Entscheidungsdatum
07.05.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §8Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Anträge der C. Versicherung AG, vertreten durch Rechtsanwälte OG, vom 23. Jänner 2019 auf Übermittlung einer "Aktenkopie samt der Lichtbildbeilagen auf elektronischem Wege (ERV oder per E-Mail) oder per Post" sowie vom 9. April 2019 auf Übermittlung des "Ausganges des Verwaltungsstrafverfahrens" in der Beschwerdesache des A. B. betreffend das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 18. September 2017, Zl. ..., den
BESCHLUSS
gefasst:
I. Die Anträge der C. Versicherung AG auf Akteneinsicht und auf Übermittlung des "Ausganges des Verwaltungsstrafverfahrens" werden gemäß § 17 AVG iVm § 17 VwGVG mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung
1. Beim Verwaltungsgericht Wien war ein Beschwerdeverfahren gegen ein Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 18. September 2017, Zl. ..., betreffend eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung anhängig; A. B. war Bestrafter und Beschwerdeführer in diesem Verfahren.
2. Mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2019 beantragte die C. Versicherung AG als Haftpflichtversicherin von A. B., "den ausgewiesenen Vertretern gegen Kostenbekanntgabe eine Aktenkopie samt der Lichtbildbeilagen auf elektronischem Wege (ERV oder per E-Mail) oder per Post zukommen zu lassen." Es wurde eine Vollmachtsurkunde vorgelegt, die lediglich die einschreitenden rechtsfreundlichen Vertreter und nicht die Antragstellerin als Vollmachtnehmerin des A. B. ausweist.
3. Das Verwaltungsgericht Wien wies die Antragstellerin mit Schreiben vom 28. Jänner 2019 ua. darauf hin, dass gemäß § 38 VwGVG iVm § 24 VStG iVm § 17 Abs. 1 AVG nur Parteien iSd § 8 AVG das Recht auf Akteneinsicht zukomme. Der C. Versicherung AG komme als Haftpflichtversicherin des Beschuldigten des zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahrens kein Recht auf Akteneinsicht zu (vgl. VwGH 30.1.1979, 1585/77). Allenfalls könne A. B. die Antragstellerin dazu bevollmächtigen bzw. könne die rechtsfreundliche Vertretung der C. Versicherung AG unter Berufung auf die erteilte Vollmacht jederzeit im Namen des A. B. Akteneinsicht in den abgeschlossenen Verfahrensakt nehmen. Ferner wurde um einen entsprechenden Hinweis ersucht, sollte der Antrag auf Akteneinsicht im Namen der C. Versicherung AG aufrechterhalten werden und mitgeteilt, dass in diesem Fall ein solcher Antrag einer Nichtpartei beschlussmäßig zurückgewiesen werden müsse.
4. Mit einer weiteren Eingabe vom 9. April 2019 beantragte die C. Versicherung AG, als Haftpflichtversicherin von A. B. "den ausgewiesenen Vertretern gegen Kostenbekanntgabe eine Kopie den Ausgang des Verwaltungsstrafverfahrens auf elektronischem Wege (ERV oder per E-Mail) oder per Post zukommen zu lassen." Erneut wurde die bereits mit Eingabe vom 23. Jänner 2019 übermittelte Vollmachtsurkunde vorgelegt, die lediglich die einschreitenden rechtsfreundlichen Vertreter und nicht die Antragstellerin als Vollmachtnehmerin des A. B. ausweist.
5. Das Verwaltungsgericht Wien geht daher davon aus, dass der Antrag vom 23. Jänner 2019 seitens der Antragstellerin aufrechterhalten sowie um den Antrag vom 9. April 2019 ergänzt wird und hat diesbezüglich erwogen:
6. Das von § 17 AVG eingeräumte subjektive Recht auf Einsicht in die Akten eines Verwaltungsverfahrens steht nur den Parteien des Verwaltungsverfahrens, in dessen Akten Einsicht genommen werden soll, zu, nicht aber den Parteien eines anderen Verfahrens, für deren Rechtsverfolgung die Einsicht in die Akten eines Verfahrens, in dem sie nicht Partei sind (bzw. waren), von Bedeutung wäre (vgl. die in VwGH 22.10.2013, 2012/10/0002, zitierte ständige Rechtsprechung).
Parteistellung in einem verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend ein Verwaltungsstrafverfahren nach der StVO hat neben dem Beschuldigten nur die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde, nicht aber die Akteneinsicht begehrende C. Versicherung AG als Haftpflichtversicherin des Beschuldigten. Diese wurde vom Beschuldigten auch nicht bevollmächtigt, in seinem Namen Akteneinsicht in seinen Akt zu nehmen; zumindest wurde dem Verwaltungsgericht Wien keine solche Bevollmächtigung nachgewiesen. Ihr fehlt es daher an der Legitimation zur Akteneinsicht.
7. Nach der gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbaren Bestimmung des § 17 Abs. 4 AVG erfolgt die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens durch bloße Verfahrensanordnung. Soweit aber dem Rechtsschutzbedürfnis des Einsichtswerbers durch eine bloße Verfahrensanordnung nicht Rechnung getragen werden kann, weil (zumindest) ihm gegenüber die in der Sache ergehende Entscheidung nicht (mehr) zu erlassen ist, hat das Verwaltungsgericht die Akteneinsicht durch selbständigen verfahrensrechtlichen Beschluss zu verweigern (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 17 Rz. 14 mit Verweis auf Fister/Fuchs/Sachs, VwGVG § 21 Anm. 8; VwGH 31.1.2014, 2012/05/0011).
Fehlt dem Einsichtswerber mangels Parteistellung die Legitimation zur Akteneinsicht, ist der dahin gehende Antrag nicht ab-, sondern zurückzuweisen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 17 Rz. 14). Der mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2019 als Antrag auf Akteneinsicht zu deutende Antrag der C. Versicherung AG , gegen Kostenbekanntgabe eine Aktenkopie samt der Lichtbildbeilagen auf elektronischem Wege (ERV oder per E-Mail) oder per Post zukommen zu lassen, ist somit mit Beschluss zurückzuweisen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Parteien beim Verwaltungsgericht in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen können; zur Übermittlung des Inhalts des (nicht elektronisch geführten) Akts auf elektronischem Weg ist das Verwaltungsgericht jedoch nicht verpflichtet (vgl. VwGH 10.2.2014, Ro 2014/10/0007) und wird eine solche Übermittlung aus Kapazitätsgründen grundsätzlich auch nicht vorgenommen.
8. Die ordentliche Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung hinsichtlich der Legitimation zur Akteneinsicht gemäß § 17 AVG bzw. auf Zustellung von Aktenbestandteilen von der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Akteneinsicht; Parteistellung; Haftpflichtversicherung; Bevollmächtigung; verfahrensrechtlicher BeschlussEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.031.V.032.6225.2019Zuletzt aktualisiert am
04.06.2019