TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/12 97/19/1494

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.1999
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AuslBG §3 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der 1946 geborenen RO in Wien, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Juni 1997, Zl. 308.084/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin verfügte nach der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage zunächst über eine Aufenthaltsbewilligung mit Gültigkeit bis zum 31. Jänner 1994. Am 6. Dezember 1993 stellte sie einen Antrag auf Verlängerung dieser Bewilligung. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. November 1994 wurde dieser Antrag abgewiesen.

Am 5. August 1996 stellte die Beschwerdeführerin neuerlich einen, diesmal als "Erstantrag" bezeichneten, Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit sowie zum Zweck der Familiengemeinschaft mit ihrem österreichischen Ehegatten.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 1. März 1997 gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) wegen Eingehens einer Ehe zur Erlangung fremdenrechtlicher Vorteile ab.

Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 13. Juni 1997 gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, aufgrund der Aktenlage sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin mit einem gewöhnlichen Sichtvermerk, gültig vom 15. April 1996 bis zum 15. Oktober 1996, in das Bundesgebiet eingereist sei. Bereits am 31. Jänner 1996 habe sie einen österreichischen Staatsbürger geehelicht. "Derzeit" verfüge sie über keinen Sichtvermerk, dennoch halte sie sich in Österreich auf und gehe einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach. Aufgrund der Aktenlage sei ersichtlich, dass sie bei zwei österreichischen Unternehmen seit dem 18. Oktober 1996 bzw. seit dem 15. Juli 1996 "bis dato" beschäftigt sei. Sie verstoße somit gegen § 1 Abs. 2 lit. l des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996, weil sie nicht im Besitz einer gültigen Aufenthaltsbewilligung gewesen sei und die Aufnahme einer Beschäftigung durch einen Ausländer nur erfolgen dürfe, wenn dieser zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz berechtigt sei. Diese Tatsache erfahre durch ihre Eheschließung mit einem Österreicher keine Änderung. Damit sei der Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht. Aufgrund ihrer Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen bestünden unbestritten Bindungen zum Bundesgebiet. Nach Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführerin gelange die Behörde jedoch zur Ansicht, dass die öffentlichen Interessen unverhältnismäßig schwerer wögen als die Auswirkungen der Sichtvermerksversagung auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin. Es sei bei der Entscheidung auf die private und familiäre Situation der Beschwerdeführerin Rücksicht genommen und somit Art. 8 Abs. 2 MRK "vollinhaltlich Rechnung getragen" worden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 26. Juni 1997) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996, maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

§ 1 Abs. 2 lit. l und § 3 Abs. 2 AuslBG lauteten i.d.F. des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201:

"§ 1.

...

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

1) Ausländer, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sowie Kinder

(einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die

noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der österreichische

Staatsbürger

Unterhalt gewährt, sofern sie zum Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem

Aufenthaltsgesetz (AufG), BGBl. Nr. 466/1992, berechtigt sind;

...

§ 3.

...

(2) Ein Ausländer darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt."

Da ein rechtzeitig gestellter Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung der ihr zuletzt mit Gültigkeit bis zum 31. Jänner 1994 ausgestellten Aufenthaltsbewilligung (rechtskräftig) abgewiesen wurde, wertete die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Der angefochtene Bescheid ist daher auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe auch nach der genannten Aufenthaltsbewilligung über "Aufenthaltsbewilligungen" verfügt, verkennt sie, dass es sich bei der von ihr angegebenen, vom 15. April 1996 bis zum 15. Oktober 1996 gültigen Berechtigung nicht um eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 1 AufG, sondern um einen gewöhnlichen Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG handelte.

Die belangte Behörde hat ihre Entscheidungsprognose des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin eigenen Angaben zufolge bereits seit 15. Juli bzw. seit dem 18. Oktober 1996 bei zwei Unternehmen in Österreich beschäftigt sei, obgleich eine Beschäftigungsaufnahme durch einen Ausländer nur erfolgen dürfe, wenn dieser zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz berechtigt sei. Die belangte Behörde bringt damit erkennbar zum Ausdruck, die Beschäftigung der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet erfolge entgegen den Bestimmungen des AuslBG.

Da die Beschwerdeführerin als Ehegattin eines österreichischen Staatsbürgers gemäß § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG nur dann vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen wäre, wenn sie zum Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem AufG berechtigt wäre, eine solche Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführerin aber fehlte, wäre die von der Beschwerdeführerin nicht bestrittene Ausübung einer Beschäftigung gemäß § 3 Abs. 2 AuslBG nur dann zulässig gewesen, wenn sie im Besitz eines der in der zitierten Bestimmung genannten ausländerbeschäftigungsrechtlichen Dokumente gewesen wäre. Dass sie über ein derartiges Dokument verfügt hätte, wird von der Beschwerdeführerin aber nicht behauptet.

Da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Ausübung einer Beschäftigung, ohne im Besitz der nach dem AuslBG dafür erforderlichen Berechtigungen zu sein, im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt, kann auf der Grundlage der unbestrittenen Bescheidfeststellungen die Auffassung der belangten Behörde, die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte ausländerbeschäftigungsrechtlich unzulässige Arbeitstätigkeit rechtfertige die Annahme, ihr weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/1548, und vom 12. Februar 1999, Zl. 97/19/1141).

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, das Arbeitsmarktservice habe sie nicht darüber aufgeklärt, dass sie nicht sämtliche Voraussetzungen für eine unselbständige Beschäftigung in Österreich erfülle, vermag sie eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deswegen nicht aufzuzeigen, weil es ihre Aufgabe gewesen wäre, sich über die einschlägige österreichische Rechtslage zu informieren. Soweit die Beschwerdeführerin weiters erkennbar rügt, die belangte Behörde habe ihr im angefochtenen Bescheid erstmals einen Verstoß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgeworfen, ist ihr zwar einzuräumen, dass die belangte Behörde es unterlassen hat, trotz Änderung des Abweisungsgrundes Parteiengehör einzuräumen, das Beschwerdevorbringen, das nicht dem Neuerungsverbot unterliegt, ist aber nicht geeignet aufzuzeigen, wie die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen rechtfertigen die durch die unrechtmäßige Arbeitstätigkeit der Beschwerdeführerin tangierten Rechtsgüter der öffentlichen Ordnung, insbesondere aber des wirtschaftlichen Wohles des Landes im vorliegenden Fall den Eingriff in die während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet begründeten privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin jedenfalls so lange, als diese ihr rechtswidriges Verhalten aufrecht erhält (vgl. auch hiezu die bereits erwähnten hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 1997 und vom 12. Februar 1999).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997191494.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten