TE Vwgh Beschluss 2019/3/22 Ra 2018/04/0176

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Veröffentlicht am 22.03.2019
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

ABGB §863
ABGB §914
ABGB §915
BVergG 2006 §101 Abs4
BVergG 2006 §108 Abs2
BVergG 2006 §129 Abs1 Z7
BVergG 2006 §19
BVergG 2006 §2 Z10
BVergG 2006 §2 Z3
BVergG 2006 §78
BVergG 2006 §79

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der Stadt Wien - Wiener Wohnen, vertreten durch die SHMP Schwartz Huber-Medek Pallitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 8. August 2018, Zl. VGW-123/087/7560/2018-15, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: M GmbH in W, vertreten durch die Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in 8200 Gleisdorf, Ludersdorf 201), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Die Revisionswerberin führte als Auftraggeberin ein offenes Verfahren zur Vergabe eines Rahmenvertrages für Tischlerarbeiten (bestehend aus 24 Losen) als Bauauftrag im Oberschwellenbereich durch. Nach der - bestandfesten - Ausschreibung kam ein Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren zur Anwendung, wobei die Bieter Aufschläge bzw. Nachlässe zu den von der Auftraggeberin vorgegebenen Bezugspreisen auf die einzelnen Obergruppen und (zusätzlich) einen Gesamtaufschlag bzw. Gesamtnachlass anbieten konnten und abschließend der Gesamtpreis anzugeben war.

2 In Punkt. 2.5 der - einen Bestandteil der Ausschreibung bildenden - "Allgemeinen Angebotsbestimmungen der Stadt Wien für Leistungen" (WD 307) war Folgendes vorgesehen:

"Aufschläge oder Nachlässe sind zahlenmäßig im Leistungsverzeichnis nur an den vorgesehenen Stellen einzusetzen und bei der Berechnung des zivilrechtlichen Gesamtpreises (Angebotspreises) zu berücksichtigen. Enthält das Angebot Aufschläge oder Nachlässe auf mehreren Ebenen, wird der Gesamtpreis dadurch ermittelt, dass die Aufschläge und Nachlässe multiplikativ - von der niedrigsten Ebene beginnend - eingerechnet werden. Bei Rechenfehlern gilt der als Prozentsatz angegebene Wert."

3 Die Mitbeteiligte legte für die Lose 11 bis 22 jeweils ein Angebot.

4 Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 teilte die Auftraggeberin der Mitbeteiligten mit, dass ihr Angebot gemäß § 129 Abs. 1 Z 3 BVergG 2006 auszuscheiden sei, weil es eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweise. Der zusätzlich gewährte Nachlass auf die LV-Summe (beispielhaft für das Los 17 in der Höhe von 26,19 % für den Lohn bzw. von 20,7 % für Sonstiges) sei - so die Auftraggeberin - anders als die Nachlässe auf die jeweiligen Obergruppen in der Detailkalkulation nicht berücksichtigt worden. Er sei aber nach den maßgeblichen Ausschreibungsbestimmungen multiplikativ einzusetzen, was eine Unterdeckung des Angebotes zur Folge habe.

5 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 8. August 2018 erklärte das Verwaltungsgericht Wien diese Ausscheidensentscheidung über Antrag der Mitbeteiligten für nichtig. Die Auftraggeberin wurde zum Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von EUR 6.242,- verpflichtet. Die ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.

6 Nach Darstellung des Vorbringens der Verfahrensparteien stellte das Verwaltungsgericht fest, die Mitbeteiligte habe auf Seite 19 oben (Seitenangaben beziehen sich durchgehend auf das sowohl vom Verwaltungsgericht als auch von den Verfahrensparteien als beispielhaft herangezogene Kurzleistungsverzeichnis für das Los 17 - wobei die Konstellation bei allen Losen die gleiche war) nicht wie vorgesehen die Summe ihrer Teilpreise inklusive der vorangegangenen Nachlässe auf die Obergruppen, sondern den von der Auftraggeberin vorgegebenen Bezugspreis eingetragen. Anschließend habe die Mitbeteiligte als Nachlass den Mischprozentsatz der auf die Obergruppen gewährten Nachlässe eingetragen. Als Summe sei sodann der auch abschließend auf Seite 20 als Gesamtpreis angegebene Wert eingetragen worden. Die Auftraggeberin habe die von der Mitbeteiligten händisch vermerkten Werte (eine elektronische Angebotslegung sei nicht verpflichtend gewesen) in ein Computerprogramm eingegeben, der Mischprozentsatz sei als zusätzlicher Nachlass gewertet worden und es sei (durch das Computerprogramm) zu einer automatischen Preiskorrektur gekommen, die ursächlich für die Unterdeckung gewesen sei.

