TE Vwgh Erkenntnis 1999/1/21 98/07/0145

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Veröffentlicht am 21.01.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §45 Abs2;
WRG 1959 §10 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde der Stadtgemeinde L, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, Hauptplatz 12/II, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. August 1998, Zl. 512.922/03-I5/98, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: O-Aktiengesellschaft in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1994, 93/07/0066, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 20. Mai 1993, mit welchem der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Tankstelle mit Raststätte auf im Schongebiet zum Schutz der Wasserversorgungsanlage der beschwerdeführenden Partei gelegenen Grundstücken erteilt worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründet wurde dies damit, die belangte Behörde hätte Erhebungen darüber durchführen müssen, ob der Standort des von ihr bewilligten Projektes tatsächlich, wie die beschwerdeführende Partei behauptet hatte, in einem Erdbebengebiet liege und, bejahendenfalls, ob unter Berücksichtigung der zu erwartenden Erdbebentätigkeit trotz Bewilligung des zur Beurteilung vorliegenden Projektes die Versorgung der beschwerdeführenden Partei mit Trinkwasser auf dem in der Schongebietsverordnung umschriebenen Gebiet gewährleistet sei.

Im fortgesetzten Verfahren holte die belangte Behörde zunächst ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Geologie zu der Frage ein, ob der Standort des Projektes der mitbeteiligten Partei in einem Erdbebengebiet liegt und ob unter Berücksichtigung der zu erwartenden Erdbebentätigkeit trotz Bewilligung des zur Beurteilung vorliegenden Projektes die Versorgung der beschwerdeführenden Partei mit Trinkwasser aus dem in der Schongebietsverordnung umschriebenen Gebiet gewährleistet ist.

Der Amtssachverständige führte aus, da es für die Steiermark im Gegensatz zu Niederösterreich noch keine Untersuchungen über Bebenwahrscheinlichkeiten gebe, sei die Abschätzung der Bebengefährlichkeit des gegenständlichen Areals sehr schwer durchführbar. Basierend auf näher bezeichneten Unterlagen könne festgestellt werden, daß die Auftrittswahrscheinlichkeit von zerstörenden Beben als sehr gering zu bezeichnen sei. Sollten solche Beben auftreten, so sei eine Beeinflussung des Trinkwasservorkommens durch die teilweise Zerstörung der technischen Einrichtungen der geplanten Tankstelle nicht auszuschließen, es müsse aber darauf hingewiesen werden, daß ein solches Beben auch Schäden an der technischen Ausstattung der Wasserversorgungsanlage und des Wasserversorgungsnetzes verursachen würde, sodaß eine gesicherte Trinkwasserversorgung der beschwerdeführenden Partei in diesem Falle ohnehin nicht garantiert werden könne. Die wahrscheinlichen Beben könnten lediglich geringe Gebäudeschäden verursachen. Welche Schäden im einzelnen durch die wahrscheinlichen Bebenstärken und die dadurch entstehenden Kräfte an den ober- und unterirdischen Bauten der geplanten Tankstelle auftreten könnten, werde von einem bautechnischen Sachverständigen zu beurteilen sein.

Daraufhin bestellte die belangte Behörde Univ. Prof. Dr. F. zum nichtamtlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstellung eines Gutachtens über die Sicherheitsanforderungen an die Anlage und insbesondere an die unterirdischen Lagertanks aus der Sicht des Erdbebeningenieurwesens.

Der Sachverständige kam zu folgenden Schlußfolgerungen:

"Die vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gestellten Fragen werden wie folgt beantwortet:

1. Welches sind die aus erdbebentechnischer Sicht erforderlichen Sicherheitsanforderungen an voll- bzw. teilgefüllte unterirdisch verlegte Behälter, die wassergefährdende Stoffe enthalten:

2. Die von der (mitbeteiligten Partei) gewählten Durchmesser- und Manteldicken ergeben relativ hohe Eigenfrequenzen, weshalb nur sehr geringe Spannungen zufolge der Erdbebeneinwirkung auftreten. Die Behälter weisen hohe Sicherheiten für sämtliche Füllhöhen auf.

3. Wie ist aus erschütterungstechnischer Sicht die Folienwanne zu beurteilen, die den Anlagenbereich, von dem eine Gefährdung des Grundwassers ausgehen könnte (Tankstelle, Lager- und Manipulationsflächen), gegenüber dem Untergrund abdichtet:

4. Das Risiko eines Versagens der Behälter bei Erdbeben ist äußerst gering. Auch die Anschlüsse und Rohrleitungen werden bei einer Auslegung gemäß Kapitel 4 eine hohe Erdbebensicherheit besitzen. Die Folienwanne bewirkt dann bei korrekter Ausführung eine sehr hohe Erdbebensicherheit. Wegen der Dehnfähigkeit der PE-HD-Dichtungsbahnen von 50 % besteht für die Folie praktisch keine Gefährdung.

5. Welche maßgeblichen Erdbeben sollen in Akkordanz mit den entsprechenden Kennwerten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik der Dimensionierung der Behälter mit wassergefährenden Stoffen zugrundegelegt werden:

6. Die für den Standort anzunehmenden Erdbebengrößen sind in Kapitel 1 beschrieben. Die Werte wurden den Berechnungen in Kapitel 2.2 zugrundegelegt.

7. Welches sind die maßgeblichen dynamischen Belastungen der Behälter unter Berücksichtigung des jeweiligen Füllungsgrades und der Dimensionierung der Behälter (Wandstärke, Einbaukriterien):

8. Siehe 1.

Insgesamt wird festgestellt, daß bei entsprechender Dimensionierung und Ausführung der gesamten Anlage bei Erdbeben ein sehr geringes Restrisiko für das Grundwasser besteht."

In ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten brachte die beschwerdeführende Partei vor, aus dem Gutachten sei erkennbar, daß die Wahrscheinlichkeit einer Verunreinigung des Trinkwassers bei Errichtung der Tankstelle im Schongebiet nicht vollständig ausgeschlossen werden könne. Dies müsse ausreichen, um die Errichtung der Anlage zu untersagen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 12. August 1998 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid neuerlich ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, in allen im Verfahren erstellten Gutachten sei das Weiterbestehen eines Restrisikos bejaht worden. Dies müßte ausreichen, um die Errichtung der Anlage der mitbeteiligten Partei zu untersagen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen

Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf eine wasserrechtliche Bewilligung nur dann wegen einer mit ihrer Ausübung verbundenen Verletzung fremder Rechte versagt werden, wenn eine solche Verletzung fremder Rechte durch die Ausübung der begehrten wasserrechtlichen Bewilligung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten wird (vgl. dazu grundlegend das hg. Erkenntnis vom 21. November 1996, Slg. 14.564/A).

Aus den von der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, daß die Auftrittswahrscheinlichkeit von zerstörenden Beben als sehr gering zu bezeichnen ist und daß nicht nur keine hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Verletzung der Rechte der beschwerdeführenden Partei besteht, sondern daß vielmehr das Restrisiko als sehr gering einzustufen ist. Angesichts dieses Sachverhalts hat die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei zu Recht abgewiesen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Jänner 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998070145.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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