrte der Beschwerdeführer als nicht zum Zug gekommener Bewerber um verschiedene ausgeschriebene Leitungsfunktionen in folgenden Punkten "um bescheidmäßige Feststellung":

"1)

welche Bewerber haben sich um die ausgeschriebene Leitungsfunktion beworben;

2)

welche Qualifikationsunterschiede wurden bei den Bewerbern festgestellt;

3)

bestand Übereinstimmung der Bewerbungskriterien mit den in der Ausschreibung angeführten Voraussetzungen;

4)

gibt es eine nachvollziehbare Bewertungsmatrix betreffend Bewerbung;

5)

gibt es Protokolle betreffend Ergebnisse der:

Begutachtungskommission, Besetzungskommission und Besetzungsvorschlag;

6)

zu welchem Ergebnis kamen Sie zu den einzelnen Bewerbern;

7)

welche Personen haben in den Kommissionen teilgenommen;

8)

hatten die Personen in der Kommission bestimmte Vorgaben, wie zu bewerten ist;

9)

welche Gründe waren maßgebend, daß ich mit der Leitungsfunktion nicht betraut wurde;

10)

wer hat die Ergebnisse gemäß Punkt 5 dem Herrn Bundesminister präsentiert und interpretiert;

11)

hat der Herr Bundesminister gemäß Besetzungsvorschlag der Kommissionen gehandelt, oder gab es für den Herrn Bundesminister andere Gründe, wenn ja, welche, warum ich mit der Leitung nicht betraut wurde?"

Diese Anträge des Beschwerdeführers wurden mit dem angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen. Zur rechtlichen Begründung führte die belangte Behörde aus, Gegenstand eines Feststellungsbegehrens könne grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein, sofern die bescheidmäßige Feststellung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen sei. Die bescheidmäßige Feststellung von Tatsachen sei nach ständiger Rechtsprechung hingegen nur auf Grund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zulässig.

Das Begehren des Beschwerdeführers richte sich auf die Feststellung von Tatsachen, die aus den dargelegten Gründen nur dann möglich sei, wenn eine derartige Feststellung in der Rechtsordnung vorgesehen sei. Mangels einer gesetzlichen Regelung, welche eine bescheidmäßige Absprache über die vom Beschwerdeführer beantragten Vorgänge anordne, sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Es werde jedoch darauf hingewiesen, daß durch diesen Bescheid ein allfälliges Recht des Beschwerdeführers auf Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz unberührt bleibe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf bescheidmäßige Feststellung bei Vorliegen von rechtlichen Interessen einer Partei verletzt".

Er bringt im wesentlichen vor, die Rechtsmeinung der belangten Behörde sei unzutreffend, weil der Oberste Gerichtshof in seinem "Erkenntnis vom 27.2.1996, GZ 1 Ob 45/95", ausgeführt habe, der Gesetzgeber verwende bei der der Behörde im § 4 Abs. 3 BDG 1979 aufgetragenen Prognose die unbestimmten Begriffe "anzunehmen" und "in bestmöglicher Weise". Trotz dieser Formulierung müsse in beiden Fällen die Behörde von den von ihr gewählten Möglichkeiten "im Sinne des Gesetzes" und damit sachlich gerechtfertigt Gebrauch machen. Der Mißbrauch des Ermessens führe ebenso wie eine Auslegung, die im unbestimmten Gesetzesbegriff keine Deckung finde, dazu, daß die Entscheidung der Behörde als unvertretbar zu qualifizieren sei und Amtshaftungsansprüche nach sich ziehe. Es sei daher insbesondere in jenen Fällen, in welchen das zuständige Organ nicht pflichtgemäß, sondern schikanös, feindlich oder unwahrhaftig verfahre, Rechtswidrigkeit bei Vollziehung der Gesetze anzunehmen. Eine Entscheidung, die tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung außer acht lasse, müsse als grob sachwidrig (unvertretbar) erachtet werden und führe zum Eintritt der Amtshaftung. Auch wenn somit kein subjektives Recht auf Beförderung bestehe, könnten aus einer unterbliebenen Beförderung dann Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, wenn sie auf einen Mißbrauch der eingeräumten Befugnisse zurückzuführen sei. Bleibe eine Behörde allerdings mit ihrer Entscheidung innerhalb dieses Ermessens- oder Auslegungsspielraumes, liege Unvertretbarkeit nicht schon dann vor, wenn eine neuerliche Prüfung zu einer anderen Entscheidung führe. Daraus folge, daß die vom Beschwerdeführer gestellten Fragen hinsichtlich einer bescheidmäßigen Erledigung die Voraussetzung dafür seien, um überprüfen zu können, ob im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes "allenfalls die Voraussetzungen für die Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz gestellt werden" könnten oder nicht. Im Lichte dieser Entscheidung bedeute das, daß der Beschwerdeführer als Partei sehr wohl ein rechtliches Interesse auf bescheidmäßige Absprache gehabt habe. Dadurch, daß die belangte Behörde die Fragen des Beschwerdeführers, welche als Grundlage für die allfälligen Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz hätten dienen können, nicht bescheidmäßig erledigt habe, habe sie rechtswidrig gehandelt.