7 In seinen rechtlichen Erwägungen ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Mitbeteiligte auf der (für die vorliegende Frage maßgeblichen) Seite 19 einen Rechengang dargestellt habe, der an dieser Stelle nicht darzustellen gewesen wäre. Die Mitbeteiligte hätte an dieser Stelle nicht die bereits gewährten Nachlässe durch Angabe eines Mischprozentsatzes neuerlich darstellen, sondern allenfalls zusätzlich gewährte Nachlässe anführen sollen.

8 Die Anwendung des von der Auftraggeberin für das Ausscheiden herangezogenen Punktes 2.5 der WD 307 (somit das multiplikative Einrechnen von auf mehreren Ebenen gewährten Nachlässen) setze voraus, dass die Gewährung eines Nachlasses auf mehreren Ebenen objektiv erkennbar gewollt gewesen sei. Gehe aus dem objektiven Erklärungswert des Angebotes unzweifelhaft hervor, dass es sich bei den Angaben für einen zusätzlichen Nachlass um ein offenkundiges Versehen handle, das der Auftraggeberin auffallen musste, sei Punkt 2.5 der WD 307 nicht anwendbar. Die genannte Bestimmung könne auch nicht für eine Berichtigung herangezogen werden, wenn kein Rechenfehler vorliege.

9 Angesichts des festgestellten Sachverhaltes sei - so das Verwaltungsgericht weiter - ersichtlich und auch für die Auftraggeberin erkennbar, dass die Mitbeteiligte davon ausgegangen sei, auf Seite 19 den gewährten Mischprozentsatz darstellen zu müssen. Bei der Auslegung von Willenserklärungen sei nicht nur auf den Wortsinn, sondern auch auf die Absicht des Erklärenden abzustellen. Dass die Mitbeteiligte keinen zusätzlichen (Gesamt)Nachlass gewähren wollte, gehe aus dem objektiven Erklärungswert des Angebotes hervor und habe auch der Auftraggeberin auffallen müssen. Dies zeige sich auch aus den auf Seite 20 vorgenommenen, die gleichen Werte wie auf Seite 19 enthaltenden Berechnungen sowie aus den beigebrachten Unterlagen (wie dem K7 Blatt und dem Teilangebots-Schlussblatt) und werde durch das Aufklärungsschreiben der Mitbeteiligten vom 25. Mai 2018 bestätigt. Der objektive Erklärungswert des Angebotes sei somit eindeutig und der Inhalt des Angebotes keiner Berichtigung durch Anwendung des Punktes 2.5 der WD 307 zugänglich.

10 Da die Mitbeteiligte keine Rechenoperation mit dem Ergebnis der Unrichtigkeit der von ihr eingesetzten Zahlen vorgenommen, sondern lediglich einen rechnerisch korrekten Vorgang an einer falschen Stelle des Leistungsverzeichnisses dargestellt habe, liege kein Rechenfehler vor.

11 Der Gesamtpreis wäre somit nicht auf Grund des Punktes 2.5 der WD 307 zu korrigieren und das Angebot der Mitbeteiligten nicht wegen einer unplausiblen Preiszusammensetzung auszuscheiden gewesen. Eine materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Mitbeteiligten gegenüber den Mitbewerbern sei ausgeschlossen, weil der tatsächlich angebotene Preis aus dem Angebot unzweifelhaft hervorgehe und dieser um mehr als 20 % höher sei als der von Auftraggeberin auf Grund der vorgenommenen Korrektur angenommene Preis.

12 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Auftraggeberin.

13 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 5. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit allgemein vor, eine Interpretation eines Angebotes im offenen Verfahren widerspreche den vergaberechtlichen Grundsätzen sowie dem Verhandlungsverbot und es komme dadurch zu einer nachträglichen Änderung der Ausschreibungsbedingungen. Folge man der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes, wären die Ausschreibungsvorgaben unerheblich.

17 Mit seiner Auffassung, es sei auf die Absicht des Erklärenden abzustellen, sei das Verwaltungsgericht von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Maßgeblichkeit des objektiven Erklärungswertes abgewichen. Bei der Auslegung eines Angebotes komme es immer nur auf die Auslegung der Ausschreibungsbestimmungen an, auf deren Grundlage das Angebot zu legen sei. Die von der Mitbeteiligten vorgenommene Auslegung der Ausschreibung widerspreche deren objektiven Wortlaut. Es stelle sich somit die Frage, ob ein Angebot entgegen dem objektiven Wortsinn der Ausschreibungsunterlagen "interpretiert" werden dürfe.

18 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes liege ein Rechenfehler vor. Zum einen sei mit den Angaben auf Seite 19 gerade kein rechnerisch richtiger Vorgang dargestellt worden. Zum anderen handle es sich um eine mit einem evidenten

Erklärungsirrtum behaftete Willenserklärung des Bieters und somit (so die Revision unter Bezugnahme auf VwGH 27.6.2007, 2005/04/0111) um einen Rechenfehler.

19 Schließlich bestehe entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtes die Möglichkeit der materiellen Verbesserung der Wettbewerbsstellung gegenüber den Mitbewerbern, weil die Mitbeteiligte auf Grund der Angebotsöffnung ihre Wettbewerbsposition im Verfahren gekannt habe. Nachträgliche Erläuterungen der Mitbeteiligten hinsichtlich des objektiven Erklärungswertes ihres Angebotes seien daher unbeachtlich.

20 6.1. Die Auftraggeberin stützte die gegenständliche Ausscheidensentscheidung darauf, dass auf Grund des Punktes 2.5 der WD 307 der Angebotspreis der Mitbeteiligten nach unten zu korrigieren war, was eine nicht plausible Zusammensetzung des Preises und damit die Verwirklichung eines Ausscheidenstatbestandes zur Folge hatte. Demgegenüber ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass das Angebot keinen Gesamtnachlass und somit keine Nachlässe auf mehreren Ebenen (die multiplikativ einzurechnen gewesen wären) enthielt und auch kein Rechenfehler vorlag, weshalb Punkt. 2.5 der WD 307 nicht zur Anwendung komme und der Angebotspreis der Mitbeteiligten nicht nach unten zu korrigieren gewesen wäre.

21 6.2. Soweit in der Revision zunächst allgemein vorgebracht wird, eine Interpretation eines Angebotes im offenen Verfahren widerspreche den vergaberechtlichen Grundsätzen sowie dem Verhandlungsverbot, ist dem entgegenzuhalten, dass Angebote (auch in offenen Verfahren) auslegungsbedürftig sein können und in der Klärung des Inhaltes eines Angebotes für sich genommen noch kein Verstoß gegen die genannten Vorgaben zu sehen ist. Auch führt dies nicht zu einer nachträglichen Änderung bzw. Unerheblichkeit der Ausschreibungsbestimmungen. Zu prüfen ist allerdings, ob bei der Auslegung des Angebotes die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze beachtet worden sind.

22 6.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmungen kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen (vgl. zu allem VwGH 1.10.2018, Ra 2018/04/0137; 1.2.2017, Ro 2016/04/0054 bis 0055; jeweils mwN). Dass der objektive Erklärungswert maßgeblich ist, gilt auch für die Auslegung der Willenserklärung eines Bieters (vgl. VwGH 25.1.2011, 2006/04/0200; 16.2.2005, 2004/04/0030).

23 Die Annahme, ein Bieter wolle ein den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot legen, ist nur dann gerechtfertigt, wenn er dies - klar - zum Ausdruck bringt. Dabei kommt es auf den objektiven Erklärungswert und nicht darauf an, wie der Bieter sein Angebot verstanden wissen will (vgl. VwGH 27.10.2014, 2012/04/0066).

24 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen bzw. von Angebotsunterlagen wiederholt festgehalten, dass eine diesbezüglich in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung nicht revisibel ist (vgl. VwGH 18.12.2018, Ra 2018/04/0106, mwN). Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. wiederum VwGH Ra 2018/04/0137, mwN).

25 6.4. Dass das Verwaltungsgericht die Auslegung des Angebotes dahingehend, die Mitbeteiligte habe nicht - zusätzlich zu den Nachlässen auf die einzelnen Obergruppen - auch noch einen Gesamtnachlass angeboten, in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte bzw. der vom Verwaltungsgericht solcherart angenommene Inhalt des Angebotes der Mitbeteiligten in dessen objektiven Erklärungswert keine Deckung finden würde, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

26 Das Verwaltungsgericht konnte für seine Auffassung (der zufolge kein zusätzlicher Gesamtnachlass angeboten worden sei) heranziehen, dass auf den Seiten 18 (dort aufgeschlüsselt nach den einzelnen Obergruppen), 19 und 20 als Ausgangswerte jeweils die von der Auftraggeberin vorgegebenen Bezugspreise und als (End)Summe jeweils die aus den Nachlässen auf die einzelnen Obergruppen resultierenden Gesamtpreise (in durchgehend gleicher Höhe) angeführt waren. Die gegenteilige Annahme - der zufolge in den Angaben auf Seite 19 ein zusätzlicher Gesamtnachlass zu erblicken sei - wäre daher weder mit den angeführten Ausgangswerten noch mit dem angegebenen Gesamtpreis in Einklang zu bringen. Dass das Verwaltungsgericht für die Auslegung der hier maßgeblichen Passage auf Seite 19 auf andere Angebotsbestandteile zurückgegriffen hat, ist nicht zu beanstanden (vgl. dazu, dass etwa für die Auslegung eines Begriffes in einer Ausschreibung neben dem allgemeinen Sprachgebrauch auch die gesamten Ausschreibungsunterlagen heranzuziehen sind, VwGH 18.3.2015, Ra 2015/04/0017).

