TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/26 VGW-152/089/4757/2019, VGW-152/089/4760/2019

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Veröffentlicht am 26.04.2019
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Entscheidungsdatum

26.04.2019

Index

41/02 Staatsbürgerschaft
20/01 Allgemein bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
40/01 Verwaltungsverfahren
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

StbG 1985 §6 Z1
StbG 1985 §7 Abs1 Z2
StbG 1985 §42
StbG 1985 §44
StbG 1985 §51
ABGB §144 Abs1 Z1
ABGB §144 Abs2 Z1
ABGB §144 Abs3
VwGVG §8 Abs1
B-VG Art 7 Abs1
B-VG Art. 130 Abs1 Z3

Text

                          

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag. Braun über die gemeinsam eingebrachte Säumnisbeschwerde 1) der mj. A. B. C. (geb. 2014) und 2) der mj. D. B. C. (geb. 2014), vertreten durch E. C. (geb. 1984) und F. B. G., (geb. 1982), diese wiederrum vertreten durch RA, betreffend das Verfahren vor der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, Zl. ..., auf Feststellung der österreichischen Staatsbürgerschaft, zu Recht:

I.       Es wird gemäß § 42 Abs. 1 StbG festgestellt, dass 1) die mj. A. B. C. (geb.: 2014) und 2) die mj. D. B. C. (geb.: 2014), die österreichische Staatsbürgerschaft jeweils mit ihrer Geburt am ...2014 gemäß § 7 StbG erworben haben.

II.      Hinsichtlich des Antrages auf bescheidmäßige Absprache über die vorzunehmende Eintragung der Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen im Zentralen Staatsbürgerschaftsregister und des Antrages auf bescheidmäßige Absprache über die vorzunehmende Ausstellung von Staatsbürgerschaftsnachweisen betreffend die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin zu Handen des Beschwerdeführervertreters, wird die Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

III.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.   Verfahrensgang:

1.1.    Die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin stellten am 03.08.2018 vertreten durch Frau E. C. und Frau F. B. G., die Anträge, bescheidmäßig festzustellen, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerinnen sind. Ferner stellten sie die Anträge auf bescheidmäßige Absprache darüber, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin in das Zentrale Staatsbürgerschaftsregister einzutragen und den Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen je ein Staatsbürgerschaftsnachweis auszustellen ist.

1.2.    Mit Schriftsatz vom 02.03.2019 erhoben die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin vertreten durch Frau E. C. und Frau F. B. G. Säumnisbeschwerde.

1.3.    Mit Schreiben vom 29.03.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde unter Anschluss der bezughabenden Akten dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vor.

1.4.    Mit Schreiben vom 23.04.2019 forderte das erkennende Gericht die Beschwerdeführer u.a. auf, Nachweise hinsichtlich des Erwerbs der österreichischen und der britischen Staatsbürgerschaft betreffend Frau E. C. zu erbringen.

1.5.    Mit Schriftsatz vom 26.04.2019 legten die Beschwerdeführer als Nachweis für den geburtsmäßigen Erwerb der österreichischen und britischen Staatsbürgerschaft von Frau E. C. eine Reihe an Unterlagen vor.

2.   Feststellungen

2.1.    Frau E. C. wurde am ...1984 in H. als Kind der österreichischen Staatsbürgerin Mag. I. C. (geboren am ...1949) und des britischen Staatsangehörigen J. C. (geboren am ...1952) geboren. Sie besitzt seit ihrer Geburt am ...1984 sowohl die österreichische als auch die britische Staatbürgerschaft.

2.2.    Frau F. B. G. ist am ...1982 in K. (Mexiko) geboren und besitzt seither die mexikanische Staatsbürgerschaft. Sie ist nicht – und war dies auch nicht am ...2014 - im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft.

2.3.    Am 19.09.2014 haben Frau E. C., geb. 1984, und Frau F. B. G., geb. 1982, in L. geheiratet.

2.4.    Am 16.04.2014 wurden Frau F. B. G. Eizellen entnommen und an diesen eine künstliche Befruchtung mittels anonymer Samenspende (In-vitro-Fertilisation) durchgeführt. Der befruchtete Embryo wurde am 21.05.2014 an Frau F. B. G. transferiert. Daraufhin brachte Frau F. B. G. am ...2014 in M. (L.), die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin zur Welt.

