TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/4 L511 2005621-1

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Veröffentlicht am 04.03.2019
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Entscheidungsdatum

04.03.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z4
GSVG §4 Abs1 Z6

Spruch

L511 2005621-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch RA Mag. SCHMIED, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Oberösterreich, vom 02.07.2013, Zahl: XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 iVm § 4 Abs. 1 Z 6 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG) abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1. Verfahren vor der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft [SVA]

1.1. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 02.07.2013, Zahl:

XXXX, zugestellt am 08.07.2013, stellte die SVA fest, dass der Beschwerdeführer gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 iVm § 4 Abs. 1 Z 6 sowie § 6 Abs. 4 Z 1 und § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG aufgrund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit jedenfalls im Zeitraum von 01.01.2010 bis 31.12.2011 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG unterlegen sei.

Begründend führt die SVA aus, aus den im Zuge des Datenaustausches gemäß § 229a GSVG der SVA übermitteltem Einkommenssteuerbescheiden des Beschwerdeführers ergäben sich für das Jahr 2010 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 15.000,00, für das Jahr 2011 EUR 9.000,00. Der Beschwerdeführer sei für die Firma XXXX im Vertrieb bzw. für die Vermarktung von Gesundheitsprodukten selbständig tätig gewesen. Die Finanzbehörden haben in den beiden Jahren betrieblichen Einkünfte rechtskräftig festgestellt, woran der Sozialversicherungsträger gebunden sei. Da für diese Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch keine andere Pflichtversicherung vorliege, lägen zusammenfassend alle Tatbestandsmerkmale für die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vor.

1.2. Mit Schriftsatz vom 06.08.2013 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde [Bsw] gegen den Bescheid der SVA.

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei nicht über den gesamten Zeitraum selbständig tätig gewesen und habe darüber hinaus die Versicherungsgrenzen auch nicht überschritten.

2. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung dieses oben bezeichneten zum 31.12.2013 beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz anhängig gewesenen Verfahrens gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht [BVwG] über (Ordnungszahl des Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1).

2.1. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 13.02.2019 die Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 vor.

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Am 14.02.2012 wurde der SVA im Wege des Datenaustauschs gemäß § 229a GSVG der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 2010 auf elektronischem Weg übermittelt, wonach der Beschwerdeführer im Jahr 2010 Einkünfte aus Gewerbebetrieb idHv EUR 15.000,00 vorlagen. Am 12.03.2013 langte der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 2011 bei der SVA ein, wonach der Beschwerdeführer im Jahr 2011 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit idHv EUR 5.682,21 und Einkünfte aus Gewerbebetrieb idHv EUR 9.000 vorlagen (OZ 4).

1.2. Der Beschwerdeführer war für die XXXX [E] im Bereich Vertrieb und Vermarktung von Gesundheitsprodukten selbständig tätig (Erklärung vom 03.04.2013 an das BG Schärding, Bsw). Zu dieser Tätigkeit gab der Beschwerdeführer an, dass der Neuaufbau von Strukturen anfangs sehr kosten- und reiseintensiv gewesen sei und er mit seiner Tätigkeit max. EUR 600,00 Provision pro Monat erhalten habe. Die Einkünfte hätten zwischen EUR 280,00 und EUR 150,00 pro Monat betragen. Die Unterlagen dazu seien bei einem Hochwasser im Juni 2012 verloren gegangen (Schreiben vom 05.04.2013, Erklärung vom 03.04.2013).

1.3. Eine aufrechte Gewerbeberechtigung lag in den verfahrensgegenständlichen Jahren 2010 und 2011 nicht vor.

1.4. Die Versicherungsgrenze betrug im Jahr 2010 gemäß § 25 Abs. 4 Z2a GSVG EUR 6.453,36, im Jahr 2011 auf Grund der zusätzlichen unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 25 Abs. 4 Z2b GSVG idF BGBl. II Nr. 403/2010 EUR 4.488,24.