27 Die Revisionswerberin moniert, das Verwaltungsgericht habe - zu Unrecht - die Absicht des Erklärenden als maßgeblich erachtet. Dazu ist anzumerken, dass der Absicht des Erklärenden im Zusammenhang mit der Auslegung von Bietererklärungen nur insoweit Bedeutung zukommen kann, als sie sich in dem nach außen hin zum Ausdruck kommenden objektiven Erklärungswert niederschlägt (vgl. insoweit VwGH 25.1.2011, 2006/04/0200). Die Aussage im angefochtenen Erkenntnis, es sei "nicht nur auf den Wortsinn, sondern auch auf die Absicht des Erklärenden abzustellen", ändert aber nichts daran, dass das Verwaltungsgericht (wie von ihm auch wiederholt ausdrücklich betont) das Angebot anhand seines objektiven Erklärungswertes für den Adressaten - fallbezogen für die Auftraggeberin - beurteilt hat. Das Revisionsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe angenommen, es sei "nicht auf den objektiven Erklärungswert (...) abzustellen", findet im angefochtenen Erkenntnis keine Deckung. Dass das Verwaltungsgericht die Erkennbarkeit des von ihm postulierten Angebotsinhaltes für die Auftraggeberin angenommen und als bedeutsam erachtet hat, ist weder dem Grunde nach (vgl. zur Maßgeblichkeit der Erkennbarkeit des Inhaltes einer Willenserklärung für den Adressaten im Zusammenhang mit der Auslegung einer Zuschlagsentscheidung VwGH 8.8.2018, Ra 2015/04/0102) noch fallbezogen zu beanstanden.

28 6.5. Ausgehend von der nicht als unvertretbar anzusehenden Auslegung des Angebotes der Mitbeteiligten durch das Verwaltungsgericht kann in der vorliegenden Konstellation auch keine potentielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Mitbeteiligten gesehen werden, weil der Angebotsinhalt - dieser Auslegung zufolge - feststand und keine Möglichkeit für die Mitbeteiligte bestand, nachträglich darüber zu disponieren. Auf die diesbezüglich aufgeworfene Rechtsfrage kommt es fallbezogen daher nicht an (vgl. zum fehlenden "Abhängen" des rechtlichen Schicksals einer Revision von der Lösung einer Rechtsfrage VwGH 18.8.2017, Ra 2017/04/0022 bis 0023, mwN). Auch das Vorbringen der Revisionswerberin, durch die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes komme es zu einer nachträglichen Änderung der Ausschreibungsbestimmungen bzw. es bestünde insoweit ein Widerspruch zum objektiven Wortsinn der Ausschreibung, basiert auf der von ihr vertretenen Auslegung des Angebotes der Mitbeteiligten, die - wie dargestellt - vom Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise nicht geteilt wurde. Somit vermag die Revision diesbezüglich auch keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung aufzuzeigen.

29 6.6. Soweit die Revision das Vorliegen eines Rechenfehlers und (auch) aus diesem Grund die Maßgeblichkeit des Punktes 2.5 der WD 307 geltend macht, ist dem Folgendes entgegenzuhalten: Aus der Aussage des Verwaltungsgerichtshofes (in dem von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Erkenntnis 2005/04/0111), bei einem Rechenfehler handle es sich um eine mit einem evidenten Erklärungsirrtum behaftete Willenserklärung des Bieters, kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, jede derartige irrtümliche Willenserklärung sei ein Rechenfehler. Dass das Verwaltungsgericht fallbezogen die Eintragung des Mischprozentsatzes auf Seite 19 (und die damit einhergehende Wiederholung des auf Seite 18 für die Obergruppen vorgenommenen Rechenvorgangs in zusammengefasster Form) durch die Mitbeteiligte nicht als Rechenfehler angesehen hat, kann jedenfalls nicht als unvertretbar angesehen werden. Auch diesbezüglich ist eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Auslegung nicht zu ersehen.

30 7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

31 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018040176.L00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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