2.5.    In den mexikanischen Geburtsurkunden der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin sind als Mütter der beiden Beschwerdeführerinnen Frau E. C., geb. 1984, und Frau F. B. G., geb. 1982, eingetragen.

2.6.    Die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin stellten mit Schriftsatz vom 03.08.2018 vertreten durch Frau E. C. und Frau F. B. G., die Anträge, bescheidmäßig festzustellen, dass sie österreichische Staatsbürgerinnen sind. Ferner stellten sie die Anträge auf bescheidmäßige Absprache darüber, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin in das Zentrale Staatsbürgerschaftsregister einzutragen sind und der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin je ein Staatsbürgerschaftsnachweis auszustellen ist. Dieser Schriftsatz langte am 13.08.2018 bei der belangten Behörde ein.

2.7.    Die belangte Behörde hat sodann zunächst am 24.08.2018 Ermittlungsschritte durch Vornahme einer schriftlichen Anfrage an die österreichische Botschaft in Mexiko gesetzt. Das diesbezügliche Antwortschreiben langte am 07.01.2019 bei der belangten Behörde ein. Daraufhin erging seitens der belangten Behörde eine neuerliche Anfrage an die österreichische Botschaft in Mexiko, dessen Ergebnisse am 25.01.2019 vorlagen. Sodann hat die Behörde bis 02.03.2019 – ohne Grund - keine Ermittlungsschritte mehr gesetzt und auch keine Entscheidung getroffen.

2.8.    Mit Schriftsatz vom 02.03.2019 erhoben die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin, vertreten durch Frau E. C. und Frau F. B. G., Säumnisbeschwerde.

3.   Beweiswürdigung

3.1.    Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten, Würdigung des Parteienvorbringens sowie der von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Unterlagen.

3.2.    Die Feststellungen betreffend die Geburt und Staatsbürgerschaft von Frau E. C. gründen auf die mit Schriftsatz vom 26.04.2019 vorgelegten Urkunden, insbesondere die österreichische und die britische Geburtsurkunde von Frau E. C., eine Kopie ihres alten britischen Reisepasses sowie eine Kopie eines alten Reisepasses von Herrn J. C.. Ferner gründen die Feststellungen auf den im Verwaltungsakt befindlichen Kopien ihres österreichischen Reisepasses (gültig bis 21.05.2025) und ihres britischen Reisepasses (gültig bis 12.03.2025) sowie auf einer im Verwaltungsakt befindlichen, von der belangten Behörde durchgeführten Abfrage aus dem Zentralen Staatsbürgerschaftsregister vom 27.07.2018.

3.3.    Die Feststellungen betreffend die Geburt und die Staatsbürgerschaft von Frau F. B. G. gründen auf den im Verwaltungsakt befindlichen Auszug aus ihrem mexikanischen Reisepass (gültig bis 19.09.2022).

3.4.    Dass Frau E. C. und Frau F. B. G. am 19.09.2014 in L. geheiratet haben, ergibt sich aus der im Verwaltungsakt befindlichen Heiratsurkunde vom 19.09.2014, der eine beglaubigte Übersetzung samt Apostille angeschlossen ist.

3.5.    Die Feststellungen zur künstlichen Befruchtung und Geburt der beiden Beschwerdeführerinnen gründen auf einer Bestätigung des Dr. N. O., Frauenheilkunde und Geburtshilfe, vom 05.05.2017 über die Durchführung medizinisch unterstützter Fortpflanzung an Frau F. B. G., die durch eine Apostille versehen und der eine beglaubigte Übersetzung angeschlossen ist, weshalb deren Echtheit und Richtigkeit nicht in Zweifel zu ziehen war.

3.6.    Dass in den mexikanischen Geburtsurkunden der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin Frau E. C., geb. 1984, und Frau F. B. G., geb. 1982, als Mütter der beiden Beschwerdeführerinnen eingetragen sind, ergibt sich aus den diesbezüglichen in den Verwaltungsakten befindlichen, mit Apostillen versehenen und beglaubigt übersetzen mexikanischen Geburtsurkunden der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin.

3.7.    Die Feststellungen hinsichtlich des weiteren Verfahrensganges im gegenständlichen Feststellungsverfahren ergeben sich ebenfalls aus dem unbedenklichen Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten. Für das erkennede Gericht war kein Grund ersichtlich, weshalb die belangte Behörde nach dem 25.01.2019 keine weiteren (zügigen) Ermittlungsschritte gesetzt hat.