1.5. Für die Jahre 2010 und 2011 lagen weder eine Versicherungserklärung, noch eine Anzeige der Überschreitung der Versicherungsgrenze durch den Beschwerdeführer vor. Eine Pflichtversicherung nach einem anderen Bundesgesetz ist für diese Tätigkeit beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger nicht erfasst.

1.6. Bereits am 06.07.2011 wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers das Schuldenregulierungsverfahren, XXXX, eröffnet und mit 28.10.2011 auf Grund des rechtskräftigen Zahlungsplanes wieder aufgehoben. Die Quote des Zahlungsplanes betrug 0,88 %.

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Der gesamte entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt (OZ 1) und ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig. Bestritten wird gegenständlich ausschließlich die sich aus dem Sachverhalt ergebende Rechtsfrage der Sozialversicherungspflicht für die Jahre 2010 und 2011 (siehe dazu unter Rechtliche Beurteilung), sowie die Zulässigkeit der Feststellung der Zahlungspverpflichtung über der Quote aus dem Suchuldenreglulierungsverfahren (hg. GZ 2005621-2).

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1. Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).

3.2. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.3. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war, da der zu Grunde liegende Sachverhalt im Verwaltungsverfahren unstrittig blieb und weder ergänzungsbedürftig war, noch in entscheidenden Punkten als nicht richtig erschien.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 194 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz [GSVG] und § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG].

4.1.2. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SVA im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.3. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2. Abweisung der Beschwerde

4.2.1. Verfahrensgegenständlich ist strittig, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers, der Aufbau von Vertriebsstrukturen für die E, als Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z4 GSVG anzusehen ist.

Die Kriterien für die Anwendung des § 2 Abs. 1 Z4 GSVG werden damit umschrieben, dass es sich (1) um selbständig erwerbstätige Personen handelt, die (2) auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit (3) bestimmte Arten von Einkünften im Sinn des EStG 1988 (über der maßgeblichen Versicherungsgrenze) beziehen, ohne dass auf Grund der jeweiligen Tätigkeit bereits eine Pflichtversicherung besteht (vgl. VwGH 12.09.2018, Ra2015/08/0032 uHa 11.09.2008, 2006/08/0243).

4.2.2. Die Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richtet sich grundsätzlich nach der Einkommensteuerpflicht. Bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem (die Versicherungsgrenzen übersteigende) Einkünfte der im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, besteht nach dieser Bestimmung Versicherungspflicht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum (weiter) ausgeübt wurde (und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits die Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist). Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, ist im Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nach dem GSVG nicht (mehr) zu prüfen (VwGH 17.12.2015, 2013/08/0165 mwN).

4.2.3. Verfahrensgegenständlich ging die zuständige Abgabenbehörde in beiden Jahren von Einkünften aus Gewerbebetrieb über der jeweiligen Versicherungsgrenze aus. Dass die Betriebstätigkeit bereits eingestellt gewesen wäre wurde im Verfahren weder vorgebracht, noch ergeben sich Hinweise darauf aus dem vorliegenden Verwaltungsakt. Soweit der Beschwerdeführer einwendet, dass er viel weniger Einkünfte gehabt hätte, so ist er darauf zu verweisen, dass die SVA an die Feststellungen der Abgabenbehörden gebunden ist (VwGH 22.07.2014, 2012/08/0243 mwN).

4.2.4. Die SVA hat somit zurecht die Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG festgestellt, weshalb die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen ist.

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Die gegenständliche Beurteilung erfolgte im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG. Zur Bindung an die durch die Abgabenbehörden festgestellte Einkunftsart für viele VwGH 17.12.2015, 2013/08/0165 und VwGH 22.07.2014, 2012/08/0243 jeweils mwN.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Einkommenssteuerbescheid, Gewerbebetrieb, Pflichtversicherung,
Versicherungsgrenze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2005621.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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