Soweit diesem Vorbringen überhaupt ein rechtlicher Bezug auf den vom Beschwerdeführer bekämpften Abspruch zukommt, ist dem entgegenzuhalten, daß die vom Beschwerdeführer begehrten bescheidmäßigen Feststellungen auf Tatsachen, Vorgänge und Motive im Zusammenhang mit der Besetzung von ausgeschriebenen Funktionen bezogen waren, um die sich der Beschwerdeführer auch beworben hatte. Eine Parteistellung von Bewerbern ist im § 15 des Ausschreibungsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 85, ausdrücklich ausgeschlossen. Nach den geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere auch des BDG 1979, wird ein Rechtsanspruch auf Ernennung zum Bundesbeamten ebensowenig eingeräumt, wie ein Recht auf Ernennung eines Bundesbeamten auf eine andere Planstelle. Das Gesetz gibt niemandem einen subjektiven Anspruch auf die Ausübung des Ernennungsrechtes durch die Dienstbehörde. Auch das BDG 1979 begründet keinen subjektiven, öffentlich-rechtlichen Anspruch auf die Verleihung einer Planstelle (vgl. in diesem Sinn Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Jänner 1979, Slg. N. F. Nr. 9734/A, und vom 20. Mai 1992, Zl. 91/12/0168). Demnach besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Ernennungen und keine Parteistellung im Ernennungsverfahren, es sei denn, die Parteistellung ließe sich aus besonderen Rechtsvorschriften ableiten. Der Beschwerdeführer kann daher allein aus seiner Stellung als Bewerber um eine bestimmte Funktion keinen Rechtsanspruch auf Informationen über Vorgänge ableiten, die der Entscheidung über deren Besetzung vorausgegangen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat aber im Zusammenhang mit Postenbewerbungen die Berechtigung der übergangenen Bewerber bestimmte Auskünfte nach dem Auskunftspflichtgesetz einzuholen, grundsätzlich bejaht (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. April 1994, Zl. 91/12/0283, vom 8. Juni 1994, Zl. 93/12/0278, und vom 2. Juli 1997, Zl. 95/12/0089).

Dem Rechnung tragend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Beschwerdeführer auf diese Möglichkeit hingewiesen, von der aber der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall offenkundig nicht Gebrauch gemacht hatte.

Dementgegen hatte der Beschwerdeführer nämlich ausdrücklich die bescheidmäßige Feststellung im oben dargestellten Sinn begehrt und dies offenbar auf das Dienstrecht in Verbindung mit dem Amtshaftungsrecht gestützt. Solche Feststellungen wären aber - worauf die belangte Behörde zutreffend verweist - nur dann zulässig gewesen, wenn dies in der Rechtsordnung vorgesehen wäre (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes6, zum Feststellungsbescheid, Rz. 407, und VwSlg. Nr. 4822/A).

In seiner Beschwerde beruft sich der Beschwerdeführer auf ein "Erkenntnis" des Obersten Gerichtshofes vom 27. Februar 1996, das sich vor dem rechtlichen Hintergrund des § 4 Abs. 3 BDG 1979 mit Amtshaftungsansprüchen auseinandersetzt. Diese Entscheidung ist für die Klärung der Frage, ob die Feststellungsanträge des Beschwerdeführers zulässig waren oder nicht, aber bedeutungslos. Wenn der Beschwerdeführer meint, er benötige die begehrten bescheidmäßigen Feststellungen, um im Sinne dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofes die Voraussetzungen für Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz beurteilen zu können, verkennt er den rechtlichen Zusammenhang. Im übrigen wird auf die "besonderen Bestimmungen über Beschwerden in Amts- und Organhaftungssachen" im VwGG, §§ 64 ff, hingewiesen.

Da dem Beschwerdeführer kein subjektives Recht auf die von ihm begehrten bescheidmäßigen Feststellungen zugekommen ist und er durch den angefochtenen Bescheid jedenfalls nicht im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1998

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996120282.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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