4.   Rechtliche Beurteilung:

4.1.    Die für die Rechtssache maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl. Nr. 311/1985, idF BGBl. I Nr. 80/2014, lauten auszugsweise wie folgt:

„ABSCHNITT II

ERWERB DER STAATSBÜRGERSCHAFT

§ 6. Die Staatsbürgerschaft wird erworben durch

1.

Abstammung (Legitimation) (§§ 7, 7a und 8); (, Art. I Z 2)

2.

Verleihung (Erstreckung der Verleihung) (§§ 10 bis 24);

3.

(Anm.: aufgehoben durch )

4.

(Anm.: aufgehoben durch )

5.

Anzeige §§ 57, 58c und 59).

Abstammung

§ 7. (1) Kinder erwerben die Staatsbürgerschaft mit dem Zeitpunkt der Geburt, wenn in diesem Zeitpunkt

1.

die Mutter gemäß § 143 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches – ABGB, JGS 946/1811, Staatsbürgerin ist,

2.

der Vater gemäß § 144 Abs. 1 Z 1 ABGB Staatsbürger ist,

3.

der Vater Staatsbürger ist und dieser die Vaterschaft gemäß § 144 Abs. 1 Z 2 ABGB anerkannt hat, oder

4.

der Vater Staatsbürger ist und dessen Vaterschaft gemäß § 144 Abs. 1 Z 3 ABGB gerichtlich festgestellt wurde.

Vaterschaftsanerkenntnisse gemäß Z 3 oder gerichtliche Feststellungen der Vaterschaft gemäß Z 4, die innerhalb von acht Wochen nach Geburt des Kindes vorgenommen wurden, wirken für den Anwendungsbereich der Z 3 und 4 mit dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes.

[...]

(3) Unbeschadet des Abs. 1 erwerben im Ausland geborene Kinder die Staatsbürgerschaft, wenn

1.

im Zeitpunkt der Geburt ein österreichischer Staatsbürger nach dem Recht des Geburtslandes Mutter oder Vater des Kindes ist, und

2.

sie ansonsten staatenlos sein würden.“

4.2.    Die für die Rechtssache maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl. Nr. 311/1985, idF BGBl. I Nr. 61/2018, lauten auszugsweise wie folgt:

„ABSCHNITT IV

BEHÖRDEN UND VERFAHREN

§ 39. (1) Zur Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft ist unbeschadet des § 41 die Landesregierung zuständig.

(2) Örtlich zuständig ist jene Landesregierung, in deren Bereich die Person, auf die sich der Bescheid bezieht, ihren Hauptwohnsitz hat, sonst die Landesregierung, in deren Bereich die Evidenzstelle (§ 49 Abs. 2) liegt. Die Zuständigkeit zur Erstreckung der Verleihung richtet sich nach der Zuständigkeit zur Verleihung der Staatsbürgerschaft.

§ 41. (1) Von Fällen des Abs. 2 abgesehen, ist zur Ausstellung von Bestätigungen in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft und zur Entscheidung über derartige Anträge jene Gemeinde (Gemeindeverband) zuständig, an die (den) sich der Antragsteller im Inland wendet.

(2) (Verfassungsbestimmung) Liegt der Hauptwohnsitz dieser Person nicht im Gebiet der Republik, so ist das österreichische Berufskonsulat, wo jedoch ein solches nicht besteht, die österreichische diplomatische Vertretungsbehörde zuständig, in deren Bereich der Hauptwohnsitz liegt. Die Vertretungsbehörden haben hiebei das AVG, BGBl. Nr. 51/1991, anzuwenden; über die Berufung gegen einen Bescheid, womit der Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung abgewiesen wird, entscheidet die Landesregierung.

(3) Ergibt sich auch aus Abs. 2 erster Satz keine örtliche Zuständigkeit, so ist die Evidenzstelle (§ 49 Abs. 2) zuständig.

(4) Erwirbt ein im Bundesgebiet aufhältiger Fremder die Staatsbürgerschaft anders als durch Abstammung, so hat die Behörde (§ 39) hievon das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, die nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 zuständige Landespolizeidirektion und die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zuständige Aufenthaltsbehörde in Kenntnis zu setzen (§ 30 Abs. 6 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, § 105 Abs. 4 FPG und § 37 Abs. 2 NAG). Die Behörde hat hiebei den Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Geburtsort, Adresse und bisherige Staatsangehörigkeit des Betroffenen anzuführen und das Datum des Erwerbs der Staatsbürgerschaft mitzuteilen.

§ 42. (1) Außer den in den §§ 38 und 58c besonders geregelten Fällen ist ein Feststellungsbescheid in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft zu erlassen, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat. (BGBl. Nr. 202/1985, Art. I Z 22)

(2) Ein Feststellungsbescheid ist weiters zu erlassen, wenn dies der Bundesminister für Inneres beantragt. In diesem Fall hat der Bundesminister für Inneres im Verfahren Parteistellung. (BGBl. Nr. 170/1983, Art. I Z 33)

(3) Ein Feststellungsbescheid kann von Amts wegen erlassen werden, wenn ein öffentliches Interesse an der Feststellung besteht.

§ 43. (1) Außer den in diesem Bundesgesetz besonders geregelten Fällen ist eine Bestätigung in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft auszustellen, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Ausstellung der Bestätigung glaubhaft macht. (BGBl. Nr. 170/1983, Art. I Z 34)

(2) Eine Bestätigung kann von Amts wegen ausgestellt werden, wenn ein öffentliches Interesse daran besteht. (BGBl. Nr. 170/1983, Art. I Z 34)

(3) Eine Bestätigung darf nicht ausgestellt werden, wenn begründete Zweifel daran bestehen, ob sie der Sach- und Rechtslage entspricht. (BGBl. Nr. 170/1983, Art. I Z 34)

§ 44. (1) Bestätigungen, dass eine bestimmte Person die Staatsbürgerschaft besitzt (Staatsbürgerschaftsnachweise), sowie staatsbürgerschaftsrechtliche Bestätigungen sind Auszüge aus dem Zentralen Staatsbürgerschaftsregister – ZSR (§ 56a).

(2) Auf Antrag ist ein Staatsbürgerschaftsnachweis mit bestimmten förmlichen Gestaltungsmerkmalen auszustellen, dessen Erscheinungsbild durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festzulegen ist.

(3) Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten kann ein Staatsbürgerschaftsnachweis auch im Datenfernverkehr aus dem ZSR nach § 56a Abs. 1 unter Verwendung der Funktion Bürgerkarte (§§ 4 ff des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004) beantragt und ausgestellt werden.

(4) Staatsbürgerschaftsnachweise sind mit der Amtssignatur des Betreibers des ZSR zu versehen.

ABSCHNITT V

STAATSBÜRGERSCHAFTSEVIDENZ

§ 49. (1) Die Gemeinden (Gemeindeverbände) haben nach Maßgabe dieses Abschnittes ein ständiges Verzeichnis der Staatsbürger (Staatsbürgerschaftsevidenz) zu führen.

(2) Evidenzstelle ist

[...]

c)

für Personen, die im Ausland geboren sind oder bei denen sich nach lit. a oder b keine Zuständigkeit feststellen läßt:

die Gemeinde Wien

ABSCHNITT V

STAATSBÜRGERSCHAFTSEVIDENZ

§ 50. Die Staatsbürgerschaftsevidenz ist für jede Gemeinde gesondert im Rahmen des ZSR (§ 56a) zu führen.

§ 51. Die Evidenzstelle hat einen Staatsbürger in der Staatsbürgerschaftsevidenz zu verzeichnen und die den Staatsbürgerschaftserwerb begründenden Umstände anzumerken, sobald sie durch eine Mitteilung nach den §§ 53 bis 55 oder auf andere Art davon Kenntnis erhält, auf welche Weise er die Staatsbürgerschaft erworben hat. Die Evidenzstelle hat, soweit dies ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist, von Amts wegen jede Gelegenheit wahrzunehmen, um sich diese Kenntnis zu verschaffen. In die Staatsbürgerschaftsevidenz sind Verstorbene, die dort noch nicht verzeichnet sind, nur dann aufzunehmen, wenn die den Staatsbürgerschaftserwerb begründenden Umstände bekannt sind und keiner weiteren Ermittlungen bedürfen oder ein Feststellungsbescheid nach § 42 erlassen oder eine Bestätigung nach § 43 ausgestellt worden ist. (, Art. I Z 41)

§ 53. Der Evidenzstelle ist nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten in elektronisch weiterverarbeitbarer Form unverzüglich mitzuteilen

1.vom Amt der Landesregierung:

jeder von der Landesregierung in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft erlassene Bescheid;

[...]

ABSCHNITT Va

Zentrales Staatsbürgerschaftsregister (ZSR)

§ 56a. (1) Die Evidenzstellen sind als gemeinsam Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 der Verordnung (EU) Nr. 679/2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, in der geltenden Fassung (DSGVO), ermächtigt, zu Staatsbürgern

1.

Namen;

2.

Geburtsdaten;

3.

Geschlecht;

4.

den Umstand, dass jemand Staatsbürger ist, und weitere Staatsangehörigkeiten;

5.

Datum des Erwerbs und entsprechender Erwerbsgrund;

6.

Datum des Verlusts und entsprechender Verlustgrund;

7.

Todesdaten;

8.

bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPK, §§ 9 ff E-GovG);

9.

akademische Grade und Standesbezeichnungen sowie

10.

sonstige Umstände, die für den Erwerb, Verlust oder die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft erforderlich sind,

gemeinsam in der Art zu verarbeiten, dass jeder Verantwortliche auch auf jene Daten in der Datenverarbeitung Zugriff hat, die dieser von den anderen Verantwortlichen zur Verfügung gestellt wurden (Zentrales Staatsbürgerschaftsregister).

(1a) Die Erfüllung von Auskunfts-, Informations-, Berichtigungs-, Löschungs- und sonstigen Pflichten nach den Bestimmungen der DSGVO obliegt jedem Verantwortlichen nur gegenüber jenen Betroffenen, für die er gemäß § 49 Abs. 2 Evidenzstelle ist. Nimmt ein Betroffener unter Nachweis seiner Identität ein Recht nach der DSGVO gegenüber einem gemäß dem ersten Satz unzuständigen Verantwortlichen in Bezug auf Daten gemäß Abs. 1 wahr, ist er an den zuständigen Verantwortlichen zu verweisen.

(2) Der Bundesminister für Inneres übt die Funktion des Auftragsverarbeiters gemäß Art. 4 Z 8 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 DSGVO aus. Er ist in dieser Funktion verpflichtet, die Datenschutzpflichten gemäß Art. 28 Abs. 3 lit. a bis h DSGVO wahrzunehmen. Zudem ist er berechtigt, weitere Auftragsverarbeiter in Anspruch zu nehmen. Staatsbürgerschaftsbehörden haben dem Bundesminister für Inneres für die Zwecke des ZSR ihre Staatsbürgerschaftsdaten zu übermitteln.

§ 56b. (1) Die Evidenzstellen sind berechtigt, die im ZSR verarbeiteten Daten zu verwenden und Auskünfte daraus zu erteilen. Zur Vollziehung der ihnen nach diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben sind die österreichischen Berufskonsulate und österreichischen diplomatischen Vertretungsbehörden berechtigt, die im ZSR verarbeiteten Daten zu ermitteln und für diese Zwecke weiterzuverarbeiten.

(2) Der Bundesminister für Inneres hat die ihm überlassenen Staatsbürgerschaftsdaten weiter zu verarbeiten und deren Auswählbarkeit aus der gesamten Menge der gespeicherten Daten nach Namen der Eingetragenen oder nach dem Namen in Kombination mit einem weiteren Datum nach § 56a Abs. 1 vorzusehen.

(3) Für Zwecke der ordnungsgemäßen Führung der Daten kann die Auswählbarkeit auch nach anderen Kriterien vorgenommen werden. Für Zwecke der Sicherheitspolizei und Strafrechtspflege oder, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist, kann die Auswählbarkeit aus der gesamten Menge aller im ZSR verarbeiteten Daten auch nach anderen als in Abs. 2 genannten Kriterien vorgesehen werden (Verknüpfungsanfrage).

(4) Staatsbürgerschaftsdaten, die im ZSR verarbeitet werden, sind 120 Jahre nach dem eingetragenen Sterbedatum des Betroffenen zu löschen. Danach sind sie dem Österreichischen Staatsarchiv zu übermitteln.

(5) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt vorzusehen, dass die Echtheit der aus dem ZSR ausgestellten Urkunden mit Hilfe eines Codes überprüft werden kann.

(6) Daten zur und die Änderung der Staatsangehörigkeit im ZSR werden automatisch dem Zentralen Personenstandsregister (§ 44 PStG 2013) zur Verfügung gestellt und aktualisiert.

(7) Anstelle einer Mitteilung gemäß § 53 Z 1 kann das Amt der Landesregierung anlässlich des Erwerbs, des Verlusts, des Verzichts oder der Feststellung, der Beibehaltung und Entziehung der Staatsbürgerschaft für die zuständige Evidenzstelle die Daten gemäß § 56a Abs. 1 in das ZSR eintragen.

(8) Protokolldaten über tatsächlich durchgeführte Verarbeitungsvorgänge, wie insbesondere Änderungen, Abfragen und Übermittlungen, sind drei Jahre lang aufzubewahren.

§ 56c. (1) Die Staatsbürgerschaftsdaten gemäß § 56a Abs. 1 stehen, soweit dies zur Besorgung einer gesetzlich übertragenen Aufgabe erforderlich ist, jeder Behörde im Wege des Datenfernverkehrs zur Verfügung, wenn sie die betroffene Person nach dem Namen und allenfalls einem weiteren Merkmal bestimmen kann. Sofern in einem Verfahren zur Staatsbürgerschaft maßgeblich, sind die Daten im ZSR zu prüfen. Der Bundesminister für Inneres hat der Bundesanstalt Statistik Österreich unter Verwendung des verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichens „Amtliche Statistik“ (bPK-AS) Daten gemäß § 56a Abs. 1 für die Erstellung der Statistik ohne Namen der Betroffenen zur Verfügung zu stellen.

(2) Treten bei einer Abfrage Zweifel an der Richtigkeit der im ZSR verarbeiteten Daten auf, ist jeder gemäß Abs. 1 Abfrageberechtigte verpflichtet, die Evidenzstelle unverzüglich im Wege des ZSR darüber in Kenntnis zu setzen.

(3) Für Abfragen aus dem ZSR ist seitens des Abfragenden sicherzustellen, dass

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

in seinem Bereich ausdrücklich festgelegt wird, wer unter welchen Voraussetzungen eine Abfrage durchführen darf,

2.

abfrageberechtigte Mitarbeiter über ihre nach Datenschutzvorschriften bestehenden Pflichten belehrt werden,

3.

entsprechende Regelungen über die Abfrageberechtigungen und den Schutz vor Einsicht und Verwendung der Staatsbürgerschaftsdaten durch Unbefugte getroffen werden,

4.

durch technische oder programmgesteuerte Vorkehrungen Maßnahmen gegen unbefugte Abfragen ergriffen werden,

5.

Aufzeichnungen geführt werden, damit tatsächlich durchgeführte Verwendungsvorgänge im Hinblick auf ihre Zulässigkeit im notwendigen Ausmaß nachvollzogen werden können,

6.

Maßnahmen zum Schutz vor unberechtigtem Zutritt zu Räumlichkeiten, von denen aus Abfragen durchgeführt werden können, ergriffen werden und

7.

eine Dokumentation über die nach Z 1 bis 6 getroffenen Maßnahmen geführt wird.“

4.3.    Die für die Rechtssache maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie, idF , lauten auszugsweise wie folgt:

b) Abstammung von der Mutter

§ 143. Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat.

c) Abstammung vom Vater

§ 144. (1) Vater des Kindes ist der Mann,

1.

der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder

2.

der die Vaterschaft anerkannt hat oder

3.

dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.

(2) Würden nach Abs. 1 Z 1 mehrere Männer als Vater in Betracht kommen, so ist derjenige von ihnen Vater, der mit der Mutter zuletzt die Ehe geschlossen hat.“

4.4.    Zur Zuständigkeit des erkennenden Gerichtes infolge Säumnis der belangten Behörde.

4.4.1.  Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, langte der gegenständliche Feststellungsantrag am 13.08.2018 bei der belangten Behörde ein. Damit hat die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde mit 13.08.2018 zu laufen begonnen. Die Frist endet mit Ablauf jenes Tages des sechsten darauf folgenden Monats, der nach seiner Zahl dem Tag des Einlangens entspricht. Gegenständlich endetet die Entscheidungsfrist sohin am 13.02.2019. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde am 02.03.2019 war die sechsmonatige Entscheidungsfrist abgelaufen, die belangte Behörde war somit säumig.

4.4.2.  Weitere Voraussetzung für die Erhebung einer Säumnisbeschwerde ist, dass die Verzögerung auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Die Verzögerung der Entscheidung ist dann ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, wenn diese Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde (VwGH 28.01.1992, 91/04/0125 u.a.). Ein „Verschulden“ der Partei ist dann anzunehmen, wenn die Gründe für die Verzögerung in ihrer Person liegen (VwGH, 18.11.2003, 2003/05/0115). Ihr Verhalten muss für die Verzögerung kausal und zusätzlich schuldhaft sein (VwGH 12.04.2005, 2005/01/0003). Ein überwiegendes Verschulden der Behörde liegt bspw. dann vor, wenn diese die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (VwGH 26.01.2012, 2008/07/0036).

Wie bereits ausgeführt, langte der gegenständliche Feststellungsantrag am 13.08.2018 bei der belangten Behörde ein. Die belangte Behörde hat sodann zunächst am 24.08.2018 Ermittlungsschritte durch Vornahme einer schriftlichen Anfrage an die österreichische Botschaft in Mexiko gesetzt. Das diesbezügliche Antwortschreiben langte am 07.01.2019 bei der belangten Behörde ein. Daraufhin erging seitens der belangten Behörde eine neuerliche Anfrage an die österreichische Botschaft in Mexiko, deren Ergebnisse am 25.01.2019 vorlagen. Sodann hat die Behörde jedoch bis 03.03.2019, sohin über ein Monat lang, keine Ermittlungsschritte mehr gesetzt, obwohl dem kein unüberwindliches oder durch die Beschwerdeführer verursachtes Hindernis entgegenstand. Da kein sachlicher Grund für diese Verzögerung vorliegt und die Behörde über einen Zeitraum von über einem Monat keine Ermittlungsschritte gesetzt oder eine Entscheidung getroffen hat, ist die Verzögerung aus Sicht des erkennenden Gerichtes auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Säumnisbeschwerde sind sohin erfüllt.

4.4.3.  Geht – infolge einer zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde nach Vorlage derselben oder Ablauf der Nachfrist des § 16 Abs. 1 VwGVG – die Zuständigkeit, über die betriebene Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht über, hat es allein in der Verwaltungssache zu entscheiden (VwGH 27.5.2015, Ra 2015/19/0075).

Nachdem die Säumnisbeschwerde zulässig und begründet ist, ist mit Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien am 02.04.2019 die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache auf das erkennende Gericht übergegangen.

4.5.    Zur Feststellung des Erwerbes der österreichischen Staatsbürgerschaft kraft Abstammung durch die Beschwerdeführerinnen:

4.5.1. Zunächst ist die Frage zu klären, nach welchem Recht (mexikanisches oder österreichisches) die Frage der Abstammung der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin zu beurteilen ist.

Aus Sicht des erkennenden Gerichtes bringt der Gesetzgeber mit der Verweisung in § 7 StbG auf das ABGB zum Ausdruck, dass für die Beurteilung der Abstammung als Voraussetzung für die Staatsbürgerschaft die Bestimmungen des IPRG außer Betracht zu bleiben haben und die Elterneigenschaft ausschließlich nach den Bestimmungen des ABGB zu beurteilen und sohin österreichisches Recht anzuwenden ist. Der Staatsbürgerschaftserwerb wird schließlich nach materiellem österreichischem Recht begründet (vgl. Kommentar Ecker/Kind/Kvasina/Peyrl, § 7 Rz 9).

4.5.2. Ferner ist die Frage zu klären, welche Rechtslage für die Beurteilung der Staatsbürgerschaft kraft Abstammung nach § 7 StbG heranzuziehen ist (Rechtslage zum Zeitpunkt der Geburt oder zum Entscheidungszeitpunkt).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist die Frage, ob der Antragsteller die österreichische Staatsbürgerschaft mit Geburt durch Abstammung erlangt hat, nach den staatsbürgerrechtlichen Vorschriften zu beurteilen, die zum betreffenden Zeitpunkt in Geltung standen (VwGH 19.09.2012, 2009/01/0003; VwGH 18.06.2014, 2013/01/0151). Im gegenständlichen Fall ist sohin die Rechtslage zum Zeitpunkt der Geburt der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin am ...2014 anzuwenden.

4.5.3.  Gemäß § 7 StbG idF BGBl. I Nr. 80/2014 erwirbt ein Kind mit seiner Geburt die österreichische Staatsbürgerschaft kraft Abstammung, wenn u.a. zum Zeitpunkt der Geburt, die Mutter gemäß § 143 ABGB oder der Vater gemäß § 144 Abs. 1 Z 1 ABGB österreichische/r Staatsbürger/in ist.

Für die Frage, ob ein Kind kraft Abstammung im Zeitpunkt der Geburt die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hat, ist somit zunächst zu klären, wer Mutter bzw. Vater des Kindes iSd §§ 143 und 144 ABGB ist.

Gemäß § 143 ABGB idF BGBl. I Nr. 83/2014 ist jene Frau als Mutter zu qualifizieren, die das Kind geboren hat. Nach § 144 Abs. 1 Z 1 ABGB idF BGBl. I Nr. 83/2014 ist jener Mann Vater des Kindes, der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist.

4.5.3.1. Zur Beurteilung der Elterneigenschaft von Frau F. B. G.:

Frau F. B. G. ist sowohl genetisch als auch rechtlich Mutter, weil sie das Kind im Wege einer In-Vitro-Fertilisation durch Befruchtung der eigenen Eizelle durch eine anonyme Samenspende selbst geboren hat. Sie ist daher als Mutter iSd § 143 ABGB idF BGBl. I Nr. 83/2014 zu qualifizieren.

Wie den getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist Frau F. B. G. - und war dies auch zum Zeitpunkt der Geburt der beiden Beschwerdeführerinnen - mexikanische Staatbürgerin, die österreichische Staatsbürgerschaft hatte bzw. hat sie nicht inne. Aus diesem Grund können die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin die österreichische Staatbürgerschaft nicht kraft Abstammung im Zeitpunkt der Geburt von Frau F. B. G. als Mutter ableiten.

4.5.3.2.    Zur Beurteilung der Elterneigenschaft von Frau E. C.:

Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Frage der Abstammung iSd § 7 StbG nicht die genetische, sondern die rechtliche Elternschaft ausschlaggebend (VfGH 11.10.2012, B99/12 ua; VfSlg 19596/2011). Mutter im rechtlichen Sinne ist jene Frau, die das Kind geboren hat (§ 143 ABGB).

Frau E. C. ist nicht die genetische Mutter der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin, weil keine ihrer Eizellen befruchtet wurde. Nach der Bestimmung des § 143 ABGB idF ist Frau E. C. darüber hinaus auch nicht die rechtliche Mutter der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin, weil sie diese nicht selbst geboren hat.

§ 144 Abs. 1 Z. 1 ABGB idF BGBl. I Nr. 83/2014 normierte, dass als Vater eines Kindes u.a. jener Mann zu qualifizieren ist, der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist. § 144 ABGB idF BGBl. I Nr. 83/2014 war im Zeitpunkt der Geburt der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin (2014) sohin nur auf Männer anwendbar. Würde man diese Bestimmung auf den gegenständlichen Sachverhalt anwenden, führe dies zu dem Ergebnis, dass Frau E. C. - trotz des Umstandes, dass sie zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin verheiratet war - aufgrund ihres (weiblichen) Geschlechtes und dem Umstand, dass sie die beiden Beschwerdeführerinnen nicht selbst geboren hat, nicht als Elternteil der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin anzusehen wäre. Dies würde aus Sicht des erkennenden Gerichtes zu einer unsachlichen Schlechterstellung gleichgeschlechtlicher Ehepartner führen.

Das erkennende Gericht vertritt die Ansicht, dass im gegenständlichen Fall die wortgetreue Anwendung des § 144 Abs. 1 Z 1 ABGB idF BGBl. I Nr. 83/2014 gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistet Recht auf „Gleichheit vor dem Gesetz“ sowie gegen das Diskriminierungsverbot verstößt, dies aus folgenden Überlegungen:

Artikel 7 Abs. 1 B-VG sieht vor, dass alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind und Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses ausgeschlossen sind. In Artikel 7 Abs. 2 B-VG bekennen sich Bund, Länder und Gemeinden zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau.

Der Gleichheitssatz verbietet es somit, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Die rechtliche Unterscheidung muss also in sachlichen Unterschieden eine ausreichende Stütze finden.

Bei einer wortgetreuen Anwendung des § 144 Abs. 1 Z 1 ABGB idF BGBl. I Nr. 83/2014 kommt man im gegenständlichen Fall zu einer unsachlichen Schlechterstellung von Kindern mit gleichgeschlechtlichen Eltern:

Während Kinder von Ehepaaren unterschiedlichen Geschlechtes ihre Abstammung nämlich von beiden Elternteilen ableiten können (Mutter und Vater iSd §§ 143 und 144 ABGB), würden Kinder gleichgeschlechtlicher Ehepaare ihre Abstammung nur von der Mutter, u